VwGH 2003/14/0104

VwGH2003/14/010428.11.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des H F in L, vertreten durch Dr. Gerald Büger, Wirtschaftsprüfer in 5270 Mauerkirchen, Heiligengeistgasse 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 6. November 2003, Zl. RV/1344-L/02, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 1999, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war nach Abschluss seines Medizinstudiums Turnusarzt, zunächst in Villach und danach in Linz.

Mit dem angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde im Instanzenzug bei der Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 1999 unter anderem die Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung sowie für ein sogenanntes "Assistentenabonnement" der Wiener Zeitung als Werbungskosten.

Begründend führte die belangte Behörde hinsichtlich der doppelten Haushaltsführung aus, der Beschwerdeführer sei ledig, habe jedoch erklärt, seit dem Jahr 1996 in Lebensgemeinschaft mit Sabine P. zu leben. Die Lebensgefährtin sei in Wien berufstätig, nach Aussage des Beschwerdeführers befinde sich dort der gemeinsame Hauptwohnsitz. Grundsätzlich sei die eheähnliche Lebensgemeinschaft bei Berücksichtigung der doppelten Haushaltsführung der Ehe gleichgestellt, doch sei die Frage, ob ein Nichtverheirateter außerhalb des Beschäftigungsortes einen eigenen Haushalt unterhalte, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen bilde und tatsächlich einen doppelten Aufwand gegenüber anderen Steuerpflichtigen bedeute, naturgemäß schwieriger zu beurteilen. Doralt verweise in seinem Kommentar zum Einkommensteuergesetz unter Tz 350 zu § 4 auf die Auffassung des BFH. Danach sei bei einer Lebensgemeinschaft ein gemeinsamer Hausstand nur dann anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige sich mit Duldung des Partners dauerhaft dort aufhalte und sich finanziell in einem Umfang an der Haushaltsführung beteilige, dass daraus auf eine gemeinsame Haushaltsführung geschlossen werden könne. Die Feststellung, ob der Hausstand gegenüber der Wohnung am Beschäftigungsort der "Haupthausstand" sei, erfordere eine Gesamtwürdigung anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalles. Neben dem Vorhandensein abhängiger Zurechnungspersonen könnten auch Größe und Ausstattung der Unterkunft ein Indiz für den Lebensmittelpunkt sein.

Obwohl die Lebensgefährtin die Beteiligung des Beschwerdeführers an den Mietzahlungen bestätige, spreche vor allem die Größe der Wohnung in Wien gegen eine Beurteilung als gemeinsamer Hauptwohnsitz und Mittelpunkt der Lebensinteressen:

Nicht nur bei der Wohnung in Villach, die der Beschwerdeführer noch in der ersten Hälfte des "Berufungsjahres" bewohnt habe, handle es sich um eine nur 30 qm große Garconniere, sondern auch bei der Wohnung in Wien. Berücksichtige man nun weiters, dass die Lebensgefährtin bereits seit Dezember 1992 alleinige Mieterin dieser Wohnung sei, der Beschwerdeführer erst seit 31. Juli 1996 dort gemeldet sei, wobei laut Meldezettel diese Adresse nicht sein Hauptwohnsitz sei, er weiters erst ab März 1997 kurzfristig in Wien berufstätig gewesen sei und bereits ab November 1997 die Arbeit in Villach aufgenommen habe, so lasse dieser Sachverhalt viel eher den Schluss zu, dass hier ein "Familienwohnsitz" an dessen Haushaltführung der Beschwerdeführer beteiligt sei, noch gar nicht begründet worden sei. Dafür spreche auch, dass die Lebensgemeinschaft bloß durch gegenseitige Besuche an den Wochenenden aufrecht erhalten worden sei, der Beschwerdeführer sich somit auch nicht "dauerhaft" - das heißt ununterbrochen nur durch berufsbedingte und allenfalls urlaubsbedingte Abwesenheit - in Wien aufgehalten habe, wodurch ebenfalls erkennbar sei, dass offensichtlich keine der beiden Wohnungen von den beiden Partnern als gemeinsamer Lebensmittelpunkt angesehen worden sei. Auf Grund dieser Feststellungen liege der Schluss nahe, dass ein doppelter Aufwand, der eine steuerliche Berücksichtigung von Wohnungskosten rechtfertige, hier nicht vorliege, sondern jeder Partner für die Kosten in seiner Wohnung aufgekommen sei. Erstmalig nach dem Umzug nach Linz habe der Beschwerdeführer dort eine Wohnung bezogen, die mit 50 qm viel eher vermuten lasse, dass dort zwei Personen ihren gemeinsamen Mittelpunkt der Lebensinteressen begründen könnten. Soweit sich diese Vermutung als stichhaltig erweise, könnten in der Folge allenfalls bei der Partnerin in Bezug auf ihre Tätigkeit die Voraussetzungen für eine steuerlich begünstigte doppelte Haushaltsführung vorliegen, nicht jedoch beim Beschwerdeführer. Als Aufwendungen für Familienheimfahrten seien grundsätzlich die Fahrtaufwendungen desjenigen (Ehe)Partners anzuerkennen, der von der Wohnung am Arbeitsplatz zum gemeinsamen Familienwohnsitz heimfahre. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass zwar eine einen gemeinsamen Hauptwohnsitz begründende Wohnung nicht vorhanden ist, jedoch Fahrtaufwendungen zur Aufrechterhaltung der Lebensgemeinschaft tatsächlich angefallen seien, könnten ausnahmsweise diese Aufwendungen als Werbungskosten anerkannt werden.

