European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2003:2002090021.X00
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 332,--, insgesamt somit EUR 996,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Berufungen des Beschwerdeführers gegen die Straferkenntnisse des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 8. Juni 2001 (betreffend hg. Zlen. 2002/09/0021, 0022) bzw. 18. Juni 2001 (betreffend hg. Zl. 2002/09/0023), mit welchen der Beschwerdeführer schuldig erkannt und mit Geldstrafen von S 18.000,-- (betrifft hg. Zl. 2002/09/0021), zweimal S 30.000,-- (betrifft hg. Zl. 2002/09/0022) und zweimal S 23.000,-- (betrifft hg. Zl. 2002/09/0023) bestraft wurde, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GesmbH und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ des Arbeitgebers zu verantworten habe, dass fünf namentlich genannte ausländische Staatsangehörige in näher spezifizierten Zeiträumen von dieser Gesellschaft als LKW-Lenker beschäftigt worden seien, obwohl für diese ausländischen Staatsangehörigen weder eine Beschäftigungsbewilligung noch eine Entsendebewilligung erteilt, noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden sei und die Ausländer auch nicht im Besitz einer für diese Beschäftigung gültigen Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines gewesen seien, wodurch er eine Verwaltungsübertretung gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG begangen habe, gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.
Soweit dies im Beschwerdeverfahren noch von Interesse ist, stellte die belangte Behörde in allen Bescheiden gleichlautend fest, der Beschwerdeführer sei zu den angegebenen Tatzeitpunkten handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. S GesmbH mit Sitz in G, H.-Straße gewesen, auf welche im Jahr 2000 17 Lastkraftwagen zugelassen und von der 13 Fahrer angestellt gewesen seien. Die Disposition sei vom Beschwerdeführer, dessen Vater A. S und seiner Schwester M M. geführt worden. Mit Bestellungsurkunde vom 2. April 2000, dem Arbeitsinspektorat vorgelegt am selben Tage, habe der Beschwerdeführer seinen Vater A. S zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG für den Bereich "Fuhrpark und Werkstätte" bestellt. In sachlicher Hinsicht nenne die Bestellungsurkunde drei Aufgabenbereiche, nämlich die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen, des Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetzes und den technischen Zustand des Fahrzeugparks. Aus dem Begleitschreiben an das Arbeitsinspektorat ergebe sich noch, dass diese Bestellung "gemäß § 23 Abs. 1 ArbIG" erfolgt sei.
Der Beschwerdeführer habe hiebei ein von der Wirtschaftskammer bezogenes Musterformular verwendet. A. S sei seither auch mehrmals unter Zugrundelegung dieser Bestellungsurkunde verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen worden, jedoch immer nur hinsichtlich der Nichteinhaltung von Arbeitszeitbestimmungen i.S. der EG-Verordnungen 3820/85 und 3821/85. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssten Bestellungsurkunden gemäß 9 Abs 2 VStG bzw. gemäß § 23 ArbIG den örtlichen und sachlichen Zuständigkeitsbereich so konkret umschreiben, dass sich der Umfang der Verantwortlichkeit ohne ergänzende Zeugeneinvernahmen bzw interpretative Bemühungen aus dem Wortlaut der Urkunde selbst ergebe. Die vorliegende Bestellungsurkunde nenne einige Rechtsgebiete, hinsichtlich derer A S zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden sei, jedoch ausdrücklich nicht den Bereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Dies wiege um so schwerer, als die Bestimmung des § 28a Abs. 3 AuslBG, eingeführt mit BGBl. "1995/875" (gemeint: BGBl. Nr. 1995/895) mit 1. Januar 1996 in Kraft getreten und somit zum Zeitpunkt der Vorlage dieser Bestellungsurkunde an das Arbeitsinspektorat bereits in Geltung gestanden sei. Habe der Beschwerdeführer daher von dieser neuen Form der Verantwortlichkeitsübertragung Gebrauch machen wollen, hätte es auch eines entsprechenden ausdrücklichen Hinweises im Text der Bestellungsurkunde bedurft. Bestellungsurkunden gemäß § 28a Abs. 3 AuslBG müssten überhaupt ausdrücklich als solche bezeichnet sein und auch gesondert vorgelegt werden, dies insbesondere im Hinblick auf den Umstand, dass solche Bestellungsurkunden, wie auch jene nach § 23 ArbIG beim zuständigen Arbeitsinspektorat vorzulegen seien, wobei das gemäß § 28a Abs. 3 AuslBG zuständige Arbeitsinspektorat nicht zwangsläufig ident mit der nach § 23 Abs. 1 ArbIG zuständigen Behörde sein müsse. In der Steiermark sei etwa für den Bereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes das Arbeitsinspektorat Graz für die gesamte