VwGH 2006/11/0082

VwGH2006/11/008218.12.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der Dr. B in W, vertreten durch Dr. Helmut Engelbrecht und Mag. Werner Piplits, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Annagasse 3, gegen den Bescheid des (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Spitzauer & Backhausen Rechtsanwälte GmbH, 1010 Wien, Stock-im-Eisen-Platz 3, vertretenen) Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 15. März 2006, Zl. B 44/06, betreffend Befreiung von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds, zu Recht erkannt:

Normen

ÄrzteG 1998 §112 Abs1;
DO-B KFA Wien 2006 §16;
DO-B KFA Wien 2006 §20 Z6;
DO-B KFA Wien 2006 §22 Abs6;
DO-B KFA Wien 2006 §32 Abs1;
DO-B KFA Wien 2006 §32 Abs2;
DO-B KFA Wien 2006 §32 Abs3 Z2;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr §7 Abs1;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1999 §7 Abs1;
VwRallg;
ÄrzteG 1998 §112 Abs1;
DO-B KFA Wien 2006 §16;
DO-B KFA Wien 2006 §20 Z6;
DO-B KFA Wien 2006 §22 Abs6;
DO-B KFA Wien 2006 §32 Abs1;
DO-B KFA Wien 2006 §32 Abs2;
DO-B KFA Wien 2006 §32 Abs3 Z2;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr §7 Abs1;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1999 §7 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin ist schuldig, der Ärztekammer für Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der - im Jahr 1962 geborenen - Beschwerdeführerin auf Befreiung von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien gemäß § 7 Abs. 1 lit. a der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien abgewiesen. In der Begründung führte die Behörde im Wesentlichen aus, gemäß der Bestätigung der Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien (KFA) vom 3. August 2005 sei mit 1. August 2005 die Unkündbarkeit der Beschwerdeführerin gemäß § 22 Abs. 1 in der Fassung des Art. XX Z 6 der Dienstordnung für Ärzte, Zahnärzte und Dentisten der KFA und deren Einrichtungen (DO-B) eingetreten. Die Beschwerdeführerin habe daraufhin am 22. August 2005 einen Antrag auf "Teilbefreiung vom Wohlfahrtsfonds" auf Grund ihrer pragmatisierten Anstellung gestellt. Die Beschwerdeführerin sei "unkündbar" im Sinne des § 22 Abs. 1 in der Fassung des Art. XX Z. 6 DO-B. Diese Bestimmung sehe vor, dass das Dienstverhältnis eines unbefristet angestellten Arztes unter bestimmten Voraussetzungen unkündbar wird (§ 22 Abs. 1). § 22 Abs. 6 DO-B in der genannten Fassung sehe vor, dass unkündbare Ärzte, die das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gekündigt werden können, wenn sie die Voraussetzungen für die Versetzung in den Ruhestand nicht erfüllen und sie, ohne am Dienstort oder in dessen Umgebung mindestens gleichwertig verwendet werden zu können, deshalb entbehrlich seien, weil sich der Geschäftsumfang der KFA oder der Einrichtung, in der sie beschäftigt sind, aus den in § 22 Abs. 3 Z. 2 angeführten Gründen verringere oder die Einrichtung aufgelassen werde. Diese Bestimmung sehe daher die Möglichkeit der Aufkündigung des Dienstverhältnisses durch den Dienstgeber vor. Der Dienstnehmer habe keinen Einfluss auf die Kündigungsgründe. Diese entstammten ausschließlich der Sphäre des Dienstgebers.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 7 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien sollte diese Befreiungsmöglichkeit nur für pragmatisierte Ärzte geschaffen werden, also für solche, die auf Grund ihrer unkündbaren, genau umschriebenen Stellung einen Anspruch auf Ruhegenuss haben. Anderen Ärzten sollten nach dem Inhalt dieser Vorschriften keine Befreiungsmöglichkeiten eingeräumt werden. Das Kammermitglied solle anderweitig einen gleichwertigen Ruhegenuss mit Sicherheit erwarten können. Dies setze u.a. ein unkündbares Dienstverhältnis voraus, andernfalls wegen der Möglichkeit der einseitigen Beendigung des Dienstverhältnisses durch den Dienstgeber die Gefahr des Verlustes des Anspruches auf Ruhegenuss bestehe. Ob das Dienstverhältnis de facto unkündbar sei, spiele keine Rolle. Wesentlich sei, ob das Dienstverhältnis de iure kündbar sei. § 22 Abs. 6 in der Fassung des Art. XX Z. 6 DO-B sehe eine Kündigungsmöglichkeit vor, auf die der Dienstnehmer keinen Einfluss habe. Da de iure eine Kündigungsmöglichkeit betreffend die Beschwerdeführerin bestehe, entspreche ihr Dienstverhältnis zur KFA nicht einem pragmatisierten Dienstverhältnis nach dem Beamtendienstrechtsgesetz. Es liege daher kein unkündbares Dienstverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 der Satzung vor, sodass eine der beiden Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 7 der Satzung nicht erfüllt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

§ 112 des Ärztegesetzes 1998 lautet (auszugsweise):

"Befreiung von der Beitragspflicht

§ 112. (1) Erbringt ein ordentlicher Kammerangehöriger den Nachweis darüber, dass ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe (Versorgungs)genuss auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, ist er auf Antrag nach Maßgabe des Antragsbegehrens und der folgenden Bestimmungen von der Verpflichtung nach § 109 zu befreien. ..."

