VwGH 2004/17/0087

VwGH2004/17/008718.10.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerden 1.) des LB und 2.) der IB, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Kunert, Rechtsanwalt in 2000 Stockerau, Th. Pampichler-Straße 1a, jeweils gegen die Bescheide der Niederösterreichischen Landesregierung vom 5. April 2004, Zlen. 1.) IVW3-BE-3102801/008-2003 (hg. Verfahren Zl. 2004/17/0087) und 2.) IVW3-BE-3102801/007-2003 (hg. Verfahren Zl. 2004/17/0088), jeweils betreffend Vorstellung i.A. der Vorschreibung einer Wasseranschlussabgabe (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Nappersdorf-Kammersdorf, 2033 Kammersdorf), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §59;
AVG §66 Abs4;
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §15 Abs1;
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §6;
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §7;
LAO NÖ 1977 §3 Abs1;
LAO NÖ 1977 §70 Abs2;
VwGG §36 Abs1;
VwRallg;
AVG §58 Abs2;
AVG §59;
AVG §66 Abs4;
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §15 Abs1;
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §6;
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §7;
LAO NÖ 1977 §3 Abs1;
LAO NÖ 1977 §70 Abs2;
VwGG §36 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der erstangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Verfahren zur Erlassung des erstangefochtenen Bescheides:

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der Liegenschaft EZ A (Kammersdorf) der Katastralgemeinde Kammersdorf.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 21. Juni 1979 wurde die Bewilligung zum Neubau eines landwirtschaftlichen Wohnhauses auf dieser Liegenschaft unter Abbruch des Straßentraktes des Altbestandes erteilt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 21. März 1996 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 7 des Niederösterreichischen

Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978, Wiederverlautbarungskundmachung der Niederösterreichischen Landesregierung, LGBl. 6930-0 (im Folgenden: NÖ GdWG 1978), aus Anlass der Errichtung dieses neuen Wohnhauses eine Ergänzungsabgabe in der Höhe von S 15.803,42 vorgeschrieben. Der Vorschreibungsbetrag errechne sich aus der für den Altbestand gebührenden Abgabe von S 23.242,27 und jener für den Neubestand gebührenden von S 37.609,02, je zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer.

In den Verwaltungsakten findet sich weiters ein Bescheidentwurf vom 7. Februar 1997 betreffend die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe, wobei in diesem Entwurf die Höhe der vorzuschreibenden Ergänzungsabgabe nicht ersichtlich ist.

Nach Angaben der Beschwerdeführer sei ihnen mit Bescheid vom 7. Februar 1997 eine Ergänzungsabgabe in der Höhe von S 0,-- vorgeschrieben worden.

Schließlich schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Abgabenbescheid vom 31. Dezember 2001 den Beschwerdeführern für die genannte Liegenschaft gemäß § 6 NÖ GWG eine Wasseranschlussabgabe in der Höhe von S 64.402,80 vor.

Die Berechnungsfläche errechne sich aus einem Anteil der bebauten Fläche von 705,64 m2 sowie einem Anteil von 15 % der mit 500 m2 festgelegten unbebauten Fläche, somit von 75 m2. Die sich so ergebende Berechnungsfläche von 780,64 m2 sei mit dem Einheitssatz von S 75,-- zu multiplizieren, woraus sich eine Abgabe von S 58.548,-- zuzüglich einer Umsatzsteuer von S 5.854,80 errechne.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen diesen Bescheid Berufung. Sie brachten vor, für die genannte Liegenschaft sei bereits im Jahr 1957 eine Wasseranschlussgebühr vorgeschrieben und im Jahr 1958 zur Gänze beglichen worden.

Darüber hinaus verwiesen die Beschwerdeführer auf die vorgeschriebene Ergänzungsabgabe gemäß § 7 NÖ GdWG 1978.

In den Verwaltungsakten findet sich weiters ein mit "Auftrag" übertitelter Zahlungsbeleg betreffend eine "Anschlussgebühr für Wasserversorgungsanlage Haus Nr.", gerichtet an den Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer im Eigentum der genannten Liegenschaft.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. September 2003 wurde der genannten Berufung keine Folge gegeben.

Gemäß § 8 Abs. 1 des Niederösterreichischen Wasserleitungsanschlussgesetzes 1978, LGBl. 6951 (im Folgenden: NÖ WAG), sei für jede Gemeinde eine Wasserleitungsordnung zu erlassen. Obwohl in der Katastralgemeinde Kammersdorf bereits jahrzehntelang eine Gemeindewasserleitung bestehe, sei eine derartige Wasserleitungsordnung erstmals am 1. Juni 1996 in Kraft getreten. Dort sei erstmals der Versorgungsbereich festgelegt und ein Anschlusszwang begründet worden. Gemäß § 15 Abs. 1 NÖ GdWG 1978 entstehe der Anspruch auf die Wasseranschlussabgabe mit Rechtskraft des Bescheides, mit dem der Anschluss bewilligt worden sei oder ab dem Zeitpunkt, mit dem der Anschlusszwang feststehe. Vorliegendenfalls sei der Anschlusszwang erst durch Inkrafttreten der Wasserleitungsordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde am 1. Juni 1996 entstanden.

