VwGH 2002/06/0147

VwGH2002/06/014729.11.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerden des WW, vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Elisabethstraße 22, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark 1. vom 19. Juli 2002, Zl. UVS 30.5-81/2001-4 (bezüglich 2002/06/0147), und 2. vom 29. Juli 2002, Zl. UVS 30.5-17/2002-7 (bezüglich 2002/06/0148), betreffend Bestrafungen wegen Übertretungen des Steiermärkischen Baugesetzes (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

BauG Stmk 1995 §118 Abs1 Z6 idF 2002/033;
BauG Stmk 1995 §118 Abs2 Z2;
BauG Stmk 1995 §19 Z1;
BauG Stmk 1995 §38 Abs8;
VStG §5 Abs1;
VStG §7;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs4;
BauG Stmk 1995 §118 Abs1 Z6 idF 2002/033;
BauG Stmk 1995 §118 Abs2 Z2;
BauG Stmk 1995 §19 Z1;
BauG Stmk 1995 §38 Abs8;
VStG §5 Abs1;
VStG §7;
VStG §9 Abs1;
VStG §9 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 763,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 17. Juli 2001 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, es als Vorstand der B AG in W und damit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufene Organ zu verantworten zu haben, dass in der Zeit vom 17. April 2000 bis zum 5. Mai 2000 auf einem näher angeführten Grundstück in G konsenslose Bauarbeiten zur Ausführung eines Geschäftsumbaues im Eingangsbereich im Erdgeschoß eines Geschäftslokals durchgeführt worden seien.

Der Beschwerdeführer habe dadurch die § 19 Z. 1 und § 118 Abs. 2 Z. 2 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk BauG), i.V.m. § 9 Abs. 1 und § 7 VStG verletzt. Über ihn wurde wegen dieser Verwaltungsübertretungen eine Geldstrafe von S 3.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt und ihm Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens auferlegt.

Mit weiterem Straferkenntnis vom 9. April 2002 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, es als Vorstandsmitglied der B AG in W und damit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufene Organ zu verantworten zu haben, dass diese zumindest in der Zeit vom 20. Dezember 2000 bis zum 8. August 2001 die mit einem näher bezeichneten Bescheid vom 5. Juni 2000 bewilligte bauliche Anlage (Geschäftsumbau) auf der Liegenschaft in G ohne behördliche Bewilligung in Benützung genommen habe. Er habe dadurch die §§ 118 Abs. 1 Z. 6 und § 38 Abs. 8 Stmk BauG i.V.m. § 9 VStG verletzt. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von EUR 500,--, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen verhängt und ihm Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens auferlegt.

Der Beschwerdeführer erhob gegen beide Strafbescheide Berufung.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. Juli 2002 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis vom 17. Juli 2001 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und dem Beschwerdeführer zusätzliche Verfahrenskosten auferlegt.

Der Bescheid wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtsvorschriften im Wesentlichen damit begründet, dass die konsenslosen Bauarbeiten bei einer behördlichen Erhebung am 5. Mai 2000 festgestellt worden seien. Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 9. Mai 2000 sei die Einstellung der Bauarbeiten verfügt worden. Dieser Bescheid sei an die B AG ergangen. Wenn der Beschwerdeführer erstmals in seiner Berufung einwende, er sei für die Durchführung der Bauarbeiten nicht verantwortlich, da für die betreffende Filiale des von ihm vertretenen Unternehmens zum fraglichen Tatzeitraum AW als verantwortliche Beauftragte für die Einhaltung aller Verwaltungsvorschriften bestellt sei, sei darauf hinzuweisen, dass die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten einen Wechsel in der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit nur dann bewirke, wenn sämtliche Voraussetzungen nach § 9 Abs. 4 VStG erfüllt seien. Dazu gehöre die Übertragung der Verantwortung für bestimmte räumlich oder sachlich klar abzugrenzenden Bereiche, für welche eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen sei. Bei Fehlen einer klaren Abgrenzung komme keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG zu Stande. Die mit der Berufung vorgelegte Bestellungsurkunde bzw. Zustimmungserklärung der AW vom 8. September 1999 zur Bestellung als verantwortliche Beauftragte habe folgenden Wortlaut:

"Wir bestellen Sie gem. § 9 VStG zum verantwortlichen Beauftragten für folgende Bereiche:

1. Sie sind für die Einhaltung von

Verwaltungsvorschriften im Sinne der folgenden Bestimmungen

verantwortlich.

