VwGH 2002/16/0286

VwGH2002/16/028626.6.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerden der A Handelsaktiengesellschaft in Wien, vertreten durch Eiselsberg Natlacen Walderdorff Cancola - Rechtsanwälte in Wien III, Schwarzenbergplatz 7, gegen die Bescheide der Vorarlberger Landesregierung 1.) vom 10. September 2001, Zl IIIa-230/313, betreffend Getränkesteuer 1995 und 1996 (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Rankweil), 2.) vom 10. September 2001, Zl IIIa- 230/295, betreffend Getränkesteuer 1995 und 1996 (mitbeteiligte Partei: Stadt Bludenz), 3.) vom 19. Februar 2002, Zl IIIa-230/342, 343, betreffend Getränkesteuer 1995 und 1996 (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Lustenau), 4.) vom 14. Februar 2002, Zl IIIa- 230/327, betreffend Getränkesteuer 1995 und 1996 (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Lauterach), zu Recht erkannt:

Normen

61982CJ0199 San Giorgio VORAB;
61993CJ0062 BP Soupergaz Anonimos Etairia Geniki VORAB;
61996CJ0260 Spac SpA VORAB;
61997CJ0437 Evangelischer Krankenhausverein Wien VORAB;
AbgVG Vlbg 1984 §105;
AbgVG Vlbg 1984 §138 idF 1998/084;
BAO §239;
BAO §303;
EURallg;
VwGG §41 Abs1;
61982CJ0199 San Giorgio VORAB;
61993CJ0062 BP Soupergaz Anonimos Etairia Geniki VORAB;
61996CJ0260 Spac SpA VORAB;
61997CJ0437 Evangelischer Krankenhausverein Wien VORAB;
AbgVG Vlbg 1984 §105;
AbgVG Vlbg 1984 §138 idF 1998/084;
BAO §239;
BAO §303;
EURallg;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von zusammen 1.328 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin reichte die Getränkesteuererklärung für 1995 bei der mitbeteiligten Marktgemeinde Rankweil am 12. April 1996 und die Getränkesteuererklärung für 1996 am 19. Juni 1997 ein.

Bei der mitbeteiligten Stadt Bludenz wurde die Getränkesteuererklärung für 1995 am 19. Juni 1996 und die Getränkesteuererklärung für 1996 am 18. Juni 1997 eingereicht.

Bei der mitbeteiligten Marktgemeinde Lustenau wurde die Getränkesteuererklärung für 1995 am 12. April 1996 und die Getränkesteuererklärung für 1996 am 13. Juni 1997 eingereicht.

Bei der mitbeteiligten Marktgemeinde Lauterach wurde die Getränkesteuererklärung für 1995 am 18. Juni 1996 und die Getränkesteuererklärung für 1996 am 20. Juni 1997 eingereicht.

Mit Eingaben je vom 30. September 1999 beantragte die Beschwerdeführerin bei den mitbeteiligten Gemeinden die bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer für die Jahre 1995 und 1996 mit S 0,-- und die Rückzahlung der entrichteten Getränkesteuer.

In allen vier Beschwerdefällen wurde die Abgabenbehörde erster Instanz säumig, worauf die Beschwerdeführerin in allen Fällen den Übergang der Zuständigkeit auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte.

Mit Beschluss der Abgabenkommission bei der mitbeteiligten Marktgemeinde Rankweil vom 28. Juni 2001 wurde der Antrag auf Festsetzung der Getränkesteuer für die Jahre 1995 und 1996 mit S 0,-- als unzulässig zurückgewiesen. Der Antrag auf Rückzahlung der für 1995 und 1996 entrichteten Getränkesteuer wurde als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde dazu ausgeführt, nach § 138 Vorarlberger Abgabenverfahrensgesetz (AbgVG) könne ein Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung einer Abgabe, über deren Selbstbemessung vor dem 1. Dezember 1998 eine Erklärung abzugeben gewesen ist, nur innerhalb von zwei Jahren ab Einreichung der Erklärung gestellt werden. Der Antrag vom 30. September 1999 sei daher hinsichtlich Getränkesteuer für 1995 und 1996 verspätet gewesen. Da die Getränkesteuer für die genannten Jahre nicht neu festzusetzen war, sei der Antrag auf Rückzahlung der Getränkesteuer unbegründet.

