Normen
FrG 1993 §7 Abs7;
FrG 1997 §14 Abs6;
FrG 1997 §7 Abs3 Z1;
FrG 1997 §7 Abs3 Z2;
FrG 1997 §7 Abs4 Z4;
FrG 1997 §89 Abs1;
FrG 1997 §91 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
FrG 1993 §7 Abs7;
FrG 1997 §14 Abs6;
FrG 1997 §7 Abs3 Z1;
FrG 1997 §7 Abs3 Z2;
FrG 1997 §7 Abs4 Z4;
FrG 1997 §89 Abs1;
FrG 1997 §91 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer den Aufwand von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 16. Juli 2002 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Oktober 2001 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm § 7 Abs. 4 Z. 4 und § 14 Abs. 6 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer habe erstmals am 7. Jänner 1999 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit dem Aufenthaltszweck "Student" gestellt. Der letzte diesbezügliche Aufenthaltstitel sei dem Beschwerdeführer mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 30. April 2001 erteilt worden. Am 26. April 2001, somit noch während der Gültigkeit des Aufenthaltstitels, habe der Beschwerdeführer beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Aufenthaltszweck "selbständige Erwerbstätigkeit" eingebracht, welcher als Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit dem Zweck "jeglicher Aufenthaltszweck ausgenommen unselbständige Erwerbstätigkeit" behandelt worden sei. Dieser Antrag sei derzeit noch offen.
Mit Schreiben vom 10. Oktober 2001 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG (zum Zweck der Erwerbstätigkeit in Österreich, ohne an einem Wohnsitz niedergelassen zu sein) gestellt, womit nunmehr zwei Anträge, einmal mit Niederlassungsabsicht und einmal ohne Niederlassungsabsicht, vorlägen. Der Beschwerdeführer sei seit dem 23. November 1999 in Linz mit Hauptwohnsitz gemeldet. Er habe seinen Niederlassungswillen bereits kundgetan, zumal er den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt habe und seit zweieinhalb Jahren in Linz mit Hauptwohnsitz gemeldet sei. Nach § 14 Abs. 6 FrG dürfe einem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht stattgegeben werden, wenn sich ergebe, dass der Antragsteller eine Niederlassungsbewilligung benötige. Das Anbringen sei als Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu behandeln und allenfalls an die zuständige Behörde weiterzuleiten.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er ausführte, dass es schon "denkbar" sei, dass er seinen Willen seit der - ein halbes Jahr zurück liegenden - Antragstellung beim Magistrat geändert hätte. Die erstinstanzliche Behörde hätte nicht ohne vorherige Ermittlungen entscheiden dürfen.
2. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 28. Jänner 2003 wurde dieser Berufung nicht Folge gegeben und der Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Oktober 2001 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 6 Abs. 1 AVG sowie § 7 Abs. 4 Z. 4 und § 14 Abs. 6 FrG zurückgewiesen.
An der Richtigkeit der Auffassung der erstinstanzlichen Behörde bestehe kein Zweifel, zumal der Beschwerdeführer in seiner Berufungsschrift lediglich auf die "Möglichkeit seiner Willensänderung" hingewiesen habe. Dies könne die schlüssigen Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid nicht entkräften. Auch der Hinweis des Beschwerdeführers, dass die erstinstanzliche Behörde nicht ohne vorherige Ermittlungen hätte entscheiden dürfen, sei zu relativieren, weil dem Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren Gelegenheit gegeben worden sei, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Der Antrag des Beschwerdeführers sei daher gemäß § 14 Abs. 6 FrG mangels Zuständigkeit zurückzuweisen.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm aber von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. § 14 Abs. 6 FrG lautet:
"(6) Ergibt sich, daß der Antragsteller eine Niederlassungsbewilligung benötigt, so darf einem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht stattgegeben werden; die Möglichkeiten des § 10 Abs. 4 bleiben jedoch unberührt. Das Anbringen ist als Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu behandeln und allenfalls unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten; der Antragsteller ist davon in Kenntnis zu setzen."
Nach den Erläut RV 685 BlgNR 20. GP, 64 soll die Fremdenpolizeibehörde "so wie bisher" dann, wenn der Fremde der Sache nach eine Niederlassungsbewilligung zu beantragen hätte, sein Anbringen aber auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abzielt, diesen Antrag an die Niederlassungsbehörde weiterleiten. Die entsprechende Bestimmung des § 7 Abs. 7 des Fremdengesetzes BGBl. Nr. 838/1992 lautete:
"(7) Ergibt sich aus den Umständen des Falles, daß der Antragsteller für den Aufenthalt eine Bewilligung gemäß den §§ 1 und 6 des Bundesgesetzes, mit dem der Aufenthalt von Fremden in Österreich geregelt wird (Aufenthaltsgesetz), BGBl. Nr. 466/1992, benötigt, so darf dem Fremden kein Sichtvermerk nach diesem Bundesgesetz erteilt werden. Das Anbringen ist als Antrag gemäß § 6 des Aufenthaltsgesetzes unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten, der Antragsteller ist davon in Kenntnis zu setzen."
