Normen
BAO §236 Abs1;
GEG §9 Abs2;
BAO §236 Abs1;
GEG §9 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 16. Oktober 1968 wurde dem Beschwerdeführer (und seiner zwischenzeitig verstorbenen Mutter) das Armenrecht zur Einbringung einer Schadenersatzklage mit einem Streitwert von ca. S 40 Millionen gegen die C, die W AG und die Bank und die Girozentrale der Ö AG bewilligt. Auf Grund dessen brachte der damalige Armenvertreter am 17. März 1969 gegen die genannten Gesellschaften eine Schadenersatzklage über S 43,638.000,-- ein. In der ersten Tagsatzung am 20. Mai 1969 trat Ruhen des Verfahrens ein. Mit Eingabe vom 11. Jänner 1988 beantragte der Beschwerdeführer, Alleinerbe seiner Mutter, die Fortsetzung des Verfahrens und die Bewilligung der Verfahrenshilfe. Mit Beschluss vom 25. März 1988 bewilligte das Erstgericht dem Kläger die Verfahrenshilfe im vollen Umfang (ON 42). Mit Beschluss vom 13. Juli 1989 hob das Oberlandesgericht Wien als Rekursgericht diesen Beschluss als nichtig auf und wies den Antrag des Klägers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zurück, weil das dem Kläger vor Inkrafttreten des Verfahrenshilfegesetzes, BGBl. Nr. 569/1973, bewilligte Armenrecht als Gewährung der Verfahrenshilfe weiterwirke.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 24. September 1990 dehnte der Klagevertreter das Klagebegehren auf S 108,138.000,-- aus. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Beschluss vom 28. Jänner 1991 (ON 88) erklärte das Oberlandesgericht Wien als Rekursgericht das dem Kläger mit Beschluss vom 16. Oktober 1968 bewilligte Armenrecht (nunmehr Verfahrenshilfe) für erloschen. Zusammengefasst führte das Rekursgericht aus, dass der weiteren Verfolgung des Schadenersatzanspruches von S 43,638.000,-- keinerlei Erfolgsaussicht zukomme und die weitere Verfolgung eines Anspruches von S 64,500.000,-- offenbar aussichtslos sei, weshalb die dem Kläger bewilligte Verfahrenshilfe (das Armenrecht) gemäß § 68 Abs. 1 ZPO für erloschen zu erklären sei. Der gegen diesen Beschluss erhobene Rekurs wurde (rechtskräftig) als unzulässig zurückgewiesen, weitere Anträge auf Gewährung von Verfahrenshilfe wurden wegen Aussichtslosigkeit (rechtskräftig) abgewiesen. Die Schadenersatzklage wurde schließlich in vollem Umfang abgewiesen.
Mit Zahlungsaufträgen vom 6. Mai 1998 schrieb der Kostenbeamte des Erstgerichtes (u.a.) dem Beschwerdeführer für das weitere Verfahren seit dem Erlöschen der Verfahrenshilfe Eingaben- und Protokollgebühren von S 209.700,-- und Entscheidungsgebühren von S 2,747.376,-- vor. Dem vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berichtigungsantrag gab der Präsident des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien mit Bescheid vom 19. Oktober 1998 nicht Folge.
In seiner an das Erstgericht gerichteten Eingabe vom 6. November 2001 stellte der Beschwerdeführer den Antrag "auf Nachlassung der o.g. Gerichtsgebühren in der Höhe von seinerzeit ATS 2,747.376,--". Leider habe sich seit der seinerzeitigen Gewährung des Armenrechtes bzw. der Verfahrenshilfe in seiner Vermögenslage nichts geändert. Er ersuche, dies aus der beiliegenden Vermögenserklärung zu entnehmen.
Das Erstgericht übermittelte diese Eingabe der belangten Behörde, die dem Beschwerdeführer eine Fragenliste zusandte. Hiezu nahm der durch seinen Rechtsfreund vertretene Beschwerdeführer wie folgt Stellung:
"Als Vertreter des Beschwerdeführers erlaube ich mir fristgerecht zu dem Antrag auf Nachlass der Gerichtsgebühren die Frageliste samt Pensionsbestätigung der Ehegattin des Beschwerdeführers vorzulegen. Wie Sie daraus erkennen können, verfügt mein Mandant über kein Einkommen und ist durch den über sein Vermögen abgewickelten Konkurs beim Handelsgericht Wien vermögenslos.
