VwGH 2005/13/0089

VwGH2005/13/008910.8.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel LL.M., über die Beschwerde des Ing. M P in W, vertreten durch Mag. Martin Dohnal, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 28. April 2005, Zl. ABK - 78/05, betreffend Haftung gemäß §§ 7 und 54 WAO, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
LAO Wr 1962 §54 Abs1;
LAO Wr 1962 §7 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
LAO Wr 1962 §54 Abs1;
LAO Wr 1962 §7 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach den Ausführungen in dem zusammen mit der Beschwerde vorgelegten angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer als ehemaliger Geschäftsführer der H. GmbH für Abgabenrückstände dieser Gesellschaft (Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für den Zeitraum März bis August 2003) im Gesamtbetrag von EUR 5.370,12 zur Haftung herangezogen. Dass die in dem mit der Berufung bekämpften erstinstanzlichen Bescheid angeführten Abgabenforderungen entstanden seien, stehe nach der Aktenlage fest und werde vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Die "ausständigen Beträge" seien dem Beschwerdeführer auch aufgeschlüsselt nach Abgabenart und Nebengebühren in der Berufungsvorentscheidung zur Kenntnis gebracht worden. Unbestritten sei weiters, dass der Beschwerdeführer im Haftungszeitraum Geschäftsführer der H. GmbH gewesen sei und somit zu dem in § 54 Abs. 1 WAO angeführten Personenkreis gehört habe. Über das Vermögen der Primärschuldnerin sei mit Gerichtsbeschluss vom 10. November 2003 der Konkurs eröffnet worden, der am 5. November 2004 mangels Kostendeckung aufgehoben worden sei. Daraus ergebe sich die Uneinbringlichkeit (bzw. zumindest nur erschwerte Einbringlichkeit) der Abgaben. Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers resultiere aus der Missachtung der Vorschriften über den Zeitpunkt der Entrichtung der angeführten Abgaben, die für jeden Monat spätestens bis zum

15. des darauf folgenden Monats zu entrichten gewesen wären.

Der Beschwerdeführer bestreite sein Verschulden an der Pflichtverletzung und bringe vor, er habe die Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer nur angetreten, um für die Gesellschaft auch die gewerberechtliche Geschäftsführung übernehmen zu können. Er sei auch nicht allein zeichnungsberechtigt gewesen, sondern nur zusammen mit dem jeweils zweiten Geschäftsführer. Da der Primärschuldnerin im Zeitraum seiner Geschäftsführung keine Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Baugewerbes erteilt worden sei, habe in diesem Bereich auch keine Tätigkeit entfaltet werden dürfen. Dies habe der Beschwerdeführer auch den anderen Geschäftsführern mitgeteilt, sodass für ihn kein Anlass bestanden habe, eine allfällige Tätigkeit der Gesellschaft zu überwachen. Offenbar hätten sich die weiteren Geschäftsführer über die Anordnungen des Beschwerdeführers hinweggesetzt. Aus diesem Grunde könnten die im Baugewerbe entfalteten Tätigkeiten auch nicht "der Firma" zugerechnet werden.