Mit Beschluss der Abgabenkommission der mitbeteiligten Stadt Bludenz vom 23. April 2001 wurden der Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer für 1995 und 1996 ebenso wie der Antrag auf Rückerstattung der für diese Jahre entrichteten Getränkesteuer als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung verwies die Behörde auf die gemäß § 138 AbgVG verspätete Einbringung des Antrages.

Mit Beschluss der Abgabenkommission der Marktgemeinde Lustenau vom 8. Oktober 2001 wurde der Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer für 1995 und 1996 als unzulässig zurückgewiesen und der Antrag auf Rückerstattung der für diese Jahre entrichteten Getränkesteuer abgewiesen.

Mit Beschluss der Abgabenkommission der Marktgemeinde Lauterach vom 16. Juli 2001 wurde - soweit der Beschluss Getränkesteuer 1995 und 1996 betrifft - der Antrag auf Festsetzung und Rückzahlung der Getränkesteuer für alkoholische Getränke für 1995 und 1996 als verspätet zurückgewiesen.

In den Vorstellungen gegen diese Bescheide der Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde jeweils ausgeführt, § 82 Abs 3 AbgVG biete dem Abgabepflichtigen die Möglichkeit der Berichtigung der Selbstbemessung. Die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 30. September 1999 sei als Geltendmachung der Unrichtigkeit der vorgenommenen Selbstbemessung anzusehen. Es sei keine Nullfestsetzung, sondern ausschließlich die Abgabenrückerstattung unter vorhergehender Mängelbehebung nach § 82 Abs 3 AbgVG beantragt worden. Dies erfordere keine bescheidmäßige Abgabenfestsetzung.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurde den Vorstellungen hinsichtlich Zurückweisung der Festsetzungsanträge für Getränkesteuer 1995 und 1996 keine Folge gegeben. Soweit die Rückzahlungsanträge abgewiesen wurden, wurde den Vorstellungen keine Folge gegeben. Mit Bescheid vom 10. September 2001, Zl IIIa- 230/295 (betreffend Stadt Bludenz), wurde der Vorstellung hinsichtlich Zurückweisung der Rückzahlungsanträge Folge gegeben und der Bescheid der Abgabenbehörde zweiter Instanz insoweit aufgehoben.

In der Begründung der angefochtenen Bescheide wurde unter anderem ausgeführt, nach der Änderung des § 82 Abs 2 und 3 AbgVG könnten Anträge auf behördliche Abänderung von selbstbemessenen Abgaben grundsätzlich innerhalb von fünf Jahren eingebracht werden. Allerdings werde im § 138 AbgVG bestimmt, dass der Abgabepflichtige zur Abänderung einer Abgabe, über deren Selbstbemessung vor dem 1. Dezember 1998 eine Erklärung abzugeben gewesen wäre, innerhalb von zwei Jahren ab Einreichung der Erklärung einen Antrag auf bescheidmäßige Abgabenfestsetzung stellen könne. Der jeweilige Antrag vom 30. September 1999 sei erst außerhalb dieser Zweijahresfrist bei der mitbeteiligten Gemeinde eingelangt.

