VwGH 2005/18/0486

VwGH2005/18/048617.2.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des Ing. K, geboren 1969, vertreten durch Dr. Michael Kramer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Südtiroler Platz 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 14. Jänner 2005, Zl. III 4033-110/04, betreffend Entziehung eines Reisepasses, zu Recht erkannt:

Normen

PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf idF 1995/507;
PaßG 1992 §15 Abs1 idF 1995/507;
SMG 1997 §28 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z1;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf idF 1995/507;
PaßG 1992 §15 Abs1 idF 1995/507;
SMG 1997 §28 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 14. Jänner 2005 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f des Passgesetzes 1992 - PassG, BGBl. Nr. 839, der ihm von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck am 11. Juni 2004 für eine Gültigkeitsdauer von zehn Jahren ausgestellte Reisepass mit der Nr. L 0109908 entzogen.

Der Beschwerdeführer sei vom Landesgericht Innsbruck mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil vom 28. Juni 2004 wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach §§ 28 Abs. 2 SMG, 15 StGB und des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von neun Monaten, Probezeit drei Jahre, belegt worden, weil er zu datumsmäßig nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten zwischen ca. Anfang 1999 und 23. Jänner 2004 in Aldrans, Innsbruck und anderen Orten 1.) den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs. 6), nämlich eine ziffernmäßig insgesamt nicht mehr genau feststellbare, die Grenzmenge jedenfalls übersteigende große Menge an zumindest teilweise qualitativ hochwertigem Marihuana (Reinheitsgrad bis zu 13,8 % THC) durch die Pflege und Aufzucht von Hanfpflanzen erzeugt bzw. zu erzeugen versucht habe, und 2.) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte, nämlich nicht mehr feststellbare Mengen an Cannabisprodukten bei namentlich nicht mehr bekannten Personen erworben und damit besessen habe.

Die Erzeugung einer großen Menge Suchtgift entgegen den bestehenden Vorschriften gemäß dem besagten Urteil sei eine Tatsache im Sinn des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG und als solche eine geeignete Grundlage für die Erstellung einer - negativen - Prognose für das zukünftige Verhalten des Beschwerdeführers in Bezug auf Delikte auf dem Suchtgiftsektor. Die Aufnahme einer Versagungsdauer bzw. Entziehungsdauer in den Spruch eines Versagungs- bzw. Entziehungsbescheides sei gesetzlich nicht vorgesehen und daher nicht möglich.

Zum Berufungsvorbringen, der Beschwerdeführer sei seit fast einem Jahr von seiner Cannabisabhängigkeit geheilt bzw. losgekommen, und den diesbezüglichen, für den Beschwerdeführer positiven fachärztlichen Beurteilungen vom 26. Februar 2004 und 28. August 2004 werde bemerkt, dass diese Zeit zu kurz sei, um dem Beschwerdeführer schon jetzt eine dauerhafte Heilung seiner Sucht attestieren zu können. Daraus, dass der Beschwerdeführer vor der besagten Verurteilung unbescholten gewesen sei und er seine Suchtgift-Straftaten ausschließlich zum Eigenkonsum im Inland (ohne Verwendung des Reisepasses) begangen habe, könne der Beschwerdeführer für das Reisepass-Entziehungsverfahren nichts gewinnen. Die verwaltungsbehördliche Reisedokument-Versagung bzw. - Entziehung diene nämlich der Verhinderung der missbräuchlichen Verwendung eines Reisedokumentes und setze nicht voraus, dass eine solche bereits stattgefunden habe. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers komme § 14 Abs. 1 Z.3 lit. f PassG nicht nur beim rechtswidrigen Schmuggel und Handel mit Suchtgiften in großer Menge zum Tragen, sondern auch - wie im Beschwerdefall - bei der rechtswidrigen Erzeugung von Suchtgift in großer Menge.

2. Gegen diesen Bescheid richtete der Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 7. Juni 2005, B 275/05).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren machte der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragte die Aufhebung des bekämpften Bescheides.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 14 Abs. 1 PassG, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. Nr. 507/1995, ist (u.a.) die Ausstellung eines Reisepasses zu versagen, wenn (Z. 3) Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um (lit. f) entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen. Nach § 15 Abs. 1 leg. cit. ist ein Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.

2. Nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde liegt dem Beschwerdeführer zur Last, Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs. 6 SMG) erzeugt bzw. zu erzeugen versucht und ferner Suchtgift in einer nicht mehr feststellbaren Menge bei namentlich nicht mehr bekannten Personen erworben und damit besessen zu haben.

Ferner steht unstrittig fest, dass der Beschwerdeführer den in Rede stehenden Reisepass bei seinem auf die Erzeugung sowie den Erwerb und den Besitz von Suchtgift gerichteten Fehlverhalten, das auf den Eigenkonsum von Suchtgift im Inland gerichtet war, nicht benützt hat. Im vorliegenden Fall besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, dass die vom Beschwerdeführer gesetzten Suchtgiftdelikte in irgendeinem Zusammenhang mit der Verwendung seines Reisepasses stehen könnten, oder er die Absicht gehabt habe, den Reisepass zur Begehung von Suchtgiftdelikten zu gebrauchen. Insbesondere gibt es keinen Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer seinen Reisepass dazu benutzt hätte, sich im Ausland mit entsprechenden Pflanzen, Sämlingen bzw. Samen einzudecken, um dann im Inland Suchtgift zu erzeugen, oder dass er seinen Reisepass zum Erwerb entsprechender Produktionskenntnisse verwendet hätte.

Damit sind aber im vorliegenden Fall keine Tatsachen iSd § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG gegeben, die die Annahme rechtfertigen, dass der Beschwerdeführer seinen Reisepass benützen wolle, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen. Dies hat die belangte Behörde verkannt.

3. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Ersatz für den Schriftsatzaufwand eine gesonderte Vergütung an Mehrwertsteuer nicht zusteht.

Wien, am 17. Februar 2006

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