VwGH 2003/01/0157

VwGH2003/01/01579.5.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des E C in R, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 10. Februar 2003, Zl. Ia 370- 851/2002, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. Februar 2003 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers - eines im Jahr 1963 geborenen türkischen Staatsangehörigen - auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10, 11a, 12, 13 und 14 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe seit 23. Februar 1998 ununterbrochen den Hauptwohnsitz in Österreich. Er sei seit 22. Oktober 1990 mit der türkischen Staatsangehörigen N C verheiratet; aus dieser Ehe würden vier Kinder stammen. Die Ehegattin und die vier Kinder würden in der Türkei leben. Der Auszug der Vorarlberger Gebietskrankenkasse vom 21. Juni 2002 weise die im Bescheid detailliert dargestellten Versicherungszeiten des Beschwerdeführers auf. Während der im Bescheid festgehaltenen Zeiten sei er an näher bezeichneten Anschriften mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen; überdies sei er auch (in den festgehaltenen Zeiten) in Salzburg mit Nebenwohnsitz gemeldet gewesen. In den Zeiten 4. Dezember 1992 bis 20. März 1993, 8. Dezember 1994 bis 7. März 1995, 25. November 1995 bis 11. März 1996 und 20. Dezember 1997 bis 22. Februar 1998 sei er weder mit Hauptwohnsitz noch mit weiterem Wohnsitz in Österreich gemeldet gewesen; er habe sich (während dieser Zeiten) jeweils in der Türkei bei seiner Familie aufgehalten. Seit 23. Februar 1998 sei er ohne Unterbrechung in Österreich aufhältig; er habe in R seinen Hauptwohnsitz begründet.

Die Frage der Dauer seines ununterbrochenen Hauptwohnsitzes in Österreich sei dahingehend zu würdigen, dass der Beschwerdeführer sich nach seiner Rückkehr aus der Türkei immer wieder an verschiedenen Orten neu mit Hauptwohnsitz angemeldet habe. Während der angeführten Fehlzeiten sei er weder bei der Gebietskrankenkasse versichert gewesen, noch habe er während dieser Zeiten einen Arbeitgeber gehabt. Zuletzt sei er von 20. Dezember 1997 bis 22. Februar 1998 weder mit Hauptwohnsitz noch mit einem weiteren Wohnsitz in Österreich gemeldet gewesen; er habe sich (während dieser Zeit) in der Türkei bei seiner Familie aufgehalten. Der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen sei nicht mehr in Österreich gewesen; er habe in dieser Zeit in Österreich weder über eine Arbeitsstelle noch über eine Unterkunft verfügt; er sei nicht versichert gewesen. Bei seiner Rückkehr nach Österreich habe der Beschwerdeführer eine neue Wohnung bezogen und bei einem anderen Dienstgeber zu arbeiten begonnen. Seit 23. Februar 1998 sei er ohne Unterbrechung in Österreich aufhältig und habe R zum Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gewählt; erst seit 23. Februar 1998 sei von einem ununterbrochenen Hauptwohnsitz in Österreich auszugehen. Damit sei weder die Frist des § 10 Abs. 1 Z 1 StbG noch jene des § 10 Abs. 4 Z 1 leg. cit. erfüllt, weshalb eine Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht in Betracht komme.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die belangte Behörde ging maßgeblich davon aus, dass der seit 1989 in Österreich lebende Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr von Aufenthalten bei seiner Familie in der Türkei seinen Hauptwohnsitz in Österreich jeweils neu begründet habe.

In einer schriftlichen Stellungnahme vom 19. August 2002 erstattete der Beschwerdeführer (im Verwaltungsverfahren) folgendes Vorbringen:

"Ich lebe seit 12 Jahren in Österreich und bin gerne hier in diesem Land. 1990 habe ich bei einer Baufirma die Arbeit aufgenommen und nun arbeite ich immer noch im Baugewerbe. Da die Baufirmen über Weihnachten und Anfang Winter meistens zugesperrt haben, bin ich während dieser Zeit immer in die Türkei gefahren, um meine Frau und Kinder zu besuchen. Aus diesem Grund habe ich dazwischen immer wieder Aufenthaltszeiten in der Türkei. Wäre ich in Österreich geblieben, so hätte ich Arbeitslosengeld bezogen und den österreichischen Staat belastet.

