VwGH 2003/16/0472

VwGH2003/16/04724.12.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Höfinger, Dr. Kail und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der Hotel A GmbH in L, vertreten durch Dr. Rudolf Hartmann, Rechtsanwalt in 6700 Bludenz, Rathausgasse 20, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom 10. September 2003, GZ RV/0162-F/03, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §21 Abs1;
BAO §4;
GrEStG 1987 §8 Abs1;
NEUFÖG 1999 §1 Z1;
NEUFÖG 1999 §1 Z2;
NEUFÖG 1999 §1 Z3;
NEUFÖG 1999 §1 Z4;
NEUFÖG 1999 §1 Z5;
NEUFÖG 1999 §1 Z6;
NEUFÖG 1999 §4;
NEUFÖG 1999 §5a Abs2 Z2;
BAO §21 Abs1;
BAO §4;
GrEStG 1987 §8 Abs1;
NEUFÖG 1999 §1 Z1;
NEUFÖG 1999 §1 Z2;
NEUFÖG 1999 §1 Z3;
NEUFÖG 1999 §1 Z4;
NEUFÖG 1999 §1 Z5;
NEUFÖG 1999 §1 Z6;
NEUFÖG 1999 §4;
NEUFÖG 1999 §5a Abs2 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der Hotel A., Elmar W. KG waren als Komplementärin Luise W. mit 25 % und die Kommanditisten Elmar E.W. mit 51 % und Elmar H.W. mit 24 % beteiligt.

Die beschwerdeführende GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 14. Oktober 2002 gegründet. Gesellschafter waren Elmar E.W. mit einer Stammeinlage von 28.000 EUR sowie Luise W. und Elmar H.W. mit Stammeinlagen von je 3.500 EUR. Geschäftsführerin war Elisabeth W.

Mit Einbringungs- und Sacheinlagevertrag vom 30. Jänner 2003 wurde das von der Kommanditgesellschaft betriebene Unternehmen mit Stichtag vom 31. Oktober 2002 in die GmbH eingebracht. Eingebracht wurde auch das im Sonder-Betriebsvermögen des Elmar E.W stehende Betriebsgrundstück der Kommanditgesellschaft.

Mit der Abgabenerklärung nach § 10 GrEStG vom 30. Jänner 2003 wurde eine Erklärung der Betriebsübertragung iS des § 5a Neugründungs-Förderungsgesetz (NeuFöG) vorgelegt.

Mit Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom 20. Februar 2003 wurde der Beschwerdeführerin Grunderwerbsteuer in Höhe von

16.849 EUR vorgeschrieben. Dabei wurde die beantragte Begünstigung iS des § 5a NeuFöG nicht gewährt, weil nach Auffassung des Finanzamtes kein Wechsel in der Person des Betriebsinhabers erfolgt sei.

In der am 10. März 2003 gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde ausgeführt, in der Zwischenzeit habe Elmar E.W. seine Stammeinlage in Ausmaß von 80 % an seine Tochter Elisabeth W, die auch Geschäftsführerin sei, abgetreten. Der Berufung war ein Notariatsakt vom 5. März 2003 angeschlossen, wonach Elmar E.W. seinen Geschäftsanteil an der GmbH an seine Tochter Elisabeth W. abtrat. In Punkt IV. des Notariatsaktes lautete der erste Satz:

Die Übergabe und Übernahme des Geschäftsanteiles ist bereits

mit Wirkung vom 1.11.2002 ... erfolgt in den bestehenden Rechten

und Pflichten, wie sie dem abtretenden Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag und den Gesellschafterbeschlüssen zugestanden sind.

