VwGH 2002/15/0020

VwGH2002/15/002023.11.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der B GmbH in D, vertreten durch Dr. Theodor Strohal, Dr. Wolfgang G. Kretschmer, Dr. Thomas Buschmann und Mag. Erich Rebasso, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Opernring 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom 27. November 2001, GZ. RV 1263/1-V6/00, betreffend Feststellung von Einkünften 1995 bis 1997, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §167 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
BAO §167 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die KG hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH ist die Rechtsnachfolgerin einer KG. Die KG betrieb eine Druckerei. Im Zuge einer den Zeitraum 1995 bis 1997 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung traf der Prüfer die Feststellung, bereits im Zuge der vorangegangenen Prüfung (im Jahre 1988) seien die von der KG an das Schweizer Unternehmen S-Druck gezahlten Provisionen nicht als Betriebsausgaben anerkannt worden. Die KG habe nunmehr weder schriftliche Vereinbarungen noch eine Aktennotiz oder einen entsprechenden Schriftverkehr über die Grundlagen der Provisionen vorlegen können. Da das Finanzamt die Provisionen bereits in der Vergangenheit nicht anerkannt habe, hätte die KG für nachfolgende Zeiträume entsprechende Beweisvorsorgen über eine Vereinbarung mit der S-Druck treffen können. Die KG habe keinen Nachweis dafür erbracht, dass die S-Druck die Provisionen in ihrem Rechenwerk erfasst und in der Schweiz versteuert habe. Da die S-Druck schon in der Vergangenheit eine Gefälligkeitsrechnung (für die KG) ausgestellt habe, sei deren Bestätigung, die Provisionen im Rechenwerk erfasst zu haben, nicht ausreichend. Somit seien die Provisionen auch für den Zeitraum 1995 bis 1997 nicht anzuerkennen.

Gegen die den Prüfungsfeststellungen entsprechend ergangenen Feststellungsbescheide erhob die KG Berufung. Bei der Empfängerin der Provisionen handle es sich um einen seit Jahren in der Schweiz bestehenden Buchdruckbetrieb des Herrn KE. Dieser vermittle der KG Aufträge von Kunden in der Schweiz. Diese Aufträge erreichten jährlich einen Umfang von ca S 2,5 Mio. und umfassten sohin ca. 12 % des Gesamtumsatzes der KG. Die vermittelten Umsätze seien für die KG unverzichtbar, zumal sie auch unter Berücksichtigung der geleisteten Provisionen noch positive Deckungsbeiträge bewirkten. Die Abrechnung und Abwicklung der Provisionen zwischen der KG und der S-Druck erfolge im Hinblick auf die jahrzehntelange Geschäftsverbindung einvernehmlich und stelle keine ungewöhnliche oder unverständliche Vorgangsweise dar. Die Provision betrage 13 % des vermittelten Umsatzes und werde quartalsweise berechnet (gemäß Debitorenkonto der Buchhaltung) und der S-Druck überwiesen. Die KG habe eine Bestätigung des KE beigebracht, wonach er die Provisionen erhalten und in seiner Finanzbuchhaltung erfasst habe.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung verwies das Finanzamt auf die im Jahre 1988 durchgeführte Vor-Betriebsprüfung. Die KG habe auf Grund von Honorarnoten aus Liechtenstein und der Schweiz für die Ausarbeitung von Retuschen, Reinzeichnungen und Beratungen Betriebsausgaben geltend gemacht. Nachdem das Finanzamt darauf hingewiesen habe, dass es sich bei den Rechnungsausstellern um ausländische Briefkastengesellschaften gehandelt habe, habe die KG die Rechnungen zurückgezogen, die Zahlungen "storniert" und stattdessen für die Jahre 1984 bis 1986 Provisionszahlungen an S-Druck behauptet. Da aber diese Provisionszahlungen an die S-Druck im Rechenwerk der KG gar nicht enthalten gewesen seien und die Geschäftsführer bzw. der Steuerberater der KG keine näheren Auskünfte über die Provisionen gegeben hätten, seien die Rechnungen der S-Druck als Gefälligkeitsrechnungen qualifiziert und die behaupteten Zahlungen nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt worden. Nunmehr behaupte die KG, mit der S-Druck (Druckerei des KE) seit Jahrzehnten in laufender Geschäftsbeziehung zu stehen. Vor diesem Hintergrund sei es unerklärlich, dass die in den Jahren 1984 bis 1986 an die S-Druck geleisteten Provisionen nicht in das Rechenwerk der KG aufgenommen worden seien, auf der anderen Seite Rechnungen über Retuschen, Reinzeichnungen und Beratungen storniert und die Beträge zurückbezahlt worden seien und statt dessen Rechnungen der S-Druck vorgelegt worden seien, wobei allerdings nähere Details über den jahrzehntelangen Geschäftspartner nicht bekannt gegeben worden seien. Vor diesem Hintergrund werde die KG gebeten, ihren Geschäftspartner in der Schweiz dazu zu veranlassen, er möge bei der zuständigen Steuerverwaltung des Kantons St. Gallen vorsprechen und eine Bestätigung der Steuerbehörde über die steuerliche Erfassung der Provisionszahlungen beibringen. Allenfalls könne eine Bestätigung der Steuerverwaltung beigebracht werden, aus der hervorgehe, dass sie - entgegen den bisherigen Erfahrungen der österreichischen Finanzbehörden - keine Bestätigungen über die steuerliche Erfassung von Provisionen erteile.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wendete die KG ein, der Beweisauftrag des Finanzamtes, vom Provisionsempfänger eine Bestätigung der ausländischen Steuerbehörde zu verlangen, sei unzumutbar.

