Normen
AVG §63 Abs3;
BGdAG 1967 §7 Abs2;
B-VG Art119a Abs5;
GewO 1973 §198 Abs5 impl;
GewO 1994 §152 Abs6;
VwRallg;
AVG §63 Abs3;
BGdAG 1967 §7 Abs2;
B-VG Art119a Abs5;
GewO 1973 §198 Abs5 impl;
GewO 1994 §152 Abs6;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Oberschützen vom 10. Oktober 2002 wurde im Instanzenzug die Sperrstunde des Gastgewerbebetriebes der mitbeteiligten Partei gemäß § 152 Abs. 6 GewO 1994 auf 1.00 Uhr vorverlegt. Begründend führte der Gemeinderat im Wesentlichen aus:
"Wie den im Gegenstandsakt beiliegenden Gendarmerieberichten zu entnehmen ist, erfolgten die strafbaren Handlungen in der T Straße zwischen B 50 und Einmündung der Gemeindestraße Richtung Freibad, vor allem im Bereich vor dem Kamakura, im Bereich des Thermenplatzes (Parkplatz vor der Bgld. Therme) im Bereich des Bahnhofsgeländes, des Parkplatzes der PVA und im Bereich des Freibades. Alle strafbaren Handlungen erfolgten in der Zeit zwischen 1.00 und 4.00 Uhr. In der Zeit zwischen 1.00 und 4.00 Uhr haben nur die beiden genannten Betriebe G und Z geöffnet. Da in der übrigen Zeit keine gleichartigen strafbaren Handlungen auftraten, kommen sonstige Verursacher mit Ausnahme der Gäste der beiden Betriebe nicht in Betracht. Auf Grund der Vielzahl der strafbaren Handlungen und der damit verbundenen Verletzungen des Eigentums und Körperverletzungen bestehen massive sicherheitspolizeiliche Bedenken. Eine Belästigung der Nachbarschaft ist bei Vorliegen von sicherheitspolizeilichen Bedenken auf Grund der gesetzlichen Bestimmung nicht erforderlich.
(...)
Die sicherheitspolizeilichen Bedenken liegen vor allem darin, dass laufend bei Betrieb der beiden genannten Betriebe Eigentumsverletzungen (Beschädigung von parkenden Autos, Zäunen, Blumenkisten u.dgl.), Körperverletzungen in der Zeit zwischen 1.00 und 4.00 Uhr erfolgen. Der Gemeinderat ist der Auffassung, dass auf Grund der Vielzahl der Verletzungen gegen das Eigentum und der Gesundheit von Menschen massive sicherheitspolizeiliche Bedenken vorliegen.
(...)
Seit der Erlassung des Bescheides des Bürgermeisters sind weitere 13 strafbare Handlungen vorgefallen. Dies zeigt, dass trotz Kenntnis dieser strafbaren Handlungen keine Veränderung eingetreten ist. Dies bestätigt, die Richtung der Vorverlegung der Sperrstunde auf 1.00 Uhr. Auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung erwies sich als richtig, da die sicherheitspolizeilichen Bedenken nach wie vor bestehen."
Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gemäß § 7 Abs. 5 des Bundes-Gemeindeaufsichtsgesetzes der von der mitbeteiligten Partei erhobenen Vorstellung Folge gegeben, der Bescheid des Gemeinderates vom 10. Oktober 2002 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat verwiesen.
Begründend führte die belangte Behörde hiezu im Wesentlichen aus, der Bescheid des Gemeinderates stütze sich ausschließlich auf sicherheitspolizeiliche Bedenken nach § 152 Abs. 6 GewO 1994. Zweifellos sei die Annahme sicherheitspolizeilicher Bedenken durch den Gemeinderat gerechtfertigt, wenn "in einem Zeitraum von etwa 2 ½ Jahren (01.01.1998 bis 25.07.2000) 27 Diebstähle/Einbruchsdiebstähle, 5 Körperverletzungen, 1 gefährliche Drohung, 38 Sachbeschädigungen und 15 Übertretungen des Suchtmittelgesetzes von der Gendarmerie dem Gericht angezeigt" worden seien. Jedoch seien Sachverhaltsfeststellungen dahingehend nicht getroffen worden, warum zu erwarten sei, dass die Vorschreibung einer früheren Sperrstunde dazu führen werde, dass sich jener Personenkreis, der für die Missstände verantwortlich sei, sich an jener Örtlichkeit, an der sich der betroffene Gastgewerbebetrieb befinde, nach Eintritt der vorverlegten Sperrstunde nicht mehr aufhalten werde. Es sei auch nicht darauf eingegangen worden, dass sich an diesem Standort offenbar noch weitere Gastgewerbebetriebe befänden und welche Gebäude sich außerhalb der Gastgewerbebetriebe befänden und welcher Personenkreis sich dort aufhalte, wenn die Gastgewerbebetriebe geschlossen hätten. Auch sei es erforderlich, Alter und Geschlecht der angezeigten Personen festzustellen. Die dem Gericht angezeigten strafbaren Handlungen seien zudem ausschließlich zahlenmäßig erfasst worden. Da sohin die Feststellung wesentlicher Sachverhaltselemente fehle, sei der Bescheid des Gemeinderates zu beheben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte nur die Akten des Verwaltungsverfahrens vor der belangten Behörde, nicht jedoch die Verwaltungsakten des Verfahrens vor der