VwGH 2005/09/0079

VwGH2005/09/007913.12.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Mag. EM in H, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten vom 8. November 2004, Zl. 41.550/3-9/01/HVG, betreffend Beschädigtenrente nach dem Heeresversorgungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
HVG §2 Abs1;
HVG §24 Abs8;
HVG §56 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
HVG §2 Abs1;
HVG §24 Abs8;
HVG §56 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Bezeichnung der anerkannten Dienstbeschädigung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und hinsichtlich der Bemessung der Beschädigtenrente wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der im Jahr 1948 geborene Beschwerdeführer erlitt im Jänner 1967 während der Ableistung des Präsenzdienstes durch einen Sturz beim Dienstschilauf Verletzungen, die mit Bescheid des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 24. Juli 1968 wie folgt als Dienstbeschädigungen gemäß § 2 des Heeresversorgungsgesetzes, BGBl. Nr. 27/1964 (HVG), anerkannt wurden:

"1. Reaktionslose Operationsnarbe nach Bandscheibenoperation im Bereiche der LWS - Kausaler Anteil: 1/1

2. Neuralgie im linken Bein nach Operation eines Bandscheibenprolapses - Kausaler Anteil: 1/1"

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Beschädigtenrente wurde "jedoch gemäß § 21 Abs. 1 HVG abgewiesen".

Dieser unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Bescheid stützte sich auf ein ärztliches Sachverständigengutachten vom 3. Juli 1968, dem zufolge sich aus der ersten der erwähnten Dienstbeschädigungen keine und aus der zweiten (in der Begründung genannte Richtsatzposition nach der Anlage zur Verordnung BGBl. Nr. 150/1965: IV/n/533, d.s. "leichtere Formen" von "Neuralgien im Bereich des Plexus brachialis und lumbosacralis") eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers von 20 v.H. ergebe. Das "Trauma beim dienstlichen Skifahren" habe zu einer "wesentlichen Verschlimmerung" des "anlagebedingten Leidens" geführt und eine Operation erfordert.

Zur Prüfung nach § 22 HVG wurde in der Begründung des Bescheides ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im Juni 1966 die Reifeprüfung abgelegt und beabsichtige, sein Studium fortzusetzen. Der Beurteilung könne daher "fiktiv der Beruf eines Bundesbeamten der Verwendungsgruppe 'b' zugrunde gelegt" werden. Aus diesem Beruf ergäben sich keine Anforderungen, die im Hinblick auf die festgestellten Dienstbeschädigungen überdurchschnittliche Belastungen anzeigen würden, sodass "berufliche Sonderverhältnisse" nicht vorlägen und "eine Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 22 HVG nicht möglich" sei.

Mit "Verschlimmerungsantrag" vom 9. Oktober 1980 machte der Beschwerdeführer geltend, er habe trotz starker Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule mit wechselnder Bewegungseinschränkung seinen "Beruf als staatl. geprüfter Skitrainer" durch zwölf Jahre weitergeführt. Im Herbst 1979 sei es aber zu einer weiteren Verschlechterung und daraufhin zu einer weiteren Operation und zu einem langen Krankenstand gekommen. Der Beschwerdeführer könne "nur tageweise im Teildienst arbeiten" und sei gegenüber seinen "Berufskollegen als Skitrainer" in seiner "Erwerbsfähigkeit überaus beeinträchtigt".

Mit Bescheid vom 25. März 1982 wies das Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Beschädigtenrente wegen Verschlimmerung der anerkannten Dienstbeschädigungen ab (Spruchpunkt I) und sprach aus, die von ihm geltend gemachte Gesundheitsschädigung "schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule und des linken Beines" werde nicht als Dienstbeschädigung anerkannt (Spruchpunkt II). Dieser Bescheid gründete sich - gestützt auf ein Sachverständigengutachten vom 30. November 1981 - in Bezug auf Spruchpunkt I auf die Ansicht, hinsichtlich der anerkannten Dienstbeschädigungen sei keine maßgebliche Änderung eingetreten. Da weder im objektiven Befund der Dienstbeschädigung noch in den Berufsverhältnissen eine maßgebende Änderung eingetreten sei, bestehe nach den analog anzuwendenden Maßstäben des hg. Erkenntnisses vom 13. Juni 1960, Slg. Nr. 5321/A, kein Anspruch auf neuerliche Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach § 22 HVG. Zu Spruchpunkt II wurde ausgeführt, weitere Bandscheibenvorfälle, wie einer z.B. am 3. November 1979 bei einem neuerlichen Schiunfall des Beschwerdeführers eingetreten sei und zu einer Operation gezwungen habe, und "eine sonstige Verschlechterung der Wirbelsäulenfunktion" seien anlagebedingt und nicht dem Dienstunfall anzulasten.

