Normen
FrG 1997 §35 Abs3;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
FrG 1997 §35 Abs3;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde ) vom 30. Jänner 2003 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm § 39 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer sei in Wien geboren und habe seine ersten zwei Lebensjahre in Wien verbracht. Danach habe er etwa zehn Jahre in der Türkei gelebt. Seinem Anfang 1992 gestellten Antrag auf Erteilung der Einwanderungserlaubnis sei unter gleichzeitiger Erteilung eines vom 26. Februar 1992 bis zum 26. Februar 1994 gültigen Einreisesichtvermerks Folge gegeben worden. Seit dem 3. Dezember 1998 sei der Beschwerdeführer im Besitz einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck.
Am 29. Mai 2002 sei der Beschwerdeführer durch das Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des schweren Raubes (§§ 142 Abs. 1, 143, erster und zweiter Fall StGB) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Dem sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer am 2. Dezember 2000 in Wien gemeinsam mit Mittätern im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Beteiligter und als Mitglied einer Bande einen Mann beraubt habe. Während einer der Mittäter ein Messer gegen die Hüfte des Mannes gerichtet habe und zwei andere geäußert hätten: "das ist ein Überfall", hätten in weiterer Folge der Beschwerdeführer und ein anderer Mittäter den Mann mit Körpergewalt in die Toilette gedrängt und diesen dort eingeschlossen. Der Beschwerdeführer und sein Komplize hätten dann aus einer Kassa und einer Automatenkassa insgesamt S 60.000,-- sowie ein Handy an sich genommen.
Somit sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht. Das dieser Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten des Beschwerdeführers bringe eine krasse Geringschätzung der körperlichen Integrität und des Vermögens anderer Personen zum Ausdruck, weshalb kein Zweifel bestehe, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers in besonderem Maß die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtige, sodass sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch im Grund des § 36 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der §§ 37 und 38 leg. cit. - als gerechtfertigt erweise.
Der Beschwerdeführer befinde sich seit Anfang des Jahres 1992 durchgehend im Bundesgebiet. Er sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Er habe hier nach seinen eigenen Angaben die Volks- und Hauptschule besucht und habe im Anschluss daran die Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Spengler ordnungsgemäß beendet und bestanden. In der Zeit vom 16. August 1995 bis zum 15. August 1998 sei er als Spenglerlehrling beschäftigt gewesen. Im Anschluss daran weise er bis zum 29. Juni 2001 bei derselben Firma (abgesehen von zwei kurzen Unterbrechungen) ein aufrechtes Arbeitsverhältnis auf. Der Beschwerdeführer, der sich derzeit in Gerichtshaft befinde, habe mit seinem Vater, der über ein unbefristetes Visum verfüge und bereits in Pension sei, im gemeinsamen Haushalt gelebt. In einer Stellungnahme habe er darauf verwiesen, dass er nach seiner Haftentlassung wieder bei seinem Vater wohnen dürfe und bei seiner ehemaligen Firma wieder arbeiten könne. Mit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme sei ein beträchtlicher Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden. Die Zulässigkeit dieser Maßnahme sei jedoch nach § 37 Abs. 1 FrG zu bejahen. Angesichts der der Verurteilung des Beschwerdeführers zu Grunde liegenden Straftat und der darin zum Ausdruck kommenden krassen Missachtung der körperlichen Integrität und des Vermögens anderer Menschen sei das Aufenthaltsverbot gegen ihn zum Schutz der öffentlichen Ordnung und zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen (Art. 8 Abs. 2 EMRK) dringend geboten. Dazu komme, dass der Beschwerdeführer bereits erwachsen sei. Auch wenn mit der Maßnahme der Kontakt zu seinem Vater erschwert werde, könne dieser in eingeschränktem Ausmaß durch Besuche im Ausland aufrecht erhalten werden.
