Normen
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1993 §36 Abs1;
FrG 1997 §35 Abs3;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1993 §36 Abs1;
FrG 1997 §35 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 28. Mai 2002 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsangehörige, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Die Beschwerdeführerin sei am 30. März 2000 in das Bundesgebiet gelangt und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt, welcher im Instanzenzug rechtskräftig abgewiesen worden sei. Einer gegen die Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenats eingebrachten Beschwerde sei vom Verwaltungsgerichtshof aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Während des Asylverfahrens habe die Beschwerdeführerin über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Asylgesetz 1997 verfügt.
Mit Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 19. Februar 2002 sei die Beschwerdeführerin gemäß § 28 Abs. 3 und § 28 Abs. 1 Suchtmittelgesetz zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Diesem Urteil liege zu Grunde, dass die Beschwerdeführerin mit einem Mittäter in der Zeit von April 2001 bis 22. August 2001 gewerbsmäßig 225 g Heroin und 225 g Kokain (je mit einem Reinheitsgehalt von etwa 20 %) an verschiedene Konsumenten verkauft und am 23. August 2002 Suchtgift in einer großen Menge, nämlich 175,31 g Heroin (48,4 g reines Heroin) und 159,85 g Kokain (58,6 g reines Kokain) zum Verkauf bereitgehalten habe.
Der in § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG normierte Tatbestand sei daher verwirklicht. Das dargestellte Fehlverhalten der Beschwerdeführerin beeinträchtige die öffentliche Ordnung und Sicherheit (das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität) in erheblichem Ausmaß, sodass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.
Auf Grund des kurzen, etwas mehr als zweijährigen Aufenthalts der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet sowie im Hinblick auf das Fehlen familiärer oder sonstiger Bindungen liege ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in das Privat- oder Familienleben nicht vor. Es sei daher weder zur überprüfen gewesen, ob die vorliegende Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmen gewesen.
Vor diesem Hintergrund und weil sonst keine besonderen, zu Gunsten der Beschwerdeführerin sprechenden Umstände gegeben gewesen seien, habe von der Erlassung des Aufenthaltsverbots auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können.
Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots betreffe, erscheine der unbefristete Ausspruch durch die Erstbehörde auch nach Ansicht der belangte Behörde gerechtfertigt. Wer vorgebe, in Österreich Schutz vor Verfolgung zu suchen, jedoch bereits wenige Monate nach der Einreise dem gewerbsmäßigen Suchtgifthandel nachgehe, lasse eine offenbare Negierung maßgeblicher strafrechtlicher Vorschriften erkennen. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei derzeit nicht vorhersehbar, wann der für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgebliche Grund, nämlich die erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet, weggefallen sein werde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde finden sich keine konkreten Argumente gegen die Auffassung der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG sei verwirklicht. Im Hinblick auf die unbestrittene rechtskräftige gerichtliche Verurteilung der Beschwerdeführerin zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten bestehen gegen diese Beurteilung keine Bedenken.
Entgegen der Beschwerdeansicht stellt die nicht erfolgte Feststellung der Geschäftszahl des unstrittig gegen die Beschwerdeführerin ergangenen Strafurteils keinen Verfahrensmangel dar.
2. Die Beschwerdeführerin hat über einen Zeitraum vom beinahe fünf Monaten die Suchtgifte Heroin und Kokain in einer großen Menge, sohin einer solcher Menge, die geeignet ist, Gewöhnung hervorzurufen und in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen (vgl. § 28 Abs. 2 iVm Abs. 6 Suchtmittelgesetz), verkauft bzw. zum Verkauf bereitgehalten. Dabei ging sie in der Absicht vor, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger Straftaten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (gewerbsmäßig gemäß § 70 StGB). Angesichts der Suchtgiftsdelikten erfahrungsgemäß innewohnenden großen Wiederholungsgefahr (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. November 2001, Zl. 2001/18/0219) geht vom weiteren Aufenthalt der Beschwerdeführerin eine große Gefährdung des bedeutenden öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität aus. Daran könnte auch der in der Beschwerde vorgebrachte Umstand, dass die Beschwerdeführerin "durch Ihren Freund in Ihrer jugendlichen Unerfahrenheit ausgenützt und zu den strafbaren Handlungen verleitet und mißbraucht" worden sei, nichts ändern, zumal vom Strafgericht eine unbedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten für schuldangemessen befunden worden ist.
Aus diesen Gründen kann die Ansicht der belangten Behörde, die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
3. Angesichts des inländischen Aufenthalts der Beschwerdeführerin in der Dauer von zwei Jahren und zwei Monaten und der daraus jedenfalls ableitbaren privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet wird die Ansicht der belangten Behörde, dass mangels Vorliegens eines relevanten Eingriffs in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin die Überprüfung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbots gemäß § 37 FrG nicht erforderlich sei, vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt.
Durch diese Verkennung der Rechtslage wurde die Beschwerdeführerin vorliegend jedoch aus folgenden Gründen nicht in Rechten verletzt:
Die aus der Aufenthaltsdauer ableitbare Integration wird in ihrer sozialen Komponente durch das strafbare Verhalten der Beschwerdeführerin erheblich gemindert. Unstrittig bestehen keine familiären Bindungen in Österreich. Die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin am Verbleib im Bundesgebiet sind somit nur sehr gering ausgeprägt. Umstände, die diese persönlichen Interessen verstärken könnten, werden auch in der Beschwerde nicht aufgezeigt. Dem gegenüber steht die aus dem über einen längeren Zeitraum gewerbsmäßig ausgeübten Handel mit einer großen Suchtgiftmenge resultierende große Gefährdung öffentlicher Interessen durch den weiteren Aufenthalt der Beschwerdeführerin. Von daher ist das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Gesundheit) dringend geboten (§ 37 Abs. 1 FrG); die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin wiegen nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.).
4. Dem eine unrichtige Ermessensübung geltend machenden Beschwerdevorbringen ist zu entgegnen, dass eine auf der Ausübung des gemäß § 36 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens beruhende Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbots offensichtlich nicht im Sinn des Gesetzes (Art. 130 Abs. 2 B-VG) erfolgen würde, weil die Beschwerdeführerin in einer dem § 35 Abs. 3 FrG entsprechenden Weise rechtskräftig verurteilt worden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. 2001/18/0096).
5. Soweit die Beschwerdeführerin ins Treffen führt, es sei ihr das rechtliche Gehör nicht gewährt worden, gelingt es ihr schon deshalb nicht, einen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen, weil sie nicht dartut, was sie bei Einräumung von Parteiengehör vorgebracht hätte.
Auch mit dem Vorbringen, es wäre ihr "Gelegenheit zur Äußerung gemäß § 57 FrG zu geben gewesen", zeigt sie keine die Beurteilung der Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbots betreffende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
6. Schließlich wendet sich die Beschwerdeführerin auch gegen die unbefristete Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots.
Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 12. März 2002, Zl. 2002/18/0022) ist ein Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann.
Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf den von der Beschwerdeführerin bereits wenige Monate nach ihrer Einreise begonnen gewerbsmäßigen Handel mit Suchtgift in einer großen Menge die Auffassung vertrat, der Zeitpunkt des Wegfalls des für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Grundes könne nicht vorhergesehen werden.
Die Beschwerde macht diesbezüglich zwar geltend, dass "nicht die zu Gunsten des Bf sprechenden Argumente berücksichtigt" worden seien, bringt jedoch nicht vor, welche zu Gunsten der Beschwerdeführerin sprechenden Umstände unberücksichtigt geblieben seien.
7. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 17. September 2002
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