Sodann legte die Berufungsbehörde dar, sie habe am 28. Oktober 1994 eine Ermittlung der Berechnungsfläche für das Wohngebäude auf dieser Liegenschaft durchgeführt. Am 19. Mai 1999 sei ein nochmaliger Lokalaugenschein durchgeführt und festgestellt worden, dass der in der Erhebung vom 28. Oktober 1994 festgestellte Wasseranschluss nach wie vor bestehe und die Berechnungsfläche für das Wohngebäude unverändert geblieben sei. Darüber hinaus sei am 19. Mai 1999 auch eine Erhebung für die Ermittlung der Berechungsfläche des angeschlossenen Nebengebäudes, der angeschlossenen Stallungen und des angeschlossenen Schuppens durchgeführt worden.

Gegen diesen Berufungsbescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, in welcher sie in der Sache im Wesentlichen ihr Vorbringen vor den Verwaltungsbehörden wiederholten.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. April 2004 wurde dieser Vorstellung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Schilderung des Verfahrensganges sowie der angewendeten Rechtsvorschriften aus, der Abgabenanspruch entstehe gemäß § 15 Abs. 1 NÖ GdWG 1978 ab dem Zeitpunkt, mit dem der Anschlusszwang feststehe. Gemäß § 1 NÖ WAG setze der Anschlusszwang bei Vorhandensein von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen die Lage der Liegenschaft im Versorgungsbereich voraus. Dieser wiederum sei gemäß § 8 Abs. 2 NÖ WAG in der Wasserleitungsordnung der Gemeinde festzulegen. Der Abgabentatbestand des § 15 Abs. 1 GdWG 1978 sei daher erst mit dem Inkrafttreten der Wasserleitungsordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde am 1. Juni 1996 entstanden.

Zufolge des Grundsatzes der Zeitbezogenheit von Abgaben sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches maßgeblich. Der von der belangten Behörde in Anwendung gebrachte Einheitssatz von S 75,-- sei unbedenklich, weil dieser am 1. Juni 1996 in Kraft gestanden sei.

Ob das Ausmaß der von den Abgabenbehörden ermittelten Berechnungsfläche richtig sei, sei jedoch nicht nachvollziehbar. Maßgeblich sei auch hier die Sachlage im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches am 1. Juni 1996. Bei einer Erhebung 1994 sei festgestellt worden, dass im Wohngebäude zwei Geschoße angeschlossen gewesen seien. Bei einer weiteren Erhebung 1999 sei festgestellt worden, dass zwischenzeitlich das Dachgeschoß ausgebaut und mit Wasser versorgt worden sei. Unklar sei jedoch, ob dieses Geschoß bereits am 1. Juni 1996 angeschlossen gewesen sei. Das Fehlen diesbezüglicher Ermittlungen mache den angefochtenen Bescheid rechtswidrig, weshalb er aufzuheben gewesen sei.

Ergänzend hielt die belangte Behörde fest, dass vor dem 1. Juni 1996 erfolgte Vorschreibungen von Wasserabgaben mangels Abgabenanspruchs der Gemeinde jedenfalls rechtswidrig seien. Für die Bemessung eines danach entstandenen Abgabenanspruches könnten solche Bescheide auch nicht das Hindernis der entschiedenen Sache begründen.

1.2. Verfahren zur Erlassung des zweitangefochtenen Bescheides:

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der Liegenschaft EZ B der Katastralgemeinde Kammersdorf.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 20. Februar 1975 wurde die Baubewilligung zum Neubau eines Flaschenkellers auf der genannten Liegenschaft erteilt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 10. Oktober 1988 wurde den Beschwerdeführern die baubehördliche Bewilligung zum Neubau eines Buschenschanklokals auf der genannten Liegenschaft erteilt.

Mit Abgabenbescheid vom 21. März 1996 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den Beschwerdeführern gemäß § 7 NÖ GdWG 1978 eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe im Betrag von S 11.674,88 für die genannte Liegenschaft vor.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es, die Beschwerdeführer hätten auf der genannten Liegenschaft Neu- und Umbauten vorgenommen. Die vorgeschriebene Ergänzungsabgabe errechne sich aus der für den Bestand nach der Änderung gebührenden Abgabe von S 17.441,73 abzüglich der für den Bestand vor der Änderung gebührenden Abgabe von S 6.828,12, zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer. Als Altbestand wurden zwei Presshäuser, als Neubestand ein Heurigenlokal zu Grunde gelegt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 31. Jänner 1997 wurde den Beschwerdeführern neuerlich gemäß § 7 NÖ GdWG 1978 eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe, diesmal in der Höhe von S 6.072,90 vorgeschrieben.

Bei dieser Vorschreibung ging die belangte Behörde vom Vorhandensein zweier Heurigenlokale im aktuellen Bestand sowie dem ehemaligen Vorhandensein zweier Presshäuser im Altbestand aus.

Schließlich schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Abgabenbescheid vom 31. Dezember 2001 den Beschwerdeführern gemäß § 6 NÖ GdWG 1978 für den Anschluss der genannten Liegenschaft eine Wasseranschlussabgabe in der Höhe von S 19.633,35 vor.

