VwGH 2005/03/0064

VwGH2005/03/006414.11.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Mag. G S in W, vertreten durch Dr. Carl C. Knittl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Porzellangasse 22A/7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. August 2004, Zlen SD 308/04, SD 309/04, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte und eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurden dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 in Verbindung mit § 8 Abs 1 Z 2 des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), die ihm jeweils am 19. Oktober 1988 ausgestellte Waffenbesitzkarte und der Waffenpass entzogen.

Dem lag im Wesentlichen zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 17. September 2003 im Zuge einer Verwahrungsüberprüfung an seinem Wohnort erklärt hatte, "die Waffen" befänden sich an der Firmenadresse in einem Wertschrank. Beim Versuch, am 15. Oktober 2003 in den Firmenräumlichkeiten die Überprüfung durchzuführen, konnte der Beschwerdeführer nur jene zwei von vier Faustfeuerwaffen vorweisen, die in einem Tresor verwahrt waren. Nach dem Verbleib der beiden anderen gefragt, erklärte der Beschwerdeführer, an diese nicht gedacht zu haben. Es handle sich dabei um alte Waffen, die sich in zerlegtem Zustand in einem Banksafe befänden, zu dem er die Schlüssel nicht dabei habe.

Nach Festsetzung eines weiteren Überprüfungstermines für den 30. Oktober 2003, zu dem der Beschwerdeführer die beiden fehlenden Waffen in die Firmenräumlichkeiten hätte bringen sollen, erklärte der Beschwerdeführer am 30. Oktober 2003, dass die beiden Waffen im alten Tresor der Firma verwahrt worden seien, der im Sommer 2001 durch einen neuen Tresor ersetzt worden sei. Der alte Tresor sei in versperrtem Zustand - mit den beiden Waffen - abtransportiert worden. Der Beschwerdeführer habe zu diesem Zeitpunkt an die Waffen nicht gedacht, weil es sich um von ihm praktisch nicht verwendete alte Schusswaffen gehandelt habe. Der alte Tresor sei in weiterer Folge zur Lagerung auf das Gelände der Firma S - zur Einlagerung in einer versperrten Lagerhalle - verschafft worden. Ende des Jahres 2001 sei der Tresor - ohne Wissen und Auftrag des Beschwerdeführers - im Zuge der übereilten Liquidation der Firma S "samt Inhalt und ungeöffnet ordnungsgemäß bei der MA 48 entsorgt" worden.

Die belangte Behörde folgerte, die vom Beschwerdeführer dargestellten Umstände hinsichtlich der fehlenden beiden Faustfeuerwaffen ließen den Schluss zu, er lasse im Umgang mit bzw bei der Verwahrung von Waffen nicht die zumutbare Sorgfalt walten, um einen Verlust zu vermeiden. Gerate eine Waffe in Verlust, sei es Sache des Berechtigten, einen konkreten Sachverhalt über seine Art und Weise des Umganges bzw der Verwahrung der Waffe und über den Vorgang, der zum Verlust der Waffe geführt habe, zu behaupten und glaubhaft zu machen. Ergebe sich aus dem Vorbringen nicht, dass der Verlust der Waffe trotz sorgfältigen Umganges bzw trotz sorgfältiger Verwahrung eingetreten sei, sei die Behörde schon auf Grund der Tatsache des Verlustes zur Annahme berechtigt, dass der Berechtigte die beim Umgang mit Waffen gebotene Sorgfalt nicht eingehalten habe (die belangte Behörde zitierte dazu das hg Erkenntnis vom 18. März 1993, Zl 92/01/0234). Ein sorgfältiger Waffenbesitzer müsse wissen, wo er seine Waffen verwahre und dürfe sie nicht in einem Tresor vergessen, "wenn er diesen disloziert". Es sei daher Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, "im Zuge des Austausches des Tresors diesem im Hinblick auf die darin verwahrten Waffen besonderes Augenmerk zu schenken". Überdies widerspreche es der Lebenserfahrung, einen Tresor vor dessen Entsorgung keiner Kontrolle zu unterziehen, um nach allfällig in ihm verbliebenen Wertgegenständen zu suchen. Auch der Umstand, dass der Tresor bereits im Sommer 2001 entsorgt wurde, der Beschwerdeführer aber bis Herbst 2003 das Fehlen der Waffen nicht bemerkt habe, belege fehlende Sorgfalt im Umgang mit Waffen. Vor diesem Hintergrund sei es völlig unerheblich, ob die Waffen zerlegt, nicht funktionstüchtig und ohne Munition gelagert worden seien, der Safe in versperrtem Zustand entsorgt worden sei, und die beiden anderen Faustfeuerwaffen "mustergültig" verwahrt worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist.