2. Ihre Verantwortung umfasst räumlich die von Ihnen

geleiteten Filialen lt. Rayonsleitung.

und erstreckt sich auf alle zur Anwendung gelangenden

Vorschriften, insbesondere auf

a) Einhaltung der Bestimmungen des

Lebensmittelgesetzes und alle damit verbundenen Verordnungen und

Rechtsvorschriften,

b) der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung,

c) des Bazillenausscheidergesetzes,

d) des Maß- und Eichgesetzes,

e) des Qualitätsklassengesetzes,

f) des Preisgesetzes,

g) Einhaltung der Vorschriften der firmeninternen

Dienstanweisung,

h) Allgemeine Verordnung über Aufbewahrung von

Druckgasverpackungen,

i) Einhaltung der Auflagen des

Betriebsanlagengenehmigungsbescheides,

j) Ausländerbeschäftigungsgesetz."

Die Formulierung, die Verantwortung erstrecke sich auf alle zur Anwendung gelangenden Vorschriften, lasse den Schluss, AW habe die Verantwortung für die Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften übernommen, nicht zu. Dies im Hinblick auf die nach dem Wort "insbesondere" unter a) bis j) demonstrativ angeführten Gesetze bzw. Verordnungen sowie Vorschriften der firmeninternen Dienstanweisung. Es handle sich dabei ausnahmslos um solche Vorschriften, die in Wahrnehmung des Verantwortungsbereiches einer Rayonsleiterin für die zu kontrollierenden Filialen im Zusammenhang mit dem laufenden Betrieb zu beachten seien. Eine darüber hinausgehende zusätzliche Verantwortlichkeit für die Beachtung der Einhaltung baurechtlicher Bestimmungen im Rahmen einer Umbautätigkeit - wie im vorliegenden Fall der Einhaltung einer Baubewilligung vor Beginn der Baumaßnahmen - könne daraus nicht abgeleitet werden, zumal einer Arbeitnehmerin in der Funktion einer Rayonsleiterin einer Warenhandelsfirma eine Anordnungsbefugnis zur Einholung einer Baubewilligung nicht typischerweise zukomme.

Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, AW habe über eine diesbezügliche faktische Anordnungsbefugnis verfügt, zumal sie auch im weiteren Bauverfahren das vom Beschwerdeführer vertretene Unternehmen nicht vertreten habe.

Soweit der Beschwerdeführer den ihm angelasteten Sachverhalt bestritten und als nicht ausreichend konkretisiert bezeichnet habe, habe er sein Vorbringen nicht näher ausgeführt.

Beim gegenständlichen Delikt handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt, daher sei das Verschulden des Beschwerdeführers nicht gering. Wenn der Beschwerdeführer diesbezüglich vorgebracht habe, er habe die ihm unterstehenden Mitarbeiter zumeist täglich kontrolliert, so habe er nicht konkret aufgezeigt, welche Maßnahmen er getroffen habe, um die Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften sicherzustellen. Ein "wirksames Kontrollsystem" habe der Beschwerdeführer nicht dargelegt.

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass selbst unter Annahme schwieriger wirtschaftlicher Verhältnisse des Beschwerdeführers die mit EUR 218,01 festgesetzte Geldstrafe im Hinblick auf den Strafrahmen des § 118 Abs. 2 Z. 2 Stmk BauG von bis zu EUR 7.267,28 angemessen erscheine. Die Voraussetzungen des § 21 VStG lägen nicht vor, weil das tatbildmäßige Verhalten des Beschwerdeführers hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt nicht erheblich zurückbleibe.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 29. Juli 2002 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 9. April 2002 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und ihm die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Dieser Bescheid wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtsvorschriften im Wesentlichen damit begründet, dass eine Benützungsbewilligung für das in Benützung genommene gegenständliche umgebaute Geschäftsgebäude, dessen Umbau mit Bescheid vom 5. Juni 2000 bewilligt worden sei, im festgestellten Zeitraum vom 20. Dezember 2000 bis zum 8. August 2001 unbestritten nicht vorgelegen sei. Die Benützungsbewilligung sei erst mit Bescheid vom 8. August 2001 erteilt worden.

