VwGH 2006/09/0230

VwGH2006/09/023018.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des MH in W, vertreten durch Dr. Hermann Rieder, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Stiftgasse 23, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 15. September 2006, Zl. 32,33/12-DOK/06, betreffend Disziplinarstrafe der Geldbuße nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z2;
BDG 1979 §92 Abs1;
BDG 1979 §93 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs2;
BDG 1979 §43 Abs1;
BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z2;
BDG 1979 §92 Abs1;
BDG 1979 §93 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs1;
BDG 1979 §95 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1948 geborene Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war in der verfahrensgegenständlichen Zeit als Bezirksinspektor im Bereich des Landesgendarmeriekommandos für Tirol tätig.

Am Vormittag des 22. Juni 2002 besuchte der Beschwerdeführer in W das Einkaufszentrum XY, nahm eine Packung Batterien im Wert von EUR 4,99 an sich und unterließ es, diese bei der Kassa zu deklarieren und zu bezahlen.

Gegen den Beschwerdeführer wurde am 25. Juni 2002 an den Bezirksanwalt des Bezirksgerichts K Strafanzeige erstattet. Am 1. August 2002 erstattete das Landesgendarmeriekommando für Tirol Disziplinaranzeige. Am 19. Dezember 2002 langte die Mitteilung der Staatsanwaltschaft Innsbruck beim Landesgendarmeriekommando für Tirol darüber ein, dass von der Verfolgung des Beschwerdeführers "wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB (Vorfall vom 22.06.02) gemäß § 90c Abs. 5 StPO zurückgetreten wurde, weil die Voraussetzungen des § 90a StPO vorliegen" und der Beschwerdeführer einen Geldbetrag zu Gunsten des Bundes geleistet habe. Mit Bescheid vom 20. März 2003 erließ die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres wegen des gegenständlichen Vorfalls am 22. Juni 2002 einen Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss. Am 6. Mai 2003 führte die Behörde erster Instanz eine mündliche Verhandlung in der Angelegenheit durch. In dieser mündlichen Verhandlung erklärte sich der Beschwerdeführer für nicht schuldig, einen Diebstahl begangen zu haben, weil er die Batterien einfach in seiner Hosentasche vergessen habe.

Mit Disziplinarerkenntnis vom 6. Mai 2003 erkannte die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres den Beschwerdeführer für schuldig, gegen §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 1 BDG 1979 sowie § 8 Abs. 2 GDI i.V.m. mit dem Erlass des BMI vom 23. Dezember 1970, Zl. 189.810-B/70, verstoßen und dadurch eine Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen zu haben, indem er in seiner Freizeit am 22. Juni 2002 gegen 9.20 Uhr im Einkaufszentrum XY in W eine Packung Batterien im Wert von EUR 4,99 an sich genommen und eingesteckt sowie es unterlassen habe, diese bei der Kassa zu deklarieren und zu bezahlen, sondern erst auf Grund der Intervention durch den Kaufhausdetektiv die Packung nach dessen dritter Aufforderung herausgegeben habe. Wegen dieser Dienstpflichtverletzung wurde der Beschwerdeführer mit einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 600,-- bestraft.

Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 7. Oktober 2003 gemäß § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 iVm § 126 Abs. 2 BDG 1979 Folge gegeben und der Beschwerdeführer von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf freigesprochen, dies mit der Begründung, dass im Grunde des § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 eine Verjährung der Disziplinarangelegenheit eingetreten sei.

Diese Entscheidung wurde auf Grund der dagegen vom Disziplinaranwalt bei der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt erhobenen Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof mit dem hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2004, Zl. 2003/09/0164, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben, im Wesentlichen mit der Begründung, dass die belangte Behörde den Inhalt des § 94 Abs. 2 Z. 5 BDG 1979 verkannt habe. Die Verjährungsfrist des § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 sei auf Grund dieser Vorschrift für die Zeit der Erstattung der Anzeige beim Bezirksanwalt und des Einlangens der Mitteilung der Staatsanwaltschaft über die Zurücklegung der Anzeige am 23. Dezember 2002 gehemmt gewesen, weshalb eine Verjährung nicht angenommen hätte werden dürfen.

Daraufhin hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 12. April 2005 der Berufung des Beschwerdeführers Folge gegeben, das Disziplinarerkenntnis der Behörde erster Instanz gemäß § 66 Abs. 2 AVG iVm § 105 BDG 1979 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Disziplinarerkenntnisses an die Behörde erster Instanz verwiesen.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass dem Beschwerdeführer zuzubilligen sei, dass seine Aussage vor der erstinstanzlichen Disziplinarkommission nicht als Eingeständnis eines disziplinär relevanten Fehlverhaltens gesehen werden könne. Es sei daher unerlässlich, sowohl den Kaufhausdetektiv als auch den Leiter des Kaufhauses sowie die Ehegattin des Beschwerdeführers, mit welcher er das Kaufhaus besucht habe, einzuvernehmen.

