Normen
EStG 1972 §14;
EStG 1988 §67 Abs3;
EStG 1988 §67 Abs6;
EStG 1972 §14;
EStG 1988 §67 Abs3;
EStG 1988 §67 Abs6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war seit 1964 Kommanditistin der G. KG und vom 1. Mai 1972 bis 28. Februar 1979 bei dieser G. KG angestellt. Anschließend war sie bei der als Komplementärin in die G. KG eingetretenen G. GmbH als nicht wesentlich beteiligte Geschäftsführerin angestellt. Aus Anlass der Beendigung ihres Dienstverhältnisses mit der G. GmbH mit Ablauf des 30. Juni 1997 erhielt sie von dieser eine Abfertigung in Höhe von 2,650.000 S.
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für 1997 im Instanzenzug fest. Sie übernahm dabei folgende, im Rahmen einer bei der Rechtsnachfolgerin der G. GmbH durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung angestellte Berechnung der Abfertigung:
"Eintritt in die GmbH 1.3.1979 - Austritt 30.6.1997 Abfertigungsanspruch für 18 Jahre 6 Monatsgehälter | ||
Letztes Gehalt mtl. | 113.989,00 | |
Sachbezug | 7.000.00 | |
Überstundendurchschnitt | 38.268,00 | |
Summe | 159.257,00x 12 | 1,911.084,00 |
zuzüglich Sonderzahlungen (ZU, WR) | 227.978,00 | |
2.139.062,00:12 x 6 | ||
gesetzliche Abfertigung= | 1,069.531,00 | |
Freiwillige Abfertigung § 67 (6)1/4(1/4 d. lfd. Bez. v. 7/96-6/97) | 474.371,00 | |
begünstigte Abfertigung gesetzl. u. freiw. | 1,543.902,00 | |
ausbezahlte Abfertigung | 2,650.000,00 | |
Anteil der Abfertigung, die nur auf arbeitsrechtlicheZeiten als Kommanditistin entfallen | 1,106.098,00" |
Den Anspruch auf Abfertigung regle § 23 Abs. 1 AngG nach Maßgabe der beim selben Arbeitgeber zurückgelegten Dienstjahre, wobei Vordienstzeiten bei anderen Dienstgebern "im Prinzip" in die für die Abfertigung maßgebende Dienstzeit nicht einzurechnen seien. Erfolge eine "Einrechnung" auf freiwilliger Basis, müsse es sich bei solchen "Vordienstzeiten" um Beschäftigungszeiten handeln, die der Arbeitnehmer entweder (in nach dem Gesetz nicht anrechnungspflichtiger Form) beim selben Arbeitgeber oder bei einem oder mehreren in- oder ausländischen früheren Arbeitgebern tatsächlich verbracht habe. Zeiten, während derer jemand selbständig erwerbstätig gewesen sei, kämen als "Vordienstzeiten" nicht in Betracht.
Jene Zeiten, für welche die Beschwerdeführerin als Kommanditistin Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt habe, kämen somit als "Vordienstzeiten" nicht in Betracht. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass einerseits das Dienstverhältnis als Gesellschafterin der G. KG vom 1. Mai 1972 bis zum 28. Februar 1979 aus arbeitsrechtlicher Sicht anzuerkennen gewesen sei und andererseits ein Dienstvertrag zwischen der G. GmbH und der Beschwerdeführerin vom 28. Februar 1979 eine Einstufung der Beschwerdeführerin "unter Berücksichtigung von 8- 10 Verwendungsgruppenjahren" erfolgt sei. Ein von der Beschwerdeführerin für ihren Standpunkt ins Treffen geführte Erlass des Bundesministeriums für Finanzen stelle keine für die belangte Behörde beachtliche Rechtsquelle dar.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der vor ihm gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 24. November 2003, B 1120/03-4, abgelehnt, und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 67 Abs. 3 EStG 1988 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. Nr. 818, lautet:
"(3) Die Lohnsteuer von Abfertigungen, deren Höhe sich nach einem von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängigen Mehrfachen des laufenden Arbeitslohnes bestimmt, wird so berechnet, dass die auf den laufenden Arbeitslohn entfallende tarifmäßige Lohnsteuer mit der gleichen Zahl vervielfacht wird, die dem bei der Berechnung des Abfertigungsbetrages angewendeten Mehrfachen entspricht. Ist die Lohnsteuer bei Anwendung des Steuersatzes des Abs. 1 niedriger, so erfolgt die Besteuerung der Abfertigungen nach dieser Bestimmung. Unter Abfertigung ist die einmalige Entschädigung durch den Arbeitgeber zu verstehen, die an einen Arbeitnehmer bei Auflösung des Dienstverhältnisses auf Grund
- gesetzlicher Vorschriften,
- Dienstordnungen von Gebietskörperschaften,
- aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst- (Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,
- eines Kollektivvertrages oder
- der für Bedienstete des Österreichischen Gewerkschaftsbundes geltenden Arbeitsordnung
zu leisten ist.
