Normen
NatSchG OÖ 2001 §9 Abs1;
SeenschutzV Oberdonau 1940 §2;
VwRallg;
NatSchG OÖ 2001 §9 Abs1;
SeenschutzV Oberdonau 1940 §2;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 902,30 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 25. März 2003 wurde den beschwerdeführenden Parteien aufgetragen, zwei näher beschriebene Stege in den Mondsee binnen gleichzeitig festgesetzter Frist zu entfernen. Gleichzeitig wurde der von den beschwerdeführenden Parteien (nachträglich gestellte) Antrag auf Feststellung, dass durch die errichteten Stege öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes nicht verletzt würden, gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die beschwerdeführenden Parteien seien von der Erstbehörde nachweislich aufgefordert worden, sowohl die Zustimmungserklärung der Grundeigentümerin zur Errichtung der Stege als auch einen Lageplan und eine Projektbeschreibung binnen festgesetzter Frist vorzulegen. Dieser Aufforderung seien die beschwerdeführenden Parteien ua. mit der Begründung, die Pläne seien nicht erforderlich, um das Projekt beurteilen zu können, weil es sich dabei um "ein besonders primitives Projekt" handle, das überdies bereits errichtet worden sei, nicht nachgekommen. Nun sei zwar richtig, dass § 38 OÖ NatSchG die Vorlage von Plänen oder gleichwertigen zeichnerischen Darstellungen nur insoweit gebiete, als sie zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich seien. Allerdings müsse das Vorhaben im Antrag so genau determiniert sein, dass es sich einwandfrei als Verfahrensgegenstand identifizierten lasse. Auch nach Jahrzehnten müsse sich nachvollziehen lassen, an welchem Ort welcher Steg in welcher Ausgestaltung genehmigt worden sei. Entsprechende Pläne seien daher jedenfalls erforderlich. Auch illegal errichtete Stege könnten nicht nachträglich ohne Vorlage entsprechender Pläne genehmigt werden. Da die beschwerdeführenden Parteien die Mängel des Feststellungsantrages (fehlender Nachweis der Zustimmung der Grundeigentümerin, fehlender Lageplan und fehlende Projektbeschreibung) trotz Aufforderung nicht behoben hätten, sei die Zurückweisung ihres Antrages durch die Erstbehörde zu Recht erfolgt. Was den Entfernungsauftrag angehe, sei dem - im Einzelnen dargestellten - Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz zu entnehmen, dass das Bild der betroffenen Uferlandschaft durch den Schilfgürtel und das Uferbegleitgehölz geprägt werde, in dem die Stege, die den Schilfgürtel schneisenartig unterbrechen würden, deutlich in Erscheinung träten. Durch die Stege erfolge eine maßgebliche Veränderung des optischen Eindrucks des Uferbereiches. Daran ändere der Umstand, dass sich im näheren Bereich des betroffenen Grundstücks gleichartige Einbauten befänden, nichts. Östlich der drei Stege befänden sich in einer Entfernung von 100 m zwei Stege und ein Bootsunterstand, und westlich in einer Entfernung von 150 m zwei Stege und eine Fischzuchtanlage; auf im einzelnen genannten Grundstücken vorhandene Stege seien keine Altbestände und auch nicht genehmigt. Die Unterbrechung des Schilfgürtels durch die Stege der beschwerdeführenden Parteien bewirke daher einen maßgeblichen Eingriff in das Bild der betroffenen Landschaft. Die beschwerdeführenden Parteien hätten zwar behauptet dass die von ihnen errichteten Stege "Altbestände" darstellten, ein Beweis dafür habe jedoch nicht erbracht werden können. Vielmehr seien bloß unterschiedliche Angaben zu den Errichtungszeitpunkten der Stege behauptet worden. Den vorgelegten alten Fotos könne allerdings nicht entnommen werden, ob sie tatsächlich am jetzigen Standort der Stege aufgenommen worden wären. Da eine Feststellung im Sinne des § 9 Abs. 1 OÖ NatSchG, dass durch diesen Eingriff solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt würden, fehle, sei dieser Eingriff in das Landschaftsbild widerrechtlich und den beschwerdeführenden Parteien, die die Stege errichtet hätten, daher gemäß § 58 Abs. 1 OÖ NatSchG deren Entfernung aufzutragen gewesen.
Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 16. Juni 2003, B 728/03, abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung der von den beschwerdeführenden Parteien beantragten Verhandlung über die Beschwerde erwogen:
Die beschwerdeführenden Parteien wenden zunächst gegen die Anwendung des Oberösterreichischen Naturschutzgesetzes 2001 (OÖ NatSchG) ein, es liege zwar der Mondsee im Bundesland Oberösterreich, nicht aber jenes Grundstück, von dem aus die Stege in den Mondsee errichtet worden seien; dieses Grundstück liege in Salzburg. Die im vorliegenden Fall allein maßgebliche "hinter den Stegen gelegene Landschaft des Landes Salzburg" sei allerdings nicht durch das OÖ NatSchG, sondern durch das Salzburger Naturschutzgesetz geschützt. Eine Anwendung des OÖ NatSchG sei daher denkunmöglich.
Nach den Annahmen des angefochtenen Bescheides wurden die beiden Stege auf einem im Bundesland Oberösterreich gelegenen Grundstück, und zwar im Mondsee errichtet. Grundlage dieser Annahme sind - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - planliche Unterlagen, insbesondere des Vermessungsamtes Salzburg. Der daraus gewonnenen Auffassung der belangten Behörde, die Stege befänden sich "eindeutig im See", sind die beschwerdeführenden Parteien im Verwaltungsverfahren trotz gebotener Gelegenheit und selbst in der Beschwerde nicht konkret entgegengetreten. Dem angefochtenen Bescheid liegt nun die Auffassung zu Grunde, dass durch die Errichtung dieser Stege der optische Eindruck der umgebenden Landschaft maßgeblich verändert worden und die Zulässigkeit dieser Veränderung nach dem OÖ NatSchG zu beurteilen sei.
Die Anwendung des OÖ NatSchG ist im Gegensatz zur Meinung der beschwerdeführenden Parteien keineswegs denkunmöglich; wurden durch die Errichtung der zwei Stege doch Maßnahmen, deren Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu beurteilen sind, unbestrittenermaßen im räumlichen Geltungsbereich des OÖ NatSchG gesetzt, sodass dieses Gesetz - nach Maßgabe der in Betracht kommenden Tatbestände - jedenfalls anzuwenden ist. Ob darüber hinaus auch durch das Salzburger Naturschutzgesetz geschützte Rechtsgüter berührt werden, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben.
Gemäß § 9 Abs. 1 OÖ NatSchG ist jeder Eingriff in das Landschaftsbild an allen Seen samt ihren Ufern bis zu einer Entfernung von 500 m landeinwärts verboten, so lange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.
Gemäß § 3 Z. 2 OÖ NatSchG ist unter einem Eingriff in das Landschaftsbild eine Maßnahme von nicht nur vorübergehender Dauer zu verstehen, die zufolge ihres optischen Eindrucks das Landschaftsbild maßgeblich verändert.
Landschaftsbild ist gemäß § 3 Z. 8 OÖ NatSchG das Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft.
Der Auffassung des angefochtenen Bescheides, die von den beschwerdeführenden Parteien errichteten Stege stellten einen im Sinne des § 9 Abs. 1 OÖ NatSchG verbotenen Eingriff in das Landschaftsbild dar, hält die Beschwerde entgegen, es hätte dieser Beurteilung im Anwendungsbereich des OÖ NatSchG ausschließlich die Oberösterreichische, nicht aber auch die Salzburger Landschaft zu Grunde gelegt werden dürfen. Das OÖ NatSchG schütze nämlich die Oberösterreichische Landschaft, die verfahrensgegenständlichen Stege hätten allerdings nur Auswirkungen auf die dahinter liegende Salzburger Landschaft.