Die Art und Weise der vom Beschwerdeführer, der Mitglied einer Bande gewesen sei, begangenen Straftat rechtfertige den Schluss, dass er durch sein Fehlverhalten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle. Er habe die schwer wiegende Straftat im Alter von 20 Jahren verübt und sei zu diesem Zeitpunkt bereits volljährig gewesen. Sein Hinweis auf die Tatbeteiligung in untergeordneter Rolle gehe insofern ins Leere, als auf die Rechtskraft des Strafurteils zu verweisen sei, wonach der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des schweren Raubes verurteilt worden sei. Es könne wohl auch nicht von untergeordneter Beteiligung gesprochen werden, wenn jemand in Absprache mit seinen Komplizen eine Person, die zunächst von einem Mittäter mit einem Messer bedroht werde, mit körperlicher Gewalt in einen Raum dränge und anschließend Geld aus einer Kassa nehme. Angesichts der vom Beschwerdeführer begangenen schwer wiegenden Straftat und im Hinblick darauf, dass das für seine Verurteilung ausschlaggebende Fehlverhalten noch viel zu kurz zurückliege, um auf Grund des seither verstrichenen Zeitraumes eines wesentliche Verringerung der von ihm ausgehenden Gefahr für die besagten öffentlichen Interessen annehmen zu können, sei derzeit eine positive Zukunftsprognose für den Beschwerdeführer nicht möglich.
Im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG sei zu berücksichtigen, dass die aus dem seit Anfang 1992 durchgehenden Aufenthalt im Bundesgebiet und den privaten und familiären Beziehungen ableitbare Integration des Beschwerdeführers in der für sie wesentlichen sozialen Komponente durch die von ihm begangene Straftat eine ganz erhebliche Minderung erfahren habe. Den - solcherart verminderten - privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers stünden die hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen an der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen sowie zum Schutz der körperlichen Integrität und des Vermögens anderer gegenüber. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie wögen keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.
Auch aufenthaltsverfestigende Bestimmungen stünden der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen, weil der Beschwerdeführer nicht von klein auf im Inland aufgewachsen sei. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass der Beschwerdeführer mehr als die Hälfte seines Lebens in Österreich verbracht habe und er die letzten drei Jahre vor Begehung seiner Straftat in Österreich niedergelassen gewesen sei, sei für ihn nichts zu gewinnen, weil für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG die kumulative Erfüllung der beiden dort genannten Elemente, nämlich "langjährig rechtmäßig niedergelassen" und "von klein auf im Inland aufgewachsen" erforderlich sei.
Da keine besonderen, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände vorlägen, habe von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der belangten Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können.
Im Hinblick auf die schwer wiegende strafbare Handlung des Beschwerdeführers einerseits und seine dargelegten persönlichen Lebensumstände andererseits könne ein Wegfall der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände nicht vor Verstreichen des für die Gültigkeit des Aufenthaltsverbotes festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Auf Grund der unstrittig feststehenden rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers vom 29. Mai 2002 (zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren) ist vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt.
2. Die belangte Behörde ist an einen strafgerichtlichen Urteilsspruch insoweit gebunden, als die materielle Rechtskraft des Schuldspruches bewirkt, dass dadurch - vorbehaltlich einer allfälligen Wiederaufnahme des Strafverfahrens - mit absoluter Wirkung, somit gegenüber jedermann, bindend festgestellt ist, dass der Verurteilte die strafbare Handlung entsprechend den konkreten Tatsachenfeststellungen des betreffenden Urteiles rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (vgl. zum Umfang der Bindung an einen rechtskräftigen Schuldspruch das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2000, Zl. 2000/18/0133, mwN). Der Verurteilung vom 29. Mai 2002 liegt zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 2. Dezember 2000 als Mitglied einer Bande unter Gewaltandrohung
S 60.000,-- Bargeld und ein Handy raubte. Auf dem Boden dieser Sachverhaltsfeststellungen kann der belangten Behörde im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2000, Zl. 99/18/0343) und an der Verhinderung der Gewaltkriminalität (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. April 2002, Zl. 2001/18/0182) nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Ansicht vertreten hat, dass der massive Gesetzesverstoß des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit in hohem Maß gefährde, sodass die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass die Tat nach dem Beschwerdevorbringen "im jugendlichen Alter" (nach den Feststellungen im Alter von 20 Jahren) begangen worden sei und der Beschwerdeführer vor dieser Straftat völlig unbescholten gewesen sei.
