VwGH 2004/04/0040

VwGH2004/04/00406.4.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Kosch & Partner Rechtsanwälte in 2700 Wiener Neustadt, Hauptplatz 31, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 19. Jänner 2004, Zl. Senat-AB-03-0112, betreffend Nachprüfungsverfahren nach dem NÖ Vergabegesetz (mitbeteiligte Partei: V, GmbH in S, vertreten durch Dr. Karlheinz Klema, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 8/2), zu Recht erkannt:

Normen

BVergG 1997 §52 Abs1 Z3;
LVergG NÖ 1995 §15 Abs2;
LVergG NÖ 1995 §17 Abs4;
ÖNORM A 2050 Pkt3.2.5 Abs5;
ÖNORM A 2050 Pkt4.3.4.4;
BVergG 1997 §52 Abs1 Z3;
LVergG NÖ 1995 §15 Abs2;
LVergG NÖ 1995 §17 Abs4;
ÖNORM A 2050 Pkt3.2.5 Abs5;
ÖNORM A 2050 Pkt4.3.4.4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 19. Jänner 2004 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, festzustellen, dass im Vergabeverfahren "Platten- und Mosaiklegearbeiten" Im Zuge der Sanierung und Adaptierung zweier näher bezeichneter Gebäude (Veröffentlichung im EU-Amtsblatt am 24. Jänner 2003) die Ausscheidung seines Angebotes und die Zuschlagserteilung an W. rechtswidrig gewesen seien, abgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe ein Angebot gelegt, bei dem die Position

"24.901 BZ! Regiestunde Hilfsarbeiter" mit einem Preis von "EUR 0,00" ausgewiesen sei. Bei dieser Position habe es sich um eine Hauptposition gehandelt. Ein Hinweis oder eine Erläuterung zu dieser Preisangabe finde sich weder im Angebot noch in einem Begleitschreiben. Die mitbeteiligte Partei habe dem Beschwerdeführer in der Folge den Inhalt des Punktes 7.5.1.9 der Ö-NORM A 2050 mitgeteilt und das Angebot des Beschwerdeführers ausgeschieden. Der Zuschlag sei an W. gegangen. Nach Auffassung der Nachprüfungsbehörde hätte die mitbeteiligte Partei im Rahmen der Angebotsprüfung vom Beschwerdeführer zwar jedenfalls Aufklärung verlangen müssen, zumal nicht nur ein ungewöhnlich niedriger Preis im Sinne des § 93 Abs. 2 BVergG, sondern überhaupt "EUR 0,00" angesetzt worden sei. Durch diese Unterlassung habe die mitbeteiligte Partei gegen vergaberechtliche Bestimmungen verstoßen. Betreffend den wesentlichen Einfluss dieser Unterlassung für den Ausgang des Vergabeverfahrens sei allerdings festzustellen, dass sich der Beschwerdeführer im Nachprüfungsverfahren dahin geäußert habe, er beschäftige keine Hilfsarbeiter und habe daher die erwähnte Position mit EUR 0,00 bewertet. Wäre die betreffende Leistung abverlangt worden, hätte er sie mit unternehmenseigenen Mitarbeitern ("vom Lehrling über Facharbeiter bis zur Person des Beschwerdeführers selbst") erbracht, ohne zusätzliches Personal aufzunehmen und ohne Subunternehmer zu beschäftigen. Auch für den Fall, dass der Auftraggeber zusätzliche Hilfsarbeiterstunden (über die in der Ausschreibung geforderten 100 hinaus) in Form eines Zusatzauftrages verlangt hätte, wären diese kostenlos erbracht worden. Eine derartige Vorgangsweise sei allerdings unzweifelhaft als spekulative Preisgestaltung zu beurteilen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Angebotslegung keine Hilfsarbeiter beschäftige, könne bei seriöser Angebotserstellung doch nicht dazu führen, dass er diese Leistungen kostenlos erbringe, zumal dafür jedenfalls Personalkosten anfielen. Die Nichtberücksichtigung dieser Kosten sei nicht schlüssig erklärt worden. Eine solche Vorgangsweise widerspreche dem lauteren Wettbewerb, zumal auch das Ausmaß der zu erbringenden Hilfsarbeiterstunden nach oben unbegrenzt sei. Die mitbeteiligte Partei habe das Angebot des Beschwerdeführers daher zu Recht ausgeschieden. Im Ergebnis bedeute das aber, dass die von der mitbeteiligten Partei unterlassene Aufforderung zur Aufklärung für den Ausgang des Vergabeverfahrens nicht von wesentlichem Einfluss sei. Der Nachprüfungsantrag des Beschwerdeführers sei daher abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig zurück- bzw. als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Feststellung der Rechtswidrigkeit sowohl des Ausscheidens seines Angebotes also auch der Zuschlagserteilung an W. verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, es sei zwar zutreffend, dass der Auftraggeber zu überprüfen habe, ob in der Kalkulation des Bieters der angebotene Preis plausibel sei, wenn eine Teilleistung zum Preis von EUR 0,00 angeboten werde. Entscheidend sei jedoch die Kalkulation aus der Sicht des Bieters; der Auftraggeber müsse daher den Bieter um Aufklärung ersuchen. Erst wenn er keine befriedigende Information erhalte, sei das Angebot des Bieters auszuscheiden. Den Auftraggeber treffe gemäß § 98 Abs. 2 BVergG eine spezifische Nachforschungspflicht. Der Ausschluss eines Angebotes mit einem ungewöhnlich niedrigen Preis ohne nähere Prüfung sei rechtswidrig. Da dem Beschwerdeführer vor Ausscheidung seines Angebots keine Gelegenheit zur Aufklärung geboten worden sei, sei die Ausscheidung rechtswidrig erfolgt. Die Auffassung der belangten Behörde, diese Rechtswidrigkeit sei ohne Einfluss für den Ausgang des Vergabeverfahrens geblieben, sei unzutreffend. Zunächst sei festzuhalten, dass die Ausscheidungsgründe vor Erlassung der Ausscheidungsentscheidung vorliegen müssten; Umstände, die dem öffentlichen Auftraggeber gar nicht bekannt sein konnten, seien daher unbeachtlich. Die von der belangten Behörde ex post vorgenommene Betrachtung mit der Konsequenz des fehlenden Einflusses der Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens auf deren Ergebnis sei daher unzulässig. Weiters treffe die von der belangten Behörde behauptete spekulative Preisgestaltung nicht zu. Der Beschwerdeführer habe die erwähnte Position mit EUR 0,00 bewertet, weil er keine Hilfsarbeiter beschäftige. Bei dieser Position handle es sich um Regieleistungen, die nur ausgeführt würden, wenn sie vom Auftraggeber im Einzelfall angeordnet würden. Da der Beschwerdeführer keinerlei Hilfsarbeiter beschäftige, habe diese Position nur mit EUR 0,00 bewertet werden können. Diese Kalkulation sei aus der Sicht des Bieters zutreffend und plausibel. Der Beschwerdeführer habe auch keine Veranlassung gehabt, sein Angebot (von sich aus) zu erläutern, weil die Angabe "EUR 0,00" unstrittig eine Preisauszeichnung darstelle und daher nicht gesagt werden könne, es sei für die erwähnte Position kein Preis ausgeworfen worden. Hätte die mitbeteiligte Partei ihrer Nachforschungspflicht entsprochen, hätte aufgeklärt werden können, dass im Auftragsfall anfallende Regie-Hilfsarbeiterstunden stets (also auch über 100 Stunden hinaus) mit "0" zu bewerten seien; diesbezüglich habe allerdings schon nach den allgemeinen Angebots- und Vertragsbedingungen keine Unklarheit bestanden. Bei Nichtausscheiden seines Angebots wäre der Beschwerdeführer Bestbieter gewesen. Bei korrekter Angebotsprüfung hätte daher dem Beschwerdeführer der Zuschlag erteilt werden müssen.

Gemäß § 21 Abs. 3 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz sind vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (am 1. März 2003) bereits eingeleitete Vergabeverfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen.

Gemäß § 27 Abs. 1 des - im vorliegenden Fall somit anzuwendenden - NÖ Vergabegesetzes hat der unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge des Vergabeverfahrens ergangene Entscheidung eines Auftraggebers mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn sie

1. im Widerspruch zu den Bestimmungen dieses Gesetzes oder der hiezu erlassenen Verordnungen steht und