Der Vorschreibung wurde eine bebaute Fläche von 218,63 m2 sowie 15 % der mit 129 m2 angenommenen unbebauten Fläche, somit von 19,35 m2 zu Grunde gelegt. Die sich hieraus ergebende Berechnungsfläche von 237,98 m2 sei mit dem Einheitssatz von S 75,-

- zu vervielfältigen gewesen, was eine Wasseranschlussabgabe von S 17.848,50 zuzüglich einer 10 %igen Umsatzsteuer, somit insgesamt von S 19.633,35 ergebe.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen diesen Bescheid Berufung. Sie brachten vor, eine mehrfache Vorschreibung der Wasseranschlussabgabe sei rechtlich unzulässig. Im Falle einer Änderung der der Ermittlung der Wasseranschlussabgabe zu Grunde gelegten Berechnungsfläche sei allenfalls die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe gemäß § 7 NÖ GdWG 1978 zulässig. Tatsächlich bestehe der Wasseranschluss für das auf dem genannten Grundstück liegende Heurigenlokal bereits "seit langer Zeit". Schließlich wurde auf die beiden Vorschreibungen von Ergänzungsabgaben verwiesen.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. September 2003 wurde dieser Berufung keine Folge gegeben.

Die Begründung gleicht im Übrigen jener der dem erstangefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Berufungsentscheidung vom gleichen Tag. Auch im vorliegenden Fall ging die Berufungsbehörde davon aus, dass der Abgabenanspruch (erst) mit Inkrafttreten der Wasserleitungsordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde am 1. Juni 1996 entstanden sei.

Auch gegen diesen Berufungsbescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde, in welchem sie in der Sache auf das schon im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen verwiesen.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. April 2004 wurde diese Vorstellung als unbegründet abgewiesen.

Auch in der Begründung dieser Vorstellungsentscheidung vertrat die belangte Behörde - wie schon im Zusammenhang mit dem erstangefochtenen Bescheid - die Auffassung, der Abgabenanspruch sei am 1. Juni 1996 entstanden. Die in diesem Zeitpunkt maßgebliche Berechnungsfläche sei von den Abgabenbehörden der mitbeteiligten Marktgemeinde richtig ermittelt.

Auch hier sei davon auszugehen, dass vor dem 1. Juni 1996 ergangene Abgabenbescheide zwar rechtswidrig seien, in Ansehung der hier vorgenommenen Abgabenvorschreibung aber nicht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache begründeten. Der im Jänner 1997 ergangene Bescheid über eine Ergänzungsabgabe beziehe sich auf einen - mangels tatsächlicher Veränderung in der Berechnungsfläche nach dem 1. Juni 1996 - nie entstandenen Abgabenanspruch auf eine Ergänzungsabgabe. Auch dieser Bescheid sei daher rechtswidrig. Er beziehe sich jedoch auf die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe, sodass seine Rechtskraft der Vorschreibung einer Wasseranschlussabgabe nicht entgegen stehe.

1.3. Gegen die vorzitierten Vorstellungsbescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführer erachten sich durch die angefochtenen Bescheide in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Aufhebung eines Bescheides durch die Gemeindeaufsichtsbehörde im Falle der Verletzung von Rechten des Einschreiters sowie auf Nichtvorschreibung einer Wasseranschlussabgabe in Ermangelung der hiefür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, die angefochtenen Bescheide aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete Gegenschriften. In Ansehung der Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid wird primär die Zurückweisung, hilfsweise ihre Abweisung als unbegründet, in Ansehung der Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid ihre Abweisung als unbegründet beantragt.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Beschwerden erwogen:

2.1. Bis zum Inkrafttreten des mit dem LGBl. 6930-0 wiederverlautbarten Niederösterreichischen Gemeindewasserleitungsgesetzes, LGBl. Nr. 1/1970, am 31. Dezember 1969 stand das - bloß namensgleiche - Niederösterreichische Gemeindewasserleitungsgesetz, Wiederverlautbarungskundmachung der Niederösterreichischen Landesregierung, LGBl. Nr. 90/1954, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 2/1958, in Geltung. § 1 Abs. 1 und 6, § 2, § 2a Abs. 3, § 8 Abs. 1 sowie § 13 Abs. 1 dieses Gesetzes in der Fassung dieser von der zuletzt genannten Novelle nicht betroffenen Bestimmungen nach der zitierten Wiederverlautbarungskundmachung lauteten (auszugsweise):

"§ 1.

(1) In Gemeinden, die eine öffentliche Wasserversorgungsanlage schon errichtet haben oder in Zukunft errichten werden, können die Eigentümer aller Gebäude, Betriebe oder Anlagen im Gemeindegebiete, die aus der Wasserversorgungsanlage mit Wasser versorgt werden können, verpflichtet werden, das für den Bedarf der Bewohner erforderliche Trink- und Nutzwasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage zu beziehen und zu diesem Zwecke den Anschluss ihrer Liegenschaften an die Gemeindewasserleitung herstellen zu lassen.

...

(6) Liegenschaftseigentümern (Bauwerbern), die nicht zum Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage verpflichtet sind, kann vom Gemeinderat und in Städten mit eigenem Statut vom Stadtrat (Stadtsenat) auf schriftlichen Antrag durch Bescheid der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage bewilligt werden. Der Widerruf einer erteilten Bewilligung ist unzulässig.

