VwGH 2002/17/0067

VwGH2002/17/006720.11.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der CK in B, vertreten durch Hofbauer, Hofbauer & Wagner, Rechtsanwälte Partnerschaft in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. Dezember 2001, Zl. RU1-V-01181/00, betreffend Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Neulengbach, 3040 Neulengbach, Kirchenplatz 82), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §289 Abs2;
BAO §289;
BauO NÖ 1996 §38 Abs1 Z1;
LAO NÖ 1977 §213 Abs2;
LAO NÖ 1977 §213;
BAO §289 Abs2;
BAO §289;
BauO NÖ 1996 §38 Abs1 Z1;
LAO NÖ 1977 §213 Abs2;
LAO NÖ 1977 §213;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 6. Juni 2001 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde auf Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 15. Februar 2001 die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Einstellhalle und Lagerhalle für Baumaschinen auf einem näher bezeichneten Grundstück. Gleichzeitig wurde dieses Grundstück gemäß § 11 iVm § 23 Abs. 3 NÖ Bauordnung 1996 "zum Bauplatz erklärt, für die Fläche, die im Bauland liegt".

Mit weiterem Bescheid vom 6. Juni 2001 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Beschwerdeführerin eine Aufschließungsabgabe von S 591.374,-- (EUR 42.976,82) vor. Dies mit der Begründung, die Gemeinde sei gesetzlich verpflichtet, aus Anlass der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage einen Beitrag des Grundeigentümers zu den Kosten der Verkehrsaufschließung des Bauplatzes einzuheben. Die Abgabe werde gemäß § 38 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 aus dem Produkt von Berechnungsfläche, Bauklassenkoeffizient und Einheitssatz errechnet.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde habe am 26. Februar 2001 für das in Rede stehende Grundstück eine Bausperre erlassen. Anlässlich der Bauverhandlung am 2. Mai 2001 sei in der Niederschrift festgehalten worden, dass neben der Baubewilligung auch eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich sei. Mangels einer solchen wasserrechtlichen Bewilligung sei die Bauführung nicht zulässig. Die Vorschreibung der Aufschließungsabgabe vor dem Vorliegen sämtlicher Genehmigungsbescheide sei rechtswidrig.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 7. August 2001 gab der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Berufung Folge und hob den angefochtenen Bescheid ersatzlos auf. In der Begründung heißt es, dass der Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches im Sinne des § 3 Abs. 1 NÖ Abgabenordnung erst mit Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides gegeben gewesen wäre. Da jedoch die Aufschließungsabgabe zeitgleich mit der Baubewilligung vorgeschrieben worden und der Baubewilligungsbescheid noch nicht in Rechtskraft erwachsen gewesen sei, sei der angefochtene Abgabenbescheid aufzuheben gewesen.

Mit Bescheid vom 7. August 2001 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Beschwerdeführerin aus Anlass der mit Bescheid vom 6. Juni 2001 erfolgten Erklärung des in Rede stehenden Grundstückes zum Bauplatz eine Aufschließungsabgabe von S 591.374,-- (EUR 42.976,82) vor.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wiederholte die Beschwerdeführerin die in der Berufung gegen den Bescheid vom 6. Juni 2001 vorgebrachten Berufungsgründe.

