VwGH 2005/01/0198

VwGH2005/01/019825.9.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des R B in S, vertreten durch Dr. Peter Hrubesch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hubert Sattlergasse 1/II, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 6. April 2005, Zl. 0/912-17848/6-2005, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs4 Z1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs4 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 1. April 2004 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft "gemäß § 39 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 idgF (StbG) iVm § 10 Abs. 1 Z 1, Abs. 4 und 5" ab.

Diese Entscheidung begründete sie - zusammengefasst - damit, der Beschwerdeführer sei im Jahr 1965 (in einem näher bezeichneten Ort) in Serbien und Montenegro geboren worden; seit 10. Jänner 1992 sei er verheiratet. In Österreich sei der Beschwerdeführer seit 28. April 1991 mit einem Hauptwohnsitz gemeldet. In der Zeit vom 12. Juli 1998 bis 2. Oktober 2000 und vom 19. Dezember 2001 bis 11. März 2002 sei er in Österreich nicht sozialversichert gewesen; während dieser Zeiträume sei der Beschwerdeführer im Kosovo bei seiner Familie gewesen. Vor seiner Abreise im Juli 1998 und nach seiner Rückkehr (nach Österreich) im Oktober 2000 sei er nicht bei dem "gleichen" (gemeint jedoch: bei demselben) Arbeitgeber beschäftigt gewesen. Während der Zeiträume, in denen er in Österreich nicht sozialversichert gewesen sei und nicht gearbeitet habe, sei er im Kosovo bei seiner Frau und den vier Kindern gewesen. Im Zeitraum Juli 1998 bis Oktober 2000 habe der Beschwerdeführer im Kosovo mit dem Hausbau begonnen; dieses Haus, in dem die Ehegattin und seine Kinder wohnen (leben) würden, sei nun fast fertiggestellt. In Österreich bewohne der Beschwerdeführer (derzeit) ein Zimmer (im Ausmaß von 20 m2), das ihm von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werde; dieses Zimmer befinde sich in einem Haus für etwa 30 Firmenbeschäftigte. Auch zuvor (von Dezember 1997 bis Oktober 2000) habe er keine eigene Wohnung gehabt. Seine vier noch minderjährigen Kinder würden im Kosovo die Schule besuchen, seine Ehegattin sei Hausfrau. Das Familienleben des Beschwerdeführers finde ausschließlich im Kosovo statt. Während seiner Aufenthalte im Kosovo sei eine "Wohnsitznahme" des Beschwerdeführers im Inland nicht vorgelegen; sein Wille sei offensichtlich nicht darauf gerichtet gewesen, seinen ständigen Wohnsitz in Österreich zu haben.

Die belangte Behörde komme demnach zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer den ununterbrochenen zehnjährigen Wohnsitz in Österreich nicht erfülle, weil er sich zwischen Juli 1998 und Oktober 2000 sowie zwischen Dezember 2001 und März 2002 nicht in Österreich aufgehalten, sondern im Kosovo bei seiner Ehegattin und seinen Kindern gelebt habe, wo er sich ein Haus gebaut habe. Der Beschwerdeführer erfülle daher weder das Erfordernis des zehnjährigen Hauptwohnsitzes (§ 10 Abs. 1 Z 1 StbG) noch des sechsjährigen Hauptwohnsitzes (§ 10 Abs. 4 StbG); er sei kein Konventionsflüchtling. Eine Verleihung der Staatsbürgerschaft komme daher nicht in Betracht.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde nach Aktenvorlage eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 StbG - in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006, - kann die Staatsbürgerschaft einem Fremden verliehen werden, wenn er seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat. Von dieser Voraussetzung kann nach § 10 Abs. 4 Z 1 StbG schon nach einem sechsjährigen ununterbrochenen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet bei Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes (im Sinne des Abs. 5 leg. cit.) abgesehen werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geht der einmal an einem Ort im Inland begründete Hauptwohnsitz nicht durch jeden Auslandsaufenthalt wieder verloren, sofern der Lebensmittelpunkt des Verleihungswerbers auch während dieser Zeit im Bundesgebiet erhalten bleibt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. März 2006, Zl. 2004/01/0266, mwN).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausführte, erfordert die Aufrechterhaltung des Lebensmittelpunktes im Bundesgebiet in subjektiver Hinsicht die Beibehaltung der Absicht des Verleihungswerbers, den Lebensmittelpunkt in Österreich zu haben ("animus domiciliandi"). Wird ein solcher Wille aufgegeben, vermag auch das Fortbestehen von Lebensbeziehungen zu Österreich einen Hauptwohnsitz im Inland nicht aufrecht zu erhalten. Umgekehrt reicht der bloße Wille, seinen Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet zu erhalten, oder die Absicht, (irgendwann) nach Österreich zurückzukehren, zur Beibehaltung eines Hauptwohnsitzes nicht aus, wenn objektive Anknüpfungspunkte für einen solchen in Österreich nicht (mehr) gegeben sind. In objektiver Hinsicht setzt das Fortbestehen eines Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet nämlich voraus, dass der Einbürgerungswerber Beziehungen zum Inland aufrecht erhält, die bei einer Gesamtbetrachtung seiner beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensumstände den Schluss rechtfertigen, er habe seinen Lebensmittelpunkt nach wie vor in Österreich. Bedeutsame Kriterien dieser Gesamtbetrachtung sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Aufrechterhaltung einer Wohnmöglichkeit im Inland während der Zeit des Auslandsaufenthaltes und die - etwa auf Grund von Wiedereinstellungszusagen des österreichischen Arbeitgebers - beruflich gesicherte Stellung im Bundesgebiet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2007, Zl. 2004/01/0588, und die darin angegebene weitere Judikatur).

Davon ausgehend kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Beschwerdefall zu dem Ergebnis gelangte, der Beschwerdeführer habe während der Zeit seines Auslandsaufenthaltes im Kosovo von Juli 1998 bis Oktober 2000 (der nachfolgende Aufenthalt im Kosovo von Dezember 2001 bis März 2002 ist nicht mehr relevant und kann daher außer Betracht bleiben) seinen Lebensmittelpunkt nicht im Bundesgebiet gehabt. Er war während dieser Zeit in Österreich lediglich gemeldet, verfügte aber über keine Unterkunft im Inland und war während dieser Zeit weder sozialversichert noch beschäftigt. Nach der Rückkehr von seinem Auslandsaufenthalt im Kosovo im Oktober 2000 war der Beschwerdeführer nicht (auf Grund einer Wiedereinstellungszusage) bei demselben österreichischen Arbeitgeber beschäftigt; eine beruflich gesicherte Stellung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet lag daher nicht vor. Der Beschwerdeführer kehrte im Oktober 2000 nicht an eine im Inland aufrecht erhaltene Wohnmöglichkeit zurück, sondern er bewohnt danach ein erstmals bezogenes Zimmer in einer Firmenunterkunft seines (neuen) Arbeitgebers.

Der Beschwerdeführer, der diesen festgestellten Sachverhalt nicht bestreitet, beruft sich ausschließlich auf seinen Willen (seine Absicht) zur Erhaltung seines Lebensmittelpunktes im Bundesgebiet. Objektive Anknüpfungspunkte für ein Fortbestehen seines Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet während seines Auslandsaufenthaltes (im Kosovo) während dieser Zeit wurden vom Beschwerdeführer aber nicht dargetan (vgl. insoweit auch das hg. Erkenntnis vom 9. Mai 2006, Zl. 2003/01/0157).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 25. September 2007

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