Normen
11997E249 EG Art249;
31992R2913 ZK 1992 Art244;
31992R2913 ZK 1992 Art245;
BAO §119 Abs1;
BAO §212a;
EURallg;
UStG 1994 §26;
VwRallg;
ZollRDG 1994 §2 Abs1;
11997E249 EG Art249;
31992R2913 ZK 1992 Art244;
31992R2913 ZK 1992 Art245;
BAO §119 Abs1;
BAO §212a;
EURallg;
UStG 1994 §26;
VwRallg;
ZollRDG 1994 §2 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 12. März 2002 erhob der Beschwerdeführer Berufung gegen den Bescheid des Hauptzollamtes Linz vom 4. Februar 2002 und stellte den Antrag auf "Aussetzung der Abgabeneinhebung" gemäß § 212a BAO und Art. 244 Zollkodex (ZK). Hinsichtlich des Antrages auf "Aussetzung der Abgabeneinhebung" brachte der Beschwerdeführer vor, die Berufung sei erfolgversprechend. Es werde ausdrücklich darauf verwiesen, dass entgegen bestehender Irrmeinungen § 212a BAO neben Art. 244 Abs. 3 ZK weiterhin uneingeschränkt anwendbar sei. Durch Art. 244 ZK sollten für Mitgliedstaaten der EU Mindeststandards des Rechtsschutzes für Betroffene geschaffen werden, keinesfalls aber bereits bestehender weiter gehender Rechtsschutz, wie dieser in 212a BAO verankert sei, eingeschränkt werden. Die von Seiten der Behörde vertretene These einer teilweisen materiellen Derogation des § 212a BAO sei verfehlt.
Mit Bescheid vom 28. März 2002 wies das Hauptzollamt Linz den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Dies mit der Begründung, in der Eingabe vom 12. März 2002 sei kein Nachweis oder Hinweis erbracht worden, dass die Forderung einer Sicherheitsleistung auf Grund der Lage des Schuldners zu ernsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art führen könnte. Mit Vorhalt vom 15. März 2002 sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, binnen einer Woche ab Zustellung des Vorhaltes, eine Sicherheitsleistung zu erbringen. Dieser Vorhalt sei unbeantwortet geblieben und es sei keine Sicherheit für die Gewährung der beantragten Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Entscheidung vorgelegt worden. Der Antrag sei daher abzuweisen gewesen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, gesetzwidrige Bescheide seien von Amts wegen nach Art. 244 Abs. 2 ZK auszusetzen. Es lägen nicht bloß begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung vor. Die Gesetzwidrigkeit sei geradezu evident. Die Behörde erster Instanz sei daher verpflichtet gewesen, von Amts wegen gemäß Art. 244 ZK einerseits und auch antragsgemäß im Sinne des § 212a BAO andererseits die Aussetzung der Abgabeneinhebung zu verfügen. Die als Vorhalt bezeichnete gesetzwidrige Aufforderung vom 15. März 2002 auf Beibringung einer Sicherheitsleistung sei irrelevant. Das Begehren auf Sicherheitsleistung sei von vorne herein gesetzlich nicht gedeckt.
Gleichzeitig stellte der Beschwerdeführer in dieser Eingabe einen weiteren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 13. Mai 2002 wies das Hauptzollamt Linz die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides führte das Hauptzollamt Linz aus, eine spezielle nationale Regelung über das Verfahren bei der Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 ZK sei im Zollrechtsdurchführungsgesetz (ZollR-DG) nicht ausdrücklich normiert. Es seien daher nach § 2 Abs. 1 ZollR-DG die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften der BAO anzuwenden. Die Aussetzung der Vollziehung entspreche im Wesentlichen der nationalen Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO, sodass in Vollziehung des Art. 244 ZK die für diese nationale Bestimmung geltenden Verfahrensbestimmungen anzuwenden seien. Die Rechtsmeinung des Beschwerdeführers, Art. 244 ZK normiere ausschließlich die amtswegige Aussetzung der Vollziehung und § 212a BAO ausschließlich die beantragte Aussetzung der Vollziehung, werde nicht geteilt. Wenn allerdings nur eine der beiden in Art. 244 Unterabsatz 2 ZK genannten Voraussetzungen erfüllt sei, sei die Aussetzung zu gewähren. Der EuGH habe in seinem Urteil vom 17. Juli 1997, Rs C-130/95 , Bernd Giloy, Slg. 1997, I-4291, klargestellt, dass die Zollbehörden die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen können. Mit Vorhalt des Hauptzollamtes Linz sei dem Beschwerdeführer eine Sicherheitsleistung abverlangt worden. Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Die Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Vollziehung sei daher wegen fehlender Sicherheitsleistung zu Recht ergangen.
