VwGH 2002/06/0187

VwGH2002/06/018730.3.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des S R in R, Deutschland, vertreten durch Dr. Brigitte Weirather, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 34/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 17. Oktober 2002, Zl. KUVS-1455/4/2002, betreffend Bestrafung nach dem BStrFG 1996 (weitere Partei: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Normen

BStFG 1996 §13 Abs1 idF 1999/I/107;
BStFG 1996 §7 Abs1 idF 1999/I/107;
BStFG 1996 §9 idF 1999/I/107;
VStG §5 Abs2;
BStFG 1996 §13 Abs1 idF 1999/I/107;
BStFG 1996 §7 Abs1 idF 1999/I/107;
BStFG 1996 §9 idF 1999/I/107;
VStG §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 3. September 2002 wurde der Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 13 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996 (BStFG 1996) mit einer Geldstrafe in Höhe von EUR 218,02 (bzw. 16 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) bestraft, weil er am 4. Juli 2001 um

16.20 Uhr auf der Südautobahn A 2 im Gemeindegebiet von Arnoldstein in Richtung Italien, auf Höhe des Parkplatzes ÖAMTC in Thörl-Maglern, als Lenker des PKW mit dem polizeilichen Kennzeichen CHA-SR 267 (D) eine mautpflichtige Bundesstraße benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG ab. Begründend führte die belangte Behörde aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens aus, am 4. Juli 2001 um 16.20 Uhr sei der Beschwerdeführer als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen CHA-SR 267 auf der Südautobahn A2 auf dem Parkplatz ÖAMTC, Ausreise in Thörl-Maglern, Gemeinde Arnoldstein, von Österreich kommend in Richtung Italien fahrend durch Beamte der Zollwacheabteilung Arnoldstein/MÜG, einer Kontrolle unterzogen worden. Dabei sei festgestellt worden, dass am Fahrzeug keine Mautvignette angebracht gewesen sei. Vom Lenker des Fahrzeuges sei eine Jahresvignette für das Jahr 2000 mit der Nummer 17935120 vorgelegt worden. Bereits in der Erstverantwortung habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er der Meinung gewesen sei, dass die mitgeführte Jahresvignette für das Jahr 2000 noch gültig sei.

Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges sei die A GmbH & Co KG. Vor Antritt der Fahrt habe er sich bei seinem Arbeitgeber erkundigt, ob sich alle erforderlichen Papiere und Unterlagen im Auto befänden und dieser habe dies bejaht. Der Beschwerdeführer beziehe ein monatliches Einkommen von DM 2.000,--, habe keine Schulden und kein Vermögen und sei für zwei Kinder sorgepflichtig. Zur Tatzeit sei er verwaltungsstrafrechtlich unbescholten gewesen. Der Beschwerdeführer bestreite nicht die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung, nämlich die Nichtentrichtung der zeitabhängigen Maut durch eine ordnungsgemäße Anbringung einer gültigen Vignette am Fahrzeug. Er verantworte sich lediglich dahingehend, dass er sich vor Antritt der Fahrt bei seinem Arbeitgeber erkundigt habe, ob alles in Ordnung sei, was dieser bejaht habe. Seine sowie seines Arbeitgebers Einvernahme im Rechtshilfeweg sei nicht erforderlich gewesen, da seinem Vorbringen zur Gänze gefolgt worden sei und daher die Einvernahme habe entfallen können. Auch hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse sei den Angaben des Beschwerdeführers gefolgt worden.

Im Sinne der § 7 Abs. 1, § 9 und § 13 Abs. 1 BStG 1996 könne von einer ordnungsgemäß entrichteten Maut immer nur dann gesprochen werden, wenn die Mautvignette am Kraftfahrzeug im Sinne der näheren Regelung der Mautordnung angebracht sei. Der Beschwerdeführer verantworte sich im Gegenstand damit, dass ihm von seinem Arbeitgeber mitgeteilt worden sei, dass sich alle erforderlichen Papiere und Unterlagen im Auto befänden und sohin alles in Ordnung sei. Er sei der Meinung gewesen, dass die mitgeführte Vignette für das Jahr 2000 dauerhaft gültig sei. Zur Tatzeit sei am PKW, den der Beschwerdeführer gelenkt habe, unbestrittener Maßen keine Vignette im Sinne der gesetzlichen Bestimmung angebracht gewesen. Erkundigungen beim Arbeitgeber des Beschwerdeführers vor Antritt der Fahrt könnten ihn nicht exkulpieren, zumal der Kraftfahrzeuglenker selbst für die Einhaltung der gegenständlichen Bestimmungen verantwortlich sei. Dabei seien auch ausländische Kraftfahrzeuglenker verpflichtet, sich über die in Österreich geltenden Vorschriften, insbesondere auch über das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz, ausreichend zu unterrichten. Es wäre am Beschwerdeführer gelegen gewesen, Erkundigungen bei den zuständigen Stellen über die Zulässigkeit der von ihm mitgeführten Vignette einzuholen. Diese Maut sei nur durch das Anbringen der Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten; das Mitführen einer Mautvignette ohne ihre Anbringung im Sinne der näheren Regelungen der Mautordnung sei strafbar. Bei der Maut gemäß dem Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 handle es sich um ein Entgelt, das dem Bund für die Benützung bestimmter Bundesstraßen zu leisten sei. Ausgehend vom vorliegenden Sachverhalt sei die dem Beschuldigten zur Last gelegte Übertretung als erwiesen anzusehen.

