VwGH 2006/07/0166

VwGH2006/07/016626.4.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, 1) über den Antrag der T-GmbH in A, vertreten durch Dr. Hannes K. M, Rechtsanwalt in G, R-Straße 18, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 12. Oktober 2006, Zl. BMLFUW- LE.4.3.2/0041- I/2/2006, betreffend vereinfachte Zulassung nach § 11 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 (Zl. 2007/07/0049), und 2) über die Beschwerde gegen den eben zitierten Bescheid (Zl. 2006/07/0166), den Beschluss gefasst:

Normen

ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde im Instanzenzug der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Zulassung des Pflanzenschutzmittels Kalif 480 EC, Herkunftsmitgliedstaat Polen, gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 2 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 60/1997 in der geltenden Fassung abgewiesen und eine Verwaltungsabgabe vorgeschrieben.

Dieser Bescheid wurde nach Ausweis der Verwaltungsakten der Beschwerdeführerin, die im Verwaltungsverfahren durch die N-Rechtsanwälte OEG vertreten war, zugestellt. Nach dem von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Inhalt des durch die belangte Behörde übermittelten Rückscheines übernahm ein Arbeitnehmer der Kanzlei der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin diesen Bescheid am 31. Oktober 2006.

Die Beschwerdeführerin, nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hannes K. M, brachte die zur Zl. 2006/07/0166 protokollierte Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ein, welche am 18. Dezember 2006 zur Post gegeben wurde und am 19. Dezember 2006 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte. Nach den Angaben in der Beschwerde wurde der angefochtene Bescheid dem seinerzeitigen Vertreter der Beschwerdeführerin am 6. November 2006 zugestellt.

Nach Einleitung des Vorverfahrens wies die belangte Behörde in ihrem Schriftsatz vom 27. Februar 2007 den Verwaltungsgerichtshof unter Vorlage des Rückscheines darauf hin, dass der angefochtene Bescheid der Beschwerdeführerin bereits am 31. Oktober 2006 zugestellt worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hielt mit Verfügung vom 16. März 2007 der Beschwerdeführerin diesen Sachverhalt mit der Möglichkeit zur Stellungnahme vor.

Mit dem am 26. März 2007 zur Post gegebenen und am 27. März 2007 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten, zur Zl. 2007/07/0049 protokollierten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt die Beschwerdeführerin die Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist. Sie stellt außer Streit, dass der angefochtene Bescheid ihren damaligen Rechtsvertretern tatsächlich am 31. Oktober 2006 zugestellt wurde. Ihren Antrag auf Wiedereinsetzung begründet sie damit, dass in der Kanzlei ihrer damaligen Rechtsvertreter damals die Frist für die Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde richtig mit 12. Dezember 2006 und eine Vorfrist mit 14. November 2006 vorgemerkt worden sei.

Mit Schreiben vom 6. November 2006 habe die Kanzlei der ehemaligen Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin dieser mitgeteilt, dass der Bescheid vom 12. Oktober 2006 am 6. November 2006 zugestellt worden sei und die Möglichkeit einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde bestehe, die innerhalb von 6 Wochen, gerechnet ab dem 6. November 2006, einzubringen sei. Unter einem sei eine Kopie des Bescheides an die Beschwerdeführerin übermittelt worden. Seitens der N-Rechtsanwälte OEG habe Herr Dr. S den gegenständlichen Brief diktiert, wobei das Diktat am 31. Oktober 2006 erfolgt sei und daher beim Diktat an Stelle des "Datums" der Ausdruck "heute" zugestellt und 6 Wochen ab "heute" verwendet worden sei. Auf Grund der Feiertage sei dieser Brief erst am 6. November 2006 geschrieben worden und sei durch die diesbezügliche Mitarbeiterin im Sekretariat an Stelle des 31. Oktober 2006 daher ("heute") der 6. November 2006 versehentlich in den Brief vom 6. November 2006 aufgenommen worden. Die Beschwerdeführerin habe dieses Schreiben samt dem kopierten Bescheid an ihren nunmehrigen Vertreter am 9. November 2006 übergeben.

Hiezu werde festgehalten, dass der Bescheid selbst beidseitig kopiert gewesen sei und seitens der Rechtsanwaltskanzlei N-Rechtsanwälte OEG auf der zweiten (leeren) Seite des Originalbescheides eine Stampiglie mit dem Aufdruck des Einganges (Datum) aufgeschienen sei, was jedoch auf der Kopie laut Schreiben vom 6. November 2006 nicht vorhanden gewesen sei. Seitens des nunmehrigen Vertreters der Beschwerdeführerin sei daher die Frist am 6. November 2006 ins Fristenbuch eingetragen und der letzte Tag in Vormerk genommen worden. In weiterer Folge habe die Kanzlei N-Rechtsanwälte OEG zwar das Original des Bescheides vom 12. Oktober 2006 übermittelt, jedoch sei auf der ersten Seite lediglich "Termin vorgemerkt F" und Paraphe aufgeschienen, was auch auf der Kopie vorhanden gewesen sei und es sei diesem Umstand keinerlei weitere Bedeutung beigemessen worden, zumal einerseits die Kopie und andererseits die genaue Anweisung laut Schreiben vom 6. November 2006 vorhanden gewesen sei. Wäre die Vertretung der N-Rechtsanwälte OEG aufrecht geblieben, hätte es keinerlei Fristversäumnis gegeben, zumal intern in dieser Kanzlei naturgemäß die Frist für die Einreichung der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde richtig vorgemerkt gewesen sei.

