Normen
B-VG Art119a Abs6;
B-VG Art133 Z1;
B-VG Art144 Abs1;
GdO Tir 1966 §114 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
B-VG Art119a Abs6;
B-VG Art133 Z1;
B-VG Art144 Abs1;
GdO Tir 1966 §114 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. Mai 2001 wurde den Beschwerdeführern für das erste Quartal des Jahres 2001 eine (offenbar auf § 2 und § 3 der Abfallgebührenordnung der Gemeinde Scharnitz (AbfallGebO) gestützte weitere) Abfallgebühr in Höhe von S 931,-- vorgeschrieben. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde legte seiner Abgabenvorschreibung das Erfordernis von 19 Wertschleifen (Abfuhrvorgängen) in Ansehung eines Müllgefäßes von 90 bis 110 l für einen Vierpersonenhaushalt zu Grunde. Die dafür vorgesehene weitere Gebühr betrage daher 19 Wertschleifen zu S 49,--, also S 391,--.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufung, in welcher sie geltend machten, die in Rede stehende Vorschreibung widerspräche den Grundsätzen des Tiroler Abfallgebührengesetzes, LGBl. Nr. 36/1991 (im Folgenden: Tir AbfallGebG).
Mit Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 9. Juli 2001 wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte der Bürgermeister aus, der Gemeinderat von Scharnitz habe in seiner Sitzung vom 2. Dezember 1994 die AbfallGebO beschlossen. Sie sei vom 14. Dezember 1994 bis 5. Jänner 1995 kundgemacht worden. Ein Einspruch sei nicht erfolgt.
Nach Einbringung eines Vorlageantrages der Beschwerdeführer wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde deren Berufung mit Bescheid vom 5. Oktober 2001 ab. Begründend führte die Berufungsbehörde aus, die Abgabenvorschreibung entspreche den in § 2 Z 2 lit. a (offenbar gemeint: in Verbindung mit § 3) AbfallGebO vorgesehenen Sätzen.
Die Beschwerdeführer erhoben Vorstellung an die belangte Behörde.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführer gegen den Berufungsbescheid vom 5. Oktober 2001 als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, ein Vollzugsfehler werde nicht behauptet. Die Prüfung der Gesetzmäßigkeit der AbfallGebO stehe der Vorstellungsbehörde nicht zu.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Darin erhoben sie Bedenken dahingehend, dass die von der mitbeteiligten Gemeinde erhobenen Abfallgebühren die in § 2 Abs. 2 Tir AbfallGebG umschriebenen Grenzen überstiegen. Weiters vertraten die Beschwerdeführer die Auffassung, die in § 2 Z 2 lit. a in Verbindung mit § 3 Z 1 AbfallGebO vorgesehene weitere Gebühr werde nach Kriterien bemessen, welche nicht jenen entsprächen, die § 5 Tir AbfallGebG für einen solche weitere Gebühr vorsähen. Insbesondere richte sich die weitere Gebühr nach der AbfallGebO nicht nach der am jeweiligen Grundstück anfallenden Abfallmenge. Auch widerspreche die Vorschreibung einer verpflichtenden Annahme einer Mindestanzahl von Müllschleifen dem Grundsatz der Abfallvermeidung. Die vorgeschriebene Mindestgröße eines Müllbehälters von 90 l sei weit überhöht.
Mit Beschluss vom 11. Dezember 2002, B 1651/01-8, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde formulieren die Beschwerdeführer folgenden Beschwerdepunkt:
"Die Beschwerdeführer werden durch den angefochtenen Bescheid in ihrem subjektiven öffentlichen Recht auf gesetzmäßige Ausübung des Aufsichtsrechtes des Landes Tirol über die Tiroler Gemeinden dahin verletzt, dass diese bei der Besorgung des eigenen Wirkungsbereiches die Gesetze nicht verletzen, insbesondere ihren Wirkungsbereich nicht überschreiten und die ihr gesetzlich obliegenden Aufgaben erfüllen.
