Normen
WehrG 1990 §24 Abs8 idF 2000/I/140;
WehrG 1990 §24 Abs8 idF 2000/I/140;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Beschluss vom 14. März 2001 der Stellungskommission beim Militärkommando Niederösterreich wurde der Beschwerdeführer für "Tauglich" befunden.
Im Verwaltungsakt erliegt eine Gesamtübersicht einer ergometrischen Untersuchung des Beschwerdeführers vom selben Tag, der zufolge bei diesem die Indikation "Sinustachykardie in Ruhe" gegeben sei. Im Feld "Bewertung" ist von erheblichem Trainingsrückstand und verstärktem Pulsanstieg die Rede, es lägen jedoch keine pathologischen Arhythmien vor. Das ebenfalls im Verwaltungsakt erliegende "Stellungsuntersuchungsergebnis" weist einen Ruhepuls des Beschwerdeführers von 127, nach Erholung (nach ergonometrischem Test) von 172, aus. Im Feld "DIAGNOSEN" ist von "Osteochondrose, juvenile, Wirbelsäule" die Rede.
Auf dem "STATUSBLATT" finden sich im Feld "DIAGNOSE" ua die Eintragungen "EKG: Sinustachykardie in Ruhe" sowie "Ergo: keine patholog. Arhythmien". Auf der letzten Seite des Statusblatts findet sich handschriftlich im Feld "Diagnose" der Eintrag "M. Scheuermann".
Mit Schreiben vom 5. April 2001 beantragte der Beschwerdeführer beim Militärkommando Niederösterreich eine neuerliche Stellung. Begründend führte er aus, er leide von Jugend an an Problemen mit der Wirbelsäule. Da seine Beweglichkeit in den letzten Jahren schmerzbedingt beeinträchtigt worden sei, habe er ärztliche Hilfe in Anspruch genommen. Auch durch Massagen, Rückengymnastik, etc. seien die Probleme jedoch nicht beseitigt worden. Genauere Untersuchungen hätten den Verdacht eines Morbus Scheuermann und einer Hypermobilität der Wirbelsäule erregt. Durch die Einberufung zur Stellung habe er sich neue Erkenntnisse seiner gesundheitlichen Situation erhofft, obwohl er aber mehrfach auf seine Probleme aufmerksam gemacht habe, seien keine weiteren Untersuchungen erfolgt. Zusätzlich sei noch ein weiteres Problem aufgetraucht. Auf Grund der festgestellten, stark überhöhten Pulsfrequenz (knapp 130 Ruhepuls) sei er einem 1/2-stündigen Belastungstest unterzogen worden. Dieser habe eine stark reduzierte Belastungsfähigkeit ergeben. Der untersuchende Arzt habe dazu gemeint, dass dieser Umstand näher beobachtet werden sollte. Damit sei die "Thematik" beendet worden, es seien keine weitere Nachforschung und auch keinerlei medizinische Aufklärung oder Ratschläge erfolgt. Da ihm diese Auffälligkeit bislang nicht bekannt gewesen sei und ihn ziemlich verunsichert habe, wolle er nunmehr eine endgültige Abklärung. Er betrachte die von der Stellungskommission bislang vorgenommenen Untersuchungen hinsichtlich der Wirbelsäulenbeschwerden und der eingeschränkten physischen Belastbarkeit als unvollständig bzw. unzureichend.
