VwGH 2004/13/0064

VwGH2004/13/006424.11.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., in den Beschwerdesachen der K in W, vertreten durch Dr. Herbert Wabnegg, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Eschenbachgasse 11, gegen den unabhängigen Finanzsenat, Außenstelle Wien, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend Umsatzsteuer 2000 (2004/13/0064), Einkommensteuer 2000 (2004/13/0065), Einkommensteuer 2001 (2004/13/0066) und Umsatzsteuer 2001 (2004/13/0068), den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §55 Abs3;
VwGG §55 Abs3;

 

Spruch:

Die Verfahren werden eingestellt.

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Nach vier - jeweils verbesserungsbedürftig eingereichten und in der Folge stattgebend erledigten - Anträgen auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung von Säumnisbeschwerden wurden vom jeweils beigegebenen Rechtsanwalt für die Beschwerdeführerin vier gesonderte Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über Berufungen der Beschwerdeführerin betreffend Umsatzsteuer 2000 (2004/13/0062), Einkommensteuer 2000 (2004/13/0065), Einkommensteuer 2001 (2004/13/0066) und Umsatzsteuer 2001 (2004/13/0068), eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof leitete jeweils mit Verfügung vom 1. Juli 2004 gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein.

Mit Schriftsatz vom 15. September 2004 legte die belangte Behörde ihren Bescheid vom 5. Juli 2004, Zlen. RV/4498-W/02, RV/4499-W702, vor, mit welchem u.a. auch die Berufungen der Beschwerdeführerin betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2000 und 2001 erledigt worden waren. Auch eine Ablichtung des Nachweises der am 11. August 2004 erfolgten Zustellung des nachgeholten Bescheides wurde von der belangten Behörde vorgelegt. Gleichzeitig meldete die belangte Behörde gegen die in den Säumnisbeschwerden geltend gemachten Ansprüche auf Aufwandersatz Bedenken u.a. mit folgendem Vorbringen an:

Abgesehen davon, dass die Überreichung vier gesondert erhobener Säumnisbeschwerden zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung als nicht erforderlich zu erkennen wäre, weil der Beschwerdeführerin das Bevorstehen einer verbundenen Erledigung ihrer getrennten Berufungen durch Vorhalte der belangten Behörde bekannt gewesen sei, sei das verbunden geführte Berufungsverfahren durch die Beschwerdeführerin auf verschiedenste Weise verzögert worden. Ein entscheidungswesentliches Kontokorrentkonto sei erst am 6. März 2003 vorgelegt worden. Die Gestaltung von Vorhaltsbeantwortungen durch die Beschwerdeführerin habe die belangte Behörde zur Durchführung eines Ermittlungsverfahrens auf dem Wege der Befragung von Auskunftspersonen genötigt. Ein von der belangten Behörde erlassener Vorhalt sei unzureichend beantwortet worden. Nach Fertigstellung des Konzeptes der Berufungsentscheidung sei das Verschweigen weiterer Einkünfte durch die Beschwerdeführerin hervorgekommen. Die Beschwerdeführerin habe seit Begründung ihres Wohnsitzes im Hause des Abgabepflichtigen L.P. im Jahre 1999 die Abgabenbehörde mit einer Flut von Eingaben (die Summe der von ihr und von L.P. seit dieser Zeit überreichten Eingaben erreiche die Zahl von 1000) überschwemmt, zahlreiche Anbringen seien doppelt eingebracht worden. Auf Vorhalte der Abgabenbehörde werde von ihr regelmäßig mit Auskunftsanträgen reagiert. Zu den mit dem nachgeholten Bescheid erledigten Berufungen seien insgesamt 27 (unzulässige) Devolutionsanträge eingebracht worden. Verschiedene Vorgangsweisen der Beschwerdeführerin zeigten eine deutliche Tendenz zur Absicht der Verfahrensvervielfältigung mit dem Ziel der Schaffung der Voraussetzungen für die Erhebung möglichst vieler Säumnisbeschwerden.

Einige die Vorgangsweise der Beschwerdeführerin illustrierende Eingaben waren dem Schriftsatz der belangten Behörde vom 15. September 2004 angeschlossen.