§ 7 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien hat folgenden Wortlaut (auszugsweise):

"§ 7. (1) Erbringt ein Fondsmitglied den Nachweis darüber, dass ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe-(Versorgungs-)genuss auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht und übt er keine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 des ÄG aus,

a) ist er auf Antrag, ausgenommen den für die Bestattungsbeihilfe, die Hinterbliebenenunterstützung und die Unterstützungsleistungen nach § 107 ÄG einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages, von der Verpflichtung zur Leistung von Fondsbeiträgen gänzlich zu befreien. Das Gleiche gilt bei Erbringung des Nachweises, dass das Fondsmitglied auf Grund eines solchen Dienstverhältnisses einen Ruhe-(Versorgungs-)genuss bezieht.

..."

Die Beschwerdeführerin bringt in der Beschwerde im Wesentlichen vor, sie sei im Sanatorium Hera der KFA (Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien) als Ärztin tätig. Ihre Kündigung nach § 22 Abs. 6 der Dienstordnung würde zunächst eine Verringerung des Geschäftsumfanges bzw. die Auflassung dieses Sanatoriums voraussetzen. Selbst dann wäre die KFA verpflichtet, ihr einen anderen geeigneten Posten anzubieten. Die KFA wäre gegebenenfalls sogar verpflichtet, die Dienstverträge aller kündbaren Ärzte der KFA zu kündigen und alle in den Ruhestand versetzbare Ärzte zu pensionieren. Nur wenn die KFA der Beschwerdeführerin auch dann keinen gleichwertigen Arbeitsplatz anbieten könne bzw. die Beschwerdeführerin diesen ablehne, wäre die Kündigung zulässig. Solange die KFA als gesetzliche Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien bestehe, sei eine Kündigung nach § 22 Abs. 6 der Dienstordnung nicht nur faktisch, sondern auch rechtlich nicht zulässig.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

§ 112 Ärztegesetz 1998 und § 7 Abs. 1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien stellen eindeutig auf das Bestehen eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer öffentlichrechtlichen Körperschaft mit Anspruch auf Ruhe-(Versorgungs-)genuss ab. Die Befreiungsmöglichkeit sollte - wie schon die belangte Behörde zutreffend hervorgehoben hat - nur für Ärzte geschaffen werden, die auf Grund ihrer unkündbaren, genau umschriebenen Stellung einen Anspruch auf Ruhegenuss haben. Anderen Ärzten sollte nach dem Inhalt dieser Vorschriften keine Befreiungsmöglichkeit eingeräumt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 2003, Zl. 2003/11/0004). Ein unkündbares Dienstverhältnis ist deshalb Voraussetzung für die Befreiung von der Beitragspflicht, weil andernfalls wegen der Möglichkeit der einseitigen Beendigung des Dienstverhältnisses durch den Dienstgeber die Gefahr des Verlustes des Anspruches auf Ruhe- (Versorgungs-)genuss besteht (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. August 1998, Zl. 97/11/0205).

§ 22 Abs. 6 der Dienstordnung B in der auf das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin anzuwendenden Fassung gemäß Art. XX Z 6 DO-B, sieht - wie beide Streitteile einvernehmlich vortragen - vor, dass unkündbare Ärzte, die noch nicht 15 nach § 16 DO-B anrechenbare Dienstjahre erworben und das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, dann gekündigt werden können, wenn sie die Voraussetzungen für die Versetzung in den Ruhestand gemäß § 32 Abs. 1 und 2 DO-B nicht erfüllen und sie, ohne anderweitig am Dienstort oder in dessen Umgebung mindestens gleichwertig verwendet werden zu können, deshalb entbehrlich werden, weil sich der Geschäftsumfang der KFA oder der Einrichtungen der KFA, in der sie beschäftigt sind, aus dem in § 32 Abs. 3 Z 2 DO-B angeführten Gründen verringert oder die Einrichtung aufgelassen wird. Solche Ärzte dürfen jedoch nur gekündigt werden, wenn bei der KFA in dem Bundesland, in dem sich die Einrichtung befindet, nach vorhergehender Kündigung aller kündbaren Ärzte und Versetzung aller jener Ärzte in den Ruhestand, bei denen die Voraussetzungen gegeben sind, geeignete Posten für die Ärzte nicht vorhanden sind oder die Ärzte die Annahme eines solchen Postens ablehnen.

Daraus ist ersichtlich, dass die hier angeführten Ärzte, die so wie die Beschwerdeführerin das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unter bestimmten, wenngleich eingeschränkten Voraussetzungen gekündigt werden können. Die Beschwerdeführerin ist somit nicht "unkündbar" im Sinne des § 11 Ärztegesetz 1998 bzw. § 7 der Satzung des Wohlfahrtsfonds. Da § 22 Abs. 6 DO-B ausdrücklich eine Kündigungsmöglichkeit normiert, kann, entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin, nicht davon die Rede sein, dass sie "de iure" unkündbar ist. Dass eine Kündigung im vorliegenden Fall nur nach Erfüllung sehr umfangreicher Voraussetzungen möglich wäre, ist nicht von Bedeutung, zumal die Beschwerdeführerin nicht dartut und auch sonst kein Anhaltspunkt dafür besteht, die Erfüllung der oben genannten Voraussetzungen, unter denen doch eine Kündigung erfolgen kann, sei auszuschließen. Eine "de facto" bestehende Unkündbarkeit vermag jedoch dem Standpunkt der Beschwerdeführerin nicht zum Erfolg zu verhelfen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. August 1999, Zl. 99/11/0173). Auch aus einer allenfalls - wie sie behauptet - gegenüber anderen Berufskollegen der Beschwerdeführerin ausgesprochenen Befreiung ist für die Beschwerdeführerin kein subjektives Recht auf Befreiung von der Beitragspflicht abzuleiten, wenn sie selbst eine der Voraussetzungen für eine Befreiung von der Beitragspflicht nach § 7 der Satzung des Wohlfahrtsfonds nicht erfüllt.

Aus den dargelegten Gründen war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. Dezember 2007

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