Der Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid gab die Schiedskommission beim Bundesministerium für soziale Verwaltung mit Bescheid vom 21. Februar 1984 "teilweise Folge". Sie änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, dass dem Beschwerdeführer ab 1. Oktober 1980 eine Beschädigtenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v.H. in der Höhe von monatlich S 1.598,--, ab 1. Jänner 1981 S 1.679,--, ab 1. Jänner 1982 S 1.767,--, ab 1. Jänner 1983 S 1.864,-- und ab 1. Jänner 1984 S 1.939,-- zuerkannt werde. "Im übrigen" werde der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

In der Begründung wurde u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer habe das Vorliegen eines Anlageleidens bestritten und die weiteren negativen Veränderungen, die im Jänner 1982 zu einer dritten Operation geführt hätten, auf den Heeresunfall zurückgeführt. Zu seiner beruflichen Situation habe er vorgebracht, er sei seit 1975 Magister der Pharmazie und wegen des Wirbelsäulenleidens "auch in diesem Beruf schwer behindert".

Auf Grund der eingeholten Sachverständigengutachten gehe die Schiedskommission davon aus, dass es sich beim Bandscheibenleiden des Beschwerdeführers um eine durch Minderwertigkeit des Knorpelgewebes bedingte Veränderung handle. Die Verschlimmerung durch den im Präsenzdienst erlittenen Unfall sei durch die damalige Operation "beseitigt" worden. Die Folgen der Operation seien als Dienstbeschädigung zu werten, hinsichtlich derer aber keine maßgeblichen Änderungen eingetreten seien. Die Verschlechterung des Bandscheibenleidens "infolge schicksalsmäßigen Ablaufs" könne "medizinischerseits in keiner Weise auf das schädigende Ereignis im Jahr 1967 bezogen werden".

Zu der - neuen - Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach § 22 HVG führte die Schiedskommission aus, der "Wurzelreizzustand im Lendenbereich bei Bandscheibenleiden" (so die in der Begründung vorgenommene neue Bezeichnung der im Bescheid vom 24. Juli 1968 als "Neuralgie im linken Bein nach Operation eines Bandscheibenprolapses" bezeichneten zweiten der beiden anerkannten Dienstbeschädigungen, bei unveränderter Zuordnung zur Richtsatzposition IV/n/533) sei in Bezug auf den nunmehr zugrunde gelegten billigerweise sozial zumutbaren Beruf eines vertretungsbefugten Apothekers mit "vorwiegendem" Stehen aber "in geringem Ausmaß berufserschwerend", woraus sich eine zur Zuerkennung einer Beschädigtenrente führende Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 22 HVG im Ausmaß von 30 v.H. ergebe.

In bemessungsrechtlicher Hinsicht führte die Schiedskommission aus, der Beschwerdeführer sei bis kurz vor dem Antritt des Präsenzdienstes Schüler gewesen, was zur Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage führen würde. Im Sinne des § 24 Abs. 8 HVG wäre er aber mit Rücksicht darauf, dass er von 1967 bis 1975 Pharmazie studiert und dieses Studium am 4. Juli 1975 mit dem Magisterium abgeschlossen habe, zu diesem Zeitpunkt nach dem Kollektivvertrag für pharmazeutische Fachkräfte als Aspirant einzustufen gewesen. Dass er in weiterer Folge am 21. Oktober 1980 die Fachprüfung für den Apothekerberuf abgelegt habe, komme nach der erwähnten Bestimmung wegen der vorherigen Vollendung des 30. Lebensjahres des Beschwerdeführers nicht mehr zum Tragen. Davon ausgehend sei seine Beschädigtenrente - auf näher dargestellte Weise - unter Zugrundelegung der Entlohnung für Aspiranten im Kalenderjahr 1975 zu bemessen.