Der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde gab dieser Berufung mit Spruchpunkt I. des Bescheides vom 17. September 2001 keine Folge und bestätigte den Bescheid erster Instanz mit der Begründung, der Bescheid vom 6. Juni 2001, mit welchem das Grundstück zum Bauplatz erklärt worden sei, sei rechtskräftig. Es sei daher die Aufschließungsabgabe aus diesem Grund vorzuschreiben gewesen. Die Beschwerdeführerin irre, wenn sie behaupte, die erstinstanzliche Behörde habe in diesem Fall das Vorliegen sämtlicher für die Bauausführung erforderlichen verwaltungsbehördlichen Genehmigungen abzuwarten gehabt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung vertrat die Beschwerdeführerin die Ansicht, weil die wasserrechtliche Bewilligung mangels Vorliegens eines Gesamtkonzeptes nicht erteilt werde und daher eine Bauausführung nicht zulässig sei, dürfe die Aufschließungsabgabe vor Vorliegen sämtlicher Genehmigungen nicht vorgeschrieben werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. In der Begründung heißt es nach der Wiedergabe des § 38 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996, diese Bestimmung enthalte zwei einander ausschließende Abgabentatbestände. Sofern ein Grundstück im Bauland noch nicht als Bauplatz im Sinne der Bauvorschriften zu qualifizieren sei, bedürfe es jedenfalls einer Bauplatzerklärung. Nur dann, wenn das zu bebauende Grundstück bereits als Bauplatz gelte und dafür bislang noch keine Abgabe geleistet worden sei, bilde die Baubewilligung den "Abgabenanlass". Die Abgabenvorschreibung gründe sich im Beschwerdefall auf die Bauplatzerklärung und nicht auf die Baubewilligung. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, die Abgabe dürfe erst bei Vorliegen sämtlicher Bewilligungen vorgeschrieben werden, treffe daher im Beschwerdefall nicht zu.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 25. Februar 2002, B 104/02-3, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung der Aufschließungsabgabe verletzt und macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 38 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200-6, lautet:

"§ 38 Aufschließungsabgabe

(1) Dem Eigentümer eines Grundstückes im Bauland ist von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit rechtskräftigem Bescheid

1. ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz (§ 11) erklärt oder 2. eine Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage (§ 23 Abs. 3) auf einem Bauplatz nach § 11 Abs. 1 Z 2 und 3, für den noch kein der Höhe nach bestimmter Aufschließungsbeitrag oder keine entsprechende Abgabe vorgeschrieben und entrichtet worden ist, erteilt wird...."

Mit der Berufungsvorentscheidung vom 7. August 2001 hob der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde den Bescheid vom 6. Juni 2001, mit dem die Aufschließungsabgabe nach der Z 2 des § 38 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 vorgeschrieben wurde, ersatzlos auf und schrieb mit weiterem Bescheid vom 7. August 2001 die Aufschließungsabgabe nach der Z 1 der genannten Bestimmung erneut in derselben Höhe vor.

Eine Aufhebung als Sachentscheidung ist nur vorzunehmen, wenn in dieser Sache keine weitere Entscheidung in Betracht kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1992, Zl. 88/17/0104).

Gemäß § 213 Abs. 1 erster Satz NÖ AO hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz, sofern die Berufung nicht gemäß § 208 NÖ AO zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.

Gemäß § 213 Abs. 2 leg. cit. ist die Abgabenbehörde zweiter Instanz berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Die Abänderungsbefugnis ist durch die Sache beschränkt. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides erster Instanz gebildet hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 1997, Zl. 96/15/0059).

Die Vorschreibung der Aufschließungsabgabe mit Bescheid vom 6. Juni 2001 hatte die Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes, die Vorschreibung der Aufschließungsabgabe mit Bescheid vom 7. August 2001 die Bauplatzerklärung als Tatbestandselement zur Grundlage. Die Vorschreibungen knüpfen daher jeweils an andere Tatbestände an. Es ist somit davon auszugehen, dass es sich bei den mit Bescheiden vom 6. Juni 2001 und 7. August 2001 erfolgten Vorschreibungen nicht um ein und dieselbe Sache gehandelt hat, sodass die mit Berufungsvorentscheidung erfolgte ersatzlose Aufhebung der mit Bescheid vom 6. Juni 2001 vorgeschriebenen Aufschließungsabgabe die mit Bescheid vom 7. August 2001 vorgenommene Vorschreibung der Aufschließungsabgabe nicht hinderte.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kommt es bei der Vorschreibung der Aufschließungsabgabe nach § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ Bauordnung 1996 wegen rechtskräftiger Bauplatzerklärung nicht darauf an, ob eine Baubewilligung oder eine andere für die Bauausführung erforderliche Genehmigung erteilt worden ist. Nicht von Bedeutung ist ferner, ob das Grundstück überhaupt zum Bauplatz zu erklären gewesen wäre. Entscheidend für die Entstehung des Abgabenanspruches ist die rechtskräftige Bauplatzerklärung. Eine solche rechtskräftige Bauplatzerklärung ist im Beschwerdefall gegeben.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert werden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 20. November 2002

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