Ich möchte daher nochmals um die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ansuchen. Falls Sie mir keine positive Entscheidung übermitteln können, bitte ich Sie, mir mitzuteilen, wie lange ich noch warten muss, bis mir die Staatsbürgerschaft verliehen werden kann."

In seiner Beschwerde macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, während der Zeiten der Besuche bei seiner Familie in der Türkei habe er keine Möglichkeit gehabt, in Österreich Arbeit (einen Arbeitsplatz) zu finden; dies sei (aufgrund der Winterpause) in der Baubranche üblich. Abweichend von der bestehenden Übung, während dieser Zeiten in Österreich einen Hauptwohnsitz zu haben und Arbeitslosenunterstützung zu beziehen, habe er "dies" nicht gewollt und darauf, Arbeitslosenunterstützung zu beziehen, verzichtet. Für ihn sei es jeweils klar gewesen, dass er nach der Winterpause nach Österreich zurückkehren (und arbeiten) werde.

Der vorliegende Fall betrifft die im hg. Erkenntnis vom 21. März 2006, Zl. 2004/01/0266, behandelte Frage der Auswirkung saisonal bedingter Abwesenheiten für die Erfüllung der Verleihungsvoraussetzung eines ununterbrochenen Hauptwohnsitzes in Österreich. Hinsichtlich der in diesem Zusammenhang maßgebenden Gesichtspunkte wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das genannte Erkenntnis verwiesen.

Davon ausgehend kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Beschwerdefall zu dem Ergebnis gelangte, der Beschwerdeführer habe während der Zeit seines letzten Auslandsaufenthaltes in der Türkei von 20. Dezember 1997 bis 22. Februar 1998 seinen Lebensmittelpunkt nicht im Bundesgebiet gehabt. Er war während dieser Zeit in Österreich nämlich nicht gemeldet, verfügte über keine Unterkunft im Inland und war auch nicht beschäftigt; nach den aus dem Versicherungsdatenauszug des Beschwerdeführers getroffenen Feststellungen war er bis 19. Dezember 1997 bei einer H Gesellschaft mbH & Co.KG (Isolierungen) beschäftigt, bezog ab 23. Februar 1998 Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) und war danach erst wieder ab 30. März 1998 bei der Verzinkerei Z Gesellschaft mbH beschäftigt. Die belangte Behörde ging davon aus, dass der Beschwerdeführer nach der Rückkehr von seinem Auslandsaufenthalt in Österreich eine neue Wohnung bezogen und bei einem anderen Arbeitgeber zu arbeiten begonnen habe.

Der Beschwerdeführer hat sich ausschließlich auf seinen (bloßen) Willen zur Erhaltung seines Lebensmittelpunktes im Bundesgebiet berufen. Objektive Anknüpfungspunkte für ein Fortbestehen seines Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet während seines letzten Auslandsaufenthaltes (in der Türkei) wie etwa die Aufrechterhaltung einer Unterkunft oder das Vorhandensein einer gesicherten beruflichen Stellung im Bundesgebiet während dieser Zeit (etwa aufgrund einer Wiedereinstellungszusage eines österreichischen Arbeitgebers) wurden vom Beschwerdeführer nicht dargetan.

Hatte der Beschwerdeführer somit erst seit 23. Februar 1998 einen ununterbrochenen Hauptwohnsitz in Österreich, dann stellte sich, da bei Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht einmal die zeitlichen Voraussetzungen vorlagen, die Frage des Vorliegens eines besonderes berücksichtigungswürdigen Grundes im Sinne des § 10 Abs. 4 Z 1 zweiter Fall iVm Abs. 5 Z 3 StbG nicht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Wien, am 9. Mai 2006

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