Zum Einwand des Beschwerdeführers, er sei für die betreffende Filiale zum fraglichen Tatzeitraum nicht verantwortlich gewesen, weil hiefür EV als verantwortlicher Beauftragter bestellt worden sei, machte die belangte Behörde gleich lautende Ausführungen wie im erstangefochtenen Bescheid zu einer ebenfalls ähnlich formulierten Bestellungsurkunde des EV vom 26. Juli 2000.

Auch die Ausführungen zur Strafbemessung entsprechen weitgehend jenen wie im erstangefochtenen Bescheid.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden mit dem Begehren, sie wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte jeweils die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete jeweils eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerden beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beide Beschwerdeverfahren wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges verbunden und erwogen:

Gemäß § 19 Z. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes, LGBl. Nr. 59, sind Neu-, Zu- oder Umbauten von baulichen Anlagen bewilligungspflichtig, sofern sich aus den §§ 20 und 21 des Stmk BauG nichts anderes ergibt. Gemäß § 38 Abs. 8 Stmk BauG hat die Behörde die Benützung zu untersagen, wenn eine bauliche Anlage ohne Benützungsbewilligung benützt wird.

Wer Vorhaben gemäß § 19 und § 20 Stmk BauG ohne die erforderliche Genehmigung ausführt, begeht gemäß § 118 Abs. 2 Z. 2 Stmk BauG eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, sofern nicht die strengere Strafdrohung des Abs. 1 Z. 1, 2 oder 3 des § 118 Stmk BauG zutrifft.

Gemäß § 118 Abs. 1 Z. 6 Stmk BauG i.d.F. LGBl. Nr. 33/2002 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von EUR 363,-- bis EUR 14.535,-- zu bestrafen ist, wer bauliche Anlagen ohne Benützungsbewilligung benützt (§ 38 Abs. 8).

Der Beschwerdeführer bestreitet weder, dass die gegenständlichen Bauarbeiten durch das von ihm vertretene Unternehmen ohne die dafür nach dem Stmk BauG erforderliche Bewilligung durchgeführt wurden, noch dass die bauliche Anlage ohne die dafür erforderliche behördliche Benützungsbewilligung in Benützung genommen worden ist. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt keinen Zweifel hinsichtlich der Erfüllung des objektiven Tatbestands der dem Beschwerdeführer mit den angefochtenen Bescheiden zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen. Bei den vorgeworfenen baulichen Änderungen handelt es sich nämlich um einen Umbau im Sinne des § 4 Z. 56 Stmk BauG, für den gemäß § 19 Z. 1 Stmk BauG eine Baubewilligung erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer hält die angefochtenen Bescheide aber deswegen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde verkannt habe, dass nicht er für die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen verantwortlich sei, sondern die jeweils von seinem Unternehmen bestellten verantwortlichen Beauftragten. Die Formulierung der Abgrenzung des Aufgabenbereiches in den Bestellungsurkunden der verantwortlichen Beauftragten hinsichtlich des Aufgabenbereiches "die Einhaltung aller die Filiale betreffenden Verwaltungsvorschriften" lasse keinen Zweifel daran offen, dass sich die Verantwortung des verantwortlichen Beauftragten auch auf die Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften erstreckt habe. Auch die Verpflichtung zur Einholung einer Baubewilligung diene der Sicherheit des laufenden Geschäftsbetriebes in einer Filiale. Die verantwortlichen Beauftragten hätten auch firmenintern entsprechende Anordnungsbefugnisse besessen, um die Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften sicherzustellen.

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Gemäß Abs. 4 dieser Gesetzesstelle kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

Aus der letztgenannten Bestimmung ist zu schließen, dass der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt wird, klar abzugrenzen ist. Erfolgt eine solche klare Abgrenzung nicht, so liegt keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vor. Die Verwaltungsbehörden sollen nicht in die Lage versetzt werden, Ermittlungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher und sachlicher Hinsicht anstellen zu müssen. Sie sollen auch der Aufgabe enthoben sein, die Bestellung einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise möglichen Interpretation unterziehen zu müssen, um zu klären, welcher Inhalt einer diesbezüglich nicht eindeutigen Erklärung beizumessen ist. Jedenfalls soll vermieden werden, dass Zweifel am Umfang des Verantwortlichkeitsbereiches entstehen und als deren Folge die Begehung von Verwaltungsübertretungen allenfalls überhaupt ungesühnt bleibt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. April 1997, Zl. 96/05/0282, m.w.N.).

