Normen
UStG 1994 §7 Abs1 idF 1996/756;
UStG 1994 §7 Abs2;
UStG 1994 §7 Abs1 idF 1996/756;
UStG 1994 §7 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Rechtsnachfolger der J. GmbH (Umwandlung gemäß §§ 2 ff Umwandlungsgesetz durch Übertragung des Unternehmens auf den Gesellschafter (Beschwerdeführer( mit Generalversammlungsbeschluss vom 14. September 2000).
Die J. GmbH mit D. I. als Geschäftsführer und die R. GmbH mit J. I., dem Vater des D. I., als Geschäftsführer betrieben u.a. im Streitzeitraum einen Computerhandel.
Am 15. März 1999 wurden bei der R. GmbH und bei der J. GmbH über richterlichen Befehl Hausdurchsuchungen durchgeführt und dabei eine Reihe von Belegen "U 34" beschlagnahmt. D. I., der Geschäftsführer der J. GmbH, gab bei seiner Vernehmung als Verdächtiger am selben Tag u.a. an, er habe vor etwa eineinhalb Jahren, als er noch in der R. GmbH, der Firma seines Vaters, gearbeitet habe, einen M. P. kennengelernt, welcher "Ansprechpartner" einer Firma O. in Krakau, Polen, gewesen sei. Er nehme an, dass diese Firma in Polen Computer und Computerteile bzw. EDV-Zubehör verkaufe. M. P. habe verschiedene Computer und EDV-Teile zu Großhandelspreisen vorerst noch bei der R. GmbH eingekauft und verschiedene polnische Namen und Anschriften übergeben, für welche die einzelnen Waren zu fakturieren gewesen seien. Pro Person und Rechnung habe M. P. stets das sogenannte U 34-Formular erhalten, um die Mehrwertsteuer rückerstattet zu bekommen. Ab November 1998 sei diese Vorgangsweise mit M. P. auch mit der J. GmbH abgewickelt worden. M. P. habe D. I. jedes Mal Namen und Anschriften polnischer Staatsbürger bekannt gegeben, auf welche D. I. die Rechnungen ausgestellt habe. Der Vorgang sei immer so verlaufen, dass M. P. die gekauften Waren "voll bezahlt" und von D. I. das firmenmäßig gefertigte U 34-Formular erhalten habe. Jeweils nach einigen Tagen sei M. P. mit den zollamtlich bestätigten U 34-Formularen wieder in das Büro des D. I. gekommen und vom neuerlichen Auftrag sei die Gesamtsumme an Umsatzsteuer aus den vorgelegten U 34-Formularen abgerechnet worden. D. I. vermute, dass die bei der R. GmbH und bei der J. GmbH gekauften Waren vermutlich ohne Verzollung nach Polen eingeführt worden seien. Es sei D. I. allerdings klar gewesen, dass die als Abnehmer angeführten Personen im Zeitpunkt des Kaufes bzw. der Lieferung nicht in Österreich gewesen seien.
In einer Niederschrift vom 20. Juni 2000 über das Ergebnis einer bei der J. GmbH durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer fest, dass von der J. GmbH in den Umsatzsteuervoranmeldungen für den Zeitraum November 1998 bis Jänner 1999 als umsatzsteuerfrei angesehene "Touristenexporte" in Höhe von 168.845 S (November 1998), 606.432,54 S (Dezember 1998) und 207.065 S (Jänner 1999) angegeben gewesen seien. Auf Grund einer Beschlagnahme bzw. einer Hausdurchsuchung seien die den "Touristenexporten" zu Grunde liegenden Ausfuhrbescheinigungen U 34 der kriminaltechnischen Untersuchungsstelle der Sicherheitsdirektion Niederösterreich übermittelt worden. Diese habe alle Zollstempel auf den Vordrucken betreffend November und Dezember 1998 als "Totalfälschung" angesehen. Da die Vordrucke betreffend die Umsätze Jänner 1999 nur zwei verschiedene Zollstempel aufwiesen, die für die vorigen beiden Monate als Totalfälschung erkannt worden seien, seien auch diese als Fälschungen zu beurteilen. Unter Hinweis auf die erwähnte, mit D. I., dem Geschäftsführer der J. GmbH, aufgenommene Niederschrift vom 15. März 1999 erkenne der Prüfer die Umsatzsteuerfreiheit der geltend gemachten Lieferungen nicht an.
Dementsprechend setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer mit Bescheiden vom 12. Juli 2000 für das Jahr 1998 und vom 1. März 2001 für das Jahr 1999 fest.
In den dagegen eingebrachten, annähernd wortgleichen Berufungen wurde ausgeführt, der Geschäftsführer der J. GmbH könne "unter Eid aussagen", dass die fraglichen Exporte mit ausländischen Personen abgeschlossen worden seien, und nehme daher mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an, dass die gelieferten Gegenstände ausgeführt worden seien. Wenn die Abnehmer die Ausfuhrpapiere gefälscht hätten, dann vermutlich deshalb, um im Einfuhrland keine Eingangsabgaben zu bezahlen. Dass die Stempel auf den Ausfuhrnachweisen gefälscht seien, sei weder für die J. GmbH noch für die Behörde erkennbar gewesen, weil sich letztere zur Überprüfung der kriminaltechnischen Untersuchungsanstalt habe bedienen müssen. Daher verstoße die Aberkennung der Vorsteuer gegen Treu und Glauben.
Auf den Vorhalt, die in der Berufung angebotene "Aussage unter Eid" des Geschäftsführers könne die fehlenden Ausfuhrnachweise nicht ersetzen und es sei nicht sicher, dass die in Rede stehenden Gegenstände ins Drittland gelangt seien, hielt der Beschwerdeführer dem Finanzamt entgegen, dass es unrichtig sei, D. I. hätte gewusst, die Namen der auf den "U 34" aufscheinenden Personen wären mit den Abholern ident und die Touristen wären vorgetäuscht. Dass die Lieferungen auf Wunsch des M. P. auf verschiedene Personen "aufgesplittet" worden seien, "implementiert jedoch nicht, dass nicht diese Personen beim Grenzaustritt die Ware ausgeführt haben könnten". Auch in einem angeschlossenen Antrag der Staatsanwaltschaft an die Untersuchungsrichterin (u.a. auf Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung, "falls sich die Generalien feststellen lassen") u.a. betreffend M. P. sei bemerkt worden, "dass die Waren tatsächlich nach Polen exportiert wurden". Da die J. GmbH einen nach den ihr und der Abgabenbehörde zur Verfügung stehenden Überprüfungsmöglichkeiten "richtigen Exportnachweis" erbracht habe und da weder für die J. GmbH noch für die Behörde erkennbar gewesen sei, dass die Stempel auf den Urkunden gefälscht seien, liege ein "gültiger Buchnachweis" vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und verschiedener Bestimmungen des UStG 1994 sowie von der Rechtsprechung entnommenen Rechtssätzen stellte die belangte Behörde fest, es sei unbestritten, dass es sich bei den in Rede stehenden "Ausfuhrbescheinigungen U 34" im Streitzeitraum zur Gänze um "Totalfälschungen" handle. Zwar sei eine Beteiligung des Geschäftsführers der J. GmbH an den Stempelfälschungen weder festgestellt noch nachgewiesen, jedoch seien ihm gewisse Unregelmäßigkeiten bekannt gewesen, wie der Niederschrift vom 15. März 1999 zu entnehmen sei. Die Ausfuhrgeschäfte seien zwar angeblich mit dem polnischen Staatsbürger M. P. abgeschlossen worden, doch sei dies in der Buchhaltung weder dokumentiert noch sei eine Identitätsprüfung des M. P. erfolgt. Dem Einwand, dass die Waren ohnehin nach Polen exportiert worden seien, halte die belangte Behörde entgegen, dass die Ausfuhrbescheinigungen auf falsche Namen lauteten und mit gefälschten "Austrittsbestätigungen" versehen seien. Da keinerlei Beweismittel zum Nachweis des ausländischen Abnehmers vorgelegt worden seien, vielmehr sogar zugegeben worden sei, dass die auf den Fakturen aufscheinenden Personen mit den Geschäftspartnern der J. GmbH nicht identisch seien, und da auf Grund der Stempelfälschungen keine Ausfuhrnachweise vorlägen, könne die Steuerfreiheit für die Lieferungen nicht gewährt werden.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der vor ihm gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 11. Juni 2002, B 1049/01-6, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Nach § 6 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 sind die Ausfuhrlieferungen (§ 7) steuerfrei.
§ 7 Abs. 1 UStG 1994 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des BG BGBl. Nr. 756/1996 lautet:
"§ 7. (1) Eine Ausfuhrlieferung (§ 6 Abs. 1 Z 1) liegt vor, wenn
1. der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet (§ 3 Abs. 8) hat, oder
2. der Unternehmer das Umsatzgeschäft, das seiner Lieferung zu Grunde liegt, mit einem ausländischen Abnehmer abgeschlossen hat, und der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittland befördert oder versendet hat, ausgenommen die unter Z 3 genannten Fälle.
3. Wird in den Fällen der Z 2 der Gegenstand der Lieferung
nicht für unternehmerische Zwecke erworben und durch den Abnehmer
im persönlichen Reisegepäck ausgeführt, liegt eine
Ausfuhrlieferung nur vor, wenn
4. a) der Abnehmer keinen Wohnsitz (Sitz) oder
gewöhnlichen Aufenthalt
5. im Gemeinschaftsgebiet hat,
6. b) der Gegenstand der Lieferung vor Ablauf des
dritten Kalendermonates, der auf den Monat der Lieferung
folgt, ausgeführt wird, und
7. c) der Gesamtbetrag der Rechnung für die von einem Unternehmer an
8. Abnehmer gelieferten Gegenstände 1.000 S übersteigt.
Als Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt gilt der Ort, der im Reisepass oder sonstigen Grenzübertrittsdokument eingetragen ist.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Ausfuhr bearbeitet oder verarbeitet werden.
Die vorstehenden Voraussetzungen müssen buchmäßig nachgewiesen sein."
Ausländischer Abnehmer ist nach § 7 Abs. 2 lit. a leg. cit. ein Abnehmer, der keinen Wohnsitz (Sitz) im Inland hat. Über die erfolgte Ausfuhr muss gemäß § 7 Abs. 4 leg. cit. ein Ausfuhrnachweis erbracht werden.
Der vorliegende Beschwerdefall gleicht hinsichtlich des rechtserheblichen Sachverhaltes und der zu entscheidenden Rechtsfrage insoweit jenem, den der Gerichtshof mit seinem u.a gefälschte "Ausfuhrnachweise U 34" der R. GmbH betreffenden Erkenntnis vom 15. Februar 2006, 2001/13/0275, entschieden hat, in einer Weise, die es erlaubt, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf jenes Erkenntnis zu verweisen.
Auch im vorliegenden Beschwerdefall steht die Fälschung der "Ausfuhrnachweise U 34" fest und wird auch in der Beschwerde nicht bestritten. Ein subjektives Moment, ob für die J. GmbH die Fälschungen als solche erkennbar gewesen wären, hat bei der Prüfung außer Betracht zu bleiben, ob der lediglich objektive Merkmale aufweisende, in § 7 Abs. 1 und 2 UStG 1994 normierte Tatbestand erfüllt ist, welcher die Steuerfreiheit als Rechtsfolge nach sich zieht. Die Beschwerdeausführungen zu Treu und Glauben gehen daher ins Leere. Damit ist das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden.
Darüber hinaus wurde die für die Umsatzteuerfreiheit erforderliche Erfüllung der weiteren Voraussetzung eines ausländischen Abnehmers im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 2 oder 3 UStG 1994 im Verwaltungsverfahren nicht einmal ansatzweise nachzuweisen versucht und die Feststellung der belangten Behörde nicht bekämpft, dass die Identität des M. P. von der J. GmbH nicht überprüft worden sei.
Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf die weitwendigen Ausführungen der Beschwerde zur Frage eines Buchnachweises und des Verhältnisses eines solchen zum Gemeinschaftsrecht einzugehen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. März 2006
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