VwGH 2005/08/0138

VwGH2005/08/013824.1.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des H in A, vertreten durch Dr. Johann Eder, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Giselakai 45, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 21. März 2003, Zl. 128.089/4-7/01, betreffend Zurückweisung einer Berufung betreffend Beitragspflicht und Verlängerung der Pflichtversicherung gemäß § 11 Abs. 1 ASVG (mitbeteiligte Partei: Salzburger Gebietskrankenkasse in 5024 Salzburg, Faberstraße 19-23), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §11 Abs1;
ASVG §11 Abs2;
ASVG §413 Abs1 Z1;
ASVG §415 Abs1;
ASVG §11 Abs1;
ASVG §11 Abs2;
ASVG §413 Abs1 Z1;
ASVG §415 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit die Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich der Verlängerung der Pflichtversicherung der Dienstnehmer D und S gemäß § 11 Abs. 1 ASVG zurückgewiesen wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem am 18. Juli 1997 bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse eingelangten Schriftsatz beantragte der Beschwerdeführer, einen näher bezeichneten Rückstandsausweis aufzuheben und

"bescheidmäßig festzustellen, daß auf dem Beitragskonto Nr. ... keinerlei Beitragsschuld besteht, sowie, daß die Dienstnehmer (P.S. und H.D.) seit 12. August 1996 als Arbeitnehmer der Fa. (A-GmbH) gemeldet waren und mit 31.1.1997 ordnungsgemäß abgemeldet wurden, sodaß über diesen Zeitraum hinaus keinerlei Beiträge mehr zu entrichten waren."

Mit Bescheid vom 4. August 1997 hat die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse über diesen Antrag entschieden; der Spruch dieses Bescheides lautet wörtlich:

"Das Dienstverhältnis der beiden Arbeitnehmer (H.D. und P.S.) zum Dienstgeber (Beschwerdeführer) ist aufgrund der mit 31.01.1997 ausgesprochenen Kündigung beendet.

Der Zeitpunkt der Kündigung der Arbeitnehmer entspricht jedoch nicht den Bestimmungen des Angestelltengesetzes, da die Kündigung eines Angestellten nur unter Einhaltung der Kündigungsfristen (§ 20 Angestelltengesetz) zum Quartal möglich ist.

Bei der aufgrund der zeitwidrigen Kündigung den Arbeitnehmern zustehenden Kündigungsentschädigung (bis zum Quartalsende bzw. bis zum 31.03.1997) handelt es sich gemäß § 49 Abs. 1 ASVG um beitragspflichtiges Entgelt.

Dadurch verlängert sich die gesetzliche Pflichtversicherung der Herren (H.D. und P.S.) gemäß § 11 Abs. 1 ASVG bis zum 31.03.1997 (Ende des Entgeltanspruches)."

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch machte der Beschwerdeführer geltend, dass die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse zu Unrecht davon ausgehe, dass die Auflösung des Dienstverhältnisses der beiden Arbeitnehmer "durch ihren Dienstgeber, die Firma (A)-GmbH zeitwidrig und entgegen den Bestimmungen des Angestelltengesetzes" erfolgt sei. Das Dienstverhältnis sei einvernehmlich aufgelöst worden, sodass zu diesem Zeitpunkt nicht nur die Beschäftigungsverhältnisse der beiden Dienstnehmer, sondern auch deren Ansprüche auf Entgelt geendet hätten. Damit sei die Pflichtversicherung jedenfalls zum 31. Jänner 1997 erloschen und es seien daher für einen späteren Zeitpunkt keinerlei Beiträge mehr vom ehemaligen Dienstgeber, der A-GmbH, zu entrichten.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 20. März 2001 wurde der Einspruch als unbegründet abgewiesen. Die Einspruchsbehörde führte im Wesentlichen dazu aus, dass aus der im Akt einliegenden Abmeldung der beiden Arbeitnehmer ersichtlich sei, dass eine Kündigung vorliege; auch aus dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 31. Jänner 1997 an die Dienstnehmer gehe eindeutig hervor, dass der Beschwerdeführer die Kündigung ausgesprochen habe. Mangels einer für die Angestellten günstigeren Vereinbarung könne der Dienstgeber gemäß § 20 Abs. 2 des Angestelltengesetzes das Dienstverhältnis mit Ablauf eines jeden Kalendervierteljahres durch vorgängige Kündigung auflösen. Die Kündigungsfrist betrage sechs Wochen. Eine Kündigung sei daher frühestens zum 31. März 1997 möglich gewesen. Eine nicht frist- oder termingerechte Kündigung seitens des Arbeitgebers, die im gegenständlichen Fall vorliege, habe dieselben Rechtsfolgen wie eine ungerechtfertigte vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Auf die zeitwidrige Kündigung sei die Bestimmung des § 29 des Angestelltengesetzes analog anzuwenden. Der Arbeitnehmer behalte den Anspruch auf Entgelt für den Zeitraum, der bis zur ordnungsgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine fristgerechte Kündigung hätte verstreichen müssen. Da die beiden Dienstverhältnisse auf Grund der fristwidrigen Kündigung mit 31. Jänner 1997 tatsächlich beendet worden seien, hätten die Arbeitnehmer Anspruch auf Kündigungsentschädigung bis zum Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 29 des Angestelltengesetzes, das sei der 31. März 1997.

In der Rechtsmittelbelehrung führte die Einspruchsbehörde aus, dass gegen diesen Bescheid Berufung erhoben werden könne.