§ 2.

Die Verpflichtung zum Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage (§ 1, Abs. (1)) wird durch einen Gemeinderatsbeschluss festgesetzt, der durch zwei Wochen öffentlich kundzumachen ist und der Genehmigung der Landesregierung bedarf. Der genehmigte Beschluss ist entweder in seinem vollen Wortlaut oder mit dem Hinweis, dass er im Gemeindeamt 30 Tage während der Amtsstunden zur allgemeinen Einsicht aufliegt, unter Angabe seines Wirksamkeitsbeginnes öffentlich kundzumachen; er wird mit dem Monatsersten rechtswirksam, der dem Tage dieser Kundmachung zunächst folgt. Von der Verpflichtung zum Anschlusse ist der Eigentümer der Liegenschaft gleichzeitig mit der Aufforderung zur Anmeldung des Wasserbezuges schriftlich zu verständigen. Innerhalb von zwei Wochen, vom Tage der Verständigung an gerechnet, kann er Einwendungen oder Befreiungsgründe (§ 1, Abs. (2) bis (4)) beim Bürgermeister (Magistrat) vorbringen. Über diese Einwendungen sowie über die Befreiung entscheidet der Gemeinderat (Stadtrat, Stadtsenat); gegen seine Entscheidung ist die Berufung an die Landesregierung zulässig. ...

§ 2a.

...

(3) Bei Neubauten sind nach Maßgabe der Wasserleitungsordnung die näheren Anordnungen über die Ausführung und die Erhaltung des vom Liegenschaftseigentümer (Bauwerber) herzustellenden Teiles der Hausleitung sowie die Frist, innerhalb welcher der vom Liegenschaftseigentümer herzustellende Teil der Hausleitung fertig zu stellen ist, im Baubewilligungsbescheid festzusetzen. ...

...

§ 8.

(1) In jenen Gemeinden, die in der Wassergebührenordnung eine Wasseranschlussgebühr festgesetzt haben, ist für den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage eine Wasseranschlussgebühr zu entrichten.

...

§ 13.

(1) Ist die Wasseranschlussgebühr, ... anlässlich einer

Bauführung zu entrichten, so entsteht die Gebührenschuld mit Eintritt der Rechtskraft der Benützungsbewilligung, wenn aber eine solche nicht erforderlich ist, mit Ablauf des Tages, an dem die Bauführung tatsächlich beendet wurde; in allen anderen Fällen mit Eintritt der Rechtskraft der Verpflichtung zum Anschluss (§ 2), bzw. bei der Ergänzungsgebühr mit dem Eintritt der Änderung. ..."

§ 6 des zitierten Gesetzes sah die Verpflichtung von Gemeinden, die über eine Wasserleitung verfügten, zur Erlassung einer Wasserleitungsordnung vor, in welcher jedoch keine Regelungen betreffend den Anschlusszwang zu treffen waren.

Im Zeitpunkt des von der belangten Behörde angenommenen Entstehens des Abgabentatbestandes (1. Juni 1996) stand das NÖ GdWG 1978 in der Fassung der Novelle LGBl. 6930-1 in Geltung.

§ 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1, 2 und 3, § 7, § 15 Abs. 1 sowie § 19 Abs. 1 und 2 NÖ GdWG 1978 in dieser Fassung lauten:

"§ 5

(1) Die Gemeinden werden gemäß § 8 Abs. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, Wasserversorgungsabgaben (Wasseranschlussabgabe, Ergänzungsabgabe, Sonderabgabe) zu erheben, die anlässlich des Anschlusses an die Gemeindewasserleitung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu entrichten sind.

...

§ 6

(1) Die Wasseranschlussabgabe ist für den Anschluss an die Gemeindewasserleitung zu entrichten.

(2) Die Höhe der Wasseranschlussabgabe ist derart zu berechnen, dass die Berechnungsfläche (Abs. 3 und 4) für das angeschlossene Grundstück mit dem Einheitssatz (Abs. 5) vervielfacht wird.

(3) Die Berechnungsfläche jeder angeschlossenen Liegenschaft

ist so zu ermitteln, dass die Hälfte der bebauten Fläche

a) bei Wohngebäuden mit der um eins erhöhten Anzahl

der mit Wasser zu versorgenden Geschosse vervielfacht,

b) in allen anderen Fällen verdoppelt

und das Produkt um 15 von Hundert der unbebauten Fläche vermehrt wird.

...

§ 7

Ändert sich die der Berechnung der Wasseranschlussabgabe zu Grunde gelegte Berechnungsfläche für die angeschlossene Liegenschaft, so ist die Wasseranschlussabgabe neu zu berechnen. Ist die neue Wasseranschlussabgabe um mindestens 10 von Hundert, mindestens jedoch um S 100,-- höher als die bereits entrichtete, so ist vom Grundstückseigentümer eine Ergänzungsabgabe in der Höhe des Differenzbetrages zu entrichten.

...

§ 15

(1) Der Anspruch auf die Wasseranschlussabgabe und die Sonderabgabe entsteht mit Rechtskraft des Bescheides, mit dem der Anschluss bewilligt wurde, oder ab dem Zeitpunkt, mit dem der Anschlusszwang feststeht.

