VwGH 2003/18/0025

VwGH2003/18/002526.6.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des M, geboren 1958, vertreten durch Mory & Schellhorn OEG, Rechtsanwaltsgemeinschaft in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Dezember 2002, Zl. 135.627/2-III/11/02, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §10 Abs2 Z3;
FrG 1997 §10 Abs2;
FrG 1997 §18 Abs1 Z1;
FrG 1997 §18 Abs1 Z2;
FrG 1997 §18 Abs4;
FrG 1997 §19 Abs2 Z2;
FrG 1997 §21 Abs2;
FrG 1997 §21;
FrG 1997 §22 erster Satz;
FrG 1997 §22;
FrG 1997 §23 Abs1;
FrG 1997 §23 Abs2;
FrGDV 1997/II/418 §4 Abs2 Z1;
EMRK Art8;
VwRallg;
FrG 1997 §10 Abs2 Z3;
FrG 1997 §10 Abs2;
FrG 1997 §18 Abs1 Z1;
FrG 1997 §18 Abs1 Z2;
FrG 1997 §18 Abs4;
FrG 1997 §19 Abs2 Z2;
FrG 1997 §21 Abs2;
FrG 1997 §21;
FrG 1997 §22 erster Satz;
FrG 1997 §22;
FrG 1997 §23 Abs1;
FrG 1997 §23 Abs2;
FrGDV 1997/II/418 §4 Abs2 Z1;
EMRK Art8;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) wurden die Anträge des Beschwerdeführers, eines marokkanischen Staatsangehörigen, vom 29. August 2001 und vom 5. November 2001 je auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 23 Abs. 2 und § 10 Abs. 2 Z. 3 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.

Dem Beschwerdeführer sei auf Grund der erteilten Einzelsicherungsbescheinigung als Künstler am 24. November 2000 von der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg eine quotenfreie Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Künstler", gültig bis 30. November 2001 erteilt worden. Nunmehr sei für den Beschwerdeführer vom Arbeitsmarkservice eine Beschäftigungsbewilligung bis 7. November 2002 als Abwäscher ausgestellt worden. Auf Grundlage dieser Beschäftigungsbewilligung habe der Beschwerdeführer die gegenständlichen Verlängerungsanträge für den Aufenthaltszweck "unselbständige Erwerbstätigkeit" gestellt. Diese Anträge würden der Quotenpflicht unterliegen. Im Hinblick auf § 23 Abs. 2 FrG sei eine derartige Änderung des Aufenthaltszweckes jedoch nur dann möglich, wenn für den angestrebten Aufenthaltszweck ein entsprechender Quotenplatz zur Verfügung stehe.

Im Rahmen der Niederlassungsverordnung 2002 stünden höchstens 20 Niederlassungsbewilligungen für Drittstaatsangehörige zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit zur Verfügung. Diese Erwerbstätigkeit dürfe jedoch - außer in unmittelbarem zeitlichem Anschluss an eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 10 Abs. 4 FrG oder eine Niederlassungsbewilligung für Private - nur in selbständiger Erwerbstätigkeit bestehen. Da dies beim Beschwerdeführer nicht zutreffe, habe seinen Anträgen auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "jeglicher Aufenthaltszweck" nicht stattgegeben werden können.

Darüber hinaus stehe fest, dass der Beschwerdeführer bereits jetzt in Österreich einer unselbständigen Erwerbstätigkeit als Abwäscher nachgehe, ohne im Besitz eines hiefür erforderlichen Aufenthaltstitels zu sein. Durch dieses Verhalten zeige der Beschwerdeführer, dass er nicht gewillt sei, die in Österreich herrschende Rechtsordnung zu respektieren. Dies stelle - insbesondere wegen der negativen Beispielswirkung auf andere Fremde - "allenfalls" eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar. Es sei daher auch der Versagungsgrund gemäß § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG erfüllt. Die Interessenabwägung gemäß § 37 FrG ergebe, dass im Hinblick auf den Verstoß des Beschwerdeführers gegen die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit den öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen absolute Priorität eingeräumt werden müsse, zumal im Bundesgebiet keinerlei familiäre Bindungen bestünden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 19 Abs. 2 FrG unterliegt die Erteilung einer (in allen übrigen Fällen gemäß Abs. 1 quotenpflichtigen) Erstniederlassungsbewilligung an Drittstaatsangehörige, die (Z. 2) Künstler sind, deren Tätigkeit überwiegend durch Aufgaben der künstlerischen Gestaltung bestimmt ist, sofern ihr Unterhalt durch das Einkommen gedeckt wird, das sie aus ihrer künstlerischen Tätigkeit beziehen, nicht der Quotenpflicht.

Gemäß § 22 erster Satz FrG darf eine quotenpflichtige Erstniederlassungsbewilligung nur erteilt werden, wenn die für den Fremden samt dem Familiennachzug nach § 21 Abs. 2 leg. cit. erforderlichen Bewilligungen in dem Land der beabsichtigten Niederlassung nach der Niederlassungsvorordnung noch zur Verfügung stehen.

Beabsichtigen (bereits auf Dauer niedergelassene) Fremde in Österreich - nach Ablauf oder während der Gültigkeitsdauer des ihnen zuletzt erteilten Aufenthaltstitels oder nach einer Einschränkung gemäß § 23 Abs. 1 FrG neuerlich - eine quotenpflichtige unselbständige Erwerbstätigkeit auszuüben, so ist ihnen gemäß § 23 Abs. 2 leg. cit. auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung dann zu erteilen, wenn für sie eine Sicherungsbescheinigung oder eine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt wurde oder sie über eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügen; die Erteilung dieser weiteren Niederlassungsbewilligung verringert jedoch die in der Niederlassungsverordnung festgelegte Anzahl an Bewilligungen gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 oder 2 FrG um eine. Solchen Fremde steht der Familiennachzug gemäß § 21 FrG offen. § 22 FrG gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag bei Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Bewilligungen abzuweisen ist. Für sonstige quotenpflichtige Aufenthaltszwecke gelten die nicht auf das Ausländerbeschäftigungsgesetz bezogenen Bestimmungen dieses Absatzes mit der Maßgabe, dass die Erteilung der weiteren Niederlassungsbewilligung die in der Niederlassungsverordnung festgelegte Anzahl an Bewilligungen gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 oder Abs. 4 FrG verringert.