Mit dem gegenständlichen Prozess wollte der Beschwerdeführer einen wucherischen Kauf der seinerzeitigen Hauptgläubigerin aus dem Konkurs aufrollen. Nachweislich hat die Gläubigerin den seinerzeitigen Waldbesitz des Gemeinschuldners um ATS 17,5 Millionen vom Masseverwalter gekauft und will nun trotz Aufgriffsrecht der Familie des Beschwerdeführers ATS 130 Millionen haben. Die Klage wurde aus rechtlichen Überlegungen abgewiesen, weil angeblich beim Masseverwalter die subjektiven Voraussetzungen nicht vorlagen. Über die objektiven Bedingungen des Wuchers wäre kein Streit notwendig gewesen.
Ähnlich verhält es sich mit dem Verfahren, in dem der Beschwerdeführer gegen die Hauptgläubigerin wegen Schadenersatz vorgehen wollte und wurde ihm diesbezüglich vom Oberlandesgericht Linz mit Bescheid vom 4.1.2000 die Gebühr nachgelassen. Der Bescheid vom 4.1.2000 wird zum Beweis dafür vorgelegt, dass auch der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz die berücksichtigungswürdigen Umstände im Sinne des Antragstellers gesehen hat.
Ich erlaube mir den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass der Gebühren zu wiederholen und ersuche um Stattgebung."
Dieser Eingabe war ein vom Beschwerdeführer unterfertigter Fragebogen über seine Verhältnisse angeschlossen, der unter Punkt 6, "Schulden", Forderungen der Bank A, ehemals C "in Schilling-Millionenhöhe" sowie ein anhängiges Verfahren der Bank B "in Millionenhöhe" nennt.
Mit Erledigung vom 29. Oktober 2003 ersuchte die belangte Behörde um ergänzende Angaben des Beschwerdeführers unter anderem darüber, ob angesichts der von ihm dargestellten Aussichtslosigkeit seiner Einkommens- und Vermögenssituation und des von ihm behaupteten Schuldenstandes die Gewährung des beantragten Nachlasses überhaupt eine erkennbare Auswirkung auf seine ökonomische Lage hätte und ob in absehbarer Zeit ein Vermögenszufluss erwartet werden könne. Hiezu nahm der - rechtsfreundlich vertretene - Beschwerdeführer dahingehend Stellung, die Gewährung eines Nachlasses habe schon deshalb erkennbare Auswirkung auf die Lage des Beschwerdeführers, weil die Exekutionen und gerichtlichen Schritte angesichts des hohen Alters und der Pflegebedürftigkeit nach einer schweren Operation nicht nur seine Gesundheit zusätzlich beeinträchtigten, sondern auch seine wirtschaftliche Lage weiter verschlechterten. In absehbarer Zeit könne kein Vermögenszufluss erwartet werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag auf Nachlass der vorgeschriebenen Gerichtsgebühren im Betrag von EUR 199.659,60 gemäß § 9 Abs. 2 GEG nicht statt. Begründend führte sie unter Darstellung des Verfahrensganges und der Ermittlungsergebnisse aus, in einem Verfahren nach § 9 Abs. 2 GEG sei es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Sache des Antragstellers, einwandfrei und unter Ausschluss jeglicher Zweifel das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die begehrte Nachsicht gestützt werden könne. Der Beschwerdeführer habe es aber unterlassen, sein Vorbringen, er sei hoch überschuldet, in geeigneter Weise zu konkretisieren und zu bescheinigen. Auf eine entsprechende Aufforderung hin habe er lediglich mit einem allgemein gehaltenen Schreiben seines Rechtsvertreters reagiert, wonach sich der Beschwerdeführer in Konkurs befunden hätte, daher vermögenslos wäre und nur von seiner Familie, insbesondere von seiner Ehegattin, zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes unterstützt würde. Zur Frage, ob die Gewährung des Nachlasses überhaupt eine erkennbare Auswirkung auf seine ökonomische Lage hätte, sei nur ausgeführt worden, dass Exekutionen und gerichtliche Schritte angesichts des hohen Alters und der Pflegebedürftigkeit nach schweren Operationen nicht nur seine Gesundheit zusätzlich beeinträchtigten, sondern auch seine wirtschaftliche Lage weiter verschlechtern würden. Irgendwelche Bescheinigungsmittel aus diesem Vorbringen seien nicht vorgelegt oder angeboten worden.
