VwGH 2004/01/0313

VwGH2004/01/03139.5.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Pelant, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des H A in S, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 25. Mai 2004, Zl. 0/912-16809/7-2004, betreffend Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 25. Mai 2004 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 und 5 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen.

Begründend stellte die belangte Behörde zunächst fest, der Beschwerdeführer sei seit 26. Februar 1990 in Österreich mit ununterbrochenem Hauptwohnsitz gemeldet. Von 1990 bis 2003 sei der Beschwerdeführer nahezu jedes Jahr zwischen einem und drei Monaten in Österreich nicht sozialversichert gewesen, so zuletzt vom 17. Dezember 2003 bis 16. Februar 2004. Bei seiner Unterkunft in Österreich handle es sich um ein möbliertes Zimmer mit Etagenküche sowie Dusche und WC-Benützung. In den Zeiträumen, in denen er durch seinen Arbeitgeber abgemeldet gewesen sei und nicht gearbeitet habe, habe sich der Beschwerdeführer zu Hause im Kosovo bei seiner Frau und seinen drei Kindern aufgehalten. Nach seinen Angaben sei der Beschwerdeführer jedes Jahr bei seiner Familie im Kosovo gewesen, wenn er in Österreich nicht gearbeitet habe. In diesen Zeiten habe er kein Arbeitslosengeld bezogen, da er sonst in Österreich hätte bleiben müssen. Seine Ehegattin habe noch nie in Österreich gelebt, sie sei auch nicht berufstätig.

Sodann führte die belangte Behörde aus, die Judikatur stelle bei der Frage des Hauptwohnsitzes vorwiegend auf den "animus domiciliandi" ab. Danach gehe ein Wohnsitz im Inland durch die Niederlassung im Ausland dann verloren, wenn der Wille darauf gerichtet sei, nunmehr im Ausland den Wohnsitz zu begründen. Da der Beschwerdeführer im Kosovo seine Frau und seine Kinder habe, er vom Kosovo als von seinem "Zuhause" spreche und er in den Zeiten, in denen er nicht sozialversichert gewesen sei, nicht zum Arbeitsamt gegangen sei, da er sonst in Österreich hätte bleiben müssen, gehe die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer den "animus domiciliandi" im Kosovo habe. Das Familienleben des Beschwerdeführers finde ausschließlich im Kosovo statt, da er seit 1971 verheiratet sei und seine im Kosovo lebende Frau noch nie in Österreich gelebt habe. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in den Zeiten, in denen er nicht in Österreich gearbeitet habe, bei seiner Familie im Kosovo lebe und dort seinen familiären Lebensmittelpunkt gehabt habe. Nur während der Dauer seiner Arbeitsverhältnisse habe der Antragsteller in Österreich "Unterkunft genommen" und sei nach Beendigung der Arbeitsverhältnisse zur Familie in den Kosovo gefahren. Es habe somit keine Wohnsitznahme im Inland vorgelegen. Der Wille des Beschwerdeführers sei offensichtlich nicht darauf gerichtet gewesen, seinen ständigen Wohnsitz in Österreich zu haben, da er jahrelang und regelmäßig in den Kosovo zurückgekehrt sei, um dort mit seiner Frau und drei seiner Kinder jeweils mehrere Monate zu leben. Seine Frau sei noch nie in Österreich gewesen. Auch die sehr einfachen Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers deuteten daraufhin, dass er in Österreich nicht nachhaltig persönlich integriert sei, obwohl er seit 1972 mit Unterbrechungen in Österreich berufstätig gewesen sei. Daher sei weder der Wille, sich ununterbrochen in Österreich aufzuhalten, noch der faktische Aufenthalt in Österreich gegeben. Der Beschwerdeführer habe daher die Voraussetzung des ununterbrochenen zehnjährigen Hauptwohnsitzes in Österreich nicht erfüllt, sodass die zwingende Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 StbG zu verneinen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der vorliegende Fall betrifft die im hg. Erkenntnis vom 21. März 2006, Zl. 2004/01/0266, behandelte Frage der Auswirkung saisonal bedingter Abwesenheiten auf die Erfüllung der Verleihungsvoraussetzung eines ununterbrochenen Hauptwohnsitzes in Österreich. Hinsichtlich der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Gesichtspunkte kann gemäß § 43 abs. 2 VwGG auf das genannte Erkenntnis verwiesen werden.

Wie im dortigen Beschwerdefall hat die belangte Behörde auch im vorliegenden Fall die "Wohnsitznahme im Inland" generell (also selbst für jene Zeiten, zu denen sich der Beschwerdeführer in Österreich aufgehalten hat) verneint, weil dessen Wille "offensichtlich nicht darauf gerichtet" gewesen sei, seinen ständigen Wohnsitz in Österreich zu haben, da er jahrelang und regelmäßig in den Kosovo zurückgekehrt sei, um dort mit seiner Frau und seinen Kindern jeweils mehrere Monate zu leben. Eine solche Sichtweise lässt jedoch die Lebensgestaltung des Beschwerdeführers in Österreich unberücksichtigt (vgl. hiezu die Erwägungen im zuvor zitierten Erkenntnis vom 21. März 2006, welche sich auch auf den vorliegenden Fall übertragen lassen).

Entscheidend ist allerdings, ob der Beschwerdeführer durch die mehrmonatigen Auslandsaufenthalte bei seiner Familie seinen Lebensmittelpunkt und damit den ununterbrochenen Hauptwohnsitz in Österreich aufgegeben hat.

Die von der belangten Behörde hiezu angestellten Erwägungen reichen nicht aus, diese Rechtsfrage abschließend zu beantworten. Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer - der im Verwaltungsakt aufliegenden Bestätigung der Vermieter zufolge (vgl. OZ 19) - seine Unterkunft auch während seines Aufenthaltes im Kosovo weiter aufrecht erhalten hat, konnte die Behörde nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass er in subjektiver Hinsicht die Absicht gehabt habe, den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in den Kosovo zu verlagern und dass in objektiver Hinsicht alleine der Wegfall des faktischen Aufenthaltes in Österreich zur Unterbrechung der erforderlichen Wohnsitzfrist des § 10 Abs. 1 Z 1 StbG geführt hat. Darüber hinaus hat die belangte Behörde nicht geprüft, ob und welche Beziehungen der Beschwerdeführer während seiner Auslandaufenthalte zum Inland aufrecht erhalten hat und ob diese bei einer Gesamtbetrachtung seiner beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensumstände den Schluss rechtfertigten, er habe seinen Lebensmittelpunkt nach wie vor in Österreich.

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Wien, am 9. Mai 2006

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