Diesen Bescheid hob der Verwaltungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom 26. September 1984, Zl. 84/09/0103, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weil die Schiedskommission § 24 Abs. 8 HVG falsch angewendet und auf den tatsächlichen Berufsabschluss des Beschwerdeführers abgestellt habe, statt das Einkommen einer höchstens 30-jährigen Person jener Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Beschädigte nach seinem im Zeitpunkt des Schadenseintrittes gezeigten Ausbildungsstand wahrscheinlich angehört hätte, zu ermitteln.

Der Ersatzbescheid der Schiedskommission vom 7. Februar 1986 stimmte im Spruch - abgesehen von einer Aktualisierung der Höhe der zugesprochenen Rente nun auch für die Jahre 1985 und 1986 - mit dem Bescheid vom 21. Februar 1984 überein. Die Begründung unterschied sich von derjenigen des aufgehobenen Bescheides - abgesehen von der Heranziehung neuer Vorschriften für die Anpassung der Rente ab dem 1. Jänner 1985 - im Wesentlichen durch einen Textteil, in dem die Frage, ob sich die Dienstbeschädigung auf den Ausbildungsfortgang des Beschwerdeführers nachteilig ausgewirkt habe, verneint wurde. Der zugrunde gelegten ärztlichen Stellungnahme zufolge sei "die kausale Schädigung der anerkannten DB mit ihrer geringen richtsatzmäßigen MdE (20 v.H.) nicht imstande (gewesen), den Studienablauf irgendwie zu beeinflussen oder zu verlängern." Von einer Prüfung, wann im Durchschnitt (voraussichtlich) die Berufs- oder Schulausbildung abgeschlossen gewesen wäre, habe sohin abgesehen werden können, und es sei vom tatsächlichen Verlauf der Ausbildung auszugehen gewesen (Seiten 10 und 11 dieses Bescheides).

Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1986, Zl. 86/09/0066, als unbegründet abgewiesen. Dazu wurde u. a. ausgeführt, ein Einstieg in die Prüfung der Frage, wann ein zur Zeit der Schädigung noch in Schul- oder Berufsausbildung Stehender diese voraussichtlich abgeschlossen hätte, komme nur in jenen Fällen rechtens in Frage, in denen sich die Dienstbeschädigung auf den Ausbildungsfortgang ungünstig ausgewirkt bzw. denselben unmöglich gemacht habe.

Mit Eingabe vom 9. August 1995 stellte der Beschwerdeführer erneut einen "Antrag auf Verschlimmerung". Dazu brachte er u. a. vor, er sei "zuletzt bis 1987 Apothekenleiter" gewesen und auf Grund seines Leidens nicht mehr arbeitsfähig.

Diesen Antrag wies das Bundessozialamt Wien Niederösterreich Burgenland mit Bescheid vom 9. Februar 1996 ab. Gleichzeitig wurde im Spruch dieses Bescheides die zweite Dienstbeschädigung des Beschwerdeführers wie folgt neu bezeichnet:

"Lymbalsyndrom nach Discusoperation - Kausaler Anteil: 1/1" Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das ärztliche

Sachverständigengutachten habe ergeben, dass gegenüber dem dem Bescheid vom 7. Februar 1986 zugrunde gelegten Vergleichsbefund keine maßgebliche Änderung "im DB-bedingten Leidenszustand" eingetreten sei. Die "anamnestisch angegebene Verschlimmerung" sei, wie schon im Bescheid vom 7. Februar 1986 erläutert, auf "akausale Degenerationsprozesse" zurückzuführen. Der neu bezeichneten zweiten Dienstbeschädigung wurde in der weiteren Begründung dieselbe Richtsatzposition und Minderung der Erwerbsfähigkeit wie bisher zugeordnet. Auch in den Berufsverhältnissen sei keine "maßgebende Änderung" eingetreten. Es bleibe daher bei der bisherigen Festsetzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 30 v.H.

