VwGH 2005/03/0234

VwGH2005/03/023423.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über den Antrag des S A, vertreten durch Hans-Ulrich Stracke und Stefan Dorn, Rechtsanwälte in D 22457 Hamburg-Schnelsen, Oldesloer Straße 56, Bundesrepublik Deutschland, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung der Mängel seiner Beschwerde gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 12. Juli 2005, Zl VwSen 110647/2/Li/Rd/Sta, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, den Beschluss gefasst:

Normen

ABGB §1332;
VwGG §33;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
ABGB §1332;
VwGG §33;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird keine Folge gegeben.

Der Antrag, der belangten Behörde die Kosten des Beschwerdeführers aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei ist der an sie am 12. August 2005 ergangenen Aufforderung, ihre beim Verwaltungsgerichtshof am 1. August 2005 eingelangte Beschwerde in mehreren Punkten zu ergänzen, insofern nicht nachgekommen, als sie entgegen dem Auftrag dem Verwaltungsgerichtshof keine Gleichschrift oder Kopie des angefochtenen Bescheides (der nach der Beschwerde am 22. Juli 2005 zugestellt wurde), sondern die eines anderen Bescheides vorlegte.

Aus diesem Grund hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 18. Oktober 2005, Zl 2005/03/0174, das verwaltungsgerichtliche Verfahren infolge Unterlassung der (vollständigen) Behebung von Mängeln gemäß §§ 33, 34 Abs 2 VwGG eingestellt.

Dagegen richtet sich der vorliegende als Wiedereinsetzungsantrag zu deutende Schriftsatz des Beschwerdeführers, der im Wesentlichen damit begründet wird, dass die Nichtvorlage des damals angefochtenen Bescheides "nur ein Versehen ... aufgrund der Vielzahl von Fällen" gewesen sein könnte, und dass dieses "Versehen ... nicht dazu führen" dürfe, "aus formalen Gründen die nach Auffassung des Beschwerdeführers fehlerhaften Erkenntnisse der Verwaltungssenate zu bestätigen". Es erscheine "geradezu abwegig, dem Beschwerdeführer einen nicht entschuldsamen Rechtsirrtum vorzuhalten". Dem Antrag ist weiters eine "Eidesstattliche Versicherung" der Anwaltsgehilfin in der Kanzlei des Rechtsvertreters angeschlossen, in der diese angibt, dass sie seit mehr als 20 Jahren dort als Anwaltsgehilfin arbeite, dass sie "die Anlagen" in der Sache des Antragstellers "zusammengestellt" habe, und dass die Beifügung des "falschen Erkenntnisses" aus einem bedauernswerten Versehen erfolgt sei.

Gemäß § 46 Abs 1 VwGG ist einer Partei, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber darf nicht auffallend sorglos gehandelt, somit nicht die im Verkehr mit Gerichten und Behörden für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl aus der hg Rechtsprechung etwa den Beschluss vom 31. März 2008, Zl 2008/18/0135). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Verschulden des Parteienvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen. Ein Versehen eines Angestellten eines Rechtsanwaltes ist diesem als Verschulden anzurechnen, wenn er die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber dem Angestellten unterlassen hat. Der bevollmächtigte Anwalt muss den Aufgaben, die ihm aus dem Bevollmächtigungsvertrag erwachsen, auch insoweit nachkommen, als er sich zu ihrer Wahrnehmung seiner Kanzlei als seines Hilfsapparates bedient. Insbesondere muss der Rechtsanwalt die Organisation des Kanzleibetriebes so einrichten, dass die erforderliche und fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen sichergestellt wird. Dabei ist durch entsprechende Kontrollen u. a. dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind (vgl den Beschluss vom 18. Dezember 2000, Zl 2000/18/0229). Unterläuft einem sonst immer zuverlässig arbeitenden Angestellten erst im Zuge der Kuvertierung oder Postaufgabe ein Fehler, so stellt dies ein unvorhergesehenes Ereignis dar. Die Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft diese rein manipulativen Tätigkeiten auch tatsächlich ausführt, ist dem Rechtsanwalt nicht zumutbar, will man nicht seine Sorgfaltspflicht überspannen. Ein Rechtsanwalt kann vielmehr rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken ohne nähere Beaufsichtigung einer verlässlichen Kanzleikraft überlassen (vgl den hg Beschluss vom 15. März 2006, Zl 2006/03/0149).

Auf dem Boden dieser Rechtslage ist dem vorliegenden Antrag kein Erfolg beschieden. Die Zusammenstellung des Schriftsatzes samt Beilagen an den Verwaltungsgerichtshof zur aufgetragenen Behebung von Beschwerdemängeln obliegt der Partei, an die sich dieser Auftrag richtet. Wird sie (wie vorliegend) von einem Rechtsanwalt vertreten, zählt diese Zusammenstellung zu den Aufgaben dieses Rechtsanwalts. Dass der Vertreter des Beschwerdeführers diesbezüglich seine Kanzlei dahin organisiert hätte, dass durch entsprechende Kontrollen Unzulänglichkeiten nach menschlichem Ermessen ausgeschaltet werden, wurde im vorliegenden Antrag nicht vorgebracht. Dass die Beifügung des "falschen Bescheides" erst im Zug der Kuvertierung oder bei der Postaufgabe (nachdem der Mängelbehebungsschriftsatz vom Rechtsvertreter bzw unter seiner entsprechenden Kontrolle zuvor, dem Mängelbehebungsauftrag Genüge leistend, zusammengestellt worden war) erfolgt wäre, lässt sich dem vorliegenden Antrag nicht entnehmen.

Damit war dem vorliegenden Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattzugeben.

Schließlich war auch der Antrag aus dem Jänner 2008, "der belangten Behörde die Kosten des Beschwerdeführers aufzuerlegen", zurückzuweisen, geben doch die §§ 47 ff VwGG in einem Fall wie den vorliegenden keinen Raum für die Auferlegung eines solchen Kostenersatzes.

Wien, am 23. Oktober 2008

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