§ 9 Abs. 1 OÖ NatSchG verbietet an Seen und ihren Ufern jeden Eingriff in das Landschaftsbild, d.h. jede Maßnahme, die den optischen Eindruck der die Seen umgebenden Landschaft maßgeblich verändert. Dieser Beurteilung ist das sich von allen möglichen Blickpunkten bietende Bild der von der Maßnahme betroffenen Landschaft zu Grunde zu legen, gleichgültig, ob die dieses Bild erzeugende Landschaft nun innerhalb oder außerhalb Oberösterreichs gelegen ist. Nicht die Landschaft als individueller Teil der Erdoberfläche an sich ist nämlich entscheidend, sondern vielmehr das sich von allen möglichen Blickpunkten ergebende Bild der Landschaft und der Einfluss, den die betreffende Maßnahme auf dieses Bild ausübt. Nur diese Frage ist im gegebenen Zusammenhang zu beurteilen.
Der Beurteilung, ob durch die verfahrensgegenständlichen Stege ein Eingriff in das Landschaftsbild im Sinne des § 9 Abs. 1 OÖ NatSchG erfolgt, ist daher nicht - wie dies den beschwerdeführenden Parteien offenbar vorschwebt - allein der in Oberösterreich gelegene Schilfgürtel zu Grunde zu legen, sondern das Bild, das von der sowohl in Oberösterreich wie in Salzburg gelegenen Landschaft gebildet wird und in das die Stege der beschwerdeführenden Parteien treten.
Dass die auf sachverständige Grundlage gestützte, nicht unschlüssige Auffassung der belangten Behörde, die Stege der beschwerdeführenden Parteien würden das Bild der umgebenden Landschaft maßgeblich verändern, unzutreffend wäre, ist dem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien nicht zu entnehmen. Diese meinen zwar, es hätten die bestehenden Beeinträchtigungen berücksichtigt werden müssen, ohne allerdings konkret darzulegen, inwieweit die belangte Behörde bei Berücksichtigung "der zahlreichen - im näheren und weiteren Umfeld bestehenden - Einbauten, welche allesamt wesentlich größer und auffälliger" seien als die der beschwerdeführenden Parteien, zu einem anderen als dem Ergebnis gelangt wäre, die Stege der beschwerdeführenden Parteien bewirkten deutlich wahrnehmbare, schneisenartige Unterbrechungen des Schilfgürtels und würden dadurch das Bild der Landschaft maßgeblich verändern. Der Hinweis auf andere Einbauten besagt für sich nichts über den Einfluss, den die Stege der beschwerdeführenden Parteien auf das Landschaftsbild haben. Die beschwerdeführenden Parteien haben aber auch zu ihrer weiteren Behauptung, der behördlichen Annahme nicht genehmigter und auch keinen Altbestand bildender Einbauten liege kein "den Beschwerdeführern bekannt gemachtes oder nachgewiesenes" Ermittlungsergebnis zugrunde, kein Vorbringen erstattet, dem die Wesentlichkeit des geltend gemachten Verfahrensmangels entnommen werden könnte. Davon abgesehen hat die belangte Behörde diese Annahme nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten auf eine behördliche Begehung vom 27. April 1998 gestützt, deren Ergebnisse den beschwerdeführenden Parteien im Rahmen des Parteiengehörs (Aufforderung zur Stellungnahme vom 29. Jänner 2003) vorgehalten wurden.
Die beschwerdeführenden Parteien wenden gegen die Zulässigkeit des Entfernungsauftrages - eine Feststellung iSd § 9 Abs. 1 OÖ NatSchG liegt unbestrittenermaßen nicht vor - ein, es handle sich um einen "Altbestand".
Unter einem "Altbestand" ist nach hg. Judikatur eine Maßnahme zu verstehen, die bereits vor Inkrafttreten einer entsprechenden gesetzlichen Regelung gesetzt wurde und seither unverändert andauert (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 31. März 2003, Zl. 2002/10/0121, und die dort zitierte Vorjudikatur). Ein - auch ohne behördliche Feststellung im Sinne des § 9 Abs. 1 OÖ NatSchG zulässiger - "Altbestand" läge daher vor, wären die in Rede stehenden Stege von den beschwerdeführenden Parteien vor dem 18. Oktober 1940, das ist der Tag des erstmaligen Inkrafttretens eines dem § 9 Abs. 1 OÖ NatSchG entsprechenden Verbotes, errichtet worden (und seither unverändert bestehen geblieben) (vgl. § 2 der Verordnung über den Landschaftsschutz an den Seen des Reichsgaues Oberdonau vom 8. Oktober 1940, Verordnungs- und Amtsblatt Nr. 62/1940).
Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass die beschwerdeführenden Parteien ein entsprechend konkretes Vorbringen betreffend den Errichtungszeitpunkt erstattet hätten. Die beschwerdeführenden Parteien sind vielmehr der Auffassung, den vorgelegten "alten Fotos" - gegebenenfalls in Verbindung mit einem Lokalaugenschein, dessen Unterbleiben als Verfahrensmangel gerügt werde - lasse sich entnehmen, dass die Stege "vor mehr als 30 Jahren errichtet wurden".
Nun hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid dargelegt, dass auf manchen der vorgelegten Fotos ein Steg zu erkennen sei, dass aber auf den "älteren" Fotos, die für eine Beurteilung als Altbestand relevant seien, die umgebende Landschaft nicht zu erkennen sei. Es könne daher nicht beurteilt werden, ob diese Fotos tatsächlich am jetzigen Standort der Stege aufgenommen worden seien, sodass das Vorliegen eines "Altbestandes" mit diesen Fotos nicht bewiesen werden könne.
Die beschwerdeführenden Parteien zeigen nichts auf, was diese Auffassung als unzutreffend erscheinen lassen könnte. Sie zeigen insbesondere auch nicht auf, inwieweit die Vornahme des von ihnen vermissten Lokalaugenscheins dazu hätte beitragen können, die Aussagekraft der Fotos, auf denen im Gegenstande entscheidende Umstände gerade nicht dargestellt sind, zu erhöhen. Die beschwerdeführenden Parteien haben daher die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels, den sie im unterbliebenen Lokalaugenschein erblicken, nicht dargetan. Gleiches gilt für den Vorwurf, die belangte Behörde habe zu Unrecht keine mündliche Verhandlung durchgeführt.
Für die Annahme eines "Altbestandes" wäre es im Übrigen keineswegs ausreichend, dass die Stege vor "mehr als 30 Jahren" errichtet wurden. Wie dargelegt, wäre eine solche Annahme nur dann gerechtfertigt, wären die Stege vor dem 18. Oktober 1940 errichtet worden und seither unverändert bestehen geblieben. Dass dies jedoch der Fall wäre, ist dem von den beschwerdeführenden Parteien erstatteten Vorbringen konkret nicht zu entnehmen. Der Auffassung der belangten Behörde, es liege kein "Altbestand" im dargelegten Sinn vor, ist daher nicht zu beanstanden.
Im Gegensatz zur Auffassung der beschwerdeführenden Parteien war bei der Beurteilung der Stege als Eingriff in das Landschaftsbild im Sinne des § 9 Abs. 1 OÖ NatSchG keine Interessenabwägung vorzunehmen. Eine solche käme erst im Feststellungsverfahren gemäß § 9 Abs. 1 OÖ NatSchG in Betracht, zu dem es zufolge unterbliebener Verbesserung des Feststellungsantrages durch die beschwerdeführenden Parteien bisher unbestrittenermaßen nicht gekommen ist.
Soweit sich die beschwerdeführenden Parteien gegen die Zurückweisung des Feststellungsantrages wenden, ist eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht ersichtlich. Auch die Beschwerde bringt diesbezüglich nichts vor; vielmehr wurde die Nichtvorlage der Zustimmungserklärung der Eigentümerin des Mondsees ebenso wie der behördlich geforderten Projektunterlagen (in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof) zugestanden.
Für die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG besteht weder in Ansehung des § 3 Z. 2 und Z. 8 noch in Ansehung des § 9 Abs. 1 OÖ NatSchG ein Anlass; auch die beschwerdeführenden Parteien haben ihrer diesbezüglichen Anregung keine Begründung beigefügt, der verfassungsrechtliche Bedenken gegen die genannten Bestimmungen entnommen werden könnten.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatz-VO 2003.
Wien, am 22. Dezember 2003
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