...

§ 19

(1) Dieses Gesetz tritt mit dem 31. Dezember 1969 in Kraft. Gleichzeitig tritt das NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz, LGBl. Nr. 90/1954, in der Fassung der 1. NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz-Novelle, LGBl. Nr. 2/1958, außer Kraft.

(2) Nach den Bestimmungen des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes erteilte Bewilligungen zum Anschluss an eine Gemeindewasserleitung gelten als Anschlussbewilligung im Sinne dieses Gesetzes.

..."

Den eben wiedergegebenen Bestimmungen entsprechende Vorschriften enthielt das NÖ GdWG 1978 bereits in seiner Stammfassung LGBl. Nr. 1/1970.

§ 1 Abs. 1 sowie § 8 Abs. 1 und 2 Z 1 sowie Abs. 3 NÖ WAG in der im Juni 1996 in Kraft gestandenen Fassung LGBl. 6951-1 lauten:

"§ 1

(1) Der Wasserbedarf in Gebäuden mit Aufenthaltsräumen ist im Versorgungsbereich (§ 8 Abs. 2 Z. 1) eines gemeinnützigen öffentlichen Wasserversorgungsunternehmens nach Maßgabe folgender Bestimmungen ausschließlich aus dessen Wasserversorgungsanlage zu decken (Anschlusszwang).

...

§ 8

(1) Die Behörde hat im Einvernehmen mit der Landesregierung die näheren Vorschriften über die Durchführung des Anschlusses und den Wasserbezug zu erlassen (Wasserleitungsordnung).

(2) Insbesondere sind Vorschriften zu erlassen über

1. den Versorgungsbereich (Abs. 3);

...

(3) Bei der Festsetzung des Versorgungsbereiches ist unbeschadet anderer gesetzlicher, insbesondere bau- und feuerpolizeilicher Vorschriften auf die Leistungsfähigkeit und den Zweck der Wasserversorgungsanlage (§ 1 Abs. 2 und 3) Bedacht zu nehmen."

Mit Verordnung der Bürgermeisterin der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 28. März 1996 wurde für den Bereich der Marktgemeinde Nappersdorf-Kammersdorf erstmals eine Wasserleitungsordnung erlassen. Diese Wasserleitungsordnung wurde am 29. April 1996 angeschlagen und am 14. Mai 1996 abgenommen. Sie ordnet in § 1 Abs. 1 an, dass der Versorgungsbereich des Wasserversorgungsunternehmens der allgemeinen öffentlichen Wasserversorgungsanlage das gesamte Gemeindegebiet der Marktgemeinde umfasst. In § 10 Abs. 1 dieser Verordnung ist festgelegt, dass diese mit dem Monatsersten rechtswirksam wird, welcher dem Tag der Kundmachung zunächst folgt.

2.2. Zur Zulässigkeit der Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid:

In ihrer Gegenschrift vertritt die belangte Behörde unter Verweis auf die hg. Beschlüsse vom 22. November 1996, Zl. 96/17/0421, und vom 18. Juni 2001, Zl. 2001/17/0032, die Auffassung, es fehle vorliegendenfalls an der Möglichkeit einer Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer durch den aufhebenden erstangefochtenen Vorstellungsbescheid.

Dem ist Folgendes zu erwidern:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem zweitgenannten Beschluss ausgeführt, Rechte einer Partei, über deren Vorstellung der Bescheid der höchsten Gemeindeinstanz durch die Vorstellungsbehörde aufgehoben wurde, könnten durch die Begründung dieses aufhebenden Erkenntnisses insofern verletzt werden, als dadurch Rechtsansichten auf die Gemeindebehörde überbunden werden (vgl. § 61 Abs. 5 der Niederösterreichischen Gemeindeordnung, LGBl. 1000-0). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe jedoch eine Bindung an die - einem kassatorischen aufsichtsbehördlichen Vorstellungsbescheid beigegebene - Begründung nur insoweit, als die Begründung für die Aufhebung des mit Vorstellung bekämpften gemeindebehördlichen Bescheides tragend ist. Dementsprechend sei auch der obsiegende Vorstellungswerber berechtigt, den aufhebenden Vorstellungsbescheid deswegen vor dem Verwaltungsgerichtshof anzufechten, weil jene Gründe, die die Aufhebung tragen, seiner Ansicht nach unzutreffend seien. Die Teile der Begründung des aufhebenden Bescheides, die darlegten, in welchen Punkten und aus welchen Gründen nach Auffassung der Aufsichtsbehörde Rechte des Vorstellungswerbers nicht verletzt worden seien, lösten demgegenüber keinerlei bindende Wirkung aus. Derartige Begründungselemente (mit denen die Vorstellungsbehörde etwa der Rechtsansicht der Gemeindebehörden in Teilbereichen beigetreten sei), die (ohne das Hinzutreten von Aufhebungsgründen hinsichtlich anderer Begründungselemente) zu einer Abweisung der Vorstellung führen hätten müssen, stellten keinen tragenden Grund für die Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides dar.