Mit Vorhalt vom 4. September 2001 wurde die KG gefragt, welche Unternehmer von der S-Druck vermittelt worden seien. Es wurde auch vorgehalten, dass in den Jahren 1995 bis 1997 ausschließlich Provisionen von Umsätzen aus Aufträgen der Firma K gezahlt worden seien, und angefragt, warum trotz der dauerhaften Geschäftsbeziehung zur Firma K immer noch 13 % der vermittelten Umsätze an die S-Druck gezahlt werden müssten.

Mit Eingabe vom 5. Oktober 2001 brachte die KG vor, im Betrachtungszeitraum seien ihr von der S-Druck keine anderen Kunden als die Firma K vermittelt worden. Die Umsätze der Firma K würden trotz Gewährung der Provision einen äußerst positiven Deckungsbeitrag zum Jahresergebnis der KG erbringen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In den Jahren 1995 bis 1997 sei nur ein Abnehmer (die Firma K in der Schweiz) an die KG vermittelt worden. Die Geschäftsbeziehung zu dieser Firma K bestehe seit den früheren 80er Jahren durchgehend bis heute. Nach Ansicht der belangten Behörde sei es nicht plausibel, dass bei einer derart langen Geschäftsbeziehung die Aufträge noch immer von der S-Druck vermittelt und hiefür eine Provision in Höhe von 13 % der Umsätze bezahlt werde, stelle sich eine solche Vorgangsweise "ohne das Bestehen rechtlicher Bindungen" im Wirtschaftsleben doch als gänzlich ungewöhnlich dar. Eine diesbezügliche Anfrage der belangten Behörde zur Aufklärung der ungewöhnlichen Umstände sei von der KG unbeantwortet geblieben. Bei Ansatz der 13 %-igen Provision verbleibe zwar für die KG noch ein positiver Kostendeckungsbeitrag, es sei jedoch nicht dargetan worden, weshalb noch immer eine Vermittlungsprovision an die S-Druck bezahlt werde bzw. welche konkrete rechtliche oder wirtschaftliche Veranlassung hiefür bestehe. Vor diesem Hintergrund seien nach Ansicht der belangten Behörde höhere, über die übliche Mitwirkungspflicht hinausgehende Anforderungen für den Nachweis der Provisionszahlungen zu stellen. Auf Grund der bei der Vorprüfung getroffenen Feststellungen habe die KG davon ausgehen müssen, dass bei einer neuerlichen Prüfung die Anerkennung der geltend gemachten Provisionen fraglich sein könnte. Es wäre daher erforderlich und zumutbar gewesen, dass die KG zumindest eine schriftliche Vereinbarung schließe, in der die wesentlichen Punkte des Übereinkommens mit der S-Druck enthalten seien, oder dass sie sonstige schriftliche Unterlagen vorlege, handle es sich bei der S-Druck doch um ein Unternehmen, das seinerzeit Gefälligkeitsrechnungen ausgestellt habe. Zwar sei die Leistungserbringung an die Firma K sowie die Berechnung und die Zahlung von Provisionsbeträgen an die S-Druck in den Jahren 1995 bis 1998 unzweifelhaft, doch sage dies nichts über die betriebliche Veranlassung dieser Zahlungen und bedinge damit auch nicht