VwGH 2003/03/0028

VwGH2003/03/002828.2.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des W E in N, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Thomas Lederer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franziskanerplatz 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats in Tirol vom 8. Jänner 2003, Zl uvs-2002/13/087- 1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Normen

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich AnhC Z13;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1a idF 32000R0609;
32000R0609 Nov-31994R3298;
EURallg;
VwRallg;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich AnhC Z13;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1a idF 32000R0609;
32000R0609 Nov-31994R3298;
EURallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 15. Jänner 2002 um 9.15 Uhr auf der Brennerautobahn A 13, Brennerpass, LKW-Ausreise, in Fahrtrichtung Süden als Lenker einer nach den Kennzeichen bestimmten "Sattelzugkombination" eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich durchgeführt und dabei weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt. Sonstige Berechtigungen oder Nachweise, die eine ökopunktbefreite Transitfahrt gerechtfertigt hätten, seien auf Verlangen den Aufsichtsorganen nicht vorgelegt worden. Dadurch habe der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl Nr 593 idF BGBl I Nr 106/2001 iVm Art 1 Abs 1 lit a und b sowie Art 2 Abs 1 und 2 der Verordnung (EG) 3298/94 vom 21. Dezember 1994 idF der Verordnungen (EG) 1524/96, 609/2000 und 2012/2000 begangen. Über ihn wurde deshalb gemäß § 23 Abs 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 218,-- (Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage) verhängt.

Begründend wurde (zusammengefasst) Folgendes ausgeführt: Es stehe fest, dass es sich bei dem vom Beschwerdeführer transportierten Spant nicht um ein Flugzeugersatzteil, sondern um ein Flugzeugbestandteil gehandelt habe, das dem Einbau und der Fertigung von Flugzeugrümpfen diene und - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht unter den (eindeutig formulierten) Befreiungstatbestand "die Beförderung von Ersatzteilen für Seeschiffe und Flugzeuge" im Anhang C der Verordnung (EG) 3298/94 falle, und dessen Transport durch Österreich somit ökopunktepflichtig sei. Dies ergebe sich zweifelsfrei aus der schlüssigen Anzeige der Zollwachabteilung Brenner/MÜG vom 17. Jänner 2002, insbesondere aus den anlässlich der gegenständlichen Anhaltung gemachten Angaben des Beschwerdeführers selbst und der telefonisch eingeholten Auskunft des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie. Da der Beschwerdeführer zweifelsfrei keinen Flugzeugersatzteil, sondern einen Flugzeugbestandteil nach Österreich transportiert habe, ohne die erforderliche Anzahl von Ökopunkten zu entrichten, habe er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten. Betreffend die subjektiven Tatseite habe sich der Beschwerdeführer in einem Rechtsirrtum iSd § 5 Abs 2 VStG befunden. Der Beschwerdeführer sei der Ansicht gewesen, dass es sich bei dem von ihm transportierten Spant um einen Flugzeugersatzteil gehandelt habe, dessen Transport nicht ökopunktepflichtig sei. Bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit hätte er aber die strafbare Handlung als solche zu erkennen vermocht, müsse doch von einem eine Transitfahrt mit einem Lastkraftwagen durchführenden Lenker verlangt werden, sich mit den einschlägigen Rechtsvorschriften vertraut zu machen. Hiezu genüge es auch nicht, sich bloß auf Auskünfte seines Arbeitgebers zu verlassen. Die Verwaltungsübertretung sei dem Beschwerdeführer somit auch in subjektiver Hinsicht zurechenbar, weil nach § 5 Abs 2 VStG der Rechtsirrtum den Täter nur dann entschuldige, wenn er erwiesenermaßen unverschuldet sei und der Täter die Unerlaubtheit seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht habe einsehen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:

1. Gemäß § 23 Abs 1 Z 9 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl Nr 593 idF BGBl I Nr 32/2002, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

Gemäß Art 1 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr 3298/94 der Kommission in der im Beschwerdefall angewendeten Fassung der Verordnung (EG) Nr 609/2000 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs "die nachstehend aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:

a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'Ökokarte' bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder

b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('ecotag') bezeichnet wird; oder

c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder

d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ..."

Gemäß Art 1 Abs 1a leg cit sind Transitfahrten unter den im Anhang C genannten Bedingungen oder im Rahmen von im österreichischen Hoheitsgebiet gültigen CEMT-Genehmigungen von der Ökopunktregelung ausgenommen.

Nach Art 13 leg cit müssen für eine Transitfahrt keine Ökopunkte entrichtet werden, wenn es sich um eine Leerfahrt im Zusammenhang mit einer Beförderung gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden, und geeignete Nachweisunterlagen mitgeführt werden. Solche geeigneten Nachweisunterlagen sind: der Frachtbrief, oder eine ausgefüllte Ökopunktkarte ohne aufgeklebte Ökopunkte, oder die Entrichtung und spätere Rückerstattung von Ökopunkten.

In Anhang C der Verordnung (EG) Nr 3298/94 ist als Beförderung, bei der keine Ökopunkte benötigt werden, ua aufgezählt:

"13. Die Beförderung von Ersatzteilen für Seeschiffe und Flugzeuge."

2. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass das von ihm gelenkte Fahrzeug mit einem ihm als Flugzeugersatzteil bekannt gegebenen Druckspant in einer deutschen Flugzeugfabrik beladen worden sei und er für die Fahrt den bei der Kontrolle vorgelegten Frachtbrief erhalten habe, in dem zu lesen sei, es würde sich um einen Flugzeugersatzteil (und zwar für einen Flieger der Marke Dornier, Typenbezeichnung DO 328) handeln. Selbst wenn es sich um keinen Flugzeugersatzteil sondern um einen sonstigen Maschinenteil gehandelt habe, hätte er nicht von sich aus auf die Idee kommen können, dass das, was die Flugzeugfirma als Flugzeugersatzteil bezeichnet und er mit dem LKW zu transportieren gehabt habe, kein Flugzeugersatzteil gewesen sei. Als LKW-Chauffeur seien ihm "hier die Hände gebunden". Subjektiv könne ihm vor diesem Hintergrund kein Vorwurf gemacht werden. Ferner spreche der besagte Anhang C zwar von Ersatzteilen, es sei aber jeder Bauteil einer Maschine Bauteil und Ersatzteil gleichzeitig. Dem Anhang C sei nicht zu entnehmen, ob tatsächlich zwischen Ersatzteilen und Bauteilen unterschieden werden solle oder könne. Würde der transportierte Bauteil vom Empfänger der Lieferung in ein unfallbeschädigtes Fahrzeug eingebaut worden sein, müsste man davon ausgehen, dass es sich bei dem transportierten Spant um einen Ersatzteil gehandelt hätte.

3.1. Gemäß Art 1 Abs 1a der Verordnung (EG) Nr 3298/94 idF der Verordnung (EG) Nr 609/2000 sind Transitfahrten u.a. unter den im Anhang C genannten Bedingungen von der Ökopunktregelung ausgenommen. Z 13 des Anhanges C stellt ausdrücklich auf die Beförderung von Ersatzteilen für Seeschiffe und Flugzeuge ab und erfasst damit (entgegen der Beschwerde) nur solche Teile, deren konkreter Zweck darin liegt, in solchen Fahrzeugen schon verwendete Bestandteile zu ersetzen. Auch andere authentische Fassungen der in Rede stehenden Regelung lassen keinen anderen Schluss zu, die englische Version spricht von "spare parts", die französische von "pieces de rechange", die italienische Version von "pezzi di ricambio". Hätte die in Rede stehende Regelung den Transport aller Teile von Seeschiffen und Flugzeugen unabhängig von diesem Bestimmungszweck von der Ökopunktepflicht ausnehmen wollen, wäre dies explizit angeordnet worden.

3.2. Zwar war in dem bei der Kontrolle vorgelegten Frachtbrief angegeben, dass es sich beim beförderten Gut um "Flugzeugersatzteile zur Weiterleitung an die Fluglinie Auftragsnr. ... 1 Tool" handle. Aus dem vom Beschwerdeführer bei der Kontrolle ebenfalls vorgelegten (vom Beschwerdeführervertreter verfassten) Schreiben vom 9. Jänner 2002 ergibt sich aber ua, dass es des Öfteren bei vergleichbaren Transporten durch Österreich zu Beanstandungen gekommen sei, "obwohl typisch auch als solche erkennbare Flugzeugbestandteile" über die Brennerstrecke transportiert worden seien und nur "Flugzeugersatzteile - egal ob für ein neues oder ein gebrauchtes Flugzeug -" nach Z 13 des Anhanges C privilegiert seien. Der Beschwerdeführer hat weiters nach der Anzeige bei der besagten Kontrolle gegenüber den Kontrollorganen angegeben, dass der transportierte Gegenstand zur Fertigung von Flugzeugrümpfen in Italien verwendet werde und diese Rümpfe anschließend von dem Unternehmen, für das der Beschwerdeführer tätig sei, mittels eines Spezialauflegers von Italien nach Deutschland zum Absender des beförderten Gutes transportiert würden. Diese Angaben hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht in Zweifel gezogen.

Angesichts der dem Beschwerdeführer somit bekannten Beanstandungen bei vergleichbaren Transporten in der Vergangenheit hätte es ihm - der die Absicht hatte, einen Lastkraftwagen im österreichischen Hoheitsgebiet zu lenken - oblegen, sich zuvor in geeigneter Weise (etwa durch eine Rückfrage bei den zuständigen österreichischen Behörden) über den Inhalt der hiefür maßgeblichen Vorschriften zu informieren (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 5. Juli 2000, Zl 2000/03/0020), er hätte sich nicht auf die in dem Schreiben vertretene, mit Blick auf Z 13 des Anhanges C leg cit zwischen Flugzeugersatzteilen und anderen Flugzeugteilen (im Ergebnis) keine Unterscheidung treffende Rechtsauffassung verlassen dürfen. Zudem hätte der Beschwerdeführer auf dem Boden seiner nicht auf den Einbau von Ersatzteilen, sondern die Fertigung von Flugzeugrümpfen abstellenden Angaben sowie auch im Lichte der bekannten Beanstandungen nicht ohne weiteres auf Grund des Frachtbriefs davon ausgehen dürfen, dass es sich bei dem von ihm beförderten Spant um einen Flugzeugersatzteil handle, und die vorliegende Transitfahrt daher nach Art 1 Abs 1a leg cit von der Ökopunkteregelung ausgenommen sei. Vielmehr hätte er vor Antritt der Transitfahrt zu klären gehabt, ob der zu befördernde Spant als Ersatzteil iSd der besagten Z 13 des Anhanges C (weil er etwa, wie in der Beschwerde ausgeführt, zum Einbau in ein unfallbeschädigtes Flugzeug bestimmt war) einzustufen war. Von daher ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, im Sinn des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der übertretenen Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

4. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 28. Februar 2007

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