Der Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid gab die Schiedskommission beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit Bescheid vom 12. März 1997 keine Folge. Gleichzeitig bezeichnete sie die Dienstbeschädigung im Spruch ihrer Entscheidung (dem Wortlaut nach insgesamt) wie folgt:

"1) Posttraumatische Veränderungen im Bereiche der Lendenwirbelsäule, kausaler Anteil: 1/1;

2) Vertebragene radiculäre Läsion L5/S1 links, kausaler Anteil: 1/1"

In der Begründung wurde jeder dieser Positionen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. zugeordnet, was auf näher dargestellte Weise eine Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit (gemäß § 21 HVG) um 30 v.H. ergebe. Als Richtsatzpositionen wurden zu Punkt 1) I/f/190 (Veränderungen der Wirbelsäule (posttraumatisch, entzündlich, degenerativ) mit röntgenologisch nachweisbaren geringgradigen Veränderungen und geringgradiger Funktionseinschränkung) und zu Punkt 2) IV/i/486 (geringe Ausfälle des Nervus ischiadicus) angenommen.

Zur "Überprüfung gemäß § 22 HVG" wurde - ausgehend von einer berufskundlichen Beurteilung "vom 4. Juni 1963" - die Auffassung vertreten, der "Wurzelreizzustand im Lendenbereich" wirke "nach wie vor in einem lediglich geringen Ausmaß berufserschwerend", sodass die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach § 22 HVG weiterhin 30 v.H. betrage. Damit habe sich, trotz der von der erstinstanzlichen Entscheidung abweichenden Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 21 HVG keine im Sinne des § 56 Abs. 2 HVG für die Höhe der Rente maßgebende Veränderung ergeben, sodass die Rente nicht neu zu bemessen sei. Die Bezeichnung der Dienstbeschädigung sei jedoch "entsprechend zu berichtigen" gewesen.

Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 17. Mai 2000, Zl. 97/09/0193, als unbegründet abgewiesen. Zur Frage der Bemessung der Rente wurde auf Vorjudikatur betreffend den Unterschied zwischen Berufsbild und Bemessungsgrundlage verwiesen. Die Heranziehung des Berufs des Apothekers bei der berufskundlichen Einschätzung widerspreche der Zugrundelegung des Entgelts (lediglich) eines Aspiranten bei der Bemessung nicht.

Der Beschwerdeführer hatte inzwischen den - jetzt verfahrensgegenständlichen - "Verschlimmerungsantrag" vom 13. Oktober 1997 gestellt und darin u.a. auf einen neuerlichen Spitalsaufenthalt im August 1997 wegen der weiteren Verschlechterung seines Zustandes hingewiesen. Es handle sich ausnahmslos um Folgewirkungen des Unfalls vom Jänner 1967, ein Anlageleiden habe er nie gehabt. Als Folge der dreißigjährigen Leidensgeschichte sei jetzt ein Zustand ohne Hoffnung auf Besserung erreicht. Er beantrage die Anerkennung der "posttraumatischen Veränderungen (Chondrose zerrissener und sequestierter Bandscheiben)" als unfallkausale Folgeschäden und die Richtigstellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit.

Das Bundessozialamt Wien Niederösterreich Burgenland wies diesen Antrag - auf der Grundlage eines Aktengutachtens vom 25. September 2000, in dem die Anerkennung der Dienstbeschädigung "im Sinne einer Verschlimmerung eines Anlageleidens" erwähnt war - mit Bescheid vom 6. November 2000 ab. Dem Gutachten zufolge könnten die Wirbelsäulenveränderungen "nicht als mittelbare Dienstbeschädigung anerkannt werden, da, abgesehen vom Fehlen jeglicher diesbezüglicher Dokumentation, ein isolierter Bandscheibenvorfall zu keinen degenerativen Veränderungen der gesamten Wirbelsäule führen kann".

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid wandte sich der Beschwerdeführer vor allem gegen das Gutachten vom 25. September 2000. Die Berufung enthielt aber auch Ausführungen zur ausbildungsverzögernden Wirkung des Dienstunfalls.

Die belangte Behörde holte ein neurochirurgisches Fachgutachten vom 11. Dezember 2003 ein, das folgende neurochirurgische Diagnosen ergab:

  1. "1. Zustand nach Sturzunfall im Jänner 1967.
  2. 2. Zustand nach 3xiger Bandscheibenoperation im unteren Lendenwirbelsäulenbereich (1967, 1980 und 1982).