Steiermark zuständig, hinsichtlich der Einhaltung jener Arbeitnehmerschutzbestimmungen, welche der Kontrolle der Arbeitsinspektion im Sinne des ArbIG unterliegen, bestehe jedoch eine örtliche Zuständigkeitsabgrenzung zwischen dem Arbeitsinspektorat Graz und dem Arbeitsinspektorat Leoben. Zusammenfassend sei demnach davon auszugehen, dass es sich bei der Bestellungsurkunde für A S um die typische Bestellungsurkunde gemäß § 23 ArbIG handle, für welche von der Wirtschaftskammer aufgelegte Musterformulare im Umlauf seien. Diese Formulare seien nicht für den Anwendungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes konzipiert; es erfolge auch keine Erweiterung ihres Anwendungsbereiches in Gestalt einer entsprechenden Ergänzung durch den Verwender. Im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, derzufolge sich der Umfang der Verantwortlichkeit aus der Bestellungsurkunde selbst ergeben müsse, sei auch der Antrag auf ergänzende Einvernahme des A S hinsichtlich des Umfanges der Verantwortungsübertragung zurückzuweisen gewesen.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in allen Verfahren in seinem Recht auf "Ausübung eines Gewerbes" verletzt. Im Wesentlichen macht er in Ausführung dieses Beschwerdepunktes geltend, nicht er, sondern der wirksam bestellte verantwortliche Beauftragte der Gesellschaft, A. S, sei für die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG verantwortlich und zu bestrafen gewesen.
Dass die genannten ausländischen Fahrer im Sinne der Bestimmungen des AuslBG von der S GesmbH "beschäftigt" worden seien, bekämpft der Beschwerdeführer in seinen Beschwerden nicht mehr.
Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Rechtssachen infolge ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung erwogen:
Nach § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Der Beschwerdeführer ist unbestrittenermaßen handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GesmbH und zu deren Vertretung nach außen berufen.
Nach Abs. 2 dieser Bestimmung sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
Gemäß § 28a Abs. 3 erster Satz AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 wird die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des Bestellten eingelangt ist.
Aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 VStG ist klar ersichtlich, dass der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt wird, "klar abzugrenzen" ist. Erfolgt eine solche klare Abgrenzung nicht, so liegt keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne dieser Bestimmung vor. Die Verwaltungsstrafbehörden sollen - wie der Verwaltungsgerichtshof insbesondere in seinem Erkenntnis vom 12. Januar 1999, Zl. 98/09/0231, unter Hinweis auf weitere Judikatur bereits dargelegt hat - nicht in die Lage versetzt werden, Ermittlungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher und sachlicher Hinsicht, insbesondere über die Größe, Lage und Verwendung der einzelnen Betriebsräume, anstellen zu müssen. Sie sollen auch der Aufgabe enthoben sein, die Bestellung (ihren Nachweis) einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise möglichen Interpretation unterziehen zu müssen, um zu klären, welcher Inhalt einer diesbezüglich nicht eindeutigen Erklärung beizumessen ist. Jedenfalls soll vermieden werden, dass Zweifel am Umfang des Verantwortlichkeitsbereiches entstehen und als deren Folge die Begehung von Verwaltungsübertretungen allenfalls überhaupt ungesühnt bleibt. Bei der Auslegung einer Bestellungsurkunde ist sohin ein objektiver Maßstab anzulegen. Dabei kommt es im Sinne der allgemeinen Auslegungsregeln auch nicht auf die Absicht des Erklärenden, sondern auf den objektiven Erklärungswert des Empfängers an.
Aus objektiver Sicht liegt aber im Beschwerdefall lediglich seine Bestellung "gemäß § 23 Abs. 1 ArbIG" und keine im Sinne des § 28a Abs. 3 AuslBG vor, zumal die dem Arbeitsinspektorat zugekommene Ausfertigung dieser Bestellungsurkunde vom 1. April 1999 nicht einmal den in der an den verantwortlichen Beauftragten selbst gerichteten Urkunde enthaltenen Hinweis auf einen "die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften" umfassenden Pflichtenkreis aufweist, wie der Beschwerdeführer ausführt, was aber in jedem Falle auch nicht hinreichend gewesen wäre. Daher ist der belangten Behörde darin zuzustimmen, dass wegen mangelnder Ausdehnung des Verantwortungsbereiches des verantwortlichen Beauftragten auch auf die Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes die Bestellung des A. S in diesem Bereich nicht rechtswirksam wurde.
Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 21. Mai 2003
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