Die Behandlung der gegen diese Bescheide der Vorarlberger Landesregierung erhobenen Beschwerden wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26. November 2002, B 1488/01, B 1496/01, B 701/02 und B 702/02, abgelehnt. Nach der Begründung des Beschlusses seien zur Beurteilung der Fragen, ob das Urteil des EuGH vom 9. März 2000, C-437/97 , eine neue Tatsache iS des § 138 Abs 1 AbgVG darstelle bzw welche Bedeutung dem Anbringen der beschwerdeführenden Partei vom 30. September 1999 beizumessen sei, spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht anzustellen. Bei § 138 AbgVG handle es sich um eine Übergangsvorschrift für Altfälle, die im Verhältnis zu der durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 15.029/1997 geschaffenen Rechtslage idR eine Verbesserung des Rechtsschutzes bewirkt, da nach diesem Erkenntnis für Altfälle, die keine Anlassfälle dieses Verfahrens waren, weiterhin die bloß einmonatige Berichtigungsfrist des § 82 leg. cit gegolten hätte. Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen nicht verpflichtet gewesen, in dieser Situation eine Übergangsvorschrift vorzusehen.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in allen Beschwerdefällen in ihrem Recht auf Rückerstattung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke für den Zeitraum 1. Jänner 1995 bis 31. Dezember 1996, in eventu im Recht auf Festsetzung der Getränkesteuer mit S 0,-- verletzt.

Die belangte Behörde erstattete in allen Beschwerdefällen je eine Gegenschrift und legte die Akten der jeweiligen Verwaltungsverfahren vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden im Hinblick auf den persönlichen und sachlichen Zusammenhang zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden und darüber erwogen:

Nach § 82 Abs 1 des Abgabenverfahrensgesetzes (AbgVG), LGBl. für Vorarlberg Nr. 23/1984, idF des LGBl. Nr. 3/1992 gilt, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstbemessung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne behördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, die Abgabe durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstbemessung als festgesetzt.

Nach Abs 2 der angeführten Fassung konnte der Abgabepflichtige eine solche Erklärung innerhalb eines Monats ab deren Einreichung berichtigen. Im Abs 3 war die bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe von Amts wegen vorgesehen.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1997, G 438/97, Slg 15.029, kundgemacht im Vorarlberger LGBl. Nr. 19/1998, wurde § 82 Abs 2 und 3 AbgVG als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung trat mit Ablauf des 31. Dezember 1998 in Kraft.

Mit der Änderung des AbgVG, durch das Gesetz LGBl. Nr. 84/1998 erhielten die Abs 2 und 3 des § 82 AbgVG folgende Fassung:

(2) Die Abgabe ist mit Bescheid festzusetzen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung der Erklärung, zu der er verpflichtet ist, unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstbemessung als nicht richtig erweist. Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.

(3) Von der bescheidmäßigen Festsetzung nach Abs 2 kann abgesehen werden, wenn der Abgabepflichtige die Mängel behebt.

Durch das Gesetz LGBl Nr. 84/1998 wurde dem AbgVG folgende auszugsweise wiedergegebene Übergangsbestimmung angefügt:

§ 138

Übergangsbestimmungen

Der Abgabepflichtige kann zur Abänderung einer Abgabe, über deren Selbstbemessung vor dem 1. Dezember 1998 eine Erklärung abzugeben gewesen ist, innerhalb von zwei Jahren ab Einreichung der Erklärung einen Antrag auf bescheidmäßige Abgabenfestsetzung stellen. Nach Ablauf der Frist darf er einen solchen Antrag nur noch stellen, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind, die er bei der Einreichung der Erklärung ohne sein Verschulden nicht geltend machen konnte. Der Antrag ist zudem nur zulässig, wenn seit dem Zeitpunkt, ab dem der Antragsteller nachweislich von den Tatsachen oder Beweismitteln Kenntnis erlangt hat, nicht mehr als ein Monat vergangen ist und die Bemessungsverjährung (§ 83 Abs. 2) noch nicht eingetreten ist. ...

Die Beschwerdeführerin beruft sich zunächst auf § 138 AbgVG und meint, zu den neuen Tatsachen iS dieser Bestimmung zähle auch die Entscheidung des EuGH vom 9. März 2000 in der Rechtssache C- 437/97 . Dieser von der Beschwerdeführerin nicht näher begründeten Auffassung steht aber entgegen, dass in der Beurteilung einer Rechtsfrage grundsätzlich keine neu hervorgekommene Tatsache zu erkennen ist (vgl das hg Erkenntnis vom 25. Februar 1998, Zl 98/14/0015). Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden sind somit nicht als neue Tatsachen zu beurteilen (vgl Ritz, BAO2, § 303 BAO, Rz 9 und die dort wiedergegebene Rechtsprechung). Dies gilt auch für eine vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vorgenommene Auslegung des Gemeinschaftsrechts.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, der Verjährung "gemäß §§ 83 Abs 2 und 138 AbgVG" unterliege ausschließlich die Festsetzung von Abgaben, sodass der "Rückerstattungsantrag" der Beschwerdeführerin "jedenfalls nicht gemäß § 138 AbgVG" abzuweisen gewesen sei.