    3. Zustand nach weiterbestehenden Beschwerden im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule und höchstgradige abnützungsbedingte Veränderungen sowohl im Bereich der Halswirbelsäule, der Brustwirbelsäule als auch der Lendenwirbelsäule.

    4. Zustand nach Beschwerden in beiden Kniegelenken und entsprechend notwendiger Behandlung."

    Die Beschwerden seien insgesamt die Folge des Dienstunfalls. Bei diesem Unfall sei das extrem seltene Ereignis eines sogenannten traumatischen Bandscheibenvorfalls eingetreten. Die Zerreißung einer jugendlichen, noch nicht degenerierten Bandscheibe führe "zwangsläufig zu einer Zerstörung aller rundum tragenden Elemente". Die später diagnostizierte Degeneration entspreche keiner altersüblichen Abnützungserscheinung, sondern einer zwangsläufig frühzeitigen auf Grund der jugendlichen Zerreißung. Von den vollkausalen Folgezuständen sei letztlich das gesamte Stammskelett sowie der gesamte Bewegungsapparat betroffen. Eine Besserung sei nicht wahrscheinlich. Hinzu kämen als weitere Folge noch die "bis heute anhaltenden neurologischen Leiden" und zuletzt ein operativer Eingriff im Bereich der Kniegelenke.

    In einem Ergänzungsgutachten vom 30. März 2004 führte der Sachverständige aus, die Leiden entsprächen von neurochirurgischer Seite der Richtsatzposition I/f/191 (Versteifungen oder höhergradige Veränderungen der Wirbelsäule (posttraumatisch, entzündlich, degenerativ), je nach röntgenologisch nachweisbarem Ausmaß, Funktionseinschränkung und Reizzustand: 40 bis 100 v.H. Minderung der Erwerbsfähigkeit), wozu noch die klinischen Ausfälle entsprechend Abschnitt IV (Nervenkrankheiten) kämen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage jedenfalls seit 1. Jänner 1998 60 v.H.

    In einer berufskundlichen Beurteilung vom 3. August 2004 wurde - unter teilweiser Aufrechterhaltung einer Beurteilung vom "4. Oktober 1983" - die Auffassung vertreten, die Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 22 HVG übersteige diejenige nach § 21 HVG nicht.

    Dazu nahm der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 5. September 2004 sehr ausführlich Stellung. Er wandte sich in diesem Schriftsatz zunächst gegen die in der berufskundlichen Beurteilung enthaltene (mit derjenigen im jetzt angefochtenen Bescheid übereinstimmende) Bezeichnung der Dienstbeschädigung und führte aus, dass sie den Gutachten vom 11. Dezember 2003 und vom 30. März 2004 aus näher dargestellten Gründen nicht ausreichend Rechnung trage. Abgesehen von Ausführungen zur Minderung der Erwerbsfähigkeit enthielt der Schriftsatz sodann - u.a. im Zusammenhang mit der heranzuziehenden Bemessungsgrundlage - auch ausführliche Angaben über die Berufslaufbahn des Beschwerdeführers und die ausbildungsverzögernde Wirkung der Dienstbeschädigung, wozu ihm auch Urkunden beilagen. Beantragt wurde die dem Beschwerdeführer seiner Ansicht nach wegen spätestens seit 1. Oktober 1997 bestehender kompletter Erwerbsunfähigkeit gebührende Vollrente nach der Höchstbemessungsgrundlage.

    Auf der Grundlage einer neuen berufskundlichen Beurteilung, die in den Verwaltungsakten kein Datum trägt, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 22 HVG von 100 v.H. ergab und dem Beschwerdeführer nicht mehr vorgehalten wurde, erließ die belangte Behörde hierauf den angefochtenen Bescheid, mit dem der Berufung "Folge gegeben" und der erstinstanzliche Bescheid vom 6. November 2000 "behoben" wurde. Die dem Beschwerdeführer zuerkannte Beschädigtenrente wurde auf Grund seines Antrages vom 20. Oktober 1997 (Datum des Einlangens) ab 1. Oktober 1997 unter Zugrundelegung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100 v.H. erhöht.

