VwGH 2004/09/0216

VwGH2004/09/021619.10.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des Dr. M in Wien, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Amt der NÖ Landesregierung vom 28. Oktober 2004, Zl. LAD1-DIS- 415/13, betreffend Disziplinarstrafe des Verweises, zu Recht erkannt:

Normen

DPL NÖ 1972 §98 Abs1 Z2;
DPL NÖ 1972 §98 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
DPL NÖ 1972 §98 Abs1 Z2;
DPL NÖ 1972 §98 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 180,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof verweist zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf das in gegenständlicher Sache ergangene hg. Erkenntnis vom 27. März 2003, Zl. 2002/09/0061, mit dem der damals angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 24. Jänner 2002 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (Unterlassung der Wiederholung einer vertagten mündlichen Verhandlung) aufgehoben worden war.

Mit dem nunmehr nach Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung erlassenen (Ersatz-)Bescheid erkannte die belangte Behörde den Beschwerdeführer schuldig,

"durch folgende Handlungen und Unterlassungen Dienstpflichten verletzt zu haben:

1. Er hat es unterlassen, trotz Aufforderung vom 6. Oktober 1998, LAD1-KA-23/23, ein an Frau H gerichtetes Schreiben vom 13. Juli 1998 samt zwei Vermerken als Originalaktenteil bis spätestens 20. Oktober 1998 der Landesamtsdirektion/Kanzleiaufsicht zurückzugeben oder über dessen Verbleib eine Stellungnahme abzugeben.

2. Er hat es bis zur Auflösung der Abteilung Rechtsbüro am 15. September 1998 als Abteilungsleiter unterlassen, dafür zu sorgen, dass entsprechend der Dienstanweisung 'Führungsrichtlinien', 01-01/00-2700, jährlich ein Arbeitsverteilungsplan samt Organigramm der Abteilung Rechtsbüro der Landesamtsdirektion vorgelegt wird, obwohl er auf diesen Umstand mit Schreiben vom 5. März 1997, LAD1-VI-150/004-97, ausdrücklich hingewiesen und um ehestmögliche Vorlage ersucht wurde."

Er habe durch diese Handlungen bzw. Unterlassungen gegen die Allgemeinen Dienstpflichten (§ 26 Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972 (DPL 1972), LGBl. 2200) und die Dienstpflicht des Dienstgehorsames (§ 27 DPL 1972) sowie den ihm im Ruhestand obliegenden Verpflichtungen (§ 114v DPL 1972) gröblich verstoßen.

Gemäß § 114o Abs. 2 iVm § 114w DPL 1972 wurde ein Verweis erteilt.

Von den weiteren, im erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis enthaltenen Vorwürfen wurde der Beschwerdeführer freigesprochen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Beschwerdeführer erstattete eine Replik zur Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt unter Hinweis auf § 98 Abs. 2 DPL 1972 vor, es liege Strafbarkeitsverjährung vor.

Gemäß § 98 Abs. 2 DPL 1972 darf drei Jahre nach der an den beschuldigten Beamten erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden.

Der Lauf dieser Frist wird gemäß § 98 Abs. 3 Z. 1 DPL 1972 ua. für die Dauer eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof gehemmt.

Der Einleitungsbeschluss vom 3. Februar 1999 war dem Beschwerdeführer am 15. Februar 1999 zugestellt worden (gegen den Einleitungsbeschluss wurde kein Rechtsmittel erhoben). Der eingangs erwähnte Bescheid der belangten Behörde vom 24. Jänner 2002 wurde dem Beschwerdeführer am 1. Februar 2002 zugestellt, also noch innerhalb der Frist des § 98 Abs. 2 DPL 1972 erlassen. Er wurde vom Beschwerdeführer durch Beschwerde angefochten, welche am 15. März 2002 beim Verwaltungsgerichtshof einlangte.

Wie oben ausgeführt, wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 24. Jänner 2002 durch das hg. Erkenntnis vom 27. März 2003, Zl. 2002/09/0061, aufgehoben. Bei Erlassung des nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheides hatte die belangte Behörde die Frage der Verjährung gemäß § 98 Abs. 2 DPL 1972 neuerlich zu beurteilen. Dabei hätte sie zum Ergebnis gelangen müssen, dass die Frist gemäß § 98 Abs. 2 DPL 1972 bereits am 15. Februar 2002 abgelaufen war, sodass die Hemmung durch das folgende Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof hier nicht mehr zum Tragen kam.

Die belangte Behörde begründet die neuerliche Verhängung einer Disziplinarstrafe durch den gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 28. Oktober 2004 damit, dass bei Dauerdelikten die Bestimmungen über die Strafbarkeitsverjährung keine Anwendung fänden und andernfalls im Ergebnis der rechtmäßige Zustand nicht hergestellt werden könnte.

Diese Ansicht der belangten Behörde findet im Gesetz keine Deckung. Anders als § 98 Abs. 1 Z. 2 DPL 1972, der auf die Beendigung der Dienstpflichtverletzung abstellt, knüpft § 98 Abs. 2 DPL 1972 an die Zustellung des Einleitungsbeschlusses an, somit an ein vom strafbaren Verhalten losgelöstes Ereignis. Die Art des Deliktes spielt nach dem diesbezüglich eindeutigen Gesetzeswortlaut bei der Strafbarkeitsverjährung daher - anders als bei der Verfolgungsverjährung - keine Rolle. Bei Dauerdelikten, die über die Zustellung des Einleitungsbeschlusses hinaus noch immer andauern, steht der Einleitung eines neuen Disziplinarverfahrens im Rahmen der Verfolgungsverjährungsfrist des § 98 Abs. 1 Z. 2 DPL 1972 kein rechtliches Hindernis im Wege. Damit geht das Argument der belangten Behörde, "andernfalls" könne "im Ergebnis der rechtmäßige Zustand nicht hergestellt werden", ins Leere.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 19. Oktober 2005

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