Die Erläut RV 692 BlgNR 18. GP zu § 7 Fremdengesetz aus 1992 führen aus:
"Dies bedeutet, daß die Behörden, die für die Vollziehung des Aufenthaltsgesetzes zuständig sind (§ 6: Landeshauptmann / Bezirksverwaltungsbehörde), im Einzelfall auch die fremdenpolizeilichen Interessen wahrzunehmen haben: Gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes obliegt ihnen die Feststellung eines allenfalls vorliegenden Sichtvermerkversagungsgrundes. Diese Behörden müssen daher vollständig in das fremdenpolizeiliche Verwenden personenbezogener Daten (§§ 72ff) eingebunden sein. (...)
Angesichts der durch das Aufenthaltsgesetz getroffenen Regelungen hat der vorliegende Entwurf dafür Vorsorge zu treffen, was zu geschehen hat, wenn im Ausland oder auch im Inland ein Sichtvermerksantrag eingebracht wird, obwohl offensichtlich die Voraussetzungen für die Notwendigkeit eines Antrages gemäß § 6 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Entsprechend den oben ausgeführten Grundätzen soll in solchen Fällen ausschließlich die für die Vollziehung des Aufenthaltsgesetzes zuständige Behörde entscheiden. Es wurde daher vorgesehen, daß die Fremdenpolizeibehörde als hiefür unzuständige Behörde derartige Anträge ohne weiteres Verfahren an die Behörde nach dem Aufenthaltsgesetz weiterzuleiten und den Antragsteller hievon in Kenntnis zu setzen hat. Eine solche Vorgangsweise schien einerseits aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung geboten (...) und war andererseits auch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzes des Betroffenen nicht ausgeschlossen: Bei Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen der Fremdenpolizeibehörde und der Behörde nach dem Aufenthaltsgesetz haben diese gemäß § 5 AVG vorzugehen, was letztlich zu einer Entscheidung des Bundesministers für Inneres als sachlich in Betracht kommende gemeinsame Oberbehörde führt."
Das Verständnis des Begriffes "benötigen" in § 14 Abs. 6 FrG orientiert sich daher daran, ob der Fremde unter den bei ihm tatsächlich vorliegenden Umständen lediglich Bedarf nach einer Aufenthaltserlaubnis oder aber Bedarf nach einer Niederlassungsbewilligung hat (vgl. auch das zu § 113 Abs. 4 FrG ergangene hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2003, Zl. 99/18/0273, mwN, sowie das hg. Erkenntnis vom 7. November 2003, Zl. 99/18/0021).
1.2. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer, der zuletzt über eine bis zum 30. April 2001 gültige Aufenthaltserlaubnis mit dem Zweck "Student" verfügte, unter Änderung des bisherigen Aufenthaltszwecks beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz am 26. April 2001 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Aufenthaltszweck "selbständige Erwerbstätigkeit" eingebracht, welcher als Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit dem Zweck "jeglicher Aufenthaltszweck ausgenommen unselbständige Erwerbstätigkeit" behandelt worden ist. Dieser Antrag ist derzeit noch offen.
Mit Schreiben vom 10. Oktober 2001 hat der Beschwerdeführer zusätzlich - ebenfalls unter Änderung des bisherigen Aufenthaltszwecks - einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG (zum Zweck der Erwerbstätigkeit in Österreich, ohne an einem Wohnsitz niedergelassen zu sein) gestellt.
1.3. Der Beschwerdeführer stützt seinen zweiten (den verfahrensgegenständlichen) Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels auf § 7 Abs. 4 Z 4 FrG und bestreitet, in Österreich eine Niederlassungsbewilligung zu benötigen. Die belangte Behörde hat jedoch festgestellt, dass er seit dem 23. November 1999 in Linz (nicht nur mit einem Wohnsitz, sondern sogar) mit Hauptwohnsitz (§ 1 Abs. 7 Meldegesetz 1991) gemeldet ist. Dieser Feststellung ist der Beschwerdeführer nicht substantiiert, sondern lediglich mit dem Vorwurf entgegen getreten, die belangte Behörde habe "zur Frage meines Wohnsitzes keinerlei Erhebungen durchgeführt". Er hat aber jede Äußerung dahin unterlassen, wo er seinen Wohnsitz denn sonst habe. Liegt aber ein Wohnsitz in Österreich vor, so kommt es bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach dem eindeutigen Wortlaut des § 7 Abs. 3 Z 2 FrG für das Vorliegen einer dauernden Niederlassung nicht mehr darauf an, ob er in Österreich (auch) einen Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat (§ 7 Abs. 3 Z 1 FrG; vgl. dazu die Erläut RV 685 BlgNR 20. GP zu § 7). Will der Beschwerdeführer in Österreich erwerbstätig sein (wovon sein zweiter Antrag ausgeht), so benötigt er eine Niederlassungsbewilligung. Daher kann ihm die begehrte Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt werden.
2. Auf dem Boden dieser Rechtslage hätte die Erstbehörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Oktober 2001 an die für Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zuständige Behörde (d.i. gemäß § 89 Abs. 1 und § 91 Abs. 1 FrG der Landeshauptmann von Oberösterreich) weiterleiten müssen. Durch die Zurückweisung dieses Antrages wegen Unzuständigkeit (statt der Weiterleitung) hat die Erstbehörde eine ihr nicht zustehende Zuständigkeit in Anspruch genommen und damit ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 99/18/0021).
3. Die belangte Behörde hätte diese dem erstinstanzlichen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit von Amts wegen aufgreifen und diesen ersatzlos beheben müssen (vgl. etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, zu § 66 AVG E 220 zitierte hg. Judikatur). Indem sie dies unterließ, belastete sie den nunmehr angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 31. März 2004
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