VwGH 2004/10/0009

VwGH2004/10/000931.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie den Senatspräsidenten Dr. Novak und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des Sozialhilfeverbandes Gmunden, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger, Dr. Otto Urban, Mag. Andreas Meissner und Mag. Thomas Laherstorfer, Rechtsanwälte in 4810 Gmunden, Franz-Josef-Platz 16, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 7. November 2003, Zl. 13-AHPH-6272/2003, betreffend Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Normen

SHG OÖ 1998 §63;
VE Sozialhilfe Kostenersatz Krnt 1975 Anl Art3 Abs1;
VE Sozialhilfe Kostenersatz Krnt 1975 Anl Art3 Abs2 litb;
VE Sozialhilfe Kostenersatz Krnt 1975 Anl Art6;
VE Sozialhilfe Kostenersatz Krnt 1975 Anl Art7;
VE Sozialhilfe Kostenersatz Krnt 1975 Art1;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Anl Art1;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art3 Abs1;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art3 Abs2 litb;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art6;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art7;
VwGG §42 Abs2 Z1;
SHG OÖ 1998 §63;
VE Sozialhilfe Kostenersatz Krnt 1975 Anl Art3 Abs1;
VE Sozialhilfe Kostenersatz Krnt 1975 Anl Art3 Abs2 litb;
VE Sozialhilfe Kostenersatz Krnt 1975 Anl Art6;
VE Sozialhilfe Kostenersatz Krnt 1975 Anl Art7;
VE Sozialhilfe Kostenersatz Krnt 1975 Art1;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Anl Art1;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art3 Abs1;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art3 Abs2 litb;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art6;
VE Sozialhilfe Kostenersatz OÖ Tir Vlbg 1973 Art7;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 16. Juli 2002 wurde der am 23. November 1919 geborenen Franziska P. gemäß den § 6, 7, 17 und 25 des Oberösterreichischen Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 82/1998, Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes in Form der Übernahme der Restkosten der Unterbringung im Bezirksseniorenheim Bad Ischl gewährt.

Mit Schreiben vom 16. Juli 2002 zeigte die Bezirkshauptmannschaft - Sozialhilfeverband Gmunden (beschwerdeführende Partei) unter Berufung auf Art. 6 der zwischen den Bundesländern Kärnten und Oberösterreich hinsichtlich Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe getroffenen Vereinbarung (in der Folge: Ländervereinbarung) dem Sozialhilfeverband Wolfsberg (Kärnten) die gewährte Hilfeleistung an. Nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens - so heißt es in dem Schreiben weiter - treffe den dortigen Sozialhilfeträger gemäß Art. 3 Abs. 1 und 2 der Ländervereinbarung die Kostentragungspflicht, da Franziska P. bis zu ihrer Unterbringung im Bezirksseniorenheim Bad Ischl am 16. März 1999 in Wolfsberg wohnhaft gewesen sei. Der Heimaufenthalt bis 31. Juli 2002 von Franziska P. im Bezirksseniorenheim Bad Ischl und (davor) im Heim im Neuhaus/Lavamünd habe außer Betracht zu bleiben.

Im Rahmen eines weiteren Schriftverkehrs stellte die Bezirkshauptmannschaft Gmunden u.a. mit Schreiben vom 22. November 2002 einen Antrag auf Entscheidung gemäß Art. 7 der Ländervereinbarung.

Mit dem angefochtenen Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 7. November 2003 wurde der beantragte Ersatz gemäß Art. 7 der Ländervereinbarung "mangels Vorliegens der Voraussetzungen" abgelehnt.