Gemeinde Oberschützen, vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Gemeinde Oberschützen erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf gesetzmäßige Ausübung des Aufsichtsrechts verletzt und bringt hiezu im Wesentlichen vor, die Vorstellung der mitbeteiligten Partei sei unzulässig gewesen, da jede "dezidierte Behauptung" fehle, dass die mitbeteiligte Partei durch den mit der Vorstellung angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht verletzt worden sei. Der erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Oberschützen stütze sich auf konkrete Feststellungen des Berichtes des Gendarmeriepostenkommandos Bad Tatzmannsdorf, wonach im Bereich der Gastgewerbebetriebe am Standort Oberschützen in der Zeit vom 1. Jänner 1998 bis 25. Juli 2000 fast ausschließlich in der Zeit von 0.00 Uhr bis 4.00 Uhr in 86 aufgelisteten Fällen - darunter Diebstähle, Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, Suchtgiftmissbrauch - Anzeige wegen strafbarer Handlungen erstattet worden sei sowie auf die Beschwerden der Kurgemeinde Bad Tatzmannsdorf und der PVA der Angestellten und leite daraus sicherheitspolizeiliche Bedenken ab. Da sich in diesem Bereich nur zwei Gastgewerbebetriebe befänden, lasse sich der Schluss ziehen, dass diesen Bedenken nur durch die Festsetzung früherer Sperrstunden begegnet werden könne. Damit werde den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Voraussetzungen für die Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmales entsprochen. Da klar zum Ausdruck gebracht worden wäre, dass in der Zeit von 0.00 Uhr bis 4.00 Uhr nur diese beiden Gastgewerbebetriebe geöffnet hätten, sei es nicht notwendig, den Personenkreis näher zu beschreiben oder die angezeigten Personen bestimmten Personenkreisen zuzuordnen bzw. deren Alter und Geschlecht festzustellen. Seit Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides bis 15. Oktober 2001 seien weitere strafbare Handlungen zur Anzeige gebracht worden, was zeige, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch die Erstbehörde gerechtfertigt gewesen sei.
2. § 7 Bundes-Gemeindeaufsichtsgesetz, BGBl. Nr. 123/1967, lautet auszugsweise:
"(1) Wer durch den Bescheid eines Gemeindeorgans in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, kann nach Erschöpfung des Instanzenzuges (Artikel 118 Abs. 4 B-VG.) innerhalb von zwei Wochen nach Erlassung des Bescheides dagegen Vorstellung erheben.
(2) Die Vorstellung ist schriftlich oder telegraphisch bei der Gemeinde einzubringen; sie hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Antrag zu enthalten. Die Gemeinde hat die Vorstellung unverzüglich, spätestens jedoch einen Monat nach ihrem Einlangen, unter Anschluß der Verwaltungsakten, der Aufsichtsbehörde vorzulegen.
...
(5) Die Aufsichtsbehörde hat, sofern die Vorstellung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, den Bescheid, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen. Die Gemeinde ist bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden."
§ 152 Abs. 6 GewO 1994 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 2002 lautet:
"Wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt wurde oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen, hat die Gemeinde eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben. Diese Vorschreibung ist zu widerrufen, wenn angenommen werden kann, dass der für die Vorschreibung maßgebende Grund nicht mehr gegeben sein wird. In Orten, in denen Bundespolizeibehörden bestehen, haben die Gemeinden vor einer Entscheidung diese Behörden zu hören. Nachbarn, die eine Verkürzung der Betriebszeit des Gastgewerbebetriebes bei der Gemeinde angeregt haben, sind Beteiligte im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991."
3. Zunächst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde die bezughabenden Akten des Verwaltungsverfahrens nicht vollständig vorgelegt hat, da die Verwaltungsakten des Verfahrens vor der Gemeinde Oberschützen (einschließlich der mehrfach angeführten Gendarmerieberichte sowie der Vorstellung der mitbeteiligten Partei) nicht vorgelegt wurden.
Gemäß § 38 Abs. 2 VwGG hat die Behörde die Akten vorzulegen. Unterläßt sie dies, so kann der Verwaltungsgerichtshof, wenn er die Behörde auf diese Säumnisfolge vorher ausdrücklich hingewiesen hat, auf Grund der Behauptungen des Beschwerdeführers erkennen. Ein solcher Hinweis ist im vorliegenden Fall mit hg. Verfügung vom 23. Mai 2003, Zl. 2003/04/0080-2, ergangen.
