Normen
FrG 1997 §10 Abs2 Z5;
FrG 1997 §6 Abs1 Z4;
FrG 1997 §8 Abs3 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
FrG 1997 §10 Abs2 Z5;
FrG 1997 §6 Abs1 Z4;
FrG 1997 §8 Abs3 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1981 geborene Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, stellte am 10. Juni 2005 bei der Österreichischen Botschaft in Ankara den Antrag, ihm ein Visum für die Dauer von 90 Tagen auszustellen. Er brachte vor, er sei arbeitslos und wolle als Tourist seine in Österreich lebende Ehefrau besuchen. Die Ehefrau komme für die Reisekosten und die Bestreitung seines Lebensunterhaltes während des genannten Aufenthaltes auf.
Die Österreichische Botschaft in Ankara teilte ihm hiezu mit Schreiben vom 10. Juni 2005 mit, keine weiteren Dokumente mehr zu benötigen. Eine erste Prüfung habe jedoch ergeben, dass seinem Antrag gemäß § 10 Abs. 2 Z. 5 FrG nicht stattgegeben werden könne. Es bestehe nämlich Grund zur Annahme, dass er das Bundesgebiet nach Ablauf der Gültigkeit des Visums nicht unaufgefordert verlassen werde, weil er nicht überzeugend habe nachweisen können, dass er feste familiäre, soziale oder wirtschaftliche Bindungen an seinen derzeitigen Wohnsitz habe.
Eine in der Gegenschrift der belangten Behörde behauptete Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 27. Juni 2005 ist den (erst über Urgenz vom 12. Dezember 2005 und unvollständig vorgelegten) Verwaltungsakten nicht angeschlossen.
Mit der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erledigung der Österreichischen Botschaft in Ankara (der belangten Behörde) vom 14. Juli 2005 wurde der eingangs genannte Antrag "abgelehnt".
Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe selbst angegeben, arbeitslos zu sein, und habe auch keine Arbeitsdokumente vorlegen können. Es habe daher davon ausgegangen werden müssen, "dass er keine festen familiären, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen in der Türkei besitzt und die Wiederausreise aus Österreich nicht gesichert ist".
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Vorweg ist klarzustellen, dass keine Bedenken gegen die Bescheidqualität der in Beschwerde gezogenen Erledigung der Österreichischen Botschaft bestehen (vgl. zu ähnlichen Botschaftsschreiben etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2004, Zl. 2004/21/0029, und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. November 2003, B 1701/02, mwN). Im Übrigen geht auch die Beschwerde ausdrücklich von der wirksamen Erlassung eines Bescheides aus und in der Gegenschrift wird dem nicht entgegengetreten.
Die belangte Behörde begründete die Abweisung des eingangs dargestellten Antrages nur mit dem - ihrer Ansicht nach gegebenen -
Vorliegen des Versagungsgrundes nach § 10 Abs. 2 Z. 5 FrG. Danach kann die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels wegen Gefährdung öffentlicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Z. 2 FrG) versagt werden, "wenn Grund zur Annahme besteht, der Fremde werde nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Titels das Bundesgebiet nicht unaufgefordert verlassen".
Eine schlüssige und nachvollziehbare Begründung für diese vom Gesetz geforderte "Annahme" ist weder dem angefochtenen Bescheid noch dem Akteninhalt zu entnehmen. Es kann nämlich weder generell unterstellt werden, dass aus einer Arbeitslosigkeit das Fehlen fester familiärer und sozialer Bindungen in der Türkei folge, noch, dass Personen ohne ständige Beschäftigung generell unter Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften im Anschluss an die Gültigkeitsdauer eines Visums in Österreich unrechtmäßig aufhältig bleiben werden.
Ein Grund für eine derartige Annahme liegt nur dann vor, wenn bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde konkrete Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Fremde die Absicht hat, seinen Aufenthalt auf illegale Weise zu verlängern. Die belangte Behörde hat nicht unterstellt, dass der Beschwerdeführer keinen Wohnsitz in seinem Heimatland hätte. Auch hat sie kein von ihm in der Vergangenheit gesetztes (fremdenrechtliches) Fehlverhalten festgestellt, das ihre Schlussfolgerung rechtfertigen könnte. Im Übrigen erfüllt ein bloßer "Zweifel" an der Nichtausreise nach Ablauf des Visums - wie er in der Gegenschrift angesprochen wird - den genannten Tatbestand nicht (vgl. zum Ganzen etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. April 2006, Zl. 2003/21/0024, und Zlen. 2005/21/0017, 0018).
Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 18. Mai 2006
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