VwGH 2006/01/0694

VwGH2006/01/069423.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des L O in L, geboren 1968, vertreten durch Dr. Günter Schmid, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 4, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 31. August 2006, Zl. Gem(Stb)-417039/22-2006- Dor, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z2 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs2;
StbG 1985 §11;
StbG 1985 §12 Z1;
StGB §105 Abs1;
StGB §107 Abs1;
StGB §83 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z2 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs2;
StbG 1985 §11;
StbG 1985 §12 Z1;
StGB §105 Abs1;
StGB §107 Abs1;
StGB §83 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers, eines albanischen Staatsbürgers, um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 in der Fassung der am 23. März 2006 in Kraft getretenen Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei seit 26. Juni 1991 ununterbrochen mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Am 26. April 2002 (nach der Aktenlage: am 6. Dezember 2001) habe er einen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gestellt.

Laut der der belangten Behörde vorliegenden Strafregisterauskunft vom 3. Juli 2006 sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 5. September 2005 wegen Vergehen der §§ 105 Abs. 1, 107 Abs. 1 und 2, 83 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt worden; das Urteil sei seit 9. September 2005 rechtskräftig. Infolge der rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers wegen einer Vorsatztat liege ein zwingendes Verleihungshindernis gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 StbG vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin wird - unter Bezugnahme auf § 11 StbG - zusammengefasst vorgebracht, dass die belangte Behörde "trotz Existenz des Einbürgerungshindernisses gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 StbG" im Hinblick auf die langjährige Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in Österreich verpflichtet gewesen wäre, dessen "Gesamtverhalten im Hinblick auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Ausmaß seiner Integration" zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie ausführte, dass infolge der gerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers trotz seines mehr als 15-jährigen ununterbrochenen Hauptwohnsitzes in Österreich kein Anspruch auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß § 12 Z 1 lit b) StbG bestanden habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die relevanten Bestimmungen des StbG lauten:

"Verleihung

§ 10 (1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn

...

2. er nicht durch ein inländisches oder ausländisches Gericht wegen einer oder mehrerer Vorsatztaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, die der Verurteilung durch das ausländische Gericht zugrunde liegenden strafbaren Handlungen auch nach dem inländischen Recht gerichtlich strafbar sind und die Verurteilung in einem den Grundsätzen des Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, entsprechendem Verfahren ergangen ist.

...

§ 11 Bei Entscheidungen nach diesem Bundesgesetz ist das Gesamtverhalten des Fremden im Hinblick auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Ausmaß seiner Integration zu berücksichtigen. Zu dieser zählt insbesondere die Orientierung des Fremden am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich sowie an den Grundwerten eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft.

§ 12 Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8, Abs. 2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn er

1. ...

b) seit mindestens 15 Jahren seinen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt im Bundesgebiet hat und seine nachhaltige persönliche und berufliche Integration nachweist;

..."

2. Die Staatsbürgerschaftsbehörde hat zunächst zu prüfen, ob die Verleihungsvoraussetzungen nach § 10 Abs. 1 StbG vorliegen. Diese (und die in Abs. 2 leg. cit.) normierten Voraussetzungen müssen bei jeder Verleihung der Staatsbürgerschaft gegeben sein (vgl. RV 1189 BlgNR, XXII. GP, S. 4, wonach diese Voraussetzungen das systematische Grundgerüst bilden, auf dem jede Staatsbürgerschaftsverleihung aufbaut).

Nur wenn dies der Fall ist, ist vom Ermessen im Sinne des § 11 leg. cit. Gebrauch zu machen (vgl. Fessler/Keller/Pommerenig-Schober/Szymanski, Staatsbürgerschaftsrecht, 7. Aufl. (2006) S. 121). In diesem Sinn ist auch die Beurteilung, ob das Einbringungshindernis gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 StbG vorliegt, einer Ermessensübung nach § 11 StbG vorgelagert und liegt nicht im (freien) Ermessen der Behörde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 2007, Zl. 2005/01/0091, mwN).

Ein Rechtsanspruch auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß § 12 Z 1 StbG besteht nur, wenn die dort verwiesenen Voraussetzungen ua. des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 StbG erfüllt sind (vgl. Fessler/Keller/Pommerenig-Schober/Szymanski, aaO., S. 135).

3. Nach dem klaren Wortlaut des § 10 Abs. 1 Z 2 StbG stellt jede wegen einer Vorsatztat erfolgte rechtskräftige gerichtliche Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe der Verleihung der Staatsbürgerschaft entgegen. Auf das Ausmaß der Freiheitsstrafe kommt es dabei - im Gegensatz zur Rechtslage vor Inkrafttreten der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 - nicht an (vgl. RV 1189 BlgNR, XXII. GP, S. 4). Im gegenständlichen Fall wurde der Beschwerdeführer wegen der Vorsatzdelikte der Körperverletzung (§ 83 Abs. 2 StGB), der Nötigung (§ 105 Abs. 1 StGB) sowie der gefährlichen Drohung (§ 107 Abs. 1 StGB) rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt.

4. Der angefochtene Bescheid begegnet insofern keinen Bedenken, als im Zeitpunkt seiner Erlassung das in § 10 Abs. 1 Z 2 StbG normierte Verleihungshindernis (vgl. hiezu zuletzt das hg. Erkenntnis vom 19. März 2009, Zl. 2008/01/0496) vorlag.

Aus diesem Grund kam weder eine Ermessensentscheidung nach § 11 StbG in Betracht noch konnte - trotz des mehr als 15-jährigen ununterbrochenen (und offenkundig auch rechtmäßigen) Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich - ein Rechtsanspruch auf Verleihung der Staatsbürgerschaft nach § 12 Z 1 lit b) StbG bestehen.

5. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 23. April 2009

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