3.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid im Grund des § 37 FrG. Die belangte Behörde habe keine Interessenabwägung vorgenommen. Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde sei außerdem von einem "derart verfestigten Aufenthalt auszugehen, dass ein Aufenthaltsverbot überhaupt nicht erlassen werden dürfte, da eben der Aufenthalt langjährig rechtmäßig erfolgte, sowie auch die schulische Ausbildung." Die belangte Behörde habe sich mit den "Details des Aufenthaltes und der Täterpersönlichkeit" nicht befasst.
3.2. Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die belangte Behörde hat im Beschwerdefall zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen. Ebenso zutreffend hat sie aber - entgegen der Beschwerde - die Auffassung vertreten, dass das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 37 Abs. 1 FrG zulässig sei, liegt doch dem Beschwerdeführer eine im Licht des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentums- und der Gewaltkriminalität (siehe 2.) verwerfliches Fehlverhalten zur Last, welches das Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen durch den Beschwerdeführer sowie zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten erscheinen lässt.
Im Licht dieser Erwägungen erweist sich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorgenommenen Abwägung als unbedenklich. Den für den Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich sprechenden persönlichen Interessen kommt kein größeres Gewicht zu als dem durch sein Fehlverhalten nachhaltig gefährdeten Allgemeininteresse. Dabei war zu berücksichtigen, dass die aus seinem langjährigen Aufenthalt in Österreich resultierende Integration in der für sie wesentlichen sozialen Komponente durch sein Fehlverhalten erheblich beeinträchtigt wurde. Von daher gesehen hat die belangte Behörde zu Recht der durch seine gravierende Straftat bewirkten Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen und damit den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes kein geringeres Gewicht beigemessen als den Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation und die seiner Angehörigen.
4. Mit seinem Vorbringen, dass "sehr wohl im Jahr 2002 bereits ein 10-jähriger Aufenthalt gegeben war und nicht argumentiert werden kann, deswegen weil eine strafrechtliche Verurteilung erfolgt ist, wäre ein Aufenthalt von zehn Jahren in Österreich nicht gegeben" wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass ein Aufenthaltsverbot-Verbotsgrund im Sinn des § 38 Abs. 1 Z. 2 iVm § 35 Abs. 3 FrG nicht vorliege. Dem ist entgegenzuhalten, dass gemäß § 35 Abs. 3 FrG bei einer Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr ein Aufenthaltsverbot selbst dann zulässig wäre, wenn der Fremde vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits zehn Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen gewesen wäre. Im Übrigen tritt der Beschwerdeführer der Ansicht der belangten Behörde, er sei nicht von klein auf im Inland aufgewachsen (§ 38 Abs. 1 Z. 4 FrG), nicht entgegen. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen diese Auffassung keine Bedenken, zumal der in Österreich geborene Beschwerdeführer ab seinem zweiten Lebensjahr in der Türkei gelebt hat und erst im 13. Lebensjahr wieder nach Österreich eingereist ist.
5. In Anbetracht der Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren ist davon auszugehen, dass eine auf einer Ermessenserwägung beruhende Abstandnahme von der Erlassung eines (nach den sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 36 bis 38 FrG) zulässigen Aufenthaltsverbotes im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG offensichtlich nicht im Sinn des Gesetzes erfolgen würde (vgl. den hg. Beschluss vom 24. April 1998, Zl. 96/21/0490).
6. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
7. Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 10. April 2003
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