deren steuerliche Anerkennung. Die belangte Behörde gehe vom Fehlen einer betrieblichen Veranlassung für die in Rede stehenden Provisionen aus. Da mit der Schweiz Rechtshilfeabkommen nicht bestünden, sei es der Abgabenbehörde letztlich nicht möglich, die Erfassung der Provisionen beim Empfänger in der Schweiz zu kontrollieren. Eine Empfängerbenennung bzw. die Bestätigung des Empfängers KE, wonach er die Provisionen der Jahre 1995 bis 1997 in Höhe von S 777.779,-- auf seinem Bankkonto bei der R-Bank, welches Bestandteil seiner Finanzbuchhaltung sei, erhalten habe, sei nach Ansicht der belangten Behörde nicht ausreichend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörden, abgesehen von offenkundigen Tatsachen und von solchen, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Dabei hat die belangte Behörde bei mehreren Möglichkeiten diese gegeneinander abzuwägen und zu begründen, warum sie ihrer Feststellung jene Möglichkeit zugrundelegt, die sie für wahrscheinlicher hält als die andere (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 2004, 2003/13/0165). Der Verwaltungsgerichtshof kann eine Fehlerhaftigkeit der Beweiswürdigung der Behörde nur dann aufgreifen, wenn sie zufolge eines Verstoßes gegen die Denkgesetze oder das allgemeine menschliche Erfahrungsgut das Ausmaß einer Rechtsverletzung in der behördlichen Ermittlung des Sachverhaltes angenommen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 2003, 98/13/0119).

Die KG hat im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 20. Oktober 1999 vorgebracht, es bestehe zur S-Druck seit über zehn Jahren eine intensive Geschäftsbeziehung in der Weise, dass die S-Druck Aufträge von Schweizer Kunden an die KG weiterleite. In der Folge hat sich herausgestellt, dass ausschließlich Aufträge der Firma K an die KG vermittelt worden sind. Die Geschäftsbeziehungen der KG zur Firma K bestehen "jedenfalls schon seit den frühen 80er Jahren durchgehend und kontinuierlich bis heute". Die Frage der belangten Behörde im Vorhalt vom 4. September 2001, warum trotz einer derart langen und intensiven Geschäftsbeziehung noch immer für jeden Umsatz Vermittlungsprovisionen in Höhe von 13 % an die S-Druck gezahlt würden, hat die KG unbeantwortet gelassen. Bei einer früheren Betriebsprüfung betreffend die Jahre 1984 bis 1988 wurden Rechnungen der S-Druck als Gefälligkeitsrechnungen qualifiziert und nicht anerkannt; die entsprechenden Bescheide sind unbekämpft geblieben. Wenn die belangte Behörde bei dieser Sachlage davon ausgegangen ist, dass die auf Grund von Rechnungen der S-Druck erfolgten Zahlungen der KG nicht mit einer relevanten Gegenleistung der S-Druck zusammenhingen und somit nicht betrieblich veranlasst seien, kann dies nicht als das Ergebnis unschlüssiger Beweiswürdigung angesehen werden.