Die Beschwerdeführerin, der zum Vorbringen der belangten Behörde das Parteiengehör eingeräumt worden war, trat den Ausführungen der belangten Behörde in mehreren Punkten entgegen und behauptete, dass ihr an der Verzögerung der behördlichen Entscheidung kein Verschulden angelastet werden könne. Eine von der belangten Behörde auch ins Treffen geführte, zur Erforderlichkeit einer Senatsverhandlung führende Anzeige der Sachbearbeiterin bei der Staatsanwaltschaft stamme nicht von ihr und die von der belangten Behörde zusätzlich erwähnten Schwierigkeiten bei der Auffindung einer näher genannten Auskunftsperson seien auch nicht der Beschwerdeführerin anzulasten. Ihre Auskunftsanträge hätten das Verfahren nicht verzögert, weil sie ohnehin nicht behandelt worden seien.

Zum Beweis ihres Sachvorbringens legte auch die Beschwerdeführerin einzelne Schriftstücke vor.

Nach § 36 Abs. 2 letzter Satz VwGG ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde einzustellen, wenn der Bescheid erlassen wird oder vor Einleitung des Vorverfahrens erlassen wurde.

Angesichts der aktenkundigen und unbestrittenen Nachholung des Bescheides über die Berufungen der Beschwerdeführerin waren die vom Verwaltungsgerichtshof zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Beschwerdeverfahren gemäß § 36 Abs. 2 VwGG einzustellen.

Die Bestimmung des § 55 Abs. 1 letzter Satz VwGG sieht für den Fall der wegen Nachholung des versäumten Bescheides erfolgenden Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens grundsätzlich einen - nur der Höhe nach reduzierten - Anspruch der beschwerdeführenden Partei auf Aufwandersatz vor. Dieser Aufwandersatzanspruch wird - abgesehen vom hier nicht vorliegenden Fall des § 55 Abs. 2 VwGG - durch die Vorschrift des § 55 Abs. 3 VwGG jedoch für den Fall ausgeschlossen, dass die Verzögerung der behördlichen Entscheidung ausschließlich auf das Verschulden der Partei zurückzuführen war, und durch die Norm des § 55 Abs. 4 VwGG auch für den Fall beseitigt, dass die der Säumnisbeschwerde zu Grunde liegende Verwaltungssache mutwillig betrieben wird.

Ob in den vorliegenden Fällen der Tatbestand des § 55 Abs. 4 VwGG erfüllt wäre, weil die Erhebung von Berufungen der Beschwerdeführerin gegen die erstinstanzlichen Bescheide nach der Sach- und Rechtslage als mutwillige Betreibung der Verwaltungssache im Sinne dieser Vorschrift beurteilt werden könnte, bleibe dahingestellt. In der Einschätzung, die Beschwerdeführerin habe den Anspruch auf Aufwandersatz für ihre erfolgreichen Säumnisbeschwerden im Grunde des § 55 Abs. 3 VwGG verwirkt, tritt der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde bei.

Dem Vorbringen der belangten Behörde über die Flut der Erledigungsansprüche geltend machenden Eingaben, mit welcher die Beschwerdeführerin die Abgabenbehörden überschwemmt hat, erwidert die Beschwerdeführerin lediglich mit dem Hinweis darauf, dass ihre Auskunftsanträge ohnehin nicht bearbeitet worden seien. Dass sie im Rahmen der anhängigen Verfahren eine Vielzahl von Erledigungsansprüchen erhoben hat, stellt sie nicht in Abrede. Die Neigung der Beschwerdeführerin zur Geltendmachung von Erledigungsansprüchen ist auch beim Verwaltungsgerichtshof amtsbekannt; finden sich doch aus den letzten drei Jahren für sie 18 Eintragungen im Beschwerderegister und 48 Eintragungen im Register der Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe.

Ob das Sachvorbringen der belangten Behörde zur verzögernden Wirkung einzelner der Beschwerdeführerin zugerechneter Verhaltensweisen im anhängigen Berufungsverfahren in jedem einzelnen Punkt als zutreffend zu erkennen wäre, ist im vorliegenden Fall nicht von entscheidender Bedeutung. Die Vorgangsweise der Beschwerdeführerin, Arbeitskapazität der Abgabenbehörden mit einer Vielzahl von Erledigungsanträgen in einer jede zielgerichtete Sacherledigung erschwerenden Weise zu absorbieren, reicht allein schon dazu aus, den Ausschlusstatbestand des § 55 Abs. 3 VwGG zu verwirklichen.

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuspruch von Aufwandersatz war deshalb gemäß § 55 Abs. 3 VwGG abzuweisen.

Wien, am 24. November 2004

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