VwGH 2004/01/0451

VwGH2004/01/045130.8.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber sowie die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde der Bundesministerin für Inneres gegen den am 9. August 2004 mündlich verkündeten und am 19. August 2004 schriftlich ausgefertigten Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien, Zl. UVS- 02/11/6646/2003/45, betreffend Anordnung gemäß § 41 Abs. 3 Bankwesengesetz (mitbeteiligte Partei: KL in H, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Johannesgasse 16), zu Recht erkannt:

Normen

BWG 1993 §40 Abs1 Z3;
BWG 1993 §41 Abs1;
BWG 1993 §41 Abs3;
StGB §165 idF 2002/I/134;
BWG 1993 §40 Abs1 Z3;
BWG 1993 §41 Abs1;
BWG 1993 §41 Abs3;
StGB §165 idF 2002/I/134;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Per Fax vom 28. Juli 2003 teilte die X-Bank dem Bundeskriminalamt mit, dass bezüglich der Mitbeteiligten der begründete Verdacht auf Geldwäscherei bestehe. Dazu wurde ausgeführt, dass auf einem Konto der Mitbeteiligten EUR 500.000,-- aus dem Ausland eingegangen seien, welcher Betrag vorgeblich aus dem Verkauf eines Bildes des Malers El Lissitzky (Proun G-7) stammen solle; der Verkauf sei zwar mit Unterlagen belegt worden, das Bild befinde sich jedoch tatsächlich im Besitz der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen; die Angaben der Mitbeteiligten könnten daher widerlegt werden, sollte es nicht ein zweites Werk des Malers mit derselben Bezeichnung "Proun G-7" geben, was von Kunstexperten mit höchster Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werde; der angebliche Kunsthandel scheine lediglich der Verschleierung des tatsächlichen Zahlungsgrundes für den Eingang des als Kaufpreis überwiesenen Betrages von EUR 500.000,-- zu dienen.

Im Einzelnen werden "die auffälligen Umstände" wie folgt dargestellt:

"(Mitbeteiligte) gibt zum Grundgeschäft an, ein Bild des Malers El Lissitzky mit dem Titel 'Proun G-7' und den Maßen 54,5 x 80,5 cm an die Art Focus AG ... Zürich, verkauft zu haben. Sie unterlegt diese Angaben mit einem Kaufvertrag, datiert mit 25.06.2003, unterfertigt von (Mitbeteiligte) und S. O.. Beigefügt sind zusätzlich eine entsprechende Rechnung in der festgehalten ist, dass das Bild aus der Sammlung Weinstein, St. Petersburg, im Jahr 1970 durch die Familie von (Mitbeteiligte) erworben worden sein soll. Es sind auch entsprechende Echtheitszertifikate und Prüfberichte, welche die Echtheit des Bildes bestätigen, den Unterlagen beigefügt. Zusätzlich erhielten wir von der Kundin eine Unbedenklichkeitserklärung des Bundesdenkmalamtes zur Ausfuhr des Bildes aus Österreich und eine Versicherungsbestätigung (Beilagen A).

Zusätzlich gab (Mitbeteiligte) an, dass das Bild durch ihre Mutter erworben worden sein soll, einen Kaufvertrag dazu gibt es nicht und eine Schenkung an (Mitbeteiligte) bzw. eine eidesstattliche Erklärung des ursprünglichen Kauf-Vorganges soll derzeit bei einem österr. Notar oder Rechtsanwalt abgegeben werden.

In Überprüfung der Angaben der Kundin konnten wir Folgendes feststellen:

Über die gegen diesen Bescheid erhobene, auf § 91 Abs. 1 Z 1 SPG gestützte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde und seitens der Mitbeteiligten erwogen:

1. Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vorbringt, der beschwerdeführenden Bundesministerin ermangle es an der Beschwerdelegitimation, genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die zu dieser Frage Stellung nehmenden - und eine Beschwerdelegitimation bejahenden - Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 11. Juni 2002, Zl. 99/01/0437, zu verweisen. Auch der Verspätungseinwand ist nicht berechtigt, beginnt die Frist zur Erhebung der Amtsbeschwerde nach § 91 SPG doch mit Zustellung der Entscheidung an die Behörde (hier: die Beschwerdeführerin), die gegenständlich am 2. September 2004 erfolgte. Die am 8. Oktober 2004 beim Verwaltungsgerichtshof überreichte Beschwerde ist somit rechtzeitig, weshalb die von der belangten Behörde beantragte Zurückweisung der erhobenen Beschwerde insgesamt nicht in Betracht kommt.