In diesem Beschluss vom 18. Juni 2001, Zl. 2001/17/0032, vertrat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass im Falle einer Aufhebung des Abgabenbescheides mit der tragenden Begründung, die Eigenschaft des Vorstellungswerbers als Abgabepflichtiger stehe nicht fest, Begründungselemente zur Frage der Berechnung der Abgabe der Höhe nach nicht tragend seien und daher auch keine Bindungswirkung entfalteten. Im vorzitierten Beschluss vom 22. November 1996 erachtete der Verwaltungsgerichtshof im Falle einer Aufhebung mit der tragenden Begründung, es fehle an Feststellungen über die Verwirklichung des Abgabentatbestandes Ausführungen über die Bemessung der Abgabe der Höhe nach für nicht tragend.

Diese Fallkonstellationen sind mit jener des hier gegenständlichen Vorstellungsbescheides nicht vergleichbar, enthält dieser doch die ausdrückliche tragende Rechtsauffassung, dass der Abgabenanspruch am 1. Juni 1996 entstanden sei, weshalb die Abgabe auch auf Basis der zu diesem Zeitpunkt herrschenden tatsächlichen Gegebenheiten zu bemessen gewesen wäre. Diese mit Bindungswirkung zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht, der Abgabenanspruch für eine Wasseranschlussabgabe sei am 1. Juni 1996 entstanden, ist aber jedenfalls geeignet, subjektive Rechte der Beschwerdeführer zu verletzen. Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid erweist sich daher als zulässig.

2.3. Zur inhaltlichen Berechtigung der Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid:

In diesem Zusammenhang verweisen die Beschwerdeführer auf ihr - von den Verwaltungsbehörden als unerheblich angesehenes - Vorbringen, es sei ihnen bereits im Jahr 1957 eine Wasseranschlussgebühr vorgeschrieben worden, welche sie auch im Jahr 1958 zur Gänze beglichen hätten. Mit diesem Vorbringen zeigen die Beschwerdeführer im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, welche zu seiner Aufhebung zu führen hat, auf:

Die Verwaltungsbehörden gründeten die in Rede stehende Vorschreibung einer Wasseranschlussabgabe auf die Verwirklichung des im letzten Halbsatz des § 15 Abs. 1 NÖ GdWG 1978 umschriebenen Abgabentatbestandes. Nach dieser Bestimmung entsteht der Anspruch auf die Wasseranschlussabgabe "ab dem Zeitpunkt, mit dem der Anschlusszwang feststeht". Zutreffend ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass der so umschriebene Abgabentatbestand anordnet, dass der Abgabenanspruch in jenem Zeitpunkt entsteht, in dem erstmalig ein Wasseranschlusszwang der in Rede stehenden Liegenschaft feststeht.

Gemäß § 3 Abs. 1 NÖ AO 1977 entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft. Auf Grund der damit angeordneten so genannten Zeitraumbezogenheit ist davon auszugehen, dass ein Abgabenanspruch nach dem letzten Halbsatz des § 15 Abs. 1 NÖ GdWG 1978 überhaupt nur dann entstanden wäre, wenn im Geltungsbereich dieses Gesetzes erstmals ein Anschlusszwang der in Rede stehenden Liegenschaft festgestanden wäre. Hätte sich dagegen der in dieser Gesetzesbestimmung umschriebene Abgabentatbestand des erstmaligen Feststehens eines solchen Anschlusszwanges vor Inkrafttreten des NÖ GdWG 1978 verwirklicht, so wäre ein ihm entsprechender Abgabenanspruch nach dem zuletzt genannten Gesetzes nicht entstanden.

Die Berufungsbehörde der mitbeteiligten Marktgemeinde und - ihr folgend - die belangte Behörde haben die Auffassung vertreten, der in Rede stehende Abgabentatbestand sei mit Inkrafttreten der Wasserleitungsordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde am 1. Juni 1996 entstanden. Diese Annahme hätte die Abgabenbehörde aber nicht treffen dürfen, ohne sich näher mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer, für die gegenständliche Liegenschaft sei im Jahr 1957 bereits eine Wasseranschlussgebühr vorgeschrieben worden, auseinander zu setzen.

Im Jahr 1957 stand das - mit dem NÖ GdWG 1978 nicht idente, sondern nur namensgleiche - Niederösterreichische Gemeindewasserleitungsgesetz in der Fassung der Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. Nr. 90/1954 in Geltung. Dieses sah in seinem § 13 Abs. 1 als Abgabentatbestände für die Wasseranschlussgebühr zum einen den Eintritt der Rechtskraft einer Benützungsbewilligung oder die Beendigung einer Bauführung, zum anderen den Eintritt der Rechtskraft einer Verpflichtung zum Anschluss gemäß § 2 dieses Gesetzes vor.

Wäre der von den Beschwerdeführern behaupteten Vorschreibung einer Wasseranschlussgebühr im Jahr 1957 der zuletzt genannte Abgabentatbestand zu Grunde gelegen, wäre also eine Verpflichtung zum Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage im Verständnis des § 2 des Niederösterreichischen Gemeindewasserleitungsgesetzes, LGBl. Nr. 90/1954, an den damaligen Eigentümer der Liegenschaft ergangen und in Rechtskraft erwachsen - was die Existenz einer Wasserleitungsordnung im Verständnis des § 6 des zuletzt genannten Gesetzes nicht vorausgesetzt hätte -, so wäre schon zu diesem Zeitpunkt in Ansehung dieser Liegenschaft erstmals das Bestehen eines Anschlusszwanges festgestanden.