Die vorstehenden Bestimmungen sind auf
- Bezüge und Entschädigungen im Sinne des § 14 des Bezügegesetzes sowie gleichartige Bezüge und Entschädigungen auf Grund landesgesetzlicher Regelungen,
- Bezüge und Entschädigungen im Sinne des § 5 des Verfassungsgerichtshofgesetzes,
- Abfertigungen durch die Urlaubs- und Abfertigungskasse auf Grund des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes, BGBl. Nr. 414/1972
anzuwenden."
§ 67 Abs. 6 EStG 1988 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des Familienbesteuerungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 312, lautet:
"(6) Sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie zum Beispiel freiwillige Abfertigungen und Abfindungen), sind mit dem Steuersatz des Abs. 1 zu versteuern, soweit sie insgesamt ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate nicht übersteigen; Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Über das Ausmaß des ersten Satzes hinaus sind freiwillige Abfertigungen bei einer nachgewiesenen
Dienstzeit von | bis zur Höhe von |
3 Jahren..................... | 2/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate |
5 Jahren..................... | 3/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate |
10 Jahren.................... | 4/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate |
15 Jahren.................... | 6/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate |
20 Jahren.................... | 9/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate |
25 Jahren.................... | 12/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate |
mit dem Steuersatz des Abs. 1 zu versteuern; Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Während dieser Dienstzeit bereits erhaltene Abfertigungen im Sinne des Abs. 3 oder gemäß den Bestimmungen dieses Absatzes sowie bestehende Ansprüche auf Abfertigungen im Sinne des Abs. 3 kürzen das steuerlich begünstigte Ausmaß. Den Nachweis über die zu berücksichtigende Dienstzeit sowie darüber, ob und in welcher Höhe Abfertigungen im Sinne des Abs. 3 oder dieses Absatzes bereits früher ausgezahlt worden sind, hat der Arbeitnehmer zu erbringen; bis zu welchem Zeitpunkt zurück die Dienstverhältnisse nachgewiesen werden, bleibt dem Arbeitnehmer überlassen. Der Nachweis ist vom Arbeitgeber zum Lohnkonto (§ 76) zu nehmen. Soweit die Grenzen des ersten und zweiten Satzes überschritten werden, sind solche sonstige Bezüge wie ein laufender Bezug nach dem Lohnsteuertarif der Besteuerung zu unterziehen; hiebei ist ein monatlicher Lohnzahlungszeitraum zu unterstellen."
§ 23 Abs. 1 des Angestelltengesetzes - AngG - lautet:
"(1) Hat das Dienstverhältnis ununterbrochen drei Jahre gedauert, so gebührt dem Angestellten bei Auflösung des Dienstverhältnisses eine Abfertigung. Diese beträgt das Dreifache des vom Angestellten für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Entgeltes und erhöht sich nach fünf Dienstjahren auf das Dreifache, nach zehn Dienstjahren auf das Vierfache, nach fünfzehn Dienstjahren auf das Sechsfache, nach zwanzig Dienstjahren auf das Neunfache und nach fünfundzwanzig Dienstjahren auf das Zwölffache des monatlichen Entgeltes. Alle Zeiten, die der Angestellte in unmittelbar vorausgegangenen Dienstverhältnissen als Arbeiter oder Lehrling zum selben Dienstgeber zurückgelegt hat, sind für die Abfertigung zu berücksichtigen; Zeiten eines Lehrverhältnisses jedoch nur dann, wenn das Dienstverhältnis einschließlich der Lehrzeit mindestens sieben Jahre ununterbrochen gedauert hat. Zeiten eines Lehrverhältnisses allein begründen keinen Abfertigungsanspruch."
Die Abfertigung ist daher nur insoweit nach § 67 Abs. 3 EStG 1988 zu versteuern, als sie sich dem Grunde und der Höhe nach aus den in dieser Bestimmung genannten lohngestalteten Vorschriften ergibt (vgl. auch Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Band III C, Rz 2 zu § 67 Abs. 3 bis 5). Da das arbeitsrechtliche Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin zur G. KG mit einem anderen Dienstgeber als das anschließende Dienstverhältnis mit der G. GmbH, dessen Beendigung zur Abfertigung führte, bestanden hatte, war die G. GmbH bei der Berechnung der Abfertigung gemäß § 23 Abs. 1 AngG lediglich zur Berücksichtigung der Zeiten des Dienstverhältnisses der Beschwerdeführerin mit der G. GmbH verpflichtet.
Zutreffend ist die belangte Behörde daher bei der Berechnung der gesetzlichen Abfertigung von einem Anspruch der Beschwerdeführerin von sechs Monatsgehältern (nach rund 18 Dienstjahren) ausgegangen.
Bei der über die gesetzliche Abfertigung hinaus gehenden Abfertigung handelt es sich somit um eine freiwillige Abfertigung iSd § 67 Abs. 6 EStG 1988 (vgl. auch Doralt, EStG10, Tz 43 zu § 67).
Die belangte Behörde hat bei der Berechnung der Abfertigung, soweit sie insgesamt ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate nicht überstieg und nach § 67 Abs. 6 erster Satz EStG 1988 mit dem (für die Beschwerdeführerin günstigeren) Steuersatz des § 67 Abs. 1 leg. cit. (6 %) zu versteuern ist, nicht auf Vordienstzeiten abstellen müssen und insoweit auch einen Teil der Abfertigung (nämlich mit dem Betrag von 474.371 S) unter dieser Bestimmung eingereiht.
Hinsichtlich des § 67 Abs. 6 zweiter Satz EStG 1988 sieht das Gesetz eine darüber hinausgehende Berücksichtigung von freiwilligen Abfertigungen bei einer im Einzelnen näher angeführten "nachgewiesenen Dienstzeit" vor.
Strittig ist im Beschwerdefall somit, ob es sich bei der Zeit, in welcher die Beschwerdeführerin in einem arbeitsrechtlichen Dienstverhältnis mit der G. KG gestanden ist, um eine Dienstzeit im Sinn des § 67 Abs. 6 zweiter Satz EStG 1988 handelt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, 92/15/0019, VwSlg. 6.950/F, zur insofern vergleichbaren Problematik des § 14 EStG 1972 ausgesprochen, dass hinsichtlich eines Zeitraumes, in welchem eine Angestellte, die als Mitunternehmerin (Kommanditistin) pflichtversichert gewesen sei, kein abgabenrechtliches Dienstverhältnis bestanden habe, sondern eine solche arbeitsrechtlich als Angestellte anzusehende Mitunternehmerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb beziehe. Vordienstzeiten aus einem solchen Zeitraum könnten daher bei der Ermittlung des Abfertigungsanspruches iSd § 14 EStG nicht berücksichtigt werden.
Für den Begriff der "Dienstzeit" in § 67 Abs. 6 zweiter Satz EStG 1988 gilt nichts anderes. Zeiten einer zu betrieblichen Einkünften führenden Tätigkeit sind daher keine als anrechenbare Vordienstzeiten taugliche "Dienstzeiten" im Sinne des § 67 Abs. 6 zweiter Satz EStG 1988 und bleiben demnach bei der Ermittlung der Abfertigung außer Ansatz (vgl. Hofstätter/Reichel, aaO, Rz. 3 zu § 67 Abs. 3 bis 5, und Doralt, aaO, Tz 60 zu § 67).
Die Beschwerdeführerin bringt vor, § 67 Abs. 3 EStG 1988 mit dem Verweis auf "gesetzliche Vorschriften" und § 67 Abs. 6 leg. cit. mit dem Begriff "Dienstzeiten" würden arbeitsrechtliche Normen ansprechen, welche im arbeitsrechtlichen Sinne zu verstehen seien, weshalb ein arbeitsrechtliches Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin davon erfasst sei. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlasst, von seiner diesem Ergebnis widersprechenden, im erwähnten Erkenntnis vom 15. Dezember 1994 ausgedrückten Ansicht abzugehen, dass eine zu betrieblichen Einkünften führende Tätigkeit keine Dienstzeit iSd § 67 EStG 1988 darstellen könne.
Auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das hg. Erkenntnis vom 27. September 2000, 2000/14/0087, führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Jener Beschwerdefall betrifft einen gänzlich anders gelagerten Sachverhalt.
Die Beschwerdeführerin führt ins Treffen, dass bei Auszahlung einer Abfertigung durch die G. KG bei Beendigung des arbeitsrechtlichen Dienstverhältnisses der Beschwerdeführerin mit der G. KG mit 28. Februar 1979 eine günstigere steuerliche Behandlung der Abfertigung stattgefunden hätte. Dieses Vorbringen geht ins Leere, weil die belangte Behörde den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt und kein fiktives Geschehen zu beurteilen hatte.
Schließlich bringt die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde hätte einen Erlass des Bundesministeriums für Finanzen zu beachten gehabt. Dabei übersieht sie, dass Erlässe mangels Normcharakters keine allgemein verbindlichen und damit auch den Verwaltungsgerichtshof bindenden Rechtsgrundlagen darstellen.
Die belangte Behörde hatte somit bei der Anwendung des § 67 Abs. 6 zweiter Satz EStG 1988 lediglich die Dienstzeit der Beschwerdeführerin, soweit sie in einem Dienstverhältnis zu G. GmbH gestanden war, zu berücksichtigen, wobei sich aus der Bestimmung des § 67 Abs. 6 dritter Satz leg. cit. ergab, dass auf den in Rede stehenden Betrag von 1,106.098 S kein "begünstigter" Steuersatz nach § 67 Abs. 1 EStG 1988 (von 6 %) anzuwenden war, sondern die Abfertigung insoweit nach § 67 Abs. 6 letzter Satz leg. cit. nach dem Lohnsteuertarif zu versteuern war.
Die Beschwerdeführerin zeigt somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. November 2006
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