2. In der Sache selbst ist von § 41 BWG auszugehen. Diese Bestimmung lautet (in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 35/2003) auszugsweise wie folgt:

"§ 41. (1) Ergibt sich der begründete Verdacht,

1. dass eine bereits erfolgte, eine laufende oder eine

bevorstehende Transaktion der Geldwäscherei dient, oder

2. dass der Kunde der Verpflichtung zur Offenlegung

von Treuhandbeziehungen gemäß § 40 Abs. 2 zuwidergehandelt hat, oder

3. dass der Kunde einer terroristischen Vereinigung

gemäß § 278b StGB angehört oder dass die Transaktion der Terrorismusfinanzierung gemäß § 278d StGB dient,

so haben die Kredit- und Finanzinstitute die Behörde (§ 6 SPG) hievon unverzüglich in Kenntnis zu setzen und bis zur Klärung des Sachverhalts jede weitere Abwicklung der Transaktion zu unterlassen, es sei denn, dass die Gefahr besteht, dass die Verzögerung der Transaktion die Ermittlung des Sachverhalts erschwert oder verhindert. Im Zweifel dürfen Aufträge über Geldeingänge durchgeführt werden und sind Aufträge über Geldausgänge zu unterlassen. Die Kredit- und Finanzinstitute sind berechtigt, von der Behörde zu verlangen, dass diese entscheidet, ob gegen die unverzügliche Abwicklung einer Transaktion Bedenken bestehen; äußert sich die Behörde (§ 6 SPG) bis zum Ende des folgenden Bankarbeitstages nicht, so darf die Transaktion unverzüglich abgewickelt werden.

...

(3) Die Behörde (Abs. 1) ist ermächtigt anzuordnen, dass eine laufende oder bevorstehende Transaktion, bei der der begründete Verdacht besteht, dass sie der Geldwäscherei dient, unterbleibt oder vorläufig aufgeschoben wird und dass Aufträge des Kunden über Geldausgänge nur mit Zustimmung der Behörde durchgeführt werden dürfen. Die Behörde hat den Kunden und die Staatsanwaltschaft ohne unnötigen Aufschub von der Anordnung zu verständigen. Die Verständigung des Kunden hat den Hinweis zu enthalten, dass er oder ein sonst Betroffener berechtigt sei, Beschwerde wegen Verletzung seiner Rechte an den unabhängigen Verwaltungssenat zu erheben; hiebei hat sie auch auf die in § 67c AVG enthaltenen Bestimmungen für solche Beschwerden hinzuweisen.

(3a) Die Behörde hat die Anordnung nach Abs. 3 aufzuheben,

sobald die Voraussetzungen für die Erlassung weggefallen sind oder

die Staatsanwaltschaft erklärt, dass die Voraussetzungen für die

Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 144a StPO nicht

bestehen. Die Anordnung tritt im Übrigen außer Kraft,

1. wenn seit ihrer Erlassung sechs Monate vergangen sind;

2. sobald das Gericht über einen Antrag auf Erlassung

einer einstweiligen Verfügung nach § 144a StPO rechtskräftig entschieden hat.

..."

Was unter "Geldwäscherei" im Sinn der eben zitierten Absätze 1 und 3 des § 41 BWG zu verstehen ist, ergibt sich aus § 40 Abs. 1 Z 3 BWG, wonach die Kredit- und Finanzinstitute die Identität eines Kunden (ua.) festzuhalten haben, wenn der begründete Verdacht besteht, dass der Kunde objektiv an Transaktionen mitwirkt, die der Geldwäscherei (§ 165 StGB - unter Einbeziehung von Vermögensbestandteilen, die aus einer strafbaren Handlung des Täters selbst herrühren) dienen. Der demnach - unter Ausdehnung des Tatbildes - maßgebliche § 165 StGB (in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 134/2002) hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

"Geldwäscherei

§ 165. (1) Wer Vermögensbestandteile, die aus einem Verbrechen, einem Vergehen nach den §§ 223, 224, 225, 229, 230, 269, 278, 278d, 288, 289, 293, 295 oder 304 bis 308 oder einem in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Finanzvergehen des Schmuggels oder der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben eines anderen herrühren, verbirgt oder ihre Herkunft verschleiert, insbesondere, indem er im Rechtsverkehr über den Ursprung oder die wahre Beschaffenheit dieser Vermögensbestandteile, das Eigentum oder sonstige Rechte an ihnen, die Verfügungsbefugnis über sie, ihre Übertragung oder darüber, wo sie sich befinden, falsche Angaben macht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer wissentlich solche Vermögensbestandteile an sich bringt, verwahrt, anlegt, verwaltet, umwandelt, verwertet oder einem Dritten überträgt.