Der Verwaltungsgerichtshof vermag auf Grund der Textierung der hier maßgeblichen, die Bestellungen zum "verantwortlichen Beauftragten" gemäß § 9 VStG wiedergebenden Urkunden eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nicht zu erblicken.

Die Textierung der im erstangefochtenen Bescheid wiedergegebenen, AW betreffenden Urkunde umschreibt deren räumlichen Verantwortungsbereich mit "die von ihnen geleiteten Filialen lt. Rayonseinteilung", "Rn 92", auf einem Zusatzblatt finden sich elf nicht näher erläuterte vierstellige Zahlen. Die "Rayonseinteilung" enthält neben den Namen der jeweiligen Rayonsleiter nur Zahlencodes, welche nach dem Berufungsvorbringen bestimmten Filialen der X-AG zugeordnet sind. Für die Verwaltungsstrafbehörden ist selbst aus dem die Rayonseinteilung enthaltenden Beiblatt zur Bestellungsurkunde der räumlich abgegrenzte Verantwortungsbereich des jeweiligen Rayonsleiters ohne weitere Beweisaufnahmen nicht möglich. Schon von da her kann im Fall des erstangefochtenen Bescheides nicht die Rede davon sein, dass eine gültige Bestellung als verantwortliche Beauftragte im Sinne des § 9 VStG erfolgt wäre (vgl. den ähnlichen Fall des hg. Erkenntnisses vom 29. April 1997, Zl. 96/05/0282).

Aber auch die sachliche Abgrenzung des Verantwortungsbereiches der verantwortlichen Beauftragten ist - in beiden Beschwerdefällen - nicht ausreichend klar formuliert, um die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Vorschriften des Baurechts auf die damit bestellten Personen zu übertragen. Die belangte Behörde geht mit Recht davon aus, dass der sachliche Bereich eines Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter bestellt wird, klar abzugrenzen ist, und dass beim Fehlen einer klaren Abgrenzung keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG zu Stande kommt (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage 2003, S 1310, E 116 ff, dargestellte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Die belangte Behörde zeigt nämlich zutreffend auf, dass die in den Bestellungsurkunden beispielsweise aufgezählten Rechtsbereiche, in denen die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit übertragen werden soll, alle im Rahmen des laufenden Betriebs zu beachten sind und dass sich davon die Einhaltung von Vorschriften des Baurechts, die nicht zum laufenden Betrieb gehören, doch erheblich unterscheiden. Sohin kann im Hinblick auf die Einhaltung der Bestimmungen des Baurechts, insbesondere im Fall der Vornahme von bewilligungspflichtigen baulichen Änderungen, jedenfalls nicht mit der notwendigen Klarheit und Eindeutigkeit von einer Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit gesprochen werden.

Steht fest, dass ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG nicht bestellt worden ist, so bestehen auch an der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG keine Zweifel.

Soweit der Beschwerdeführer die angefochtenen Bescheide deswegen für rechtswidrig hält, weil ein wirksames und umfassendes Kontrollsystem im Betrieb des von ihm vertretenen Unternehmens bestanden habe, zeigt er ebenfalls keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide auf. Der Beschwerdeführer hat nämlich in beiden zu Grunde liegenden Verwaltungsstrafverfahren keine ausreichend konkreten Hinweise auf das Bestehen eines effektiven Kontrollsystems gegeben. Wenn er in seiner Berufung ausgeführt hat, stets alles in seiner Macht Stehende unternommen zu haben, Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten und insbesondere die ihm unterstehenden Mitarbeiter entsprechend geschult und laufend (zumeist täglich) kontrolliert zu haben, so reicht dies zur Darlegung eines solchen Kontrollsystems jedenfalls nicht aus, weil er nicht darlegt, welche effektiven Kontrollhandlungen von ihm gesetzt worden wären.

Bei den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen handelt es sich um so genannte Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG, weil zu ihrem Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. Es traf daher den Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG die Pflicht zur Glaubhaftmachung, dass ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2003, Zl. 2000/09/0170, und die dort zitierten Vorerkenntnisse) entschuldigt die Erteilung von Weisungen, die Rechtsvorschriften einzuhalten, den zur Vertretung nach außen Berufenen einer juristischen Person nur dann, wenn er darlegt und glaubhaft gemacht hat, dass er Maßnahmen ergriffen hat, um die Einhaltung der