4. Soweit die Beschwerde vorbringt, die Vorstellung der mitbeteiligten Partei wäre mangels einer "dezidierten Behauptung" einer subjektiven Rechtsverletzung unzulässig gewesen, so ist - gemäß § 38 Abs. 2 VwGG ausgehend von dieser Behauptung - darauf hinzuweisen, dass § 7 Abs. 2 Bundes-Gemeindeaufsichtsgesetz - ebenso wie § 63 Abs. 3 AVG - vorsieht, dass das Rechtsmittel einen begründeten Antrag enthalten muß. Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 63 Abs. 3 AVG ausgesprochen hat, soll bei der Auslegung des Begriffes "begründeter Berufungsantrag" kein strenger Maßstab angelegt werden, ist doch dem AVG ein übertriebener Formalismus fremd. Die Berufung muss aber wenigstens erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. idS zum Erfordernis eines "begründeten Antrages" in einer Vorstellung nach § 93 Abs. 2 des Klagenfurter Stadtrechtes das hg. Erkenntnis vom 1. September 1998, Zl. 96/05/0087). Dass die Vorstellung der mitbeteiligten Partei im vorliegenden Fall diesen Anforderungen nicht entsprochen hätte, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet.
5. In der Sache geht der Verwaltungsgerichtshof - gemäß § 38 Abs. 2 VwGG gestützt auf die Beschwerdebehauptungen - davon aus, dass sich die im Bescheid des Gemeinderates vom 10. Oktober 2002 angeführten Feststellungen auf den in der Beschwerde angeführten Bericht des Gendarmeriepostenkommandos Bad Tatzmannsdorf sowie auf Beschwerden der Kurgemeinde Bad Tatzmannsdorf und der PVA der Angestellten sowie den Umstand, dass sich in diesem Bereich nur zwei Gastgewerbebetriebe befänden, stützen konnte.
Zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmales des Vorliegens "sicherheitspolizeilicher Bedenken" müssen durch entsprechende Sachverhaltsfeststellungen gedeckte konkrete Bedenken bestehen, aus deren Art sich schlüssig erkennen lässt, dass ihnen wirksam durch die Vorschreibung einer - durch die jeweiligen Sachverhaltsumstände bestimmten - früheren Sperrstunde begegnet werden kann. Dabei ist nicht wesentlich, dass die sicherheitspolizeilichen Bedenken jedenfalls auf Vorkommnisse in der gastgewerblichen Betriebsanlage selbst zurückzuführen sein müssten. Weiters ist es in diesem Zusammenhang auch nicht entscheidungsrelevant, inwiefern dem Gastgewerbetreibenden etwa ein Verschulden am Eintritt von Sachverhaltsumständen anzulasten ist, welche die Annahme sicherheitsbehördlicher Bedenken im dargestellten Sinn rechtfertigen. (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1992, Zl. 92/04/0036, zur vergleichbaren Rechtslage nach § 198 Abs. 5 GewO 1973, mwN).
Nach dem Vorgesagten ist die Auffassung der belangten Behörde, der Bescheid des Gemeinderates vom 10. Oktober 2002 könne sich auf keine ausreichenden, durch entsprechende Sachverhaltsfeststellungen gedeckte konkrete Bedenken stützen, nicht als rechtswidrig zu erkennen:
Zwar lassen die im Bescheid des Gemeinderates angeführten Vorkommnisse - wie auch die belangte Behörde ausgeführt hat - zweifellos sicherheitspolizeiliche Bedenken erkennen und zeigen die vom Gemeinderat getroffenen Feststellungen weiters, dass die angezeigten gerichtlich strafbaren Handlungen "fast ausschließlich" in einem Zeitraum begangen wurden (0.00 Uhr bis 4.00 Uhr), der durch die Vorverlegung der Sperrstunden wesentlich verkürzt wird.
Darüber hinaus wurden jedoch keinerlei weiteren Umstände festgestellt, die einen Zusammenhang zwischen dem Offenhalten der betroffenen Gastgewerbebetriebe - darunter auch dem Gastgewerbebetrieb der mitbeteiligten Partei - und den sicherheitspolizeilichen Missständen plausibel erscheinen ließen.
6. Da sich die Beschwerde daher als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
7. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Die von der mitbeteiligten Partei beantragte Umsatzsteuer war nicht zuzusprechen, da diese im Pauschbetrag für den Schriftsatzaufwand (§ 48 Abs. 3 Z 2 VwGG) nach der genannten Verordnung bereits enthalten ist. Kosten für den von der belangten Behörde angeführten Vorlageaufwand (§ 48 Abs. 2 Z 1 VwGG) waren nicht zuzusprechen, da die Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens nicht vollständig erfolgte.
Wien, am 29. Juni 2005
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