Normen
ABGB §774;
SHG Vlbg 1998 §9 Abs1 lita;
SHG Vlbg 1998 §9 Abs2;
ABGB §774;
SHG Vlbg 1998 §9 Abs1 lita;
SHG Vlbg 1998 §9 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde die Beschwerdeführerin mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 5. Juli 2005 gemäß den §§ 9 und 11 Sozialhilfegesetz verpflichtet, den für sie im Zeitraum vom 30. Dezember 1997 bis 31. Dezember 2003 entstandenen Sozialhilfeaufwand in der Höhe von EUR 29.457,50 zu ersetzen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei im erwähnten Zeitraum aus Mitteln der Sozialhilfe unterstützt worden. Der offene und nicht verjährte Sozialhilfeaufwand betrage EUR 29.457,50. Im Zuge eines beim Bezirksgericht Feldkirch durchgeführten Verlassenschaftsverfahrens nach dem Ehegatten der Beschwerdeführerin, der von ihr getrennt gelebt und ihr für die Dauer des Sozialhilfebezuges einen gerichtlich festgesetzten monatlichen Unterhaltsbeitrag geleistet habe, sei ihr ein Pflichtteil in Höhe von EUR 135.000,-- zugesprochen und ausbezahlt worden. Grundlage für den ausbezahlten Pflichtteil sei ein näher bezeichneter Vergleich gewesen. Vom ausbezahlten Betrag seien EUR 12.000,-- an Rechtsanwaltskosten bezahlt worden; zwischen EUR 12.000,-- und EUR 13.000,-- seien an Erbschaftssteuer zu bezahlen. Die Beschwerdeführerin habe überdies Schenkungen an ihre Kinder und Enkel durchgeführt, sodass ihr von ursprünglich EUR 135.000,-- noch ein Restbetrag von EUR 83.491,13 zur Verfügung stehe. Die Beschwerdeführerin lebe in einer Mietwohnung in Bludenz und beziehe seit 1. Oktober 2003 eine Witwenpension von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft. Nach § 9 Abs. 1 lit. a Sozialhilfegesetz sei die Sozialhilfeempfängerin zum Kostenersatz verpflichtet, wenn sie zu einem ausreichenden Einkommen oder Vermögen gelange. Dies sei vorliegend der Fall. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, ihr verbliebe nach Rückzahlung der Sozialhilfe ein Restbetrag von EUR 54.033,63, der bei Annahme einer Pflegestufe 2 nur für einen Zeitraum von ca. 34 Monaten zur Bezahlung der Kosten eines Altersheimes ausreiche, sodass sie anschließend wieder auf die Sozialhilfe angewiesen sei, gehe ins Leere, weil sie sich derzeit in keinem Heim befinde und in der Zukunft eventuell eintretende Ereignisse nicht berücksichtigt werden könnten. Das Verlangen der Beschwerdeführerin nach Heranziehung der Erben nach ihrem verstorbenen Ehegatten zum Kostenersatz lasse außer Acht, dass auf Unterhaltsverpflichtete erst dann zurückgegriffen werden könne, wenn das eigene Einkommen und Vermögen des Sozialhilfeempfängers nicht ausreiche. Soweit die Beschwerdeführerin aber meine, die Vorschreibung des Kostenersatzes stehe im Widerspruch zu den Bestimmungen des § 774 ABGB, wonach der Pflichtteil dem Noterben gänzlich frei bleiben müsse, verkenne sie, dass sich diese Regelung allein auf das Verlassenschaftsverfahren beziehe und der Vorschreibung von Kostenersatz für Sozialhilfe nicht entgegenstehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 9 Abs. 1 lit. a des Vorarlberger Gesetzes über die Sozialhilfe (SHG) hat der Empfänger der Sozialhilfe die hiefür aufgewendeten Kosten einschließlich der Kosten im Sinne des § 13 Abs. 3 zu ersetzen, wenn er ein ausreichendes Einkommen oder Vermögen erhält.