Der mit dem erstmaligen Feststehen eines solchen Anschlusszwanges umschriebene Tatbestand des § 15 Abs. 1 letzter Fall NÖ GdWG 1978 wäre dann in Ansehung der hier gegenständlichen Liegenschaft nicht im Geltungsbereich des zuletzt genannten Gesetzes eingetreten.

Gleiches würde im Übrigen gelten, wenn die behauptete Abgabenvorschreibung im Jahr 1957 aus Anlass einer Bauführung erfolgt wäre und eine Anschlussverpflichtung gemäß § 2a Abs. 3 des Niederösterreichischen Gemeindewasserleitungsgesetzes, LGBl. Nr. 90/1954, an den Liegenschaftseigentümer (Bauwerber) ergangen wäre. Auch durch eine solche Anordnung wäre die Anschlusspflicht der in Rede stehenden Liegenschaft bereits festgestanden.

Indem die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Marktgemeinde in Verkennung dieser Rechtslage Ermittlungen zu den - wie aufgezeigt relevanten - Behauptungen der Beschwerdeführer betreffend eine Abgabenvorschreibung im Jahr 1957 unterließen, belasteten sie ihre Bescheide mit einem sekundären Verfahrensmangel.

Die belangte Behörde hätte bei Erlassung des erstangefochtenen Vorstellungsbescheides die Rechtsauffassung, der Abgabenanspruch sei am 1. Juni 1996 entstanden, den Parteien des Vorstellungsverfahrens auf Basis der von den Abgabenbehörden bislang getroffenen Feststellungen nicht überbinden dürfen.

Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift nunmehr behauptet, in den Akten der mitbeteiligten Marktgemeinde seien keine Unterlagen betreffend einen "früheren Bescheid über eine Wasseranschlussabgabe gegenüber den nunmehrigen Beschwerdeführern für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft" aufgefunden worden, ist ihr zum einen zu entgegnen, dass die Beschwerdeführer im Jahr 1957 nicht Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft waren, zum anderen, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Begründungselemente in der Gegenschrift nicht nachgetragen werden können.

Indem die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage vermeinte, den Parteien des Vorstellungsverfahrens schon auf Basis der von den Gemeindebehörden getroffenen Feststellungen die Rechtsansicht überbinden zu können, der Abgabenanspruch sei am 1. Juni 1996 entstanden, belastete sie den erstangefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

2.4. Zur Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid:

In diesem Zusammenhang machen die Beschwerdeführer zunächst geltend, die Rechtskraft der Vorschreibung von Ergänzungsabgaben am 21. März 1996 und am 31. Jänner 1997 stehe der erstmals mit Bescheid vom 31. Dezember 2001 erfolgten Vorschreibung einer Wasseranschlussabgabe entgegen.

Dieser Rechtsauffassung ist aber entgegen zu halten, dass es sich bei der in § 6 NÖ GdWG 1978 geregelten Wasseranschlussabgabe und bei der in § 7 leg. cit. geregelten Ergänzungsabgabe um verschiedene Abgaben handelt. Durch die Erlassung von Bescheiden zur Bemessung einer Ergänzungsabgabe (wie dies vorliegendenfalls durch die Bescheide vom 21. März 1996 und vom 31. Jänner 1997 erfolgt ist) wird spruchgemäß lediglich das Entstehen eines Anspruches auf Ergänzungsabgabe festgestellt. Der Spruch eines eine Ergänzungsabgabe vorschreibenden Bescheides enthält aber darüber hinaus keine Feststellungen des Inhaltes, dass eine Wasseranschlussabgabe bereits rechtskräftig vorgeschrieben worden sei und aus diesem Grunde in Ermangelung relevanter Sachverhaltsänderungen der neuerlichen Vorschreibung einer Wasseranschlussabgabe entschiedene Sache entgegen stünde.

Es wird in diesem Zusammenhang freilich nicht verkannt, dass die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe gleichsam als Begründungselement voraussetzt, dass ein Abgabenanspruch auf Wasseranschlussabgabe bereits entstanden ist. Diese den Bescheiden vom 21. März 1996 und vom 31. Jänner 1997 offenbar implizit zu Grunde gelegte Auffassung, welche rechtens in der Begründung dieser Bescheide darzutun gewesen wäre, erwächst aber - da sie nicht Bestandteil des Spruches ist und auch kein Fall eines kassatorischen Bescheides mit Überbindung einer Rechtsauffassung vorliegt - nicht in Rechtskraft (vgl. die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E. 23 zu § 59 AVG wiedergegebene, auch abgabenrechtliche Judikatur).