Gemäß § 8 Abs 1 Z 2 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen. Mit der Entziehung der waffenrechtlichen Urkunden ist insbesondere dann vorzugehen, wenn festgestellt wird, dass der Berechtigte Waffen nicht sorgfältig verwahrt hat.

Gerät eine Waffe in Verlust, so ist es Sache des Berechtigten, einen konkreten Sachverhalt über seine Art und Weise des Umgangs bzw der Verwahrung der Waffe und über den Vorgang, der zum Verlust der Waffe geführt hat, zu behaupten und glaubhaft zu machen. Ergibt sich aus dem Vorbringen des Berechtigten nicht, dass der Verlust der Waffe trotz sorgfältigen - das heißt insbesondere alle in der konkreten Situation zumutbaren Vorkehrungen gegen einen Verlust umfassenden - Umganges bzw trotz sorgfältiger Verwahrung eingetreten ist, ist die Behörde schon auf Grund der Tatsache des Verlustes zur Annahme berechtigt, dass der Berechtigte die beim Umgang mit bzw der Verwahrung von Waffen gebotene Sorgfalt nicht eingehalten habe (vgl das hg Erkenntnis vom 22. November 2005, Zl 2005/03/0020, mwN).

Der Beschwerdeführer betont, die beiden Faustfeuerwaffen seien zerlegt und ohne Munition aufbewahrt worden, was den (unzulässigen) Gebrauch verhindert bzw erschwert habe. Demgegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt klargestellt, dass dem Umstand, dass eine Waffe zerlegt und ohne Munition aufbewahrt werde, hinsichtlich der Beurteilung der Ordnungsgemäßheit der Verwahrung keine entscheidende Bedeutung zukommt. Denn der Zugriff zu den Waffen ermöglicht es dritten Personen, diese an sich zu nehmen und durch Zusammenbau und Laden verwendungsfähig zu machen (vgl das hg Erkenntnis vom 21. Februar 1995, Zl 95/20/0014).

Der weitere Hinweis des Beschwerdeführers auf die im Übrigen "mustergültige" Art der Verwahrung (die beiden anderen Faustfeuerwaffen waren in einem versperrten Tresor aufbewahrt worden) übersieht, dass ausgehend vom bei Prüfung der Verlässlichkeit anzulegenden strengen Maßstab schon ein einziger Vorfall den Umständen nach die Annahme begründen kann, der Betreffende werde mit Waffen unvorsichtig umgehen oder sie nicht sorgfältig verwahren.

Der Beschwerdeführer hebt weiters den Umstand hervor, dass jener Tresor, in dem die beiden verloren gegangenen Waffen verwahrt gewesen seien, stets versperrt gewesen sei und nur er selbst über passende Schlüssel verfügt habe.

Demgegenüber ist entsprechend den auf der Darstellung des Beschwerdeführers beruhenden Feststellungen der belangten Behörde der Beurteilung zu Grunde zu legen, dass der Beschwerdeführer nicht nur im Zuge der erstmaligen Überprüfung der Verwahrung der Waffen am 17. September 2003 davon ausgegangen ist, die Waffen befänden sich "in der Firma", sondern noch am 15. Oktober 2003 angenommen hat, die Waffen seien "im Safe"; er werde sie zu einer weiteren, für den 31. Oktober angekündigten Überprüfung herbeischaffen. Tatsächlich aber waren die beiden fehlenden Faustfeuerwaffen, legt man die Angaben des Beschwerdeführers zu Grunde, schon im Sommer 2001 unbeabsichtigt "entsorgt" worden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehört zur ordnungsgemäßen Verwahrung von Faustfeuerwaffen auch das Wissen um den aktuellen Besitzstand und den Aufbewahrungsort der Waffen (vgl das hg Erkenntnis vom 1. Juli 2005, Zl 2005/03/0013).

Angesichts des Umstands, dass der Beschwerdeführer über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren keine Kenntnis vom tatsächlichen Aufbewahrungsort der beiden Faustfeuerwaffen hatte, noch im Zuge der waffenrechtlichen Verlässlichkeitsprüfung im Herbst 2003 den erhebenden Beamten gegenüber unrichtige Angaben über den Verwahrungsort gemacht hat und nunmehr die Waffen tatsächlich "verloren gegangen" sind, ist die Annahme der belangten Behörde gerechtfertigt, der Beschwerdeführer werde seine Waffen nicht ordnungsgemäß verwahren. Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Verlässlichkeit des Beschwerdeführers verneint, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am 14. November 2006

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