Nach der Begründung habe der beschwerdeführende Sozialhilfeverband mit Schreiben vom 16. Juli 2002 einen Antrag auf Kostenersatz unter Berufung auf Art. 7 der Ländervereinbarung gestellt. Mit einem weiteren Schreiben vom 22. November 2002 sei die Abgabe eines Kostenanerkenntnisses und im Falle der Ablehnung eine Entscheidung nach Art. 7 der Ländervereinbarung beantragt worden. Dieses Schreiben habe im Kopf nur die Bezeichnung "Bezirkshauptmannschaft Gmunden" und die Fertigungsklausel " Für den Bezirkshauptmann" enthalten. Nach dem äußeren Erscheinungsbild sei nirgends zu erkennen gewesen, dass es sich um ein Schreiben des beschwerdeführenden Sozialhilfeverbandes als Sozialhilfeträger handle. Da die im Schreiben vom 22. November 2002 gestellten Anträge der Bezirkshauptmannschaft und nicht dem beschwerdeführenden Sozialhilfeverband als Sozialhilfeträger zuzurechnen seien, sei der Antrag von einer im Sinn des Art. 1 der Ländervereinbarung dazu nicht legitimierten Partei eingebracht worden. Mit Schreiben vom 9. Jänner 2003 und vom 8. Mai 2003 sei von Seiten der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (neuerlich) eine Entscheidung gemäß Art. 7 der Ländervereinbarung beantragt worden.

Franziska P. habe in der Zeit vom 22. Februar 1969 bis 30. März 1999 ihren Hauptwohnsitz in Wolfsberg gehabt. Sie habe sich vom 8. Jänner bis 29. März 1999 im Bezirksaltenheim in Neuhaus befunden, wobei sie die Kosten privat bezahlt habe. Ab 1. Februar 1999 habe sie sich in der Pflegestufe 2 befunden. Seit 16. März 1999 befinde sich Franziska P. im Bezirksseniorenheim Bad Ischl, wobei sie auch in diesem Heim bis 31. Juli 2002 die Kosten selbst bezahlt habe. Laut Information der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten habe Franziska P. ab 1. April 2002 die Pflegestufe 4 bezogen.

Franziska P. habe sich nach Auffassung der belangten Behörde bis 31. März 2002 ausschließlich zu Wohnzwecken im Bezirksseniorenheim Bad Ischl befunden. Ihre Pflegebedürftigkeit sei erst mit 1. April 2002, nämlich mit Bezug der Pflegestufe 4, eingetreten. Aus dem ärztlichen Fragebogen zur Anmeldung um Aufnahme in das genannte Seniorenheim gehe eindeutig hervor, dass Franziska P. dort in erster Linie zu Wohnzwecken untergebracht gewesen sei. Die im Fragebogen enthaltenen Feststellungen hätten nämlich dazu geführt, dass eine Aufnahme in die Pflegestation als nicht erforderlich beurteilt worden sei. Die Zeit, die Franziska P. im Bezirksseniorenheim verbracht habe, könne daher bei der Berechnung der für einen Kostenersatz maßgebenden Fristen nicht außer Betracht bleiben. Da sich Franziska P. während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe ab 1. August 2002 somit nicht in Kärnten, sondern zu Wohnzwecken im Seniorenheim Bad Ischl in Oberösterreich aufgehalten habe, könne dem Antrag nicht stattgegeben werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß dem hier anzuwendenden § 70 des Kärntner Sozialhilfegesetzes 1996, LGBl. Nr. 30, ist mit den Sozialhilfeträgern anderer Bundesländer nach Maßgabe der mit diesen Ländern abgeschlossenen Vereinbarungen (Art. 15a B-VG) in den Angelegenheiten der Sozialhilfe zusammenzuarbeiten sowie Kostenersatz für Leistungen der Sozialhilfe zu gewähren.

Mit Kundmachung des Kärntner Landeshauptmannes vom 6. März 1975, LGBl. Nr. 41, wurde der Beschluss der Kärntner Landesregierung vom 10. Dezember 1974 über den Beitritt des Landes Kärnten zu der in der Anlage wiedergegebenen Vereinbarung (zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg) über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe kundgemacht. Dieser Beitritt wurde mit Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26. Mai 1974, LGBl. Nr. 27, kundgemacht.

Nach Art. 1 dieser Ländervereinbarung sind die Träger der Sozialhilfe eines Vertragslandes verpflichtet, den Trägern eines anderen Vertragslandes die für Sozialhilfe aufgewendeten Kosten nach Maßgabe der angeführten Bestimmungen zu ersetzen.