    Die Dienstbeschädigung laute - dem weiteren Spruch des angefochtenen Bescheides zufolge - ab 1. Oktober 1997 wie folgt:

    "1. Höhergradige degenerative Wirbelsäulenveränderung bei Zustand nach Wirbelsäulentrauma 1967 und Zustand nach wiederholten Bandscheibenoperationen.

    2. Reaktionslose Operationsnarbe nach Bandscheibenoperation im Bereich der Lendenwirbelsäule"

    Darüber hinaus wurden im Spruch des angefochtenen Bescheides noch die Beträge, die dem Beschwerdeführer ab 1. Oktober 1997 (mit jährlichen Anpassungen) monatlich zustünden, angeführt.

    In der Begründung wurde - nach ausführlicher Wiedergabe von Inhalten der Gutachten vom 11. Dezember 2003 und vom 30. März 2004 - zunächst den beiden Dienstbeschädigungen je eine Richtsatzposition und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 21 HVG zugeordnet. Richtsatzposition und Verneinung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit bezüglich der "reaktionslosen Operationsnarbe" entsprachen den diesbezüglichen Inhalten des Bescheides vom 24. Juli 1968. Hinsichtlich der führenden Dienstbeschädigung wurde - wie vom Sachverständigen "von neurochirurgischer Seite" eingestuft - die Richtsatzposition I/f/191 angeführt und die Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 21 HVG ab 1. Oktober 1997 mit 50 v.H. und ab 1. Jänner 1998 mit 60 v.H. angegeben.

    Nach Wiedergabe der (dem Beschwerdeführer nicht mehr vorgehaltenen, zweiten) berufskundlichen Einschätzung, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 22 HVG von 100 v.H. ergeben hatte, hielt die belangte Behörde fest, es sei daher im Sinne des § 56 Abs. 2 HVG eine maßgebende Änderung eingetreten und die im Gesetz normierte Voraussetzung für eine Neubemessung der Beschädigtenrente erfüllt. Es folgt - soweit hier wesentlich - die Darstellung der Bemessung der Rente "ausgehend von der ab 1. Oktober 1980 gültigen Bemessungsgrundlage (Bescheid vom 21. Februar 1984)".

    Auf die - u.a. mit dem Vorbringen über die ausbildungsverzögernde Wirkung des Dienstunfalls zusammenhängenden - Einwendungen des Beschwerdeführers gegen diese Bemessungsgrundlage ging die belangte Behörde mit folgenden Ausführungen ein:

    "Bei der Berechnung der Beschädigtenrente war von der ab 1. Oktober 1980 gültigen Bemessungsgrundlage auszugehen, die dem rechtskräftigen Bescheid vom 21. Februar 1984 zu Grunde gelegt wurde. Die Neubemessung einer Beschädigtenrente kann nicht zum Anlass genommen werden, Entscheidungsgrundlagen von in Rechtskraft erwachsenen Bescheiden einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen."

    Gegen diesen Bescheid richtet sich - hinsichtlich der von der belangten Behörde vorgenommenen Bezeichnung der Dienstbeschädigung und der Bemessung der Rente - die vorliegende Beschwerde.

    Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine (vom Beschwerdeführer mit einer umfangreichen Replik beantwortete) Gegenschrift erstattet, in der u.a. ausgeführt wird, mit dem "rechtskräftigen Bescheid vom 21. Februar 1984" sei der Bescheid vom 7. Februar 1986 gemeint gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde - die in der Gegenschrift nicht bestritten wird - kann auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2006/09/0014, verwiesen werden. Die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung, mit der dem Beschwerdeführer auch der hier angefochtene Bescheid zugestellt werden sollte, war aus den in dem genannten Erkenntnis dargestellten Gründen nicht wirksam und der verfahrenseinleitende Schriftsatz im vorliegenden Verfahren daher rechtzeitig.