In der Beschwerde an den Berufungssenat brachte der Beschwerdeführer ergänzend zum Berufungsvorbringen vor, nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 ZollR-DG seien die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften der BAO weiterhin in Geltung. Entgegen der Rechtsauffassung der Behörde sei § 212a BAO neben Art. 244 ZK auch nach dem Beitritt Österreichs zu den Gemeinschaften weiterhin vollinhaltlich anwendbar, soweit in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich in der Entscheidung vom 27. September 1999 mit § 1 Ausfuhrerstattungsgesetz (AEG) beschäftigt und § 1 Abs. 5 AEG verweise ausdrücklich auf die für Zölle geltenden Rechtsvorschriften. Im Bereich des Zollkodex existiere keine in § 1 Abs. 5 AEG gleich lautende Verweisungsnorm. Selbst wenn dies der Fall wäre, so liege dennoch keine materiell rechtliche Überlagerung des § 212a BAO durch Art. 244 ZK vor, weil § 212a BAO dem Art. 244 ZK nicht entgegenstehe, sondern einerseits antragsgebunden sei, andererseits gegenüber Art. 244 ZK keine widersprüchlichen Tatbestandsmerkmale aufweise. Die gegenteilige von der belangten Behörde vertretene Rechtsauffassung sei unzutreffend. Überdies würde die Rechtsauffassung der belangten Behörde zu unzulässigen, gleichheitswidrigen, sachlich nicht zu rechtfertigenden Diskriminierungen und Wettbewerbsverzerrungen führen. Dies speziell im Bereich der Umsatzsteuer. Die bescheidmäßig vorgeschriebene Inlandsumsatzsteuer sei auf Antrag zwingend auszusetzen, es sei denn, die Berufung erscheine nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend. Dies gelte analog für die Einfuhrumsatzsteuer, jedoch - folge man der Auffassung der belangten Behörde - mit der Einschränkung, dass diesfalls eine Sicherheitsleistung zu fordern sei. Jede Sicherheitsleistung impliziere per se eine wirtschaftliche Beeinträchtigung, was als notorisch vorausgesetzt werden könne. Nach Maßgabe der Denkungsweise der belangten Behörde wäre sohin der österreichische Importeur gegenüber dem rein österreichischen Zwischenhändler ex lege benachteiligt, was absolut nicht den Intentionen des Gemeinschaftsrechtsgesetzgebers entspreche.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte aus, das Hauptzollamt Linz habe die Berufung gegen den dem Aussetzungsverfahren zu Grunde liegenden Abgabenbescheid abgewiesen. Ein Rechtsbehelf dagegen sei nicht eingebracht worden und diese Entscheidung sei in Rechtskraft erwachsen. Da dieses Verfahren rechtskräftig abgeschlossen sei, bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis mehr und eine Voraussetzung für die Aussetzung der Vollziehung sei nicht erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Aussetzung der Vollziehung verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. 244 ZK wird durch die Einlegung des Rechtsbehelfs die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung nicht ausgesetzt. Die Zollbehörden setzen jedoch die Vollziehung der Entscheidung ganz oder teilweise aus, wenn sie begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung haben oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Bewirkt die angefochtene Entscheidung die Erhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben, so wird die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht. Diese Sicherheitsleistung braucht jedoch nicht gefordert werden, wenn eine derartige Forderung auf Grund der Lage des Schuldners zu ernsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art führen könnte.
Die Verordnungsbestimmung des Art. 244 ZK ist unmittelbar anzuwendendes Gemeinschaftsrecht. Nach dieser Bestimmung kann unter bestimmten Voraussetzungen die Vollziehung der Entscheidung der Zollbehörden ausgesetzt werden. Im Fall der Erhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben wird die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht.
Einfuhrabgaben sind nach Art. 4 Z 10 ZK Zölle und Abgaben mit gleicher Wirkung bei der Einfuhr von Waren sowie bei der Einfuhr erhobene Abgaben, die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik auf Grund der für bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse geltenden Sonderregelungen vorgesehen sind.
Ausfuhrabgaben sind gemäß Art. 4 Z 11 ZK Zölle und Abgaben mit gleicher Wirkung bei der Ausfuhr von Waren sowie bei der Ausfuhr erhobene Abgaben, die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik oder auf Grund der für bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse geltenden Sonderregelungen vorgesehen sind.
Der Zollkodex regelt somit die Aussetzung der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, nicht aber die Aussetzung der Vollziehung von sonstigen Eingangs- oder Ausgangsabgaben.
Gemäß Art. 245 ZK werden die Einzelheiten des Rechtsbehelfsverfahrens von den Mitgliedstaaten erlassen.