Seien mehrere Geschäftsführer bestellt - so die weiteren Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid -, könne der einzelne Geschäftsführer den ihm obliegenden Entlastungsbeweis dadurch erbringen, dass ihm die Besorgung der Abgabenangelegenheiten nicht oblegen sei und kein Anlass bestanden habe, die Tätigkeit des mit der Entrichtung der Abgaben betrauten anderen Geschäftsführers zu überprüfen. Eine Aufteilung der Geschäftsführeragenden habe der Beschwerdeführer allerdings nicht behauptet. Er hätte daher ungeachtet der Existenz eines - gleichermaßen zur Abgabenentrichtung der Gesellschaft verpflichteten - weiteren Geschäftsführers dafür Sorge tragen müssen, dass die fälligen Abgaben aus den Mitteln der Gesellschaft entrichtet werden. Für das Verschulden sei es außerdem nicht maßgeblich, ob der Beschwerdeführer seine Funktion als Vertreter tatsächlich ausgeübt habe, vielmehr komme es darauf an, ob er als Geschäftsführer zum Vertreter der Primärschuldnerin bestellt gewesen sei und er diese Funktion somit hätte ausfüllen müssen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, es habe keine Veranlassung zu einer entsprechenden Überwachung der anderen Geschäftsführer bestanden, weil die "Firma im Baugewerbe ohnehin keine Tätigkeiten hätte entfalten dürfen und er dies den neben ihm bestellten Geschäftsführern ebenso mitgeteilt hätte", könne den Beschwerdeführer nicht "entschulden". Selbst unter Berücksichtigung seiner Rechtfertigung hätte er nicht darauf vertrauen dürfen, dass sich die weiteren Geschäftsführer im Sinne seiner Mitteilung verhalten werden, sondern er hätte dies auch durch entsprechende Kontrolle und Überwachung sicherstellen müssen. Wenn der Beschwerdeführer meine, die Behörde hätte "die weiteren Geschäftsführer amtswegig einvernehmen müssen, da dies zur Verifizierung seiner Angaben beitragen hätte können", sei einerseits zu bemerken, dass eine Pflicht "zu jedweder amtswegigen Beweisaufnahme" nicht bestehe, und sei andererseits darauf hinzuweisen, dass das vom Beschwerdeführer genannte Beweisthema auf Grund seiner Allgemeinheit in keiner Weise erkennen lasse, "welche konkrete Tatsachenbehauptung im Einzelnen durch das angebotene Beweismittel erwiesen werden soll, weshalb darauf nicht weiter einzugehen war".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 WAO haften die in den §§ 54 ff WAO bezeichneten Vertreter und sonstigen Verpflichteten neben den Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern und sonstigen Verpflichteten auferlegten Pflichten, sei es abgabenrechtlicher oder sonstiger Pflichten, bei den Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung.

Nach § 54 Abs. 1 WAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Die belangte Behörde weist im angefochtenen Bescheid u. a. zutreffend darauf hin, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Aufgabe des Geschäftsführers ist, darzutun, weshalb er nicht dafür habe Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf; den Vertreter trifft dabei eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 28. April 2004, 99/14/0120, und vom 19. Jänner 2005, 2004/13/0156). Ein für die Haftung relevantes Verschulden liegt auch dann vor, wenn sich der Geschäftsführer schon bei Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw. eine solche Beschränkung in Kauf nimmt, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen, insbesondere den Abgabenbehörden gegenüber, unmöglich macht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2005, 2001/13/0168).

In der Beschwerde wird unter dem Titel einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vorgebracht, der Beschwerdeführer sei vom 3. April bis 26. September 2003 als handels- und gewerberechtlicher Geschäftsführer der H. GmbH eingetragen gewesen. Als solcher sei er nicht allein zeichnungsberechtigt gewesen, sondern jeweils nur mit dem zweiten Geschäftsführer. Der Beschwerdeführer, der den Gewerbeschein für das Baumeistergewerbe besitze, habe sich als handelrechtlicher Geschäftsführer eintragen lassen, um für die gegenständliche Firma auch die gewerberechtliche Geschäftsführung übernehmen zu können. Seitens der Magistratsabteilung (MA) 63 werde dem Geschäftsführer, der einen Antrag auf Eintragung der gewerberechtlichen Geschäftsführung eingebracht habe, mitgeteilt, dass dieser keine Tätigkeit "mit der Firma" entfalten dürfe, solange keine Berechtigung zur gewerberechtlichen Geschäftsführung bestehe. Für den Zeitraum, in welchem der Beschwerdeführer die handelsrechtliche Geschäftsführung innegehabt habe, sei eine Berechtigung zur gewerberechtlichen Geschäftsführung nicht erteilt worden. Dem Beschwerdeführer sei somit bekannt gewesen, dass im Zeitraum zwischen Antragstellung bei der MA 63 und Erteilung der gewerberechtlichen Geschäftsführung, "die Firma keine Tätigkeit in diesem Bereich ausüben darf". Auch die Tatsache, dass in diesem Zeitraum keine Steuernummer vorhanden gewesen sei, welche jedoch für die ordnungsgemäße Führung der Buchhaltung bzw. Entrichtung der Abgaben vonnöten sei, habe den Beschwerdeführer davon ausgehen lassen, dass eine "legale" Tätigkeit nicht möglich sei. Da für den Beschwerdeführer "gesetzeskonform keinerlei Tätigkeit vor Erlangung der gewerberechtlichen Geschäftsführung in Frage kam, und er dies auch den anderen Geschäftsführern mitgeteilt hatte, war es für ihn auch nicht sinnvoll zu überwachen, ob die Firma Tätigkeiten entfaltet". Fest stehe jedoch, dass der Beschwerdeführer keinerlei Kenntnis über die Tätigkeiten der Firma erlangt habe. Die anderen handelsrechtlichen Geschäftsführer, "welche auch immer 100%-ige Gesellschafter der gegenständlichen Firma und auch allein zeichnungsberechtigt waren, haben sich über die Anordnungen des Beschwerdeführers ohne dessen Wissen und Wollen offenbar hinweggesetzt". Für das Tätigwerden auf Baustellen sei auf der Bauanzeige die Unterschrift des gewerberechtlichen Geschäftsführers notwendig, welche seitens des Beschwerdeführers nie erteilt worden sei.

