VwGH 2003/09/0042

VwGH2003/09/004218.12.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des Ing. H (nunmehr: Verlassenschaft nach Ing. H, verstorben am 26. Juli 2003), vertreten durch Dr. Udo Elsner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Gonzagagasse 14/21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 22. Jänner 2003, Zl. UVS- 07/A/30/649/1997-29, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien:

1. Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, 2. Bundesminister für Finanzen), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ZustG §13 Abs4;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ZustG §13 Abs4;

 

Spruch:

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist wird keine Folge gegeben,

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Jänner 2003 wurde der Beschwerdeführer nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) für schuldig befunden, dass er am 29. April 1997 als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer Ges.m.b.H. einen Ausländer ohne die erforderlichen Papiere beschäftigt habe. Er wurde gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG mit einer Geldstrafe von EUR 726,73 und einer Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen bestraft.

Dagegen richtet sich die vorliegende, am 18. März 2003 zur Post gegebene und am selben Tag dem Verwaltungsgerichtshof per Telefax übermittelte Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens war die Berufung des Beschwerdeführers vom 15. Oktober 1997 für diesen auf einem mit dem Briefkopf der "Winkler Reich-Rohrwig Elsner Rechtsanwälte Partnerschaft" versehenen Kanzleipapier eingebracht worden, darauf findet sich der Vermerk "Vollmacht erteilt" sowie eine unleserliche Unterschrift. In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 24. Februar 2000 und am 21. März 2000 schritt der Beschwerdevertreter für die bevollmächtigte Rechtsanwälte-Partnerschaft und damit diese für den Beschwerdeführer ein. Die schriftliche Ausfertigung des angefochtenen Bescheides wurde nach Ausweis eines in den Akten des Verwaltungsverfahren befindlichen RSb-Rückscheins mit dem Absender Magistratisches Bezirksamt der Bundeshauptstadt Wien für den

2. Bezirk von der Kanzlei Dr. Helmut Winkler, Dr. Otto Reich-Rohrwig und Dr. Alexander Illedits am 3. Februar 2003 übernommen. In der Beschwerde wird ausgeführt, dass die schriftliche Ausfertigung des angefochtenen Bescheides dem Beschwerdeführer am 4. Februar 2003 zugestellt worden sei.

In an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Noten vom 9. November 2006 und vom 7. Dezember 2006 führte der Beschwerdevertreter zur Frage der Rechtzeitigkeit der Beschwerde aus, dass der angefochtene Bescheid tatsächlich in seiner Kanzlei am 4. Februar 2003 eingelangt sei. Der Beschwerdevertreter sei mit Wirkung vom 31. Dezember 2002 aus der Winkler Reich-Rohrwig Elsner Illedits Rechtsanwälte Partnerschaft in Form eines Realteilungsvertrages ausgeschieden. Seit diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer ausschließlich vom Beschwerdevertreter vertreten gewesen, der zuvor auch im Innenverhältnis der Rechtsanwaltspartnerschaft ausschließlich für diesen Akt zuständig gewesen sei. Das Schriftstück sei seiner Kanzlei von jener der Winkler Reich-Rohrwig Illedits Rechtsanwälte Partnerschaft, überbracht worden. Diese befinde sich im selben Haus, und es sei kein Hinweis darauf zu ersehen gewesen, dass die Übernahme des Schriftstücks bereits am 3. Februar 2003 erfolgt sei. Grundsätzlich würden falsch zugestellte Schriftstücke noch am Tag des Einlangens weitergeleitet. Es sei auch fraglich, ob das Schriftstück der Partnerschaft tatsächlich schon am 3. Februar 2003 zugestellt worden sei, für diesen Fall werde hilfsweise ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.

Auszugehen ist davon, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren seit seiner im Grunde des § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG im Berufungsschriftsatz vom 15. Oktober 1997 erfolgten Berufung auf eine der Winkler Reich-Rohrwig Elsner Rechtsanwälte Partnerschaft erteilten Vollmacht von dieser Rechtsanwälte Partnerschaft vertreten war. Eine Änderung dieses Vertretungsverhältnisses ist weder aus den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens zu ersehen noch wurde vom Beschwerdevertreter ein diesbezüglicher konkreter Hinweis gegeben. Insbesondere ist eine Kündigung des Vollmachtsverhältnisses durch den Beschwerdeführer nicht ersichtlich, eine solche wäre erst mit der Mitteilung der Kündigung gegenüber der Behörde wirksam geworden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1995, Zl. 95/21/0450). Auch das Ausscheiden des Beschwerdevertreters aus der bevollmächtigten Rechtsanwälte Partnerschaft hatte keine Änderung des Vollmachtsverhältnisses zur Folge. Daraus ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer zu Handen der Winkler Reich-Rohrwig Illedits Rechtsanwälte Partnerschaft ausweislich des Rückscheines am 3. Februar 2003 wirksam zugestellt worden ist. (Es gibt keinen überzeugenden Grund Zweifel an der Richtigkeit dieser öffentlichen Urkunde zu hegen.)

Die vorliegende, am 18. März 2003 zur Post gegebene und am selben Tag dem Verwaltungsgerichtshof per Telefax übermittelte Beschwerde ist angesichts der in § 26 Abs. 1 VwGG mit sechs Wochen festgelegten Beschwerdefrist daher verspätet.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist in einem Fall wie dem vorliegenden nur zu bewilligen, wenn dem Parteienvertreter, in dessen Sphäre die Versäumung der Frist fällt, weder eine über einen minderen Grad des Versehens hinausgehende Verletzung seiner Überwachungs- und Kontrollpflichten noch eine mangelhafte Organisation seines Kanzleibetriebes zur Last liegt (vgl. u. a. die hg. Beschlüsse vom 27. Februar 1996, Zl. 95/08/0309, und vom 29. Juni 2005, Zl. 2005/08/0104, m.w.H.). Der Wiedereinsetzungswerber (oder sein Vertreter) darf nicht die im Verkehr mit Gerichten und Verwaltungsbehörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an rechtskundige Personen ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen. Die Einhaltung der Rechtsmittelfristen erfordert von der Partei und ihrem Vertreter größtmögliche Sorgfalt (vgl. den hg. Beschluss vom 16. Oktober 2003, Zl. 2001/03/0029, m.w.N.).

Den Wiedereinsetzungswerber gemäß § 46 VwGG trifft die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat, und diesen behaupteten Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft zu machen, was als Grundlage ein entsprechend begründetes Antragsvorbringen voraussetzt (vgl. den hg. Beschluss vom 24. Mai 2005, Zl. 2004/11/0233, m.w.N.). Diese Nachweispflicht bezieht sich auch auf die Darlegung, dass der Wiedereinsetzungswerber (oder sein Vertreter) die ihm im Zusammenhang mit der Einhaltung der versäumten Frist gebotene Sorgfaltspflicht nicht außer Acht gelassen hat und dass ihn nicht mehr als bloß ein minderer Grad des Versehens an der Fristversäumnis zur Last liegt (vgl. den hg. Beschluss vom 19. November 2002, Zl. 2002/21/0169).

Der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag enthält keine Darlegungen betreffend in der Kanzlei des Beschwerdevertreters zur Einhaltung von Fristen gepflogene Vorkehrungen bezüglich jener Schriftstücke, die seiner Kanzlei von der Rechtsanwalts-Partnerschaft übermittelt werden, der er früher angehört hatte. Damit konnte der Verwaltungsgerichtshof nicht vom Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG ausgehen, weshalb - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keine Folge gegeben werden konnte und die Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist in einem gemäß § 12 Abs. 4 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 18. Dezember 2006

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