Gemäß § 2 Abs. 1 ZollR-DG ist das im § 1 ZollR-DG genannte gemeinschaftliche Zollrecht, dieses Bundesgesetz und die in Durchführung dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen sowie die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften und das in Österreich anwendbare Völkerrecht, soweit sie sich auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben beziehen (Zollrecht im Sinne des Art. 1 des ZK) auch bei der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen anzuwenden, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.
Nach § 26 UStG gelten, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, für die Einfuhrumsatzsteuer die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß.
Demnach ist auf Grund dieser Regelungen im Aussetzungsverfahren betreffend Eingangsabgaben, - sachlich durchaus gerechtfertigt - einschließlich der EUSt, Art. 244 ZK anzuwenden. Die nationalen Bestimmungen über die Zahlungserleichterungen und die Aussetzung der Einhebung der Abgaben nach § 212a BAO sind nur insoweit anzuwenden, als diese Art. 244 ZK nicht entgegenstehen oder Art. 244 ZK keine Regelung enthält und eine solche dem nationalen Gesetzgeber überlassen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. September 1999, Zl. 98/17/0227).
Nach Art. 244 ZK ist die Vollziehung auszusetzen, wenn entweder begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Liegt eine der beiden Voraussetzungen vor, dann besteht ein Rechtsanspruch auf Aussetzung der Vollziehung.
Nach Art. 245 ZK werden die Einzelheiten des Rechtsbehelfsverfahrens von den Mitgliedstaaten erlassen. Es sind somit die nationalen Vorschriften im Verfahren über die Aussetzung nach Art. 244 ZK anzuwenden, soweit dem nicht gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen entgegenstehen. Eine spezielle nationale Regelung über das Verfahren bei der Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 ZK wurde im ZollR-DG nicht ausdrücklich normiert. Es gelten daher nach § 2 Abs. 1 ZollR-DG die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften der BAO. Die Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 ZK entspricht im Wesentlichen der nationalen Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO, sodass in Vollziehung des Art. 244 ZK die für diese nationale Bestimmung geltenden Verfahrensbestimmungen auch bei der Aussetzung der Vollziehung anzuwenden sind (vgl. das hg Erkenntnis vom 7. August 2003, Zl. 2000/16/0573).
Bei der Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 ZK handelt es sich, wie bei der Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO um eine begünstigende Bestimmung. Der Abgabepflichtige hat daher aus eigener Überzeugung darzulegen und glaubhaft zu machen, dass die Voraussetzungen dafür vorliegen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 27. September 1999).
Aus dem Zusammenhalt des ersten und zweiten Satzes des Art. 244 ZK ist auch für die Aussetzung der Vollziehung die Einlegung eines Rechtsbehelfs Voraussetzung. Die Antragstellung auf Aussetzung der Vollziehung ist daher ab der Einbringung eines Rechtsbehelfs zulässig und nur solange, bis über den Rechtsbehelf entschieden wurde.
Allerdings ist dem Gesetz nicht zu entnehmen und wäre mit der zeitlichen Begrenzung der Antragszulässigkeit unvereinbar, die Erledigung eines solchen Antrages nur bis zur Bekanntgabe der Entscheidung über die maßgebende Berufung zulässig wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 91/14/0164).
Wenn die Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollziehung nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung über den Aussetzungsantrag geprüft werden, so sind darunter die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über den Aussetzungsantrag durch die Behörde erster Instanz zu verstehen, wobei die Aussichten der Berufung an Hand des Berufungsvorbringens zu prüfen sind (vgl. hg. Erkenntnis vom 31. August 2000, Zl. 98/16/0296).
Art. 244 dritter Satz ZK sieht aber eine Aussetzung der Vollziehung bei der Erhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben nur gegen Sicherheitsleistung vor. Die Sicherheitsleistung ist eine Bedingung der Aussetzung der Vollziehung (vgl. Witte, Zollkodex-Kommentar3, Rz 40 und 42 zu Art. 244).
Vom Beschwerdeführer wurde eine Sicherheitsleistung abverlangt. Dieser hat jedoch eine solche Sicherheitsleistung abgelehnt, ohne darzutun, dass eine derartige Forderung auf Grund seiner Lage zu ernsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art führen könnte.
Demnach hat die belangte Behörde erster Instanz und danach die belangte Behörde im Instanzenzug im Ergebnis mit Recht die Aussetzung der Vollziehung versagt. Ob nun, wie der Beschwerdeführer entgegen den Feststellungen im angefochtenen Bescheid behauptet, einen weiteren Rechtsbehelf gegen die Berufungsvorentscheidung des Hauptzollamtes Linz eingelegt hat und ob deshalb die Abgabenvorschreibung noch nicht rechtskräftig ist, spielt somit im Ergebnis keine Rolle.
Aus den dargestellten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 26. Februar 2004
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