Selbst wenn man ungeachtet dieser unterbliebenen Bescheinigung von der Richtigkeit der Angaben des Beschwerdeführers ausgehe, er hätte Schulden in Höhe von "einigen Millionen Euro", lägen dennoch die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Nachlass schon deshalb nicht vor, weil bei derart hohen Außenständen auch der Nachlass von Gerichtsgebühren in Höhe von etwa 200.000,-- Euro keine nennenswerte Verbesserung der Vermögenssituation des Beschwerdeführers zur Folge hätte. Sei - wie hier - die finanzielle Situation des Gebührenschuldners so schlecht, dass die Gewährung des Nachlasses keinen Sanierungseffekt hätte, so komme ein Nachlass von Gerichtsgebühren nicht in Frage, weil dadurch keine besondere Härte für den Zahlungspflichtigen im Sinn des § 9 Abs. 2 GEG beseitigt würde.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht "auf Nachlass bzw. Nachsicht gemäß § 9 Abs. 2 GEG" verletzt und begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Unter einem beantragt er für diese Beschwerde die Bewilligung der Verfahrenshilfe in vollem Umfang; laut einem - auf Ersuchen des Verwaltungsgerichtshofes verbesserten - Vermögensbekenntnis habe er Schulden gegenüber
"1. BA, aus amtsbekannten Konkursen, 2. ggü. Bank B mithaftend mit Ehegattin" in der Höhe von EUR 2,906.913,37 "(= ca. 40 Millionen
ATS)".
Über diesen Verfahrenshilfeantrag wird mit Beschluss des Berichters vom heutigen Tag gesondert abgesprochen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 9 Abs. 2 GEG können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen ist. Nach § 9 Abs. 4 GEG entscheidet über Anträge nach Abs. 1 und 2 der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien im Justizverwaltungsverfahren durch Bescheid.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es in einem Verfahren über den Nachlass von Gerichtsgebühren (ebenso wie in einem Verfahren betreffend Abgabennachsicht nach § 236 BAO) Sache des Antragstellers, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände darzutun, auf die der Nachlass (bzw. die Nachsicht) gestützt werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1998, Zl. 98/16/0149, mwN). Zu den besagten Umständen zählen neben den Angaben über das Vermögen auch jene über Verbindlichkeiten.
Ein Nachlass von Abgabenschuldigkeiten kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht in Frage, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht ist, dass die Gewährung des Nachlasses keinen Sanierungseffekt hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2002, Zl. 2002/16/0194, mwN).
Soweit die belangte Behörde für die Gewährung eines Nachlasses von Gebühren einen Sanierungseffekt des Nachlasses voraussetzte, steht dies mit der hg. Judikatur im Einklang. Das gegen diese Rechtsansicht gerichtete Beschwerdevorbringen vermag daher keine Bedenken gegen den angefochtenen Bescheid zu erwecken.
Ebenso wenig vermag die Beschwerde, ausgehend von dieser Rechtsansicht und bezugnehmend auf die zweite Begründungslinie eines mangelnden Sanierungseffektes des Nachlasses, diesen Bescheid dadurch zu erschüttern, wenn sie sich nunmehr darauf beruft, der Beschwerdeführer habe gegenüber der belangten Behörde als sonstiges Vermögen eine Forderung gegenüber der Bundesrepublik Deutschland angegeben, die jedoch wegen Verjährung abgelehnt worden wäre, und überdies bestehe ein Staatshaftungsanspruch gegen die Republik Österreich aus dem Tschechisch-Österreichischen Vertrag, womit bescheinigt sei, dass sich die wirtschaftliche Lage bei Einbringung dieser Gebühren verschlechtern würde; der Beschwerdeführer könne diese offenen Forderungen nicht geltend machen, weil ihm bei der drohenden Exekution die letzten restlichen Geldmittel genommen würden, um seine Rechte durchzusetzen. Im Falle des Nachlasses der Gerichtsgebühren könnte er seine noch offenen Forderungen weiter verfolgen und hätte dies sehr wohl einen "Sanierungseffekt".
Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen dem Neuerungsverbot widerspricht, zieht der Beschwerdeführer damit seine - zuletzt in seinem Vermögensbekenntnis gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof bekräftigten - Angaben über seine Schulden von rund 2,9 Millionen Euro (etwa 40 Millionen Schilling) nicht in Zweifel, sodass im Hinblick auf das behauptete Ausmaß von Schulden und unter Bedachtnahme auf die eingangs genannte Darlegungspflicht des Antragstellers nach § 9 Abs. 2 GEG nicht einmal in der Beschwerde im erforderlichen Ausmaß dargelegt wird, inwiefern der begehrte Nachlass der Gebühren einen Sanierungseffekt zu Gunsten des Beschwerdeführers nach sich ziehen würde, insbesondere die Verfolgung anderweitiger - nicht näher konkretisierter - Forderungen wahren würde.
Schließlich steht der Annahme einer den Nachlass der Gebühr rechtfertigenden besonderen Härte im Sinn des § 9 Abs. 2 GEG entgegen, dass der Beschwerdeführer trotz der von den Gerichten mehrfach bekundeten Aussichtslosigkeit seiner weiteren Prozessführung auf der Klagsführung in nicht unbeträchtlicher Höhe durch alle Instanzen beharrte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 1959, Zl. 2950/58, mwN, betreffend den Fall der mutwilligen Prozessführung).
Nach dem Gesagten war die Beschwerde von einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 29. Juli 2004
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