Darüber hinaus verletzt die angefochtene Entscheidung das subjektive öffentliche Recht der Beschwerdeführer auf gesetzmäßige Vorschreibung der Abfallgebühr: die Vorschreibung der Abfallgebühr für das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Objekt ... für den Zeitraum I. Quartal 2001 ist gesetzwidrig erfolgt: Entgegen der Auffassung der belangten Behörde entspricht die den Beschwerdeführern für den Zeitraum I. Quartal 2001 für ihr Objekt ... vorgeschriebene Abfallgebühr in der Höhe von ATS 931,-- nicht den gesetzlichen Voraussetzungen."
In der Begründung bringen die Beschwerdeführer vor, die AbfallGebO sei der Tiroler Landesregierung nie zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorgelegt worden. Gleiches gelte für die Müllabfuhrordnung der mitbeteiligten Gemeinde. Auch habe die Tiroler Landesregierung in einem Schreiben gravierende Bedenken hinsichtlich der "Mindestabnahmemenge an Müllschleifen" geäußert. Die belangte Behörde wäre auf Grund der fehlenden aufsichtsbehördlichen Genehmigung der Verordnung sowie auf Grund der inhaltlichen Bedenken verpflichtet gewesen, die Verordnung als rechtlich nicht existent zu betrachten, zumal sie auch vom Bürgermeister im eigenen und nicht im Namen des Gemeinderates unterfertigt worden sei. Schließlich wiederholen die Beschwerdeführer jene inhaltliche Bedenken gegen die AbfallGebO, welche sie schon erfolglos vor dem Verfassungsgerichtshof erhoben hatten.
§ 1, § 2 Z 2 und § 3 sowie § 6 AbfallGebO lauten wie folgt:
"Der Gemeinderat der Gemeinde Scharnitz hat in seiner Sitzung am 02.12.1994 und am 25.10.1995 letzte gültige Fassung vom 27.04.2000 auf Grund des § 1 des Tiroler Abfallgebührengesetzes, LGBl. Nr. 36/1991 folgende Müllgebührenordnung bis auf weiteres beschlossen:
ABFALLGEBÜHRENORDNUNG
der
Gemeinde Scharnitz
§ 1
Abfallgebühren
1. Die Gemeinde hebt zur Deckung des Aufwandes, der ihr durch die Entsorgung von Abfällen entsteht, Gebühren ein. Die Abfallgebühren werden als Grundgebühr und als weitere Gebühr, die nach dem anfallenden Müllaufkommen berechnet wird, eingehoben.
§ 2
Gebührenanspruch
...
2. ... Als Stichtag für die Berechnung der
Müllschleifen für das nächstfolgende Jahr wird der 1. Dezember
festgelegt.
...
Die jährliche Grundgebühr incl. Umsatzsteuer und die Mindestanzahl
der Müllschleifen wird wie folgt, festgesetzt:
(Mindestschleifenanzahl bezogen auf 110 ltr. Abfalltonne)
a) | Haushalte | Grundgebühr | Schleifen |
... | |||
Vierpersonenhaushalt | S 1.254,-- | 19 | |
... |
§ 3
Weitere Gebühren
1. Für den Abtransport des Hausmülls (Restmüll) wird
nach Müllanfall und damit nach Inanspruchnahme der Transport- und Deponiekosten eine weitere Gebühr eingehoben (Entleerungsgebühr). Die weitere Gebühr ist der Gemeinde im Voraus in Form von Wertschleifen zu entrichten.
...
Die Entleerungsgebühr wird, wie folgt, festgelegt:
a) Behälter mit 90 bis 110 Liter | S | 49,00 | inkl. MWSt. |
... |
§ 6
Inkrafttreten der Müllgebührenordnung
Diese Abfallgebührenordnung tritt am 22.05.2000 in Kraft.
Gleichzeitig tritt die bisherige Abfallgebührenordnung außer Kraft.
