VwGH 2006/01/0676

VwGH2006/01/067621.10.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Jäger, über die Beschwerde des IS in L, geboren 1971, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 26. September 2006, Zl. 209.062/24-XVIII/58/06, betreffend §§ 9, 10 Asylgesetz 2005 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres),

Normen

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4;
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1;
EMRK Art8;
VwGG §33a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 2005 §10 Abs1 Z4;
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1;
EMRK Art8;
VwGG §33a;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

I. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt II. (Ausweisung) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 26. September 2006 wurde dem Beschwerdeführer von Amts wegen der Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) aberkannt und ihm die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen (Spruchpunkt I.) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 AsylG 2005 aus dem Bundesgebiet "nach Serbien, Provinz Kosovo" ausgewiesen (Spruchpunkt II.).

Begründend führte die belangte Behörde zur Ausweisung im Wesentlichen aus, diese greife in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Privatleben des Beschwerdeführers, nicht jedoch in sein Recht auf Familienleben ein. Sie sei jedoch aus Gründen der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt. Zwar hielten sich die Ehefrau des Beschwerdeführers und seine beiden in Österreich geborenen Söhne im Bundesgebiet auf, sie seien jedoch nur aufgrund anhängiger Asylverfahren zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Da seine Ehefrau und seine Söhne ebenfalls aus Serbien, Provinz Kosovo, stammten, sei es dem Beschwerdeführer jederzeit möglich, sein Familienleben dort fortzusetzen. In der Berufung sei vorgebracht worden, der Beschwerdeführer habe sich in Österreich gut integriert, einen großen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut, spreche gut Deutsch, gehe einer geregelten Beschäftigung nach und könne daher für seine Familie sorgen. Sein Aufenthalt in Österreich werde jedoch durch seine illegale Einreise und den Umstand, dass der Beschwerdeführer wissen habe müssen, dass sein Aufenthalt im Falle der Abweisung des Asylantrages bzw. Aberkennung des subsidiären Schutzes nur ein vorübergehender sei, relativiert. Schließlich habe der Aufenthalt nur durch die unbegründete Stellung eines Asylantrages erreicht werden können.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Zu I.:

Der Ansicht der belangten Behörde, die Ausweisung des Beschwerdeführers greife nicht in sein durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Familienleben ein, ist nicht zu folgen. Soweit die belangte Behörde dafür ins Treffen führt, es sei dem Beschwerdeführer jederzeit möglich, sein Familienleben mit seiner Ehefrau und seinen beiden Söhnen, die ebenfalls aus dem Kosovo stammten, dort fortzusetzen, setzt sie die negative Erledigung von deren zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch anhängigen Asylverfahren voraus.

Es erscheint daher möglich, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner asylrechtlichen Ausweisung das Bundesgebiet ohne seine Ehefrau und seine Kinder zu verlassen hat. Die vorliegende Ausweisung greift somit in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Familienleben des Beschwerdeführers ein. Eine Rechtfertigung für diesen Eingriff ist nicht zu erkennen, zumal die belangte Behörde nicht dargelegt hat, warum öffentliche Interessen es erfordern würden, dass der Beschwerdeführer Österreich schon vor einer allfälligen Entscheidung über die Anträge der übrigen Mitglieder seiner Familie verlassen muss (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. September 2010, Zl. 2007/20/0093, mwH; vgl. zur sogenannten "partiellen Ausweisung" etwa auch das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2009, Zlen. 2007/01/0210 bis 0212).

Der angefochtene Bescheid war daher in seinem die Ausweisung betreffenden Spruchpunkt II. gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Zu II.:

Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beschwerde wirft - soweit sie sich nicht auf die Ausweisung bezieht - keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung sprechen würden, liegen nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde im oben angeführten Umfang abzulehnen.

Wien, am 21. Oktober 2010

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