Gegen eine die Berufung als unbegründet abweisende Berufungsvorentscheidung wurde ein Vorlageantrag gestellt. Darin wurde ausgeführt, die Schenkung (der Gesellschaftsanteile) an die Tochter Elisabeth W. sei bereits mündlich vereinbart gewesen. Dass der Schenkungsvertrag erst etwas später unterfertigt worden sei, sei auf die zeitweilige Abwesenheit der Tochter zurückzuführen gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, Elmar E.W. sei als Betriebsinhaber (iS des NeuFöG) sowohl hinsichtlich der übertragenden KG als auch der beschwerdeführenden GmbH anzusehen. Der Abtretungsvertrag sei erst nach Erlassung des Grunderwerbsteuerbescheides abgefasst worden. Im Zeitpunkt der Entstehung der Grunderwerbsteuerschuld, das war im Zeitpunkt der Unterfertigung des Einbringungs- und Sacheinlagevertrages vom 30. Jänner 2003, sei Elisabeth W. nicht Inhaberin des Geschäftsanteils an der Beschwerdeführerin gewesen.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin durch die Nichtgewährung des Freibetrages von 75.000 EUR in ihren Rechten verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte

die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen :

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des NeuFöG

lauten:

§ 5a. (1) Eine Betriebsübertragung liegt vor, wenn

1. bloß ein Wechsel in der Person des die Betriebsführung beherrschenden Betriebsinhabers in Bezug auf einen bereits vorhandenen Betrieb (Teilbetrieb) durch eine entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung des Betriebes (Teilbetrieb) erfolgt (§ 2 Z 4) und

2. die nach der Übertragung die Betriebsführung beherrschende Person (Betriebsinhaber ) sich bisher nicht in vergleichbarer Art beherrschend betrieblich betätigt hat.

(2) Für Betriebsübertragungen gilt Folgendes:

  1. 1. ...
  2. 2. Die Grunderwerbsteuer von steuerbaren Vorgängen, die mit einer Betriebsübertragung im Sinne des Abs 1 in unmittelbarem Zusammenhang stehen, wird nicht erhoben, soweit der für die Steuerberechnung maßgebende Wert 75.000 Euro nicht übersteigt.

    ...

    Nach § 2 Abs 2 der Verordnung des BMF und des BMJ, BGBl II Nr. 483/2002, sind Betriebsinhaber iS des § 5a NeuFöG unter anderem nicht persönlich haftende Gesellschafter von Personengesellschaften, wenn sie entweder zu mindestens 50 % am Vermögen der Gesellschaft beteiligt sind und Gesellschafter von Kapitalgesellschaften, wenn sie zu mindestens 50 % am Vermögen der Gesellschaft beteiligt sind.

    Nach den zuletzt angeführten Verordnungsstellen war Elmar E.W. im Hinblick auf seine jeweils mehr als 50 % betragende Beteiligung am "Vermögen der Gesellschaften" Betriebsinhaber vor und nach der durch den Einbringungsvorgang bewerkstelligten Betriebsübertragung. Da sich Elmar E.W. somit schon vor der Betriebsübertragung in vergleichbarer Art beherrschend betrieblich betätigt hat, waren im Beschwerdefall die Voraussetzungen des § 5a Abs 1 Z 2 NeuFöG für die Inanspruchnahme des in Abs 2 Z 2 dieser Gesetzesstelle bestimmten Freibetrages nicht erfüllt.

    Die mit einem Notariatsakt vom 5. März 2003 erfolgte (schenkungsweise) Abtretung des Geschäftsanteils des Elmar E.W. an seine Tochter Elisabeth W. kann daran nichts ändern. Für die Zuerkennung einer abgabenrechtlichen Begünstigung sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld maßgeblich. Die Steuerschuld ist iS des § 8 Abs 1 GrEStG mit der Verwirklichung des Erwerbsvorganges, hier mit Abschluss des Sacheinlagevertrages am 30. Jänner 2003 entstanden. Die damit entstandene Steuerpflicht kann durch spätere Änderungen - wie im Beschwerdefall die nach Zustellung des Grunderwerbsteuerbescheides erfolgte Übertragung des Geschäftsanteils - nicht wieder beseitigt werden.