Zu diesem Vorbringen ist hinsichtlich des Bescheides vom 10. September 2001, Zl IIIa-230/295, (betreffend die mitbeteiligte Stadt Bludenz) festzustellen, dass mit diesem Bescheid der Vorstellung insoweit, als sie sich gegen die Zurückweisung des Rückerstattungsantrages richtete, Folge gegeben und der angefochtene Bescheid insoweit unter Zurückverweisung an die Abgabenbehörde aufgehoben wurde, wobei in der Begründung darauf verwiesen wurde, dass der Rückzahlungsantrag abzuweisen gewesen wäre.

Im Übrigen verkennt die Beschwerdeführerin insbesondere, dass die Abgabenbehörden der Marktgemeinden Rankweil, Lustenau und Lauterach ihre Rückzahlungsanträge deswegen abgewiesen haben, weil sich auf dem Abgabenkonto kein Guthaben befunden hat. Die Rückzahlung von Guthaben iS des § 105 AbgVG hat aber zur selbstverständlichen Voraussetzung, dass ein solches Guthaben auf dem Abgabenkonto besteht. Im Übrigen sind dabei die tatsächlich durchgeführten Buchungen auf dem Abgabenkonto maßgeblich, nicht diejenigen, die nach Auffassung des Abgabenschuldners hätten durchgeführt werden müssen (vgl Ritz, BAO2, § 239 BAO, Rz 1 und die dort wiedergegebene hg Rechtsprechung).

Die Beschwerdeführerin führt ferner aus, die jeweiligen Eingaben vom 30. September 1999 seien keine Anträge auf bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe, sondern die Geltendmachung der Unrichtigkeit der von der Beschwerdeführerin vorgenommenen Selbstbemessung gewesen. Es sei eine Mängelbehebung iS des § 82 Abs 3 AbgVG vorgenommen worden, welche keine bescheidmäßige Abgabenfestsetzung erfordere. Zum gleichartigen Vorbringen in den Vorstellungen hat die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden unter Hinweis auf das hg Erkenntnis vom 16. Juli 1996, Zl 95/14/0148, ausgeführt, für die Wirksamkeit einer Prozesserklärung sei das Erklärte, nicht das Gewollte maßgebend. In den in keiner Weise undeutlichen Eingaben vom 30. September 1999 wurde nicht eine Mängelbehebung nach § 82 Abs 3 AbgVG vorgenommen; vielmehr wurde unter ausdrücklichem Hinweis auf Abs 2 dieser Gesetzesstelle beantragt, die Getränkesteuer mit Bescheid festzusetzen. Über einen dertigen Antrag hatte die Abgabenbehörde - auch im Hinblick auf § 138 AbgVG - mit Bescheid zu entscheiden.

Das Vorbringen, die Abgabenbehörden hätten von Amts wegen die in der Eingabe vom 30. September 1999 behauptete Gemeinschaftsrechtswidrigkeit zum Anlass einer bescheidmäßigen Abgabenfestsetzung nehmen können, ist schon deswegen verfehlt, weil der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen eines Verfahrens auf Grund einer Bescheidbeschwerde nur die Rechtmäßigkeit des tatsächlich erlassenen, bei ihm angefochtenen Bescheides zu prüfen berufen ist.

Schließlich wird von der Beschwerdeführerin geltend gemacht, die Bestimmung des § 138 AbgVG sei gemeinschaftsrechtswidrig. Dieser Auffassung ist entgegenzuhalten, dass die Erstattung von Beträgen, die unter Verstoß gegen die Vorschriften des Gemeinschaftsrechtes erhoben wurden, nur im Rahmen der in den jeweils einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften festgelegten materiellen und formellen Voraussetzungen betrieben werden kann (vgl insbesondere das Urteil des EuGH vom 6. Juli 1995 in der Rechtssache C-62/93 , BP Soupergaz, RNr. 41). Da es keine Gemeinschaftsregelung über die Erstattung rechtsgrundlos erhobener nationaler Abgaben gibt, ist die Bestimmung der zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, wobei diese Verfahren zum einen nicht ungünstiger gestaltet werden dürfen als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Äquivalenzgrundsatz), und zum anderen die Ausübung die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsgrundsatz; vgl Urteil des EuGH vom 15. September 1998 in der Rechtssache C-260/96 , Spac SpA).

Ein Widerspruch des § 138 AbgVG zu diesen Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität ist nicht zu erkennen. So differenziert § 138 AbgVG nicht zwischen innerstaatlichen Sachverhalten und solchen, die einen gemeinschaftsrechtlichen Bezug aufweisen.

Überdies ist diese Bestimmung nicht als gesetzgeberische Maßnahme anzusehen, die die Erstattung von unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Abgaben praktisch unmöglich macht (vgl die Urteile des EuGH vom 9. November 1983 in der Rechtssache 199/82, San Giorgio, RNr. 17, und vom 6. Juli 1995 in der Rechtssache C-62/93 , BP Soupergaz, RNr 41). Die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung ist dabei im Interesse der Rechtssicherheit, die zugleich den Abgabepflichtigen und die Behörde schützt, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Solche Fristen sind nämlich nicht geeignet, die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren (vgl neuerlich das Urteil des EuGH vom 15. September 1998).

§ 138 AbgVG stellt sich als eine Bestimmung dar, die die innerstaatliche Rechtslage, wonach eine als verfassungswidrig erkannte Norm auf Altfälle noch anzuwenden ist, zu Gunsten der Parteien verändert hat (vgl den oben auszugsweise wiedergegebenen Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26. November 2002). Die in dieser Gesetzesstelle enthaltene Fristsetzung von zwei Jahren ab tatsächlicher Einreichung der Erklärung kann als angemessen angesehen werden. Eine solche Fristsetzung steht einer Effektivität der Rechtsausübung nicht entgegen, zumal in Ansehung der Getränkesteuer zwingende Gründe der Rechtssicherheit es ausgeschlossen haben, dass Rechtsverhältnisse, die ihre Wirkungen in der Vergangenheit erschöpft haben, in Frage gestellt werden, da dies das Finanzierungssystem der österreichischen Gemeinde rückwirkend in seinen Grundlagen erschüttert hätte (vgl das Urteil des EuGH vom 9. März 2000, Rechtssache C-437/97 , RNr. 59).

Dass die Beschwerdeführerin erst durch die nachträgliche Bestimmung des § 138 AbgVG gehindert wurde, eine bescheidmäßige Neufestsetzung zu beantragen, ist unzutreffend. Nach der - vom VfGH mit Wirksamkeit vom 31. Dezember 1998 aufgehobenen - Bestimmung des § 82 Abs 2 AbgVG aF musste der Abgabepflichtige die Erklärung innerhalb nur eines Monats nach ihrer Einreichung berichtigen und einen Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung stellen. Durch die Novelle LGBl. Nr. 84/1998 (kundgemacht am 29. Dezember 1998) wurde die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin somit nicht verschlechtert, sondern vielmehr verbessert. Von einer Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes kann daher keine Rede sein.

Da daraus folgt, dass gemeinschaftsrechtliche Grundsätze durch § 138 AbgVG nicht verletzt wurden, war der Anregung der Beschwerdeführerin, im Sinne des Art 234 EG eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen, keine Folge zu geben.

Aus den dargelegten Gründen erweisen sich die Beschwerden als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen waren.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 26. Juni 2003

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