...

(4) Ein Vermögensbestandteil rührt aus einer strafbaren Handlung her, wenn ihn der Täter der strafbaren Handlung durch die Tat erlangt oder für ihre Begehung empfangen hat oder wenn sich in ihm der Wert des ursprünglich erlangten oder empfangenen Vermögenswertes verkörpert.

..."

Ausgehend von der dargestellten Normenlage wäre eine Anordnung gemäß § 41 Abs. 3 BWG etwa schon dann gerechtfertigt, wenn der begründete Verdacht besteht, der Täter eines Verbrechens wolle einen daraus erlangten Vermögensbestandteil zum Erwerb eines anderen Vermögenswertes verwenden. Bezüglich des "begründeten Verdachtes" ist abermals auf das schon genannte hg. Erkenntnis vom 11. Juni 2002 zu verweisen. Demnach setzt ein solcher Verdacht eine über die bloße Möglichkeit hinausgehende qualifizierte Wahrscheinlichkeit, die durch objektive Umstände nahe gelegt und durch entsprechende Beweisergebnisse untermauert sein muss, voraus, dass die in Frage stehende Transaktion der Geldwäscherei dient. Bei der hier zu beurteilenden nachprüfenden Kontrolle kommt es darauf an, ob auf Basis der bei Erteilung der Anordnung der Behörde zur Verfügung gestandenen bzw. ihr bekannten Informationen die Annahme, es lägen - aus ihrer Sicht - ausreichende Anhaltspunkte für einen begründeten Verdacht vor (ex-ante Betrachtung), gerechtfertigt erscheint.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde nicht schlüssig dargelegt, warum der "begründete Verdacht" im eben dargestellten Sinn nicht vorgelegen haben soll. Vor allem fehlt es an präzisen Feststellungen darüber, über welchen Kenntnisstand die beschwerdeführende Partei bei Erlassung der gegenständlichen Anordnung nach § 41 Abs. 3 BWG verfügte. Dass die Mitbeteiligte - wie von der belangten Behörde in den Vordergrund gestellt - Unterlagen beibrachte und um einen ordnungsgemäßen Ablauf der beabsichtigten Transaktion bemüht war, ist demgegenüber für sich betrachtet nur von untergeordneter Bedeutung; wesentlich ist die Aussagekraft der beigebrachten Unterlagen und ihr Verhältnis zu sonstigen Entscheidungsgrundlagen der Beschwerdeführerin. Diesbezüglich kann im Übrigen nicht erkannt werden, warum die von der X-Bank an die Beschwerdeführerin herangetragenen Verdachtsmomente nicht nachvollziehbar sein sollen. Schwerpunkt dieser "Verdachtsmomente" ist der Umstand, dass sich das von der Mitbeteiligten ihren Behauptungen zufolge verkaufte Bild von El Lissitzky gemäß Auskunft einer amtlich genannten Expertin in Düsseldorf befinde und dass diese Expertin mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschloss, dass es ein zweites Werk von El Lissitzky mit dem Titel Proun G-7 gäbe. Dass diese - im Übrigen nach der Aktenlage seitens der erwähnten Expertin gegenüber Mitarbeitern der Beschwerdeführerin bestätigten - Angaben berechtigte Zweifel an der Erklärung der Mitbeteiligten erwecken mussten, sie habe das Bild Proun G-7 verkauft und dafür die ihrem Konto gutgebuchten EUR 500.000,-- erhalten, erscheint dem Verwaltungsgerichtshof durchaus plausibel. Nicht maßgeblich ist dagegen, dass der zuständige Sachbearbeiter der X-Bank gegenüber der belangten Behörde nicht namhaft gemacht wurde. Schließlich ist aber auch das Argument, die Beschwerdeführerin habe sich vorwiegend auf die ihr zur Verfügung gestellten Bankunterlagen gestützt, ohne Auseinandersetzung mit den eingangs dargestellten, aus dem Inhalt der Verwaltungsakten hervorleuchtenden Ermittlungsschritten der Beschwerdeführerin (wesentlich wären in diesem Zusammenhang insbesondere die Erkenntnisse bezüglich des Bildes von Kandinsky bzw. bezüglich des präsumtiven Verkäufers dieses Bildes) - insbesondere auch hinsichtlich ihres zeitlichen Verhältnisses zur Erlassung der gegenständlichen vorläufigen Anordnung - nicht stichhältig.

Nach dem Gesagten ist der bekämpfte Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Wien, am 30. August 2005

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