    In der Beschwerdeschrift wird an einer Stelle ausgeführt, der Geschäftsanteil des Elmar E.W. sei "bereits durch ein mündliches Schenkungsversprechen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise übertragen" worden. An anderer Stelle ist von einer "bereits erfolgten mündlichen Schenkung" die Rede, wobei auch in der Beschwerde nicht angegeben wird, wann dieses Versprechen erfolgt sei. Aus diesem Vorbringen kann die Beschwerdeführerin nichts gewinnen:

    Zur Übertragung von Geschäftsanteilen mittels Rechtsgeschäftes unter Lebenden bedarf es gemäß § 76 Abs 2 GmbHG eines Notariatsaktes. Dies gilt auch für Vereinbarungen über die Verpflichtung eines Gesellschafters zur künftigen Abtretung eines Geschäftsanteiles. Auch das behauptete "mündliche Schenkungsversprechen" hätte als Schenkungsvertrag ohne wirkliche Übergabe zu seiner Wirksamkeit eines Notariatsaktes bedurft (vgl § 1 lit d Notariatsaktsgesetz, RGBl Nr 76/1871 idF des Bundesgesetzes BGBl I Nr 98/2001).

    Überdies wird in den Regeln des Neugründungs-Förderungsrechts die Person des Betriebsinhabers als jemand, der die Betriebsführung beherrscht, auf Grund ihrer Beziehungen zur GmbH bestimmt, wie aus der Maßgeblichkeit der Beteiligung des Gesellschafters am "Vermögen der Gesellschaft" (vgl. § 2 Abs 2 der oa VO) ersichtlich ist. Diese Beziehung des Gesellschafters zur Gesellschaft entsteht aber erst mit der Eintragung in das Firmenbuch, da gemäß § 78 Abs 1 GmbHG im Verhältnis zur Gesellschaft nur derjenige als Gesellschafter gilt, der im Firmenbuch als solcher aufscheint.

    Selbst dann, wenn trotz des diesbezüglichen widersprüchlichen Beschwerdevorbringens eine mündliche Vereinbarung zwischen Elmar E. W. und seiner Tochter über eine schenkungsweise Übertragung des Geschäftsanteils spätestens im Zeitpunkt des Einbringungsvertrages bestanden hätte, hätte dies an den tatsächlichen Beteiligungsverhältnissen - die für die Frage nach der Person des Betriebsinhabers maßgebend ist - nichts geändert. Wenn auf Grund einer mündlich vereinbarten Schenkung allenfalls bereits im Zeitpunkt der Einbringung ein formungültiger Anspruch der Tochter auf eine Übertragung des Geschäftsanteils bestanden hätte, wäre eine solche Übertragung erst im Zeitpunkt ihrer Ausführung, also mit der Ausfertigung des Notariatsaktes, erfolgt, weil auch das Verfügungsgeschäft der Notariatsaktsform bedarf (Koppensteiner, Kom.2, Rz 26 zu § 76 GmbHG). Die Beteiligungsverhältnisse haben somit erst mit der wirklichen Ausführung der Schenkung, also mit dem genannten Notariatsakt, eine Veränderung erfahren.

    Im Hinblick auf die Maßgeblichkeit der Ausführung der Übertragung des Geschäftsanteils in der dafür gesetzlich vorgesehenen Notariatsaktsform folgt auch, dass die Berufung der Beschwerdeführerin auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ins Leere geht. Im Übrigen tritt die wirtschaftliche Betrachtungsweise bei den im § 1 Z 1 bis 6 NeuFöG angeführten Abgaben unter Bedachtnahme auf die grundsätzliche Anknüpfung dieser Abgaben auf die äußere formalrechtliche Gestaltung in den Hintergrund. Auch das NeuFöG selbst lässt in seiner Gesamtheit erkennen, dass die begünstigenden Wirkungen dieses Gesetzes nur bei Erfüllung bestimmter formeller Voraussetzungen - vgl etwa die Vorlage eines Vordrucks als materiellrechtliches Tatbestandsmerkmal (§ 4 NeuFöG) - eintreten.

    Die Beschwerde erweist somit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

    Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003.

    Wien, am 4. Dezember 2003

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