Hinsichtlich der Verweigerung der Anerkennung der Aufwendungen für das Abonnement der Wiener Zeitung als Werbungskosten stützte sich die belangte Behörde darauf, dass grundsätzlich Aufwendungen für überregionale Tageszeitungen nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 2 lit. a EStG 1988 fielen, da es sich hiebei um Druckwerke handle, die eine breite Öffentlichkeit ansprechen und üblicherweise losgelöst von der beruflichen Sphäre gelesen würden. Es seien somit Wirtschaftsgüter, bei denen die Trennung zwischen beruflicher und privater Veranlassung nicht einwandfrei durchführbar sei. Dies gelte auch für die Wiener Zeitung, die neben dem Amtsblatt wie jede andere Tageszeitung auch einen allgemein interessierenden Teil enthalte. Daran ändere auch der Hinweis des Beschwerdeführers nichts, dass lediglich die Zeitungen bezogen würden, in denen die Assistentenstellen der jeweiligen Universitätskliniken ausgeschrieben würden ("Assistenten-Abonnement"), da auch bei diesem Abonnement jeweils die gesamten Zeitungen einschließlich aller außerberuflich interessierender Teile erworben würden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Erwachsen einem Arbeitnehmer Mehraufwendungen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss und die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes in eine übliche Entfernung zum Ort der Erwerbstätigkeit nicht zumutbar ist, sind diese Mehraufwendungen Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1988. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung haben als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit seines Ehegatten bzw. Partners einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2006, 2006/14/0027).

Im Beschwerdefall verweigerte die belangte Behörde die geltend gemachten Kosten der doppelten Haushaltsführung im Wesentlichen vor dem Hintergrund der Sachverhaltsannahme, dass ein gemeinsamer Familienwohnsitz noch gar nicht begründet worden sei.