Es liege daher ein unvorhergesehenes Ereignis vor, welches die Fristeinhaltung zur Einbringung der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde verhindere und liege in der unrichtigen Anführung des Datums mit Schreiben vom 6. November 2006 nur ein minderer Grad des Versehens vor, zumal zu diesem Zeitpunkt ein Vertreterwechsel auch noch nicht bekannt gewesen und die Frist für die Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde ordnungsgemäß in der Kanzlei N-Rechtsanwälte OEG eingetragen gewesen sei. Lediglich auf Grund des Vertreterwechsels und auf Grund des Inhaltes des Schreibens vom 6. November 2006 sowie der zweiseitigen Kopie des Bescheides sei es zu einer unrichtigen Eintragung der Frist für die Erhebung der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde gekommen. Dabei liege nur ein minderer Grad des Versehens vor, der eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht hindere. Es werde daher der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 12. Oktober 2006 gestellt.

Unter einem holte die Beschwerdeführerin die versäumte Handlung (Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde) nach.

§ 46 VwGG lautet (auszugsweise):

"§ 46. (1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt."

Vorauszuschicken ist, dass davon auszugehen ist, dass die Beschwerdeführerin erst durch den Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 2007 davon Kenntnis erlangt hat, dass der angefochtene Bescheid bereits am 31. Oktober 2006 zugestellt worden war. Der Antrag auf Wiedereinsetzung erweist sich daher als rechtzeitig.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei. Ein Verschulden des Parteienvertreters ist einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen (vgl. unter vielen den hg. Beschluss vom 23. Februar 2006, Zlen. 2006/07/0028, 2006/07/0029).

Als Grund für die zum unrichtigen Inhalt des Schreibens vom 6. November 2006 führende Fehlleistung wird im Wiedereinsetzungsantrag der Umstand genannt, dass die Schreibkraft die beim Diktat durch den Anwalt am 31. Oktober 2006 mit "heute" bezeichneten Textteile (im Datum des Schreibens, und zweimal im Text) durch das Datum 6. November 2006 ersetzte. Das Schreiben vom 6. November 2006 wurde vom Rechtsanwalt Dr. P., laut dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei einer ihrer Rechtsvertreter im Verwaltungsverfahren, an die der angefochtene Bescheid zugestellt worden war, unterfertigt. Von der beschwerdeführenden Partei wird nicht behauptet, dass bei Zustellung (und Weiterleitung) des angefochtenen Bescheides an sie das Bevollmächtigungsverhältnis dieser Rechtsvertreter bereits erloschen gewesen sei.

Nach ständiger hg. Judikatur ist in einer Rechtsanwaltskanzlei für die richtige Berechnung der jeweiligen Rechtsmittelfrist in einem bestimmten Fall stets der Anwalt verantwortlich. Unterläuft ihm bei der Wahrnehmung einer Frist ein Versehen und führt dieses zu einer Fristversäumnis, ohne dass er dartun kann, dass diese auf einem ausgesprochen weisungswidrigen Verhalten der Kanzleiangestellten beruht und in seiner Person kein Verschulden vorliegt, so trifft ihn ein Verschulden, welches sich gegen die von ihm vertretene Person auswirkt. Aus der Verantwortung für die Richtigkeit und die Vollständigkeit eines vom Rechtsanwalt zu unterfertigenden Schriftsatzes kann dieser bis zur Setzung seiner Unterschrift nicht entlassen werden, und zwar auch dann nicht, wenn er sich zur Vorbereitung des Schriftsatzes technischer Hilfsmittel und (besonders) verlässlicher Hilfskräfte bedient (vgl. etwa die in Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren6, zu § 71 Abs. 1 AVG E 34b und 43a zitierte Rechtsprechung).

Da der damalige Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Partei, Dr. P., das Schreiben vom 6. November 2006 - offensichtlich ohne die Richtigkeit dessen Inhaltes zu kontrollieren - unterfertigte, hat er den darin enthaltenen, in der Nennung des unrichtigen Zustelldatums gelegenen Fehler zu vertreten und ist dieser daher der beschwerdeführenden Partei zuzurechnen. Dass Dr. P. am Zustandekommen der unrichtigen Information an die beschwerdeführende Partei kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens treffe, ist nicht ersichtlich und wird von dieser auch nicht behauptet.

Schon deshalb konnte dem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattgegeben werden. Im Hinblick darauf kann dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdevertreter Dr. M. - dem, folgte man dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag, neben dem Schreiben vom 6. November 2006 vorerst nur eine Kopie des angefochtenen Bescheides vorgelegen sei, auf der das Eingangsdatum nicht vermerkt gewesen sei, und dem "in der Folge" der Originalbescheid übermittelt worden sei, auf dessen zweiten Seite das Eingangsdatum vermerkt gewesen sei - auf das genannte Schreiben allein vertrauen durfte.

Die Beschwerde erweist sich als verspätet. Die nach § 26 Abs. 1 VwGG sechswöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begann im vorliegenden Fall mit der nachweislich am 31. Oktober 2006 erfolgten Zustellung des angefochtenen Bescheides an die damaligen Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin. Sie endete am 12. Dezember 2006.

Die erst am 18. Dezember 2006 zur Post gegebene Beschwerde erweist sich als verspätet und war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 26. April 2007

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