Mit Disziplinarerkenntnis vom 22. Februar 2006 wurde - neuerlich - von der Disziplinarkommission erster Instanz gemäß § 92 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 über den Beschwerdeführer eine Geldbuße in der Höhe von EUR 600,-- verhängt und ihm die Verfahrenskosten auferlegt. In der Begründung dieser Entscheidung führte die Behörde erster Instanz aus, dass im Fall des vorliegenden diversionellen Verfolgungsverzichts das strafgerichtliche Verfahren eingestellt worden sei und nach Anwendung der Diversion für die Disziplinarbehörden kein aus der Diversion ableitbarer Sachverhalt, welcher Bindungswirkung gemäß § 95 Abs. 2 BDG 1979 entfalten könnte, vorliege. Der Beschwerdeführer habe ein Verhalten gesetzt, das geeignet sei, das Vertrauen der Öffentlichkeit in seine Amtsführung nachhaltig zu stören. Er habe damit - ungeachtet des vergleichsweise geringen Sach- und Schadenswertes - eine sehr schwer wiegende Dienstpflichtverletzung begangen, die den Kernbereich seiner Dienstpflichten als Exekutivbeamter betreffe. Es sei ihm vorsätzliches Handeln vorzuwerfen und er habe dadurch schuldhaft im Sinne des § 91 BDG 1979 gehandelt. Der Beschwerdeführer habe geleugnet, mit Bereicherungsvorsatz gehandelt zu haben und er habe seine unglaubwürdige und völlig lebensfremde Verantwortung darauf gestützt, dass er die Batterien nur deswegen eingesteckt habe, um Äpfel in der Lebensmittelabteilung des Supermarktes in ein Sackerl zu geben und dass er auf die Packung kurz danach bei der Kasse vergessen habe. Die Version des Beschwerdeführers sei nicht nachvollziehbar, weil er spätestens bei der Anhaltung an der Kassa und der an ihn durch den Detektiv nach den Batterien gerichteten Frage diese herausgeben hätte können. Er habe aber anfänglich vielmehr gezögert, später von einem Erwerb im "O-Markt" gesprochen und darauf immer wieder Bezug genommen. Diese Verantwortung habe der Beschwerdeführer in einer unmittelbar nach dem Vorfall mit ihm aufgenommenen Niederschrift, die von ihm unterfertigt worden sei, angeführt. Seine Ausrede, die Aufnahme der Niederschrift habe in einem dunklen Raum stattgefunden, er habe seine Brille nicht bei sich gehabt und deshalb nicht sehen können, stelle sich als eine reine Schutzbehauptung dar. Ebenso sei der Versuch, die Einholung eines psychologischen Gutachtens zur inneren Tatseite zu erwirken und letztlich sein Hinweis auf einen ärztlichen Kurzbericht betreffend ein Schädelhirntrauma (Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme, Kopfschmerzen) zu bewerten. Das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers wie das Umbiegen der Verpackung mit den Batterien, um sie so in der Hand bzw. Faust halten zu können, das Einstecken der Packung in die Hosentasche und das Passieren der Kassen im Oberbereich im Wissen, dass dort die Waren zu bezahlen seien, anstatt wie allgemein üblich und der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechend im Einkaufswagen abzulegen, und die zögernde Herausgabe der Batterien sei im Sinne der Schuldform des bedingten Vorsatzes gemäß § 5 Abs. 1 StGB zu beurteilen. Beim Beschwerdeführer habe keine einem Entschuldigungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kommende Aussetzung seines moralischen Wertekataloges im Sinne einer "Kurzschlusshandlung" angenommen werden können. Strafmildernde oder erschwerende Gründe seien nicht zu berücksichtigen gewesen.