Mit diesem Vorbringen, mit dem sich die belangte Behörde im Wesentlichen bereits im angefochtenen Bescheid auseinander gesetzt hat, bestreitet der Beschwerdeführer weder seine Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 54 Abs. 1 WAO, der u.a. für die Abgabenentrichtung zu sorgen hat, noch tritt er den Ausführungen im angefochtenen Bescheid entgegen, wonach eine Aufteilung der Geschäftsführeragenden nicht bestanden habe (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, 99/14/0029). Im Unterlassen jeglicher Überwachungsmaßnahmen hinsichtlich der Erfüllung abgabenrechtlicher Verpflichtungen durfte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer damit zu Recht ein relevantes Verschulden im Sinne des § 7 Abs. 1 WAO anlasten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2002, 2002/15/0152). Selbst wenn dem Beschwerdeführer bekannt gewesen sein sollte, dass vor "Erteilung der gewerberechtlichen Geschäftsführung" von der H. GmbH keine Tätigkeiten hätten ausgeübt werden dürfen, oder sich die "anderen handelsrechtlichen Geschäftsführer" lt. Vorbringen des Beschwerdeführers offenbar über seine Anordnungen hinweg gesetzt haben, entband dies den Beschwerdeführer nicht von seiner Verpflichtung, eine Überwachungs- und Kontrolltätigkeit etwa in Hinblick auf die Befolgung seiner Anordnungen oder auch die Wahrnehmung abgabenrechtlicher Pflichten selbst allenfalls nicht "gesetzeskonform" ausgeübter Tätigkeiten auszuüben. Warum für eine ordnungsgemäße Führung der Buchhaltung oder eine Abgabenentrichtung (zumal von den in Rede stehenden Selbstbemessungsabgaben) allein eine Steuernummer "von Nöten" sein sollte, stellt die Beschwerde im Übrigen nicht nachvollziehbar dar. Bei dem dem Beschwerdeführer zu Recht angelasteten Überwachungsverschulden war es auch nicht wesentlich, ob der Beschwerdeführer tatsächlich Kenntnis über die Tätigkeiten der H. GmbH erlangt hatte. Wenn in der Beschwerde als Verfahrensrüge geltend gemacht wird, die belangte Behörde habe die Einvernahme namentlich bezeichneter Geschäftsführer deshalb zu Unrecht abgelehnt, weil diese zur Schuldlosigkeit des Beschwerdeführers insbesondere die Tatsache hätten bezeugen können, dass der Beschwerdeführer "nicht über die Tätigkeit der Firma" informiert gewesen sei, wird damit auch kein relevanter Verfahrensmangel aufgezeigt.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 10. August 2005

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