Der Bürgermeister:
(Hubert Heiss)"
Diese Verordnung wurde nach Maßgabe des Verwaltungsaktes am
5. Mai 2000 ausgehängt und am 22. Mai 2000 wieder abgenommen.
Gemäß § 114 Abs. 1 der Tiroler Gemeindeordnung in ihrer bei
Kundmachung dieser Verordnung in Kraft gestandenen Fassung der Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. Nr. 4/1964 (im Folgenden: TGO) hat die Gemeinde die von ihr im eigenen Wirkungsbereich erlassenen Verordnungen aus dem Bereich der Landesvollziehung der Landesregierung unverzüglich mitzuteilen. Letztere hat gemäß Abs. 2 leg. cit. gesetzwidrige Verordnungen nach Anhörung der Gemeinde durch Verordnung aufzuheben.
Gemäß Art. 133 Z 1 B-VG sind von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes die Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören, ausgeschlossen.
Nach Art. 144 Abs. 1 erster Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Mit der Behauptung, durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt zu sein, weil die letztinstanzliche Gemeindebehörde bei Erlassung ihres Abgabenbescheides Gesetze verletzt hätte, würden die Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof einen tauglichen Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) umschreiben, sofern sie in der Beschwerde eine Rechtswidrigkeit bei der Anwendung genereller Normen geltend machten. Nach der Beschwerdebegründung erachten sich die Beschwerdeführer allerdings ausschließlich durch die Heranziehung der ihres Erachtens dem Tir AbfallGebG widersprechenden AbfallGebO verletzt. Mit diesem Vorbringen wird somit eine Rechtsverletzungsbehauptung aufgestellt, wie sie im Art. 144 Abs. 1 erster Satz zweiter Fall B-VG als Prozessvoraussetzung für ein Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof umschrieben ist.
Am Inhalt dieser Rechtsverletzungsbehauptung vermag auch der in der Beschwerde erfolgte Hinweis auf eine allfällige Verletzung einer Mitteilungspflicht der Gemeinde gegenüber der Gemeindeaufsichtsbehörde nach Art. 119a Abs. 6 B-VG nichts zu ändern, wie sich aus dem hg. Beschluss vom 18. März 2002, Zl. 99/17/0439, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird, ergibt. Vor dem Hintergrund der Ausführungen in diesem Beschluss, wonach eine allfällige Verletzung der in Rede stehenden Mitteilungspflicht keinen Mangel der ordnungsgemäßen Kundmachung der bereits erlassenen Verordnung bewirken kann (vgl. hiezu auch den oben wiedergegebenen Regelungsgehalt des § 114 TGO), zeigt eine derartige Behauptung nicht einmal die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch Anwendung einer (im Beschwerdepunkt allenfalls irrtümlich als "Gesetz" bezeichneten) nicht gehörig kundgemachten Verordnung auf. Gleiches gilt für die Behauptung, die Kundmachung der Verordnung sei deshalb nicht gehörig, weil sie durch den Bürgermeister in eigenem Namen erfolgt wäre, weil die Präambel dieser Verordnung ausdrücklich auf eine Beschlussfassung durch den Gemeinderat Bezug nimmt, als dessen Vorsitzender der Bürgermeister die Kundmachung vorgenommen hat.
Soweit die Beschwerde aber gegen die Abgabenfestsetzung eine behauptete Gesetzwidrigkeit der AbfallGebO der mitbeteiligten Gemeinde einwendet, ist ihr zu entgegnen, dass die Entscheidung über derartige Beschwerden, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl. nur den hg. Beschluss vom 4. Juli 2001, Zl. 96/17/0483, mit weiteren Nachweisen), nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fällt, sondern in jene des Verfassungsgerichtshofes, der hierüber gemäß Art. 144 Abs. 1 erster Satz B-VG erkennt.
Aus diesen Erwägungen folgt, dass die Beschwerde wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 23. Juni 2003
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