2. für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

Nach Zuschlagserteilung hat der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 27 Abs. 3 NÖ Vergabegesetz unter den Voraussetzungen des Abs. 1 bloß festzustellen, ob der behauptete Rechtsverstoß vorliegt oder nicht.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 3 des gemäß § 17 NÖ Vergabegesetz sinngemäß anzuwendenden Bundesvergabegesetzes 1997 hat die vergebende Stelle auf Grund des Ergebnisses der Prüfung Angebote, die eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises aufweisen, vor der Wahl des Angebotes für den Zuschlag unverzüglich auszuscheiden.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die Entscheidung der mitbeteiligten Partei, das Angebot des Beschwerdeführers auszuscheiden, sei zwar in gesetzwidriger Art und Weise erfolgt, weil vom Beschwerdeführer zuvor keine Aufklärung über sein Angebot, die erwähnte Teilleistung zum Preis von EUR 0,00 zu erbringen, verlangt worden sei, diese Rechtswidrigkeit habe für den Ausgang des Vergabeverfahrens aber keinen Einfluss gehabt, weil die vom Beschwerdeführer - im Nachprüfungsverfahren - zur Erläuterung seines Angebotes abgegebenen Erklärungen nicht nachvollziehbar seien und das Angebot daher mangels plausibler Zusammensetzung des Gesamtpreises zu Recht ausgeschieden worden sei.

Der Beschwerdeführer teilt die Auffassung der belangten Behörde, sein Angebot hätte nicht ohne nähere Prüfung der Zusammensetzung des Gesamtpreises auf Plausibilität, und zwar in Ansehung der angebotenen Regie-Hilfsarbeiterstunden zum Preis von EUR 0,00 ausgeschieden werden dürfen.

Der Beschwerdeführer hat die in der Ausschreibung verlangten Hilfsarbeiter-Regiestunden (einzeln und gesamt) um EUR 0,00 angeboten. Er hat solcherart eine Preisfestsetzung nicht offen gelassen, sondern erklärt (die) Hilfsarbeiter-Regiestunden kostenlos zu erbringen. Es liegt daher nicht der Fall des gemäß § 15 Abs. 2 NÖ Vergabegesetz anzuwendenden Punktes 3.2.5 Abs. 5 der Ö-NORM A 2050 vor, in dem für eine Position kein Preis ausgeworfen wird; diesfalls müsste bereits das Angebot eine entsprechende Erläuterung enthalten. Wohl aber gab die Vorgangsweise des Beschwerdeführers - wie die belangte Behörde zu Recht betont - Anlass, Aufklärung über die Angemessenheit der Preise im Sinne des gemäß § 17 Abs. 4 NÖ Vergabegesetz anzuwendenden Punktes 4.3.4.4 der Ö-NORM A 2050 zu verlangen.

Die mitbeteiligte Partei hat dem gegenüber das Angebot des Beschwerdeführers ausgeschieden, ohne zuvor Aufklärung zu verlangen. Der Beschwerdeführer hat jedoch im Nachhinein (sowohl im Nachprüfungsverfahren als auch in der vorliegenden Beschwerde) seine Kalkulation erläutert: Es habe sich bei der erwähnten Position um Regieleistungen gehandelt, die nur dann ausgeführt werden müssten, wenn sie vom Auftraggeber im Einzelfall angeordnet würden. Der Beschwerdeführer beschäftige keinerlei Hilfsarbeiter, es habe "die Position daher nur mit EUR 0,00 bewertet werden können".

Diese Darlegungen bestätigen zum einen die Auffassung der belangten Behörde, die Preisgestaltung im Angebot des Beschwerdeführers sei spekulativ, zum andern sind die Ausführungen, die erwähnten Hilfsarbeiter-Regiestunden könnten nur kostenlos angeboten werden, weil der Beschwerdeführer keinerlei Hilfsarbeiter beschäftige, nicht nachvollziehbar, weil der Umstand, dass Hilfsarbeiter nicht beschäftigt würden, nichts über die Kosten der dennoch zu erbringenden Hilfsarbeiterleistungen besagt. Diese Begründung ist daher ungeeignet, die Zusammensetzung des Gesamtpreises plausibel erscheinen zu lassen. Die Auffassung, es sei der Ausscheidungstatbestand des § 52 Abs. 1 Z. 3 Bundesvergabegesetz 1997 erfüllt, ist daher nicht als rechtswidrig zu beanstanden. In Kenntnis der vom Beschwerdeführer gebotenen Aufklärung hätte die mitbeteiligte Partei zu keinem anderen Ergebnis gelangen können. Das unterbliebene Aufklärungsbegehren hatte daher keinen Einfluss auf den Ausgang des Vergabeverfahrens; daran ändert auch der Umstand, dass die Aufklärung seiner Preisgestaltung vom Beschwerdeführer erst im Nachhinein geboten wurde, nichts.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 6. April 2005

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