Der Ersatz der Kosten nach Abs. 1 darf gemäß § 9 Abs. 2 SHG insoweit nicht verlangt werden, als dadurch der Erfolg der Sozialhilfe gefährdet würde.
Die Beschwerdeführerin bestreitet weder, im angegebenen Zeitraum Sozialhilfeleistungen bezogen zu haben, für die die erwähnten Kosten aufgelaufen seien, noch stellt sie in Abrede, über einen Betrag von EUR 83.491,13 (aus dem Pflichtteil nach ihrem verstorbenen Ehegatten) zu verfügen. Sie meint vielmehr, aus ihren Einkünften stünden ihr zur Abdeckung ihres Unterhalts pro Tag lediglich EUR 32,20 zur Verfügung. Sie habe keinerlei Rücklagen zur Abdeckung von plötzlich auftretenden finanziellen Engpässen. Auch künftig anfallende Pflegekosten bzw. Kosten eines Altersheimes könnten von ihr aus dem laufenden Einkommen nicht längerfristig bezahlt werden. Nach Rückzahlung des verlangten Betrages von EUR 29.457,50 könne sie - abgesehen von plötzlichen finanziellen Engpässen - nur für ca. 34 Monate die Kosten eines Altersheimes bezahlen. Es sei daher im Sinne der Sozialfürsorge, der Beschwerdeführerin jene finanziellen Mittel zu belassen, aus denen sie ihre Bedürfnisse und allfällige Pflege- bzw. Altersheimkosten abdecken könne. Es sei nicht sinnvoll, die Beschwerdeführerin zur Rückzahlung des erwähnten Betrages zu verhalten, um sie dann wieder finanziell unterstützen zu müssen. Die Rückforderung stehe daher im Widerspruch zu § 9 Abs. 2 SHG. Die Beschwerdeführerin habe im Übrigen ihren Pflichtteil klagsweise geltend machen müssen und sei in der Folge bereit gewesen, sich zu vergleichen, wodurch sie nur 53,82 % des ihr eigentlich zustehenden Pflichtteiles erhalten habe. § 774 ABGB ordne an, dass der Pflichtteil dem Noterben gänzlich frei bleiben müsse. Eine Rückzahlung von Sozialhilfe komme daher nur in Betracht, wenn sie mehr als den Pflichtteil erhalten hätte. Dies müsse umso mehr gelten, als sie nur einen Teil des Pflichtteiles erhalten habe. Sonst ergebe sich die Konsequenz, dass derjenige, der pflichtteilsberechtigt sei, unter Umständen besser gestellt werde, wenn er keine Pflichtteilsklage erhebe, sondern sich weiterhin mit den Sozialhilfeleistungen zufrieden gebe. Erhebe er nämlich Pflichtteilsklage, dann müsse er neben der nervlichen Belastung, die das gerichtliche Verfahren mit sich bringe, ein erhebliches Kostenrisiko tragen und obsiege er schließlich, so müsse er die Sozialhilfe zurückzahlen und es falle überdies Erbschaftssteuer an. Dem Pflichtteilsberechtigten verbleibe also kein entsprechendes Vermögen, das ihn finanziell unabhängig mache, sondern er werde früher oder später wieder Sozialhilfe beziehen müssen. Ein Ausweg aus dieser Problematik bestehe allerdings darin, dass die aufgelaufenen Sozialhilfekosten den Erben des verstorbenen Ehegatten der Beschwerdeführerin, nicht aber ihr vorgeschrieben würden. Die von ihrem verstorbenen Ehegatten erbrachten Unterhaltsleistungen hätten nämlich nicht ausgereicht, um ihren Lebensunterhalt abzudecken, sodass sie auf Sozialhilfe angewiesen gewesen sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass sie von ihrem verstorbenen Ehegatten aus der ehelichen Wohnung gewiesen worden sei und solcherart einen erhöhten Unterhaltsbedarf gehabt habe, der nur durch Unterstützung seitens der öffentlichen Hand habe gedeckt werden können. Die belangte Behörde hätte daher gegen die Erben vorgehen müssen, weil diese im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht die Kosten der Sozialhilfe ersetzen müssten, zumal sie als Rechtsnachfolger des Verstorbenen auch für dessen rechtswidriges Verhalten gegenüber der Beschwerdeführerin hafteten.
