VwGH 2003/09/0006

VwGH2003/09/00064.9.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Dr. Peter Lösch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Neuer Markt 1/16, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 6. November 2002, Zl. UVS-07/A/52/115/1999-22, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1997/I/078;
AuslBG §3 Abs1 idF 1997/I/078;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1997/I/078;
AuslBG §3 Abs1 idF 1997/I/078;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Ausspruches über die Strafe sowie im Ausspruch über die Verfahrenskosten wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe als Arbeitgeber zu verantworten, dass er am 12. Mai 1998 in Wien einen polnischen Staatsbürger als Bauarbeiter beschäftigt habe, obwohl für diesen weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt, noch eine Anzeigebestätigung, eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Wegen der Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 30.000,--, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen verhängt und ihm ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

Der angefochtene Bescheid wurde nach Darstellung des Verfahrensganges, insbesondere der von der belangten Behörde am 10. April und 22. Mai 2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, sowie der Rechtsvorschriften im Wesentlichen damit begründet, es sei unbestritten, dass der angeführte polnische Staatsbürger durch das Abschlagen des Verputzes an der Fassade eines näher angeführten Hauses in Wien Bauarbeiten für den Beschwerdeführer durchgeführt habe. Die Verantwortung des Beschwerdeführers, es habe sich dabei um einen reinen Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienst gehandelt, bzw. die Arbeiten wären ohne seinen Auftrag bzw. ohne sein Wissen erfolgt, sei nicht überzeugend. Dem stehe nämlich die Aussage des Ausländers am Tag von dessen Betretung entgegen, er hätte die gegenständlichen Maurerarbeiten im Auftrag des Beschwerdeführers gegen Kost und Logis durchgeführt.

Der Annahme eines Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienstes stehe entgegen, dass es im Rahmen eines solchen Naheverhältnisses wohl nicht üblich wäre, dem ausländischen Freund eine Wohnung der Kategorie D (nach einem vom Beschwerdeführer vorgelegten Mietvertrag) um den wesentlich überhöhten Preis von ATS 60,-- pro m2 zu vermieten. Daher sei anzunehmen, dass der Ausländer die Arbeiten tatsächlich über Auftrag des Beschwerdeführers als Gegenleistung "für Kost und Logis" durchzuführen gehabt habe. Ein Freundschaftsdienst sei schon mangels spezifischer Bindungen zwischen dem Ausländer und dem Beschwerdeführer zu verneinen, aber auch - so die belangte Behörde an anderer Stelle der Begründung - angesichts des großen Umfanges der "inkriminierten Arbeiten".

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, der objektive Unrechtsgehalt der angelasteten Tat sei angesichts des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Arbeitsmarktes nicht gering, die illegale Beschäftigung von Ausländern führe zu schweren volkswirtschaftlichen Schäden und zusätzlich zu einer Wettbewerbsverzerrung. Das Verschulden des Beschwerdeführers sei nicht als geringfügig zu bewerten. Milderungsgründe kämen dem Beschwerdeführer nicht zu Gute. Innerhalb des von S 10.000,-- bis S 60.000,-- reichenden Strafrahmens des ersten Strafsatzes des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG sei die Strafe angesichts des durchschnittlichen Einkommens des Beschwerdeführers und eines Vermögens von S 650.000,-- angemessen, zumal der Beschwerdeführer bis zuletzt einen äußerst uneinsichtigen Eindruck hinterlassen habe. Einer Strafmilderung seien generalpräventive Überlegungen entgegen gestanden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier anzuwendenden Bestimmungen des AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, lauten in der im Hinblick auf den Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 78/1997 auszugsweise wie folgt:

"§ 2. ...

(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern

die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger

Vorschriften ausgeübt wird,

...

(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

...

§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

...

§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1. wer

a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15 und 4c) ausgestellt wurde, ...

...

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von 10 000 S bis zu 60 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20 000 S bis zu 120 000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20 000 S bis zu 120 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40 000 S bis zu 240 000 S;

..."

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass der Ausländer am 12. Mai 1998 für ihn die im angefochtenen Bescheid dargestellten Arbeitsleistungen erbracht hat. Er hält den angefochtenen Bescheid aber deswegen für rechtswidrig, weil der Ausländer seine Dienste nur aus Dankbarkeit für das "Gratis-wohnen-lassen" und unentgeltlich durchgeführt habe. Eine Beschäftigung im Sinne des § 3 Abs. 1 AuslBG liege daher nicht vor.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Als Gefälligkeitsdienste oder Freundschaftsdienste können zwar kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anerkannt werden, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden. Bei der Unterscheidung zwischen Gefälligkeitsdienst und kurzfristiger Beschäftigung im Sinne des AuslBG kommt es auf eine Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles an, wie die Art und Intensität der persönlichen Beziehung, die Dauer der Tätigkeit und die wirtschaftliche Stellung der Beteiligten, wobei zu bedenken ist, dass eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG auch bei bloß kurzfristigen Arbeitsleistungen und auch dann vorliegen kann, wenn sie nur für Naturalleistungen erbracht werden; eine Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG Bestimmung wird dann gegeben sein, wenn auf Grund der gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG gebotenen Betrachtung des wahren wirtschaftlichen Gehalts und nicht der äußeren Erscheinungsform ein Mindestmaß an wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit der Arbeitskraft besteht (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 3. Juli 2000, Zl. 99/09/0037, vom 3. Juni 2004, Zl. 2002/09/0198, und vom 23. November 2005, Zl. 2004/09/0185).

Eine solche wurde nach den Umständen des vorliegenden Falles von der belangten Behörde im Ergebnis zu Recht bejaht. Mit der Frage des Vorliegens eines Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienstes hat sich die belangte Behörde eingehend auseinander gesetzt. Nach ihrer vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstandenden Einschätzung hat das Beweisverfahren nämlich eine spezifische Bindung - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers in der Beschwerde - zwischen ihm und dem bei Erbringung von Arbeitsleistungen betretenen Ausländer nicht ergeben. Auch hat der Beschwerdeführer selbst zugestanden, dass die Arbeitsleistungen des Ausländers für die Zurverfügungstellung einer Wohnung erfolgt seien.

Der angefochtene Bescheid ist jedoch hinsichtlich der damit getroffenen Strafbemessung nicht ausreichend nachvollziehbar. Bei der von der belangten Behörde angenommenen Beschäftigungsdauer von nur einem Tag, einem "durchschnittlichen Einkommen" des Beschwerdeführers und der Zugrundelegung von nicht näher spezifizierten Sorgepflichten erscheint die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von S 30.000,-- nicht ohne Weiteres angemessen. Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde bei der Strafbemessung im Grunde des gemäß § 19 Abs. 2 dritter Satz VStG grundsätzlich anzuwendenden § 34 Abs. 2 StGB den seit der Begehung der Tat erfolgten Zeitablauf als mildernd zu berücksichtigen haben.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid daher im Umfang seines Ausspruches über die Strafe sowie die Kosten gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben und im Übrigen die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Wien, am 4. September 2006

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