Gemäß Art. 3 Abs. 1 der Ländervereinbarung ist, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, jener Träger zum Kostenersatz verpflichtet, in dessen Bereich sich der Hilfesuchende während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe mindestens durch fünf Monate aufgehalten hat und der nach den für ihn geltenden landesrechtlichen Vorschriften die Kosten für Leistungen, wie sie dem Kostenanspruch zugrunde liegen, zu tragen hat.

Gemäß Art. 3 Abs. 2 lit. b der Ländervereinbarung hat der Aufenthalt in einer Anstalt oder in einem Heim, das nicht in erster Linie Wohnzwecken dient, bei der Berechnung der Fristen nach Abs. 1 außer Betracht zu bleiben.

Nach Art. 6 der Ländervereinbarung hat der Träger, dem im Sinne des Art. 2 Kosten erwachsen, dem voraussichtlich zum Kostenersatz verpflichteten Träger die Hilfeleistung unverzüglich, längstens aber innerhalb von sechs Monaten nach Beginn der Hilfeleistung anzuzeigen und diesem hiebei alle für die Beurteilung der Kostenersatzpflicht maßgebenden Umstände mitzuteilen. Desgleichen ist jede Änderung dieser Umstände längstens innerhalb von sechs Monaten mitzuteilen.

Gemäß Art. 7 hat über die Verpflichtung zum Kostenersatz im Streitfalle die Landesregierung, in deren Bereich der zum Kostenersatz angesprochene Träger liegt, im Verwaltungsweg zu entscheiden.

Im Beschwerdefall ist zunächst davon auszugehen, dass das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft-Sozialhilfeverband Gmunden vom 16. Juli 2002 - das auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides "dem Sozialhilfeverband Gmunden" zugerechnet wird - eine taugliche Meldung an den voraussichtlich zur Kostentragung verpflichteten Träger der Sozialhilfe im Sinne des Art. 6 der Ländervereinbarung darstellt.

Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid aufgeworfene Frage, ob mit dem (lediglich) namens der Bezirkshauptmannschaft Gmunden erfolgten Schreiben vom 22. November 2002 von einer dazu legitimierten Partei ein Antrag auf Entscheidung gemäß Art. 7 der Ländervereinbarung gestellt worden ist, kann im Beschwerdefall dahinstehen, da ein solcher - zweifelsfrei dem beschwerdeführenden Sozialhilfeverband zurechenbarer - Antrag noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolgt ist (vgl. das in den Verwaltungsakten erliegende, namens des Sozialhilfeverbandes Gmunden erfolgte Schreiben vom 14. Oktober 2003).

Die belangte Behörde ist auch mit ihrer Ansicht nicht im Recht, dass die von Franziska P. im Bezirksseniorenheim Bad Ischl verbrachte Zeit bei der Berechnung der für einen Kostenersatz maßgebenden Fristen nicht außer Betracht zu bleiben habe. Im vorliegenden Zusammenhang kommt es nicht etwa, wie die belangte Behörde meint, auf den Zeitpunkt des Eintrittes der Pflegebedürftigkeit beim Hilfeempfänger an, sondern auf die Eigenschaft der Einrichtung als "Anstalt oder Heim, das nicht in erster Linie Wohnzwecken dient" (vgl. das Erkenntnis vom 21. Mai 2008, Zl. 2005/10/0119). Angesichts der gesetzlichen Zweckbestimmung der nach § 63 des Oberösterreichischen Sozialhilfegesetzes 1998 eingerichteten Heime fällt die hier in Rede stehende Einrichtung unter den in Art. 3 Abs. 2 lit. b der Ländervereinbarung normierten Tatbestand "Anstalt oder Heim, das nicht in erster Linie Wohnzwecken dient". Der Aufenthalt in diesem Heim hat daher gemäß Art. 3 Abs. 2 lit. b der Ländervereinbarung bei der Berechnung der Frist nach Abs. 1 außer Betracht zu bleiben.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 31. März 2009

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