Die vom Beschwerdeführer fristgerecht eingebrachte Berufung hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte sie dabei aus, dass der Spruch eines Bescheides, der über die Versicherungspflicht abspreche, in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zum Ausdruck zu bringen habe, hinsichtlich welchen Zeitraumes die Behörde absprechen habe wollen, wobei zumindest der Beginn dieses Zeitraumes im Spruch des Bescheides ausdrücklich genannt sein müsse. Im Bescheid des Landeshauptmannes sei der Beginn des streitgegenständlichen Zeitraumes nicht angeführt. Es werde lediglich das Ende der Pflichtversicherung angeführt und darüber abgesprochen, dass sich zufolge § 11 Abs. 1 ASVG die Pflichtversicherung nach dem Ende der tatsächlichen Beschäftigung bis zum Ende des Entgeltanspruches verlängere. Der Bescheid sei nicht als Bescheid über die Versicherungspflicht der genannten Dienstnehmer auf Grund ihrer Beschäftigung beim Dienstgeber (dem Beschwerdeführer) zu beurteilen, sondern als Bescheid, der gemäß seinem wahren rechtlichen Gehalt die Beitragspflicht des Beschwerdeführers für die Zeit bis zum Ende des Entgeltanspruches der beiden Arbeitnehmer zum Gegenstand habe. Gegen diesen Bescheid sei gemäß § 415 ASVG keine Berufung an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen zulässig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben; als Beschwerdepunkt wird die Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf eine Sachentscheidung geltend gemacht. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erklärte von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 415 Abs. 1 i.V.m. § 413 Abs. 1 Z. 1 ASVG steht die Berufung an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz gegen Entscheidungen des Landeshauptmannes über die bei ihm eingebrachten Einsprüche und Vorlageanträge nur zu, wenn über die Versicherungspflicht, ausgenommen in den Fällen des § 11 Abs. 2 erster Satz, oder die Berechtigung zur Weiter- oder Selbstversicherung entschieden worden ist.

Im Rahmen des vom Beschwerdeführer ausgeführten Beschwerdepunktes ist daher zu prüfen, ob die Einspruchsbehörde mit dem in Berufung gezogenen Bescheid (auch) über die Versicherungspflicht (mit Ausnahme der - hier nicht in Betracht kommenden - Fälle des § 11 Abs. 2 ASVG) entschieden hat; dies ungeachtet des diesbezüglich unschlüssigen Beschwerdevorbringens, wonach unstrittig sei, dass über die Versicherungspflicht nicht entschieden worden sei.

Im vorliegenden Fall hat der Landeshauptmann von Salzburg als Einspruchsbehörde durch Abweisung des Einspruchs des Beschwerdeführers unter anderem ausgesprochen, dass sich "die gesetzliche Pflichtversicherung" zweier Dienstnehmer gemäß § 11 Abs. 1 ASVG bis zum 31. März 1997 verlängere.

Die belangte Behörde leitet aus dem Fehlen der - nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlichen - ausdrücklichen Nennung des Beginns jenes Zeitraums, für den eine Versicherungspflicht festgestellt werden sollte, ab, dass der angefochtenen Bescheid "gemäß seinem wahren rechtlichen Gehalt" lediglich die Beitragspflicht des Beschwerdeführers als Dienstgeber der im Bescheid genannten Dienstnehmer zum Gegenstand gehabt habe.

Dies vermag nicht zu überzeugen. Nach dem klaren Wortlaut des Spruchs des erstinstanzlichen, von der Einspruchsbehörde durch Abweisung des Einspruchs bestätigten Bescheides wurde damit normativ und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die angewendete Rechtsvorschrift (unter anderem) über die Versicherungspflicht hinsichtlich zweier namentlich genannter Dienstnehmer entschieden. Dass der Spruch allenfalls inhaltlich rechtswidrig sein mag, kann nicht dazu führen, ihm (teilweise) einen anderen "rechtlichen Gehalt" beizumessen, der mit seinem Wortlaut nicht in Einklang zu bringen ist.

Auch der Umstand, dass über die Versicherungspflicht hinsichtlich der Beschäftigung der genannten Dienstnehmer bereits mit einem anderen Bescheid abgesprochen worden sein mag, vermag eine gegen den Wortlaut vorzunehmende Auslegung des Einspruchsbescheids, der durch Abweisung des Einspruchs ausdrücklich die Verlängerung der Pflichtversicherung festgestellt hat, nicht zu begründen.

Die Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid erweist sich daher, soweit sich die Berufung gegen die Feststellung der Verlängerung der Pflichtversicherung gemäß § 11 Abs. 1 ASVG - eine Angelegenheit, in der gemäß § 415 Abs. 1 ASVG die Berufung an die belangte Behörde zusteht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2004, Zl. 2001/08/0073) - richtete, als rechtswidrig. Der angefochtene Bescheid war daher in diesem Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Soweit der Landeshauptmann als Einspruchsbehörde durch Abweisung des Einspruchs des Beschwerdeführers auch die weiteren Spruchpunkte des erstinstanzlichen Bescheides übernommen hat, handelt es sich nicht um Angelegenheiten, in denen nach § 415 Abs. 1 ASVG dem Beschwerdeführer die Berufung an die belangte Behörde zusteht; diesbezüglich wird auch in der Beschwerde kein näheres Vorbringen erstattet.

Soweit sich die Beschwerde daher gegen die Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich der weiteren, nicht die Verlängerung der Pflichtversicherung gemäß § 11 Abs. 1 ASVG betreffenden, Spruchpunkte richtet, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, jedoch begrenzt durch das hinter den Pauschalsätzen der Verordnung zurückbleibende Begehren.

Wien, am 24. Jänner 2006

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