Hinsichtlich der Strafbemessung sei seitens der Behörde erster Instanz zutreffend darauf hingewiesen worden, dass es sich bei der ausgesprochenen Geldstrafe um die gesetzliche Mindeststrafe handle. Im Verfahren sei nichts hervorgekommen, was geeignet gewesen wäre, eine außerordentliche Strafmilderung im Sinne der § 20 VStG zu begründen. Die Behörde erster Instanz habe die Strafzumessungskriterien des § 19 VStG sowie, dass als erschwerend nichts und als mildernd die Unbescholtenheit zu werten gewesen sei, bei der Strafbemessung ausreichend berücksichtigt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 (BStFG 1996), BGBl. Nr. 201 i.d.F. BGBl. I Nr. 107/1999, begehen Kraftfahrzeuglenker, die gemäß § 7 Abs. 1 zeitabhängig bemautete Bundesstraßen benützen, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von S 3.000,-- bis S 30.000,-- (EUR 220,-- bis EUR 2.200,--) zu bestrafen.

Gemäß § 7 Abs. 1 BStFG 1996 unterliegt die Benützung der Bundesstraßen gemäß § 1 Abs. 1 mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht bis einschließlich 3,5 t beträgt, einer zeitabhängigen Maut. Diese Maut ist nach dem letzten Satz dieser Bestimmung vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

Gemäß § 9 BStFG 1996 ist Mautschuldner der Kraftfahrzeuglenker.

Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe die ihm vorgeworfenen Verwaltungstatbestände nicht verwirklicht bzw. treffe ihn daran kein Verschulden. Er habe eine Mautvignette mitgeführt und habe sich vor Antritt der Fahrt bei seinem Arbeitgeber genauestens erkundigt, ob sich alle erforderlichen Papiere und Unterlagen im Auto befänden, was dieser bejaht habe. Er sei daher der festen Überzeugung gewesen, dass er alle nötigen Vorkehrungen für die gegenständliche Fahrt getroffen habe und die Vignette gültig sei. Er sei davon ausgegangen, dass die Vignette einmal gekauft werden müsse und dann dauerhaft Gültigkeit besitze. Es sei ihm keinesfalls bewusst gewesen, dass die Mautvignette jährlich gekauft werden müsse.

Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers ist zu entgegen, dass - wie die belangte Behörde bereits unter Berufung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage dargelegt hat - auch für den ausländischen Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1997, Zl. 97/06/0224, sowie das Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zl. 97/06/0232).

Die Nichtentrichtung der vorgeschriebenen Maut (mangels Anbringung einer für das Jahr 2001 gültigen Mautvignette am Fahrzeug vor der mautpflichtigen Straßenbenützung) löste daher die Strafbarkeit gemäß § 13 Abs. 1 BStFG 1996 aus.

Insofern der Beschwerdeführer sein Verschulden an der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes unter Verweis auf die ihm von seinem Arbeitgeber gegebenen Auskünfte bestreitet, ist ihm entgegenzuhalten, dass gemäß § 5 Abs. 2 VStG die Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann entschuldigt ist, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die Unkenntnis eines Gesetzes kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Nur ein unverschuldeter Rechtsirrtum - im Unterschied zu einem verschuldeten (so auch bloß fahrlässigen) Irrtum - bildet im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG einen Schuldausschließungsgrund. Selbst guter Glaube stellt dann den angeführten Schuldausschließungsgrund nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen. In der Unterlassung von diesbezüglichen Erkundigungen liegt zumindest ein fahrlässiges Verhalten (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, E 166). Indem der Beschwerdeführer als Kraftfahrzeuglenker - sei es auch in gutem Glauben - darauf vertraut hat, dass eine Vignette nur einmal gekauft werden müsse und dann dauerhaft Gültigkeit besitze, sowie dass das bloße Mitführen einer Vignette den gesetzlichen Bestimmungen entspreche und keine Strafbarkeit auslöse, hat er es unterlassen, sich mit den einschlägigen Rechtsvorschriften im Sinne der angeführten Rechtsprechung ausreichend vertraut zu machen. Ebenso vermögen Auskünfte des Arbeitgebers des Beschwerdeführers (des Fahrzeughalters) ihn nicht von dieser Verpflichtung zu entheben. Somit kann der Beschwerdeführer keinen unverschuldeten Rechtsirrtum für sich in Anspruch nehmen.

Insoweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ferner Feststellungsmängel und Verfahrensmängel, insbesondere die Unterlassung seiner sowie seines Arbeitsgebers Einvernahme im Rechtshilfeweg, geltend macht, kann die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel nicht erkannt werden, zumal die belangte Behörde den Angaben des Beschwerdeführers gefolgt ist und diese ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat.

Weiters rügt der Beschwerdeführer die über ihn verhängte Strafe als weder schuld- und tatangemessen noch seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen entsprechend.

Dem ist zu entgegnen, dass unter Berücksichtigung des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit ohnedies die Mindeststrafe verhängt wurde. Für eine Unterschreitung des Mindeststrafrahmens böte lediglich die Bestimmung des § 20 VStG die gesetzliche Grundlage, wonach die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden kann, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Diese Bestimmung räumt der Behörde ungeachtet der Verwendung des Wortes "kann" kein Ermessen ein; überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich, dann hat der Beschuldigte einen Rechtsanspruch auf Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes. Die belangte Behörde hat im vorliegenden Beschwerdefall als Erschwerungsgrund nichts und als Milderungsgrund die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers gewertet und die Auffassung vertreten, dass im Verfahren nichts hervorgekommen sei, was geeignet gewesen sei, um eine außerordentliche Strafmilderung im Sinne des § 20 VStG zu begründen. Auch der Beschwerde sind konkrete Anhaltspunkte für eine außerordentliche Milderung der Strafe im Sinne des § 20 VStG nicht zu entnehmen.

Die Beschwerde war aus den dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. März 2004

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