Die Beschwerdeführer vertreten weiters die Auffassung, das Verfahren vor den Abgabenbehörden sei mangelhaft geblieben. Die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe lege jedenfalls das vorangegangene Entstehen eines Abgabenanspruches auf Wasseranschlussabgabe nahe. Die Berufungsbehörde der mitbeteiligten Marktgemeinde und auch die belangte Behörde hätten sich ausschließlich mit der Frage des Abgabentatbestandes des § 15 Abs. 1 zweiter Fall NÖ GdWG 1978 auseinander gesetzt. Richtigerweise wären aber auch Ermittlungen darüber anzustellen gewesen, ob vor dem 1. Juni 1996 der Abgabentatbestand nach dem ersten Fall des § 15 Abs. 1 NÖ GdWG 1978 eingetreten wäre.

Diesem Vorbringen ist zunächst entgegen zu halten, dass die Beschwerdeführer - anders als in dem dem erstangefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahren - weder vor den Abgabenbehörden noch im Vorstellungsverfahren behauptet haben, es sei in Ansehung der Liegenschaft EZ B eine Vorschreibung einer Wasseranschlussabgabe oder Wasseranschlussgebühr erfolgt. Ebenso wenig wurde im Verwaltungsverfahren behauptet, dass den Beschwerdeführern oder ihren Rechtsvorgängern im Eigentum der Liegenschaft der Anschluss bescheidförmig bewilligt worden wäre.

Auch wenn man die Meinung vertreten wollte, dass die Verwaltungsbehörden im Hinblick auf die erfolgte Vorschreibung von Ergänzungsabgaben insoweit auch eine amtswegige Ermittlungspflicht getroffen hätte, wäre für die Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil diese auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht konkret darlegen, dass und wann ihnen oder ihren Rechtsvorgängern für die Liegenschaft EZ B der Katastralgemeinde Kammersdorf eine Wasseranschlussabgabe vorgeschrieben worden wäre bzw. dass und wann eine bescheidförmige Bewilligung des Anschlusses im Sinne des ersten Falles des § 15 Abs. 1 NÖ GdWG 1978 erfolgt wäre. Die Beschwerdeführer haben im Verwaltungsverfahren behauptet, der Wasseranschluss für das auf dieser Liegenschaft liegende Heurigenlokal bestehe bereits seit langer Zeit. Im Zeitpunkt der Errichtung des in Rede stehenden Heurigenlokals waren aber die Beschwerdeführer bereits Eigentümer der Liegenschaft, sodass ihnen ein entsprechend konkretes Vorbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durchaus möglich und zumutbar gewesen wäre.

Insoweit die Beschwerdeführer schließlich die Auffassung vertreten, auch für den Fall, dass eine Anschlussbewilligung in den Verwaltungsakten der mitbeteiligten Marktgemeinde nicht mehr auffindbar sein sollte, wäre von einem vermuteten Konsens des bestehenden Wasseranschlusses auszugehen, ist ihnen Folgendes entgegen zu halten:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 18. September 2000, Zl. 2000/17/0052, zur Frage eines vermuteten baulichen Konsenses Folgendes ausgeführt:

"Nach ständiger Rechtsprechung ist dann, wenn hinsichtlich eines seit Jahrzehnten bestehenden Gebäudes Unterlagen über eine seinerzeitige Baubewilligung nicht mehr auffindbar sind, aber feststeht, dass hinsichtlich eines fehlenden Konsenses baubehördliche Beanstandungen niemals stattgefunden haben, zu vermuten, dass das Gebäude auf Grund einer nach den im Zeitpunkt seiner Erbauung in Geltung gestandenen Vorschriften erteilten Baubewilligung errichtet worden ist, es sei denn, dass Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme vorliegen. Der Sinn dieser Rechtsprechung geht dahin, dass die Vermutung des rechtmäßigen Bestandes einer Baulichkeit nur dann Platz greifen soll, wenn der Zeitpunkt der Erbauung derselben offensichtlich so weit zurück liegt, dass, von besonders gelagerten Einzelfällen abgesehen, auch bei ordnungsgemäß geführten Archiven die Wahrscheinlichkeit, noch entsprechende Unterlagen auffinden zu können, erfahrungsgemäß nicht mehr besteht. Hiebei wurde in der Rechtsprechung ein Zeitraum von 30 bis 40 Jahren durchwegs als zu kurz bezeichnet, um die Vermutung des Konsenses zu begründen. Demgegenüber darf ein Konsens vermutet werden, wenn es sich um ein seit vielen Jahrzehnten bestehendes Gebäude handelt."

Vergleichbare Aussagen enthalten die hg. Erkenntnisse vom 20. Dezember 2001, Zl. 2000/06/0066, und vom 23. Mai 2002, Zl. 2001/05/0835.

Selbst wenn man diese Rechtsprechung auch auf die Vermutung der "Konsensmäßigkeit" eines Wasseranschlusses übertragen wollte, wäre für die Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil sich weder aus ihrem Vorbringen vor den Verwaltungsbehörden noch aus jenem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Hinweise darauf ergeben, dass der Anschluss der in Rede stehenden Liegenschaft an die Gemeindewasserleitung im Sinne der vorstehenden Rechtsprechung schon seit vielen Jahrzehnten besteht. Wie schon ausgeführt, haben die Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren lediglich das langjährige Bestehen eines Anschlusses des Heurigenlokales behauptet, dessen Baubewilligung jedoch erst 1988 erfolgte.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführer durch den zweitangefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden sind.

Die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 18. Oktober 2004

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