Im Rahmen der Prüfung der Frage, ob eine disziplinarrechtliche Ahndung des Fehlverhaltens "nach dem gemäß § 90c Abs. 5 StPO erfolgten Rücktritt von der Verfolgung wegen des Vergehens nach §§ 15, 127 StGB nach Zahlung eines Geldbetrages in der Höhe von EUR 250,--" geboten sei, sei die Behörde erster Instanz auf Grund der Schwere der abzuvotierenden Dienstpflichtverletzung, die ein Rechtsgut aus dem Kernbereich der dienstlichen Aufgaben des Beschwerdeführers als Exekutivbeamten betreffe, dessen Schutz ihm kraft seines Amtes aufgetragen sei, zu der Auffassung gelangt, dass eine mehr als ausreichende Grundlage für die Verhängung einer Disziplinarstrafe gegeben sei und dass diese aus spezial- wie auch aus generalpräventiven Erwägungen erforderlich sei. Unter Berücksichtigung der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, seiner ansonsten anstandslosen Dienstleistung und der Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit könne angenommen werden, dass als Disziplinarstrafe gemäß § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 eine Geldbuße in der Höhe von EUR 600,-- schuldangemessen und ausreichend sei, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Sein regelmäßiger Nettomonatsbezug betrage EUR 2.000,-- und er sei für eine Ehegattin sorgepflichtig.

Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er im Wesentlichen vorbrachte, dass er nicht vorsätzlich gehandelt habe. Er habe im nahen zeitlichen Zusammenhang zum gegenständlichen Vorfall eine Kopfverletzung erlitten und es sei ein psychologisches Gutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass bei den gegebenen Verletzungsfolgen von keinem strafrechtlich relevanten Verschulden an der Nichtdeklarierung der Batterien an der Kassa gegeben sei. Der Kaufhausdetektiv habe in der Verhandlung vor der Behörde erster Instanz auch widersprüchliche Angaben hinsichtlich seiner Wahrnehmung des Einsteckens der Batterien durch den Beschwerdeführer gemacht.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 105 BDG 1979 hinsichtlich des Schuldspruches abgewiesen und das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis bestätigt, jedoch setzte die belangte Behörde die über den Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 verhängte Disziplinarstrafe der Geldbuße auf EUR 500,-- herab.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges im Wesentlichen aus, dass im vorliegenden Fall von einem wenn auch nicht strafrechtlich, so doch disziplinär relevanten Angriff des Beschwerdeführers auf fremdes Eigentum und damit von der Begehung einer Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 auszugehen sei. Es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer in der Elektroabteilung des Supermarktes die in Rede stehenden Batterien an sich genommen habe und in weiterer Folge diese Abteilung verlassen habe, ohne die von ihm an sich genommene Ware bei der Kassa zu deklarieren. Da die Elektroabteilung über einen eigenen Kassenbereich verfüge, habe der Beschwerdeführer bereits mit dem Verlassen der Elektroabteilung einen rechtswidrigen Angriff auf das Eigentum vollendet. Ob der Beschwerdeführer die Batterien in der Hand verborgen, eingesteckt oder offen aus der Elektroabteilung verbracht habe, sei dabei nicht weiter von Belang. Auch der Umstand, dass der Warenhausdetektiv erst später, nämlich nachdem der Beschwerdeführer wieder zu seiner Ehegattin in die Lebensmittelabteilung zurückgegangen sei, die Warenkontrolle vorgenommen habe, könne weder zu Gunsten, noch zu Lasten des Beschwerdeführers ausschlagen. Die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe den getrennten Kassabereich der Elektroabteilung übersehen, widerspreche jeder Lebenserfahrung und sei als Schutzbehauptung zu werten.

Zur subjektiven Tatseite sei den Ausführungen der erstinstanzlichen Disziplinarkommission zu folgen, dass der Beschwerdeführer jedenfalls mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Bereits mit dem Verlassen der Elektroabteilung habe es ihm klar sein müssen, dass er Waren aus dem Kassenbereich verbracht habe, ohne diese zu deklarieren bzw. zu bezahlen. Der Beschwerdeführer könne sich dabei auch nicht auf ein späteres Vergessen oder eine amnestische Episode auf Grund seines Schädeltraumas berufen, wodurch sein Fehlverhalten allenfalls entschuldigt wäre, da er zum Zeitpunkt des Verlassens der Elektroabteilung seinen eigenen Angaben zufolge noch gewusst habe, dass er die Batterien an sich genommen habe. Ein allfälliges späteres, nach Rückkehr des Beschwerdeführers in die Lebensmittelabteilung eingetretenes Vergessen dieses Umstandes könne dabei nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers ausschlagen, sodass selbst bei einer später eingetretenen amnestischen Episode dadurch für den Beschwerdeführer nichts gewonnen sei. Die erstinstanzliche Disziplinarkommission sei zu Recht davon ausgegangen, dass eine Ergänzung des Beweisverfahrens durch Beiziehung eines medizinischen Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Neurologie bzw. Psychiatrie entbehrlich sei, weil der Beschwerdeführer sein "Vergessen" lediglich nach seiner Rückkehr in die Lebensmittelabteilung ins Treffen führe. Dem komme aber, wie oben bereits ausgeführt, keine weitere Bedeutung mehr zu.

Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers sei geeignet gewesen, das Vertrauen der Allgemeinheit in seine Dienstverrichtung empfindlich zu stören, weil der Beschwerdeführer als Exekutivbeamter gehalten sei, rechtswidrigen Angriffen auf fremdes Eigentum entgegen zu treten. Mit einem, wenn auch strafrechtlich nicht relevanten, Angriff auf fremdes Eigentum habe der Beschwerdeführer ein Fehlverhalten gesetzt, das den Kernbereich seiner Dienstpflichten als Exekutivbeamter betreffe und ungeachtet der außerdienstlichen Begehung der Tat einen nicht bloß geringfügigen Unrechtsgehalt aufweise. Ungeachtet des geringen Wertes der vom Beschwerdeführer rechtswidrig entwendeten Batterien sei daher von einer nicht zu bagatellisierenden und durchaus gravierenden Dienstpflichtverletzung auszugehen.

Hinsichtlich der Höhe der über den Beschwerdeführer verhängten Geldbuße komme der Berufung hingegen Berechtigung zu. Bei der Strafbemessung sei kein Umstand als erschwerend zu werten gewesen. Als mildernd seien hingegen die disziplinäre Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, seine ansonsten anstandslose Dienstverrichtung, eine ihm zuzubilligende positive Zukunftsprognose sowie sein Wohlverhalten seit der Begehung der ihm angelasteten Tat durch einen längeren Zeitraum von nunmehr vier Jahren zu werten. Die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Diversion bezahlte Summe sei die Folge der von ihm zu vertretenden Handlung und bei der Strafbemessung weder zu Gunsten noch zu Lasten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. In Ansehung der Strafmilderungsgründe, denen kein Erschwerungsgrund entgegen stehe, könne mit der Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von EUR 500,--, die am unteren Rand des gewählten Strafrahmens liege, das Auslangen gefunden werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist gemäß § 91 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333, in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 147/2008, nach dem

9. Abschnitt des BDG 1979 zur Verantwortung zu ziehen.

Als Disziplinarstrafen sieht § 92 Abs. 1 BDG 1979 den Verweis, die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges, die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage und die Entlassung vor.

Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegen zu wirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

Wurde der Beamte wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt und erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes, so ist gemäß § 95 Abs. 1 BDG 1979 von der Verfolgung abzusehen, wenn anzunehmen ist, dass die Verhängung einer Disziplinarstrafe nicht erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Gemäß § 95 Abs. 2 leg. cit. ist die Disziplinarbehörde an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteiles zu Grunde gelegten Tatsachenfeststellungen eines Strafgerichtes (Straferkenntnis eines Unabhängigen Verwaltungssenates) gebunden. Sie darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht (der Unabhängige Verwaltungssenat) als nicht erweisbar angenommen hat.

Wird von der Verfolgung nicht abgesehen, dann ist zufolge Abs. 3 dieser Gesetzesstelle, wenn sich eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung auf denselben Sachverhalt bezieht, eine Strafe nur auszusprechen, wenn und soweit dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

Der Beamte hat nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Nimmt ein - wenn auch außer Dienst befindlicher - Beamter eine Ware in einem Supermarkt an sich und verlässt diesen, ohne sie zu bezahlen, so handelt es sich dabei durchaus um ein Verhalten, durch welches die in § 43 Abs. 2 BDG 1979 normierte Dienstpflicht verletzt wird, im gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben des Beamten erhalten bleibt. Eine solche Vorgangsweise ist gerade bei einem Sicherheitswachebeamten ungeachtet des geringen Wertes der Ware als nicht wenig gravierend zu erachten, weil dadurch gerade jene Rechtsgüter verletzt werden, deren Schutz einem Sicherheitswachebeamten grundsätzlich obliegen. Der Beschwerdeführer lässt auch in seiner Beschwerde unbestritten, dass er in der verfahrensgegenständlichen Zeit in dem von der belangten Behörde angeführten Supermarkt Batterien im Wert von EUR 4,99 an sich genommen und an der Kassa vorbei aus der Elektroabteilung dieses Supermarktes gebracht hat. Er meint aber, dass die belangte Behörde nicht festgestellt habe, dass er die Batterien in der Elektroabteilung zwingend zu bezahlen gehabt hätte und die Ware in der erwiesenen Absicht an sich genommen und aus der Elektroabteilung gebracht hätte, um diese zu stehlen. Er habe vielmehr kein Bargeld bei sich gehabt und die Batterien deshalb von seiner Frau in der Lebensmittelabteilung bezahlen lassen wollen, was er jedoch sodann dort vergessen habe. Hätte er die Batterien tatsächlich stehlen wollen, so hätte er das Kaufhaus sogleich nach dem Hinausgehen aus der Elektroabteilung verlassen. Ohne die Einholung des beantragten psychiatrischen bzw. psychologischen Gutachtens hätte die belangte Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht davon ausgehen dürfen, dass die im Zeitpunkt der Entnahme der Batterien maßgebliche Frage, ob auf der subjektiven Tatseite Vorsatz vorlag, nicht mit der für ein Disziplinarverfahren erforderlichen Sicherheit bejahen dürfen, sodass sie mit einem Freispruch hätte vorgehen müssen.

Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Unzweifelhaft stellte nämlich die Verbringung der Batterien durch den Kassenbereich der Elektroabteilung, ohne dass diese bezahlt worden wären, eine unzulässige Verbringung dieser Ware aus der Gewahrsame des Supermarktes dar. Die belangte Behörde ist mit ihrer Annahme nicht rechtswidrig vorgegangen, dass dies auch dem Beschwerdeführer bewusst gewesen hätte sein müssen. Sie durfte sein Verhalten somit ohne Rechtsirrtum als eine Dienstpflichtverletzung im Grunde des § 43 Abs. 2 BDG 1979 werten.

Soweit der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig hält, weil die belangte Behörde kein psychologisches oder psychiatrisches Gutachten und auch nicht die Unterlagen des Bundessozialamtes betreffend eine Kopfverletzung, angesichts derer kein strafrechtlich relevantes Verschulden anzunehmen gewesen wäre, zeigt er keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil er im gesamten Disziplinarverfahren nicht bestritten hat, dass er die Batterien durch den Kassenbereich der Elektroabteilung des Supermarktes verbracht hat. Der Beschwerdeführer hat nicht bestritten, dass ihm jedenfalls dies auch bewusst gewesen ist.

Soweit der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte - zusätzlich zu der bereits von der Behörde erster Instanz durchgeführten Verhandlung - eine mündliche Berufungsverhandlung durchführen müssen, zeigt er ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil der Sachverhalt im Sinne der Bestimmung des § 125a Abs. 3 Z. 5 BDG 1979 aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung als geklärt angesehen werden durfte, weil er bereits nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und schlüssiger Beweiswürdigung durch die Behörde erster Instanz, die eine Verhandlung durchgeführt hatte, festgestellt war und in der Berufung kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegen stehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt (was mangels Bestehens eines Neuerungsverbotes zulässig gewesen wäre) neu und in konkreter Weise behauptet wurde (vgl. zu den Erfordernissen der Durchführung einer Berufungsverhandlung die hg. Erkenntnisse vom 29. November 2000, Zl. 2000/09/0079, und vom 16. September 2009, Zl. 2008/09/0158).

Soweit der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid letztlich hinsichtlich der Strafzumessung für rechtswidrig hält, weil zu berücksichtigen gewesen wäre, dass er im Rahmen der Diversion bereits eine Geldsumme bezahlt habe und sich seit der Begehung der Tat nicht nur wohlverhalten habe, sondern dass seit dem Tatzeitpunkt auch mehr als vier Jahre und damit eine lange Zeit verstrichen sei, zeigt er im vorliegenden Fall ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Zutreffend ist die belangte Behörde im vorliegenden Fall davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf den Rücktritt des Staatsanwaltes der strafgerichtlichen Verfolgung des Beschwerdeführers eine Geldsumme (von EUR 250,--) bezahlt hat, nicht als Schuldeingeständnis zu werten war, insoferne galt die - auch im Disziplinarverfahren nach dem BDG 1979 im Grunde dessen § 91 bestehende - Unschuldsvermutung.

Bei Bedachtnahme auf die Schwere der Dienstpflichtverletzung kann der belangten Behörde auch hinsichtlich der Strafbemessung kein Ermessensfehler vorgeworfen werden, wenn sie ungeachtet des vom Beschwerdeführer im Rahmen der Diversion bezahlten Geldbetrages von EUR 250,-- über ihn eine Geldbuße von EUR 500,-- verhängte. Die Länge des Verfahrens hat sie der Sache nach dadurch berücksichtigt, dass sie das mehrjährige Wohlverhalten des Beschwerdeführers als strafmildernd gewertet hat.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 18. Mai 2010

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