Das Militärkommando Niederösterreich wies den Antrag mit Bescheid vom 17. Mai 2001 gemäß § 24 Abs. 8 des Wehrgesetzes 1990 (WG) ab. Begründend wurde ausgeführt, das Vorbringen des Beschwerdeführers sowie seine Personalunterlagen (Stellungsbefund) seien dem leitenden Arzt der Stellungskommission vorgelegt worden, der dazu festgestellt habe, dass sich zum Untersuchungsergebnis vom 14. März 2001 keine neuen relevanten Fakten für eine neuerliche Stellung ergäben. Das System der Stellungsuntersuchungen zur Feststellung der Eignung zum Wehrdienst werde als ausreichend befunden.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, seine Beweglichkeit sei in den letzten Jahren schmerzbedingt beeinträchtigt worden. Unabhängig davon leide er zeitweise schon bei geringer körperlicher Belastung an Atemnot, doch habe er, weil "dieses Problem in seiner Intensität schwankt", dem bisher keine größere Bedeutung beigemessen. Da sich hinreichende Anhaltspunkte für eine Änderung seiner mit Beschluss vom 14. März 2001 festgestellten Tauglichkeit ergeben hätten, habe er ein Ansuchen um neuerliche Stellung eingereicht, welches mit dem erstinstanzlichen Bescheid abgewiesen worden sei. Das diesem Bescheid zu Grunde liegende Verfahren sei jedoch grob mangelhaft gewesen. Angesichts der Indikationen "Verdacht auf Morbus Scheuermann" sowie der hohen Pulsfrequenz und zeitweisen Atemnoterscheinungen wäre eine persönliche Untersuchung durch einen einschlägigen Facharzt unerlässlich gewesen. Diese Faktoren seien dem Beschwerdeführer bei der ursprünglichen Stellung in diesem Ausmaß noch nicht bekannt gewesen. Sie seien erst im Nachhinein durch eine ärztliche Untersuchung zu Tage getreten. Ausgehend von diesen medizinischen Indikationen sei es unmöglich, eine Entscheidung ausschließlich auf Grund der Aktenlage zu treffen.
Mit Schreiben vom 24. August 2001 übermittelte der Beschwerdeführer "den aktuellen Stand der Untersuchungsergebnisse". Sowohl die temporär auftretenden Atemnoterscheinungen als auch die generell empfundene geringe Belastbarkeit seien dadurch nachvollziehbar und erklärbar. Die im Befundbericht festgestellten Ergebnisse stellten eine geänderte Situation gegenüber dem Status zum Zeitpunkt der Beschlussfassung auf Wehrdiensttauglichkeit vom 14. März 2001 dar. Beigeschlossen war diesem Schreiben ein ärztlicher Befundbericht einer Fachärztin für Innere Medizin vom 20. August 2001 über eine Untersuchung des Beschwerdeführers vom selben Tag. Eine erweiterte kleine Spirometrie habe "keine Obstruction der großen Bronchien aber MEF 25-75 reduziert unter 60 % somit small airway disease" ergeben. Eine Ergometrie sei wegen Verdachts auf verminderte Belastbarkeit vorgenommen worden. Diese sei bis 70 % der Sollbelastbarkeit durchgeführt worden, dabei hätten sich "keine BCI Zeichen", aber zunehmende Atemnot, keine Rhythmusstörungen" ergeben. Der Abbruch sei wegen progressiver Dyspnoe und Erschöpfung erfolgt, zudem sei es zu einem exzessivem "RR-Anstieg auf 235/86" gekommen. Bei den Diagnosen ist von "Morbus Scheuermann, Verdacht anstrengungsindiziertes Asthma bronchiale, Small airway disease" die Rede.
Im Verwaltungsakt erliegt eine Stellungnahme der Abteilung Sanitätswesen des Bundesministeriums für Landesverteidigung vom 24. September 2001, der zufolge nach Prüfung der Unterlagen sowohl die diagnostizierten gesundheitlichen Beeinträchtigungen anlässlich der Stellung entsprechend gewertet worden und die durchgeführten Untersuchungen ausreichend gewesen seien. Der vorliegende fachärztliche Befund sei nicht so geartet, dass er zu einer Änderung der Tauglichkeit führe. Eine neuerliche Stellung sei auf Grund des Befundes nicht notwendig.
Im Rahmen des eingeräumten Parteiengehörs nahm der Beschwerdeführer, nunmehr anwaltlich vertreten, mit Schreiben vom 19. Oktober 2001 Stellung. Vorgebracht wurde, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers, insbesondere dessen erhebliche Atemnot, seien zum Einen im Zuge der vor der Stellungskommission durchgeführten Eignungsfeststellung nicht hinreichend berücksichtigt worden, zum anderen hätten sich die Symptome und gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach dem 14. März 2001 erheblich verschlechtert, weshalb jedenfalls eine neuerliche Prüfung der Wehrdiensttauglichkeit geboten sei.
Der Bundesminister für Landesverteidigung wies die Berufung mit Bescheid vom 14. November 2001 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 24 Abs. 8 WG ab. Begründend führte der Bundesminister für Landesverteidigung nach Wiedergabe des Ganges des Verwaltungsverfahrens aus, der Beschwerdeführer sei im Rahmen seiner erstmaligen Stellung untersucht worden. Dabei seien unter anderem als gesundheitliche Beeinträchtigungen Morbus Scheuermann an der Wirbelsäule sowie ein überhöhter Ruhepulswert (127 Schläge pro Minute) festgestellt worden, welche nach durchgeführter spirometrischer und ergometrischer Untersuchung zur Bewertung "erheblicher Trainingsrückstand" geführt hätten. Überprüfungen auf pathologische Arhythmen hätten keinen Befund ergeben. Die diagnostizierten gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien in den Einschränkungen (Gesundheitsprofil) berücksichtigt worden. Die in dem vom Beschwerdeführer vorgelegten ärztlichen Befundbericht enthaltenen zusätzlichen Feststellungen deckten sich im Wesentlichen mit den Erhebungsergebnissen der Stellungskommission (Bluthochdruckwerte, keine Rhythmusstörungen, Verdacht auf verminderte Belastbarkeit) mit Ausnahme des Umstandes, dass die ergometrische Untersuchung am 20. August 2001 wegen zunehmender Atemnot und Erschöpfung habe abgebrochen werden müssen. Die vorliegenden Abweichungen zum Stellungsergebnis, wonach beim Beschwerdeführer der Verdacht eines Asthma bronchiale und ein Small Airway Disease vorlägen, seien nicht so schwer wiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen, dass sie zur Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und Anordnung einer neuerlichen Stellung führen könnten. Selbst unter Zugrundelegung der Annahme, dass die Verschlechterungen des Gesundheitszustandes "nicht bloß im Verdachtsbereich", sondern objektiv vorlägen, wäre die Eignung des Beschwerdeführers für eine Soldatenfunktion aus Gesundheitsgründen gegeben. Er könne nämlich nach wie vor eine Waffe bedienen und ein gewisses Mindestmaß an körperlicher Kraftanstrengung und Beweglichkeit entwickeln. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer die Möglichkeit, anlässlich der zu Beginn des Präsenzdienstes durchzuführenden militärärztlichen Einstellungsuntersuchung seine gesundheitlichen Bedenken vorzubringen und gegebenenfalls durch weitere ärztliche Befunde zu belegen. Um Beeinträchtigungen seiner Gesundheit während des Präsenzdienstes nach menschlichem Ermessen hintanzuhalten, werde der zuständige Militärarzt gemäß § 10 Abs. 2 der Allgemeinen Dienstvorschrift das Ausmaß seiner Dienstfähigkeit festlegen und die erforderlichen Befreiungen von Belastungen, die mit seinem Gesundheitszustand nicht im Einklang stehen, verfügen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des § 24 Abs. 8 WG lautet (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 140/2000) auszugsweise:
"§ 24.
...
(8) Wehrpflichtige, deren Eignung zum Wehrdienst von der Stellungskommission festgestellt wurde, sind auf ihren Antrag neuerlich einer Stellung zu unterziehen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Änderung der Eignung zu erwarten ist. ... ."
