VwGH 2005/21/0011

VwGH2005/21/001115.3.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des A, vertreten durch Mag. Bernhard Graf, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 21. Juli 2004, Zl. Fr-4250a-82/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §36 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm den §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, ein auf drei Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.

Dieser Maßnahme legte sie zu Grunde, dass der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben am 18. Dezember 2003 mit Hilfe eines Schleppers versteckt in einem Lkw von Ungarn nach Österreich eingereist sei und weder über ein Reisedokument noch über einen Einreise- oder Aufenthaltstitel verfügt habe. Noch am selben Tag sei er - ohne die Einreisevoraussetzungen der Schweiz zu erfüllen - in die Schweiz ausgereist und habe dort einen Asylantrag gestellt. Auf Grund des bestehenden Rückübernahmeübereinkommens sei er am 27. Februar 2004 von Österreich rückübernommen worden. Seinen hier gestellten Asylantrag vom 2. März 2004 habe er am 10. März 2004 zurückgezogen. Auch bei der Rückübernahme habe der Beschwerdeführer über kein gültiges Reisedokument und auch keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel verfügt. Somit stelle sich sein neuerlicher Aufenthalt in Österreich wiederum als unrechtmäßig dar. Am 15. März 2004 sei er in die Schweiz überstellt worden, weil die Schweiz auf Grund einer eingebrachten Beschwerde (nunmehr) die Einreise gestattet habe.

Durch die illegale Einreise mit Hilfe eines Schleppers von Ungarn nach Österreich und den daran anschließenden unrechtmäßigen Aufenthalt sowie die rechtswidrige Ausreise habe der Beschwerdeführer das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften gravierend verletzt und es sei dadurch die Annahme gerechtfertigt, dass ein weiterer Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe. Bei dieser Annahme habe nicht einmal der neuerliche unrechtmäßige Aufenthalt auf Grund der Rücküberstellung durch die Schweiz in die Bewertung miteinbezogen werden müssen. Weiters habe der Beschwerdeführer anlässlich seiner Anhaltung nicht die Mittel zu seinem Unterhalt nachweisen können, weshalb die Voraussetzung des § 36 Abs. 2 Z 7 FrG erfüllt wäre.

In der weiteren Begründung legte die Behörde dar, dass von dem ihr eingeräumten Ermessen zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes Gebrauch gemacht und mit dem Aufenthaltsverbot nicht in relevanter Weise in das Privat- bzw. Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer nicht die Verwirklichung eines Tatbestandes des § 36 Abs. 2 FrG angelastet; sie stützte das Aufenthaltsverbot trotz der Ausführungen zur Mittellosigkeit des Fremden auch nicht auf § 36 Abs. 2 Z 7 FrG (arg.: "wäre").

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa jüngst das Erkenntnis vom 22. Februar 2005, Zl. 2004/21/0242) kann ein Aufenthaltsverbot rechtens auch direkt auf § 36 Abs. 1 FrG gestützt werden, wenn zwar keiner der Tatbestände des § 36 Abs. 2 FrG erfüllt ist, wohl aber triftige Gründe vorliegen, die in ihrer Gesamtheit die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigen.

Gerade im Hinblick auf ein fremdenrechtlich relevantes Fehlverhalten hat jedoch der Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass ein illegaler Grenzübertritt, die Nichtbeachtung einer Ausweisung und ein fortgesetzter unrechtmäßiger Aufenthalt kein Aufenthaltsverbot nach § 36 Abs. 1 FrG rechtfertigen (vgl. das Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 98/18/0356, sowie das auf den Fall der Ein- und Ausreise ohne Reisepass bezogene Erkenntnis vom 24. Februar 2003, Zl. 2000/21/0012).

Diese Überlegungen führen zum Ergebnis, dass auch hier die von der belangten Behörde herangezogene rechtswidrige Einreise, der daran anschließende unrechtmäßige Aufenthalt sowie die rechtswidrige Ausreise nicht geeignet sind, die verhängte Maßnahme - und zwar ein Aufenthaltsverbot und nicht etwa eine Ausweisung - zu rechtfertigen. Zu keiner anderen Beurteilung führt der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer bei seiner Einreise nach Österreich der Hilfe eines Schleppers bedient hat (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis Zl. 2004/21/0242).

Bei diesem Ergebnis kann das Beschwerdeargument dahinstehen, dass sich der Beschwerdeführer in einer unverschuldeten Notstandssituation befunden habe.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 15. März 2005

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