2. Nach der Aktenlage hat der Beschwerdeführer erstmals am 5. August 1998 die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung beantragt. Als Aufenthaltszweck hat er - durch Ankreuzen auf dem Formular - "unselbständige Erwerbstätigkeit" angegeben, wobei er den beabsichtigten Beruf mit "Circus" bezeichnet hat. Diesem Antrag hat er eine Einzelsicherungsbescheinigung des Arbeitsmarktservice Korneuburg vom 24. Juni 1998 beigelegt, in der die berufliche Tätigkeit als "Circusfachkraft Künstler" bezeichnet wird. Die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg hat am 24. August 1998 gegenüber dem Beschwerdeführer den Eingang eines Antrages auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Künstler" bestätigt und schließlich am 28. August 1998 eine solche Niederlassungsbewilligung erteilt. In den nachfolgenden Verlängerungsanträgen hat der Beschwerdeführer jeweils - entsprechend den beigelegten Dienstzetteln - die von ihm ausgeübte Tätigkeit als "Zirkusfachkraft" bezeichnet. Auf Grund dieser Anträge wurden ihm weitere Aufenthaltsbewilligungen jeweils mit dem Aufenthaltszweck "Künstler" erteilt. Unstrittig war die zuletzt erteilte Niederlassungsbewilligung für diesen Aufenthaltszweck bis 30. November 2001 gültig.

Der Beschwerdeführer verfügte somit bisher über eine gemäß § 19 Abs. 2 FrG nicht quotenpflichtige Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Künstler". Daran können die in der Beschwerde vorgebrachten Umstände, dass der Beschwerdeführer tatsächlich nie als Künstler, sondern immer als Hilfsarbeiter gearbeitet habe und ihm nicht bewusst gewesen sei, über keine jegliche unselbständige Beschäftigung gestattende Niederlassungsbewilligung zu verfügen, nichts ändern. Hinzugefügt sei, dass sich - entgegen dem Beschwerdevorbringen - aus der Aktenlage ein Wissen der die Niederlassungsbewilligung erteilenden Bezirkshauptmannschaft Korneuburg über die tatsächliche Tätigkeit des Beschwerdeführers nicht ergibt.

3. Mit den gegenständlichen Anträgen bezweckt der Beschwerdeführer unstrittig die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung, die ihm die Ausübung von - dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterliegenden - Hilfsarbeiten ermöglicht. Dafür benötigt der Beschwerdeführer eine Niederlassungsbewilligung für "jeglichen Aufenthaltszweck" gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 der Fremdengesetz-Durchführungsverordnung 1997, BGBl. II Nr. 418. Eine derartige Niederlassungsbewilligung unterliegt gemäß § 19 Abs. 1 FrG der Quotenpflicht. Da der Beschwerdeführer somit bisher über eine nicht der Quotenpflicht unterliegende Niederlassungsbewilligung als Künstler verfügte und nunmehr die Ausübung einer quotenpflichtigen Beschäftigung beabsichtigt, hat die belangte Behörde die gegenständlichen Anträge zu Recht dem § 23 Abs. 2 FrG subsumiert. Nach dem dritten Satz dieser Bestimmung sind solche Anträge bei Ausschöpfung der Quote abzuweisen. Die - unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass eine Niederlassungsbewilligung für den Beschwerdeführer zum Zweck der angestrebten Hilfsarbeit in der Quote gemäß § 3 der Niederlassungsverordnung 2002, BGBl. II Nr. 2, keinen Platz findet, ist unbedenklich.

4. Da die belangte Behörde die Anträge des Beschwerdeführers somit zu Recht gemäß § 23 Abs. 2 FrG abgewiesen hat, braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob auch der Versagungsgrund gemäß § 10 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. erfüllt ist.

Im Zusammenhang mit einer auf § 23 Abs. 2 FrG gestützten

Abweisung einer weiteren Niederlassungsbewilligung wegen

Ausschöpfung der Quote hat eine Bedachtnahme auf Art. 8 EMRK nicht

zu erfolgen. Für diese Auslegung spricht die in § 23 Abs. 2

dritter Satz FrG gebrauchte imperative Formulierung "der Antrag

... abzuweisen ist" im Gegensatz zu der bei Normierung der eine

Interessenabwägung erfordernden Versagungsgründe in § 10 Abs. 2

FrG gebrauchten Formulierung "kann ... versagt werden". Nach

Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes erfordert Art. 8 EMRK nicht, einem bisher als Künstler niedergelassenen Fremden - der gemäß § 23 Abs. 1 FrG die Möglichkeit hat, bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen eine weitere Niederlassungsbewilligung für denselben Zweck zu erhalten - eine Niederlassungsbewilligung, welche die Ausübung aller anderen Erwerbstätigkeiten gestattet, zu erteilen.

Hinzugefügt sei, dass der Beschwerdeführer sich zwar gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde - die "darüber hinaus" auch den Versagungsgrund gemäß § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG herangezogen hat - durchgeführten Interessenabwägung wendet, jedoch nicht geltend macht, dass auch bei einer Abweisung gemäß § 23 Abs. 2 FrG eine Interessenabwägung erforderlich sei.

5. Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 26. Juni 2003

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