2. Gemäß § 2 Abs. 1 HVG ist eine Gesundheitsschädigung unter näher genannten Voraussetzungen als Dienstbeschädigung anzuerkennen. Auch ohne Anerkennung eines zusätzlichen Leidens als Dienstbeschädigung (die ein entsprechend deutbares Begehren in erster Instanz voraussetzt, vgl. dazu etwa das zum Kriegsopferversorgungsgesetz - KOVG ergangene Erkenntnis vom 30. Oktober 1964, Slg. Nr. 6474/A) ist es der Berufungsbehörde nicht verwehrt, die anerkannte Dienstbeschädigung neu zu bezeichnen (vgl. etwa das - ebenfalls zum KOVG ergangene - Erkenntnis vom 16. Februar 1982, Zl. 09/0130/80). Die belangte Behörde hat den Spruchteil, in dem sie dem Wortlaut nach wohl in dem zuletzt genannten Sinn die Konsequenzen aus den Ergebnissen ihres ergänzenden Ermittlungsverfahrens ziehen wollte, in der Begründung des angefochtenen Bescheides aber mit keinem Wort gegenüber den Einwendungen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 5. September 2004 gerechtfertigt und nicht dargelegt, weshalb die gewählte neue Bezeichnung - entgegen den näher begründeten Behauptungen des Beschwerdeführers - den Ergebnissen der Begutachtung ausreichend Rechnung trage. Dass dies der Fall sei, wäre etwa im Hinblick auf den Entfall der in der Bezeichnung zuvor noch enthaltenen Bezugnahme auf neurologische Ausfälle (Abschnitt IV der Richtsätze) auch ohne die Einwendungen des Beschwerdeführers nicht offenkundig.

In diesem Punkt war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Der Beschwerdeführer hat im Berufungsverfahren - teilweise in Verbindung mit Argumenten zur berufskundlichen Beurteilung der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit, zum Teil aber ausdrücklich auf die Bemessungsgrundlage bezogen - u.a. die ausbildungsverzögernde Wirkung des Dienstunfalls geltend gemacht. Gemäß § 24 Abs. 8 HVG kann dies, wozu gemäß § 43 Abs. 2 VwGG etwa auf die den Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnisse vom 26. September 1984, Zl. 84/09/0103, und vom 18. Juni 1986, Zl. 86/09/0066, zu verweisen ist, für die Beurteilung der Bemessungsgrundlage von Bedeutung sein. Die Annahme, eine ausbildungsverzögernde Wirkung sei nicht eingetreten, weil "die kausale Schädigung der anerkannten DB mit ihrer geringgradigen richtsatzmäßigen MdE (20 v.H.) nicht imstande" gewesen sei, "den Studienablauf irgendwie zu beeinflussen oder zu verlängern", beruhte im Bescheid vom 7. Februar 1986 auf der darin auch vertretenen Auffassung, beim Beschwerdeführer liege ein durch den Dienstunfall (im Wesentlichen) bloß vorübergehend verschlimmertes Anlageleiden vor und die spätere Verschlechterung seines Zustandes könne "medizinischerseits in keiner Weise auf das schädigende Ereignis im Jahre 1967 bezogen werden". Von dieser Beurteilung ist die belangte Behörde im vorliegenden Bescheid (bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit) nicht mehr ausgegangen.

Die belangte Behörde hat aber gemeint, an einer Auseinandersetzung mit dem Vorbringen zur Bemessungsgrundlage durch die Rechtskraft des Bescheides vom (richtig:) 7. Februar 1986 gehindert zu sein. Die Annahme einer solchen Bindung an frühere Bemessungsgrundlagen bei der Neubemessung einer Rente gemäß § 56 Abs. 2 HVG hat jedoch keine Grundlage im Gesetz (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. April 1978, Slg. Nr. 9547/A, vom 13. Oktober 1978, Zl. 2490/77, und vom 9. April 1986, Zl. 85/09/0008). Die belangte Behörde hat in diesem Punkt die Rechtslage verkannt.

Der angefochtene Bescheid war insoweit daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Nach Abweisung seines Verfahrenshilfeantrages mit dem hg. Beschluss vom 6. Juli 2005 befolgte der Beschwerdeführer die Aufforderung zur Entrichtung der Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG. Dieser dem Beschwerdeführer - mit Rücksicht auf die Gebührenbefreiung nach § 68 Abs. 2 HVG - zu Unrecht abverlangte Betrag kann ihm gemäß § 48 Abs. 1 Z 1 VwGG nicht im Wege der Zuerkennung von Aufwandersatz zurückerstattet werden.

Wien, am 13. Dezember 2007

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