Soweit die Beschwerdeführerin in der Beschwerde wie bereits die KG im Verwaltungsverfahren vorbringt, es wäre im Ermessen der S-Druck gelegen gewesen, die Aufträge der Firma K zu vermitteln, die Aufträge seien trotz der Provision von 13 % lukrativ gewesen, bietet sie damit keine Erklärung dafür, warum es einer laufenden Vermittlungstätigkeit bedarf, wenn sich zwei Geschäftspartner seit über zehn Jahren kennen und im Hinblick auf die kontinuierliche Geschäftsbeziehung bereits über die Informationen hinsichtlich der Beschaffenheit der angebotenen und der nachgefragten Leistungen verfügen.

Das Finanzamt hat in der Berufungsvorentscheidung darauf verwiesen, dass Vertreter der KG im Zuge einer früheren Betriebsprüfung Rechnungen der S-Druck für die Jahre 1984 bis 1986 vorgelegt hätten, welche im Rechenwerk der KG nicht erfasst gewesen wären und letztlich - von der KG unbekämpft - als Scheinrechnungen angesehen worden seien. Diesen Feststellungen ist die KG in der Folge nicht entgegengetreten. Solcherart konnte die belangte Behörde den Umstand, dass Rechnungen der S-Druck bereits in der Vergangenheit als Schein- bzw Gefälligkeitsrechnungen qualifiziert worden sind, im Rahmen der Beweiswürdigung als weiteres Indiz zur Abrundung des Bildes heranziehen. Dem steht das grundsätzlich zutreffende Vorbringen der Beschwerde nicht entgegen, wonach die Verfahren betreffend 1984 bis 1986 rechtskräftig erledigte Verfahren seien, von welchen das Beschwerdeverfahren nicht (rechtlich) abhänge, und dass der Verzicht auf die Einbringung eines Rechtsmittels gegen die Bescheide betreffend 1984 bis 1986 nicht zwingend bedeute, "dass sämtliche bescheidmäßigen Feststellungen und Qualifikationen akzeptiert" worden seien.

Zutreffend führt die Beschwerde aus, dass das Vorliegen schriftlicher Aufzeichnungen über Provisionsvereinbarungen keine zwingende Voraussetzung für die Anerkennung von Provisionsaufwendungen sei. Dennoch durfte die belangte Behörde im Beschwerdefall im Rahmen ihrer Beweiswürdigung das Fehlen schriftlicher Vereinbarungen als Indiz berücksichtigen. Ist es doch im Geschäftsleben üblich, dass die Erbringung von Leistungen, welche zu Gegenleistungen in der im Beschwerdefall strittigen Höhe führen, auf schriftlich fixierten Bedingungen basiert.

Ebenfalls zutreffend ist das Beschwerdevorbringen, betrieblich veranlasste Zahlungen seien unabhängig davon, ob sie der (einen Gewerbebetrieb führende) Empfänger in einer Buchhaltung erfasst habe oder nicht, als Betriebsausgaben anzuerkennen. Allein, dem angefochtenen Bescheid liegt keine andere Rechtsauffassung zu Grunde. Im angefochtenen Bescheid stützt die belangte Behörde die Feststellung, dass keine betriebliche Veranlassung der Provisionen gegeben sei, vor dem Hintergrund der Besonderheiten des Beschwerdefalles auf die von ihr angenommene Unüblichkeit der Provisionen dem Grunde und der Höhe nach. Wenn die belangte Behörde zum Abschluss der Bescheidbegründung auf das Fehlen eines Nachweises betreffend die Aufnahme der Zahlungen in das Rechenwerk der S-Druck verweist, hat sie damit nicht zum Ausdruck gebracht, dass dieses Fehlen der KG zur Last fällt, sondern lediglich, dass ein solcher Nachweis ein gewichtiges Indiz für eine tatsächliche Gegenleistung der S-Druck (und damit die betriebliche Veranlassung der Provisionen) gewesen wäre.

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde hält sohin der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle stand. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II 333/2003.

Wien, am 23. November 2004

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte