VwGH 2002/16/0104

VwGH2002/16/010423.1.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der E in M, vertreten durch Binder Grösswang, Rechtsanwälte OEG in Wien I, Sterngasse 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 13. Februar 2002, GZ. RV 35- 09/07/02, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §115 Abs2;
ErbStG §3;
BAO §115 Abs2;
ErbStG §3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Notariatsakt vom 1. März 2001 erwarb die Beschwerdeführerin von W die Liegenschaft EZ 241 GB Neustift mit dem Grundstück Nr. 101/2 um einen Kaufpreis von S 95.000,--, wofür mit Bescheiden des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom 8. Oktober 2001 einerseits Grunderwerbsteuer und andererseits ausgehend von einem mit S 228.000,-- angenommenen Wert des Grundstückes Schenkungssteuer festgesetzt wurde.

Gegen die Vorschreibung von Schenkungssteuer (berechnet ausgehend von einer Verdreifachung des Einheitswertes) berief die Beschwerdeführerin mit der Behauptung, es sei ein Kauf und nicht eine Schenkung vorgelegen.

Gegen die daraufhin erlassene abweisliche Berufungsvorentscheidung (in der unter Hinweis auf den anzuwendenden dreifachen Einheitswert eine Schenkung angenommen wurde) stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, wobei sie behauptete, der vereinbarte Preis habe dem tatsächlichen Verkehrswert der Liegenschaft entsprochen.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab, wobei sie ihren Bescheid auszugsweise wie folgt begründete:

"Im vorliegenden Fall war ein Grundstückspreis von S 206,52 pro m2 zwischen den Kaufvertragsparteien vereinbart. In der Folge ist die vereinbarte Gegenleistung in Höhe von S 95.000,-- dem maßgeblichen steuerlichen Wert der Liegenschaften gegenüberzustellen. Für Rechtsvorgänge nach dem 31. Dezember 2000 ist der dreifache Einheitswert maßgeblich (somit S 76.000,-- x = S 228.000,--). Der tatsächlich vereinbarte Übergabepreis beträgt lediglich 41,67% des steuerlichen Vergleichswertes. Die Abweichung, das steuerliche Missverhältnis, beträgt somit knapp 60%."

Des weiteren führte die belangte Behörde folgendes aus:

"Die Finanzlandesdirektion nahm Einsicht in die Sammlung der ortsüblichen Verkaufspreise für Liegenschaften in unmittelbarer Lage und konnte einen Durchschnittswert von S 350,-- bis S 550,-- /m2 für Grundstücke im Bauland als reinen Grundstückspreis für Verkäufe in der Vergangenheit ermitteln. Demzufolge würde ein vergleichbarer Kaufpreis in etwa mit S 161.000,-- bis S 253.000,-- realistischer Weise anzunehmen gewesen sein, wenn man das Haus auf Grund des Baualters (Baujahr 1948) mit S 0,-- bewerten würde. Ein mittlerer Vergleichsverkaufspreis wäre demnach mit mindestens S 450,--/m2, d.h. S 207.000,-- anzunehmen gewesen. Ein Preis der in unmittelbarer Größenordnung der tatsächlich in der Vergangenheit erzielten Verkaufspreise angesiedelt war, wurde bei weitem nicht vereinbart."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, keine Schenkungssteuer leisten zu müssen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 115 Abs. 2 BAO hat die Partei das Recht auf Gehör. Dieser Grundsatz gehört zu den fundamentalsten Prinzipien des Rechtsstaates (vgl. z.B. Ritz, BAO-Kommentar2, Rz 14 Abs. 1 zu § 115 BAO und die dort referierte hg. Judikatur). Das Parteiengehör besteht vor allem darin, der Partei Gelegenheit zur Äußerung zu behördlichen Sachverhaltsannahmen und zu den Ergebnissen der durchgeführten Beweisaufnahmen zu geben (Ritz a. a.O. Rz 14 Abs. 2).

Mit ihrer Behauptung, die belangte Behörde habe das Recht der Beschwerdeführerin auf Gehör verletzt, ist die Beschwerde im Recht, weil aus den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführerin die Ergebnisse der zur Feststellung des von der belangten Behörde mit S 450,--/m2 angenommenen Verkehrswertes sowie des mit Schilling Null angenommenen Gebäudewertes angestellten Ermittlungen vorgehalten worden wären.

Mit Rücksicht darauf, dass die Beschwerde in diesem Zusammenhang (nicht durch das Neuerungsverbot behindert) ins Treffen führt, dass das auf dem Grundstück befindliche Haus abbruchsreif sei und dass Abrisskosten im Ausmaß von ATS 100.000,--

bis 150.000,-- als wertmindernd zu berücksichtigen seien, erweist sich die der belangten Behörde unterlaufene Rechtswidrigkeit als relevant, zumal - anders als dies die belangte Behörde gesehen hat - die Beschwerde zu Recht darauf hinweist, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Feststellung des Wertverhältnisses (bei Beurteilung der Frage des Vorliegens einer gemischten Schenkung) nicht unter Heranziehung des Einheitswertes sondern des Verkehrswertes zu treffen ist (vgl. dazu die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer Rz 51b Abs. 1 zu § 3 ErbStG referierte hg. Judikatur).

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, wobei die Entscheidung mit Rücksicht auf die einfache und überdies durch die angeführte hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtslage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 23. Jänner 2003

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