Voraussetzung für einen Ersatz der Kosten geleisteter Sozialhilfe durch den Empfänger der Sozialhilfe ist gemäß § 9 SHG nicht nur, dass dieser ausreichendes (vgl. dazu das zum Tiroler Sozialhilfegesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 30. März 1993, Zl. 91/08/0169) Einkommen oder Vermögen erhält, sondern auch, dass durch den Kostenersatz der Erfolg der Sozialhilfe nicht gefährdet würde. Die Vorschreibung eines Kostenersatzes durch den Sozialhilfeempfänger wäre demnach unzulässig, stünde sie im Widerspruch zu den Zielsetzungen des Sozialhilfegesetzes.
Dass die Beschwerdeführerin in Gestalt des Betrages von EUR 83.491,13 über ausreichendes Vermögen im Sinne des § 9 Abs. 1 lit. a SHG verfügt, um die aufgelaufenen Sozialhilfekosten in Höhe von EUR 29.457,50 zu ersetzen, ist nicht zweifelhaft. Die Beschwerdeführerin bestreitet das auch gar nicht.
Sie zeigt aber auch keine Rechtswidrigkeit der behördlichen Annahme auf, ihre Verpflichtung zum Kostenersatz stünde mit den Zielsetzungen des SHG nicht im Widerspruch. Ihr Vorbringen, sie könne mit ihren Einkünften und mit dem ihr (nach Ersatz der Sozialhilfekosten) verbleibenden Vermögen - jedenfalls auf längere Sicht - allenfalls anfallende Pflegekosten bzw. die Kosten eines Altersheimes nicht bezahlen, übersieht, dass die von ihr befürchtete Notlage unbestrittener Maßen keineswegs aktuell ist. Lebt die Beschwerdeführerin nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen der belangten Behörde doch weder in einem Alters- oder Pflegeheim, noch besteht Grund zur Annahme, dass entsprechende Betreuungs- und Pflegeleistungen demnächst notwendig werden. Es kann daher nicht gesagt werden, dass der vorgeschriebene Kostenersatz die Beschwerdeführerin in eine bereits absehbare Notlage stürzen würde, die wiederum nur durch Sozialhilfeleistungen überwunden werden könnte.
Bei ihrer Behauptung, die Bestimmung des § 774 ABGB, wonach der Pflichtteil dem Noterben "ganz frei bleiben" müsse, stehe einer Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin zum Kostenersatz nach dem SHG entgegen, verkennt sie den normativen Gehalt der erwähnten Bestimmung. Das Recht des Noterben auf den Pflichtteil darf nicht im Wege der Verfügung von Bedingungen oder Belastungen durch den Erblasser eingeschränkt werden; dass jedoch das der Beschwerdeführerin in Form eines Pflichtteils zugekommene Vermögen nicht als Vermögen im Sinne des § 9 Abs. 1 SHG angesehen werden dürfe, besagt diese Bestimmung keineswegs.
Schließlich übersieht die Beschwerdeführerin bei ihrem Vorbringen, die belangte Behörde hätte primär die Erben nach ihrem verstorbenen Ehegatten im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht zum Kostenersatz heranziehen müssen, dass eine Unterhalts- und damit Ersatzpflicht eines Kindes - nur wenn die erwähnten Erben Kinder der beschwerdeführenden Partei wären, käme ihre Heranziehung überhaupt in Betracht - erst Platz greifen kann, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht im Stande ist, sich selbst zu erhalten (vgl. § 10 SHG i.V.m. § 143 Abs. 1 ABGB). Dass die Beschwerdeführerin jedoch ungeachtet ihrer Einkünfte und ihres Vermögens zur Selbsterhaltung nicht im Stande wäre, behauptet sie selbst nicht.
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 17. Oktober 2005
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