Normen
RAO 1868 §5 Abs2;
StPO 1975 §39 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war im Zeitraum zwischen 27. Oktober 1976 bis 17. Mai 1990 in die Liste der Rechtsanwälte, die vom jeweiligen Ausschuss der einzelnen Rechtsanwaltskammern geführt wird, eingetragen. Nachdem über das Vermögen des Beschwerdeführers rechtskräftig der Konkurs eröffnet worden war, stellte der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer A mit Beschluss vom 17. Mai 1990 fest, dass die Berechtigung des Beschwerdeführers zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft gemäß § 34 Abs. 1 lit. a RAO erloschen sei, verfügte die Löschung des Beschwerdeführers in der Liste der Rechtsanwälte dieser Rechtsanwaltskammer und bestellte einen mittlerweiligen Stellvertreter. Mit Beschluss des Landesgerichtes B vom 13. Juni 1994 wurde der über das Vermögen des Beschwerdeführers eröffnete Konkurs aufgehoben. Eine Wiedereintragung des Beschwerdeführers in die Liste der Rechtsanwälte einer Rechtsanwaltskammer erfolgte nicht.
Mit dem an den Präsidenten des Oberlandesgerichtes (OLG) C gerichteten Antrag vom 2. Jänner 1998 (eingelangt am 7. Jänner 1998) beantragte der Beschwerdeführer, ihn gemäß § 39 Abs. 3 StPO in die Verteidigerliste für den Sprengel dieses OLG aufzunehmen.
Mit Bescheid des Präsidenten des OLG C vom 15. Oktober 1998 wurde der Antrag des Beschwerdeführers mit der wesentlichen Begründung abgewiesen, es mangle ihm an der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 5 RAO, was näher dargelegt wurde.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 23. Februar 1999 wegen Verspätung zurückgewiesen wurde.
Dieser Bescheid wurde über Beschwerde des Beschwerdeführers mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. November 2000, B 647/99-14, behoben, weil die belangte Behörde zu Unrecht von einer Verspätung des Rechtsmittels ausgegangen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung vom 30. Oktober 1998 nicht Folge gegeben und den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Sie teilte die Auffassung der erstinstanzlichen Behörde, dass es dem Beschwerdeführer an der erforderlichen Vertrauenswürdigkeit mangle, was näher begründet wurde.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 26. November 2002, B 1616/02-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In seiner über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der im Beschwerdefall maßgebliche § 39 Abs. 3 der Strafprozessordnung, BGBl. Nr. 631/1975, lautet:
"(3) Der Präsident jedes Gerichtshofes zweiter Instanz hat für seinen Sprengel eine Verteidigerliste anzulegen, mit Anfang eines jeden Jahres zu erneuern und allen Strafgerichten zuzustellen, bei denen sie zu jedermanns Einsicht offenzuhalten ist. In diese Liste sind vorerst alle im Sprengel des Gerichtshofes zweiter Instanz die Rechtsanwaltschaft wirklich ausübenden Rechtsanwälte aufzunehmen. Auf ihr Ansuchen sind aber auch für die Rechtsanwaltschaft oder das Notariat geprüfte Rechtsverständige aufzunehmen, sofern nicht Umstände vorliegen, die nach dem Gesetz die Ausschließung von der Rechtsanwaltschaft oder dem Notariat zur Folge haben. Wer sich durch die Ausschließung aus der Verteidigerliste gekränkt erachtet, kann sich binnen vierzehn Tagen, nachdem ihm die Entscheidung zugestellt worden ist, beim Bundesministerium für Justiz beschweren."
Nach § 5 Abs. 2 der Rechtsanwaltsordnung (RAO), RGBl. Nr. 96/1868, ist die Eintragung in die Liste (der Rechtsanwälte) zu verweigern, wenn der Bewerber eine Handlung begangen hat, die ihn des Vertrauens unwürdig macht.
Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen offenbar - wenngleich unausgesprochen - übereinstimmend von der Annahme aus, dass der Beschwerdeführer nicht bzw. nicht mehr in dieser Liste aufgenommen ist, weil andernfalls ja kein Raum für dieses Verwaltungsverfahren bestünde. Da in diese Liste alle im Sprengel des Oberlandesgerichtes die Rechtsanwaltschaft wirklich ausübenden Rechtsanwälte aufzunehmen sind, gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglicherweise von der (auch in den beiden in der Folge genannten, insoweit vergleichbaren Beschwerdefällen zu beobachtenden) Annahme aus, die Löschung des Beschwerdeführers aus der Liste der Rechtsanwälte habe gleichsam automatisch auch seine Löschung aus der Verteidigerliste bewirkt. Dies ist aber unzutreffend, weil das Gesetz eine solche Rechtsfolge nicht vorsieht. Vielmehr bedarf es der bescheidmäßigen Anordnung der Streichung aus der Verteidigerliste, eine allenfalls zuvor erfolgte rein faktische Streichung ist rechtlich wirkungslos (siehe dazu eingehend das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 2000, Zl. 97/19/1529; vgl. auch die Sachverhaltsdarstellung im hg. Erkenntnis vom 18. September 2003, Zl. 2003/06/0103, wo zunächst eine solche faktische Streichung erfolgt war und die förmliche - bescheidmäßige - Streichung aus der Liste erst später erfolgte, als sich herausgestellt hatte, dass die faktische Streichung nicht rechtsverbindlich sei).
Im Beschwerdefall mangelt es daher an Feststellungen darüber, ob der Beschwerdeführer jemals in der gemäß § 39 Abs. 3 StPO geführten Liste dieses OLG aufgenommen war, und wenn ja, weshalb er nicht mehr aufgenommen ist. Sollte sich ergeben, dass er etwa im Hinblick auf seine Löschung aus der Liste der Rechtsanwälte rein faktisch aus dieser Liste gestrichen wurde, wäre diese Streichung nach dem zuvor Gesagten rechtlich wirkungslos, womit allerdings mangels wirksamer Streichung aus der Verteidigerliste dem Antrag des Beschwerdeführers um Aufnahme in diese Liste die Grundlage entzogen wäre.
Offenbar in Verkennung der Rechtslage haben es die Behörden des Verwaltungsverfahrens unterlassen, diese Frage zu erörtern und die entsprechenden Feststellungen zu treffen. Dies belastete den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er (schon deshalb) gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 30. März 2004
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