Diese Sachverhaltsannahme wird von der belangten Behörde aber nicht schlüssig begründet: Weshalb der Umstand, dass die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers "bereits" seit Dezember 1992 alleinige Mieterin der entsprechenden Wohnung gewesen sei, der Beschwerdeführer aber "erst" seit Juli 1996 dort gemeldet gewesen sei, ein Argument für das Fehlen eines gemeinsamen Wohnsitzes im Jahr 1999 sein soll, ist nicht erkennbar. Dieser Sachverhalt deutet vielmehr darauf hin, dass die Wohnung zumindest seit 1996 der gemeinsame Wohnsitz des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin war, zumal die belangte Behörde ausdrücklich einräumt, dass die Lebensgefährtin die Beteiligung des Beschwerdeführers an den Mietzinszahlungen bestätigt hat. Auch der von der belangten Behörde als gegen den gemeinsamen Wohnsitz sprechend gewertete Umstand, dass der Beschwerdeführer "erst ab 1997" kurzfristig in Wien berufstätig gewesen sei, und "bereits ab November 1997" die Arbeit in Villach aufgenommen habe, spricht für das Vorbringen des Beschwerdeführers, zumindest ab 1996 einen gemeinsamen Wohnsitz in Wien gehabt zu haben. Der Umstand, dass diese Wohnung "lediglich" eine Größe von 30 qm aufweist, spricht weder allein, noch zusammen mit den zuletzt angeführten Argumenten für die Annahme der belangten Behörde. Lebte der Beschwerdeführer seit (zumindest) 1996 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin in der entsprechenden Wohnung, auch wenn sie nur eine Nutzfläche von rund 30 qm aufwies, kann der Umstand, dass der Beschwerdeführer im Jahr 1999 anlässlich seiner - befristeten (vgl. Vorhaltsbeantwortung vom 16. Oktober 2001) - Beschäftigung in Linz dort eine Wohnung mit 50 qm bezogen hat, zwar bewirken, dass der Beschwerdeführer (und seine Lebensgefährtin) allenfalls Überlegungen hinsichtlich der Verlegung des gemeinsamen Mittelpunktes der Lebensinteressen in diese Wohnung anstellten, nicht aber die von der belangten Behörde zum Ausdruck gebrachte Vermutung rechtfertigen, dass jedenfalls ein gemeinsamer Wohnsitz in Wien (im Jahr 1996) noch nicht begründet worden sei.

Hinzu kommt aber, dass die belangte Behörde ausgehend davon, dass als Aufwendungen für Familienheimfahrten grundsätzlich die Fahrtaufwendungen desjenigen (Ehe)partners anzuerkennen seien, der von der Wohnung am Arbeitsplatz zum "gemeinsamen Familienwohnsitz" heimfährt, im Beschwerdefall "tatsächlich angefallene Fahrtaufwendungen zur Aufrechterhaltung der Lebensgemeinschaft ausnahmsweise" anerkennt, obwohl sie - wie oben behandelt - vom Fehlen eines gemeinsamen Wohnsitzes ausgeht. Die Begründung des angefochtenen Bescheides erweist sich in diesem Punkt daher nicht nur als unschlüssig, sondern auch als in sich widersprüchlich. Dies belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Hinsichtlich des sogenannten Assistenten-Abonnements der Wiener Zeitung meint die belangte Behörde, dass die diesbezüglichen Aufwendungen unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf Tageszeitungen nicht als Werbungskosten anerkannt werden könnten, da auch mit dem entsprechenden "Assistenten Abonnement" die gesamte Zeitung einschließlich aller außerberuflich interessierenden Teile erworben würde.

Nun trifft es zwar zu, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Aufwendungen für Tageszeitungen grundsätzlich zu den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung zählen. Es entspricht auch der Rechtsprechung, dass die Eignung einer Tageszeitung, fallweise beruflich bedeutsame Informationen zu bieten, nichts daran ändert, dass Zeitungen dem Bereich der privaten Lebensführung zuzurechnen sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. März 2003, 2000/15/0226).

In seiner Berufung hat der Beschwerdeführer allerdings darauf hingewiesen, dass im Rahmen des entsprechenden Abonnements lediglich zweimal pro Monat die Ausgaben der Wiener Zeitung bezogen würden, in denen sämtliche Assistentenposten an den österreichischen Universitäten veröffentlicht würden.

Dieses Vorbringen, wonach im Ergebnis eine täglich erscheinende Zeitung im Abonnement lediglich an zwei Tagen im Monat bezogen wird, lässt erkennen, dass das Interesse am allgemein interessierenden Teil der Tageszeitung derart in den Hintergrund tritt, dass es für die Beurteilung der Frage, ob die Zeitung aus beruflichen oder privaten Gründen bezogen wird, zu vernachlässigen ist. Die belangte Behörde behauptet auch nicht, dass die gegenständlich im Rahmen des Abonnements bezogenen Druckwerke losgelöst von der beruflichen Sphäre bezogen werden. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher in diesem Punkt als inhaltlich rechtswidrig.

Er war daher, weil die inhaltliche Rechtswidrigkeit gegenüber der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften prävaliert, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. November 2007

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