Unbestritten ist im vorliegenden Fall, dass der Beschwerdeführer mit Beschluss der Stellungskommission vom 14. März 2001 für "Tauglich" befunden wurde und dieser Beschluss in Rechtskraft erwachsen ist.
Vor Erlassung eines auf § 24 Abs. 8 WG gestützten Bescheides ist zu klären, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich der Gesundheitszustand des Wehrpflichtigen gegenüber dem einer früheren Beurteilung zu Grunde gelegten in erheblicher Weise geändert hat. Nicht zu prüfen ist in diesem Stadium hingegen, ob der Wehrpflichtige tatsächlich anders zu beurteilen ist als bei einer früheren Stellung; dies kann lediglich Aufgabe der neuerlichen Stellung sein. Ein Verfahren nach § 24 Abs. 8 WG hat weiters nicht das Ziel, die Eignung eines Wehrpflichtigen ohne dessen unmittelbare Beurteilung durch Militärärzte (-fachärzte) festzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2001, Zl. 2001/11/0077 mwN).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund erweist sich die Beschwerde aus folgenden Erwägungen als unbegründet:
Es kann für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides dahinstehen, ob der Beschluss der Stellungskommission vom 14. März 2001, mit dem der Beschwerdeführer für "Tauglich" befunden wurde, rechtmäßig ergangen ist, insbesondere, ob das vorangegangene Ermittlungsverfahren einwandfrei durchgeführt worden ist. Da der Beschwerdeführer mit dem rechtskräftig gewordenen Beschluss vom 14. März 2001 für tauglich befunden worden ist, ist von seiner Eignung zum Wehrdienst auszugehen. Ein Verfahren nach § 24 Abs. 8 WG dient nicht dazu, ein allenfalls rechtswidriges früheres Stellungsverfahren wieder aufzunehmen.
Unbegründet ist zunächst die Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde sei aktenwidrig davon ausgegangen, dass bereits im Stellungsverfahren bei ihm Morbus Scheuermann der Wirbelsäule diagnostiziert worden sei. Aus den oben wieder gegebenen vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich zweifelsfrei, dass die Stellungskommission das Vorliegen von Morbus Scheuermann beim Beschwerdeführer ihrer Beurteilung zu Grunde gelegt hat.
Was den im vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegten ärztlichen Befundbericht der Fachärztin für Innere Medizin vom 20. August 2001 ausgesprochenen Verdacht des Bestehens von Asthma bronchiale beim Beschwerdeführer sowie die Diagnose von Small Airway Disease anlangt, ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass - abgesehen davon, dass hinsichtlich des Asthma bronchiale nur ein Verdacht ausgesprochen wurde - von der Fachärztin für Innere Medizin keinerlei Hinweis darauf gegeben wurde, dass die Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers, die sie am 20. August 2001 festgestellt hat, erst innerhalb der fünf Monate seit der Stellung des Beschwerdeführers aufgetreten sind. Der Beschwerdeführer selbst hat im gesamten Verwaltungsverfahren die anlässlich seiner Stellung getroffenen Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand als nicht ausreichend gerügt und erst in seiner oben wiedergegebenen Stellungnahme vom 19. Oktober 2001 nach der wiederholten Rüge, seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien von der Stellungskommission nicht hinreichend berücksichtigt worden, ohne Konkretisierung vorgebracht, die Symptome und gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätten sich nach der Stellung erheblich verschlechtert. Der belangten Behörde kann im Ergebnis auch nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Auffassung vertrat, die anlässlich der Untersuchung vom 20. August 2001 festgestellten Beeinträchtigungen stimmten im Wesentlichen mit denjenigen überein, die bereits anlässlich der Stellung des Beschwerdeführers festgestellt worden waren. Der Umstand, dass der Ergometrietest wegen Erschöpfung des Patienten vom 20. August 2001 abgebrochen wurde, bietet für sich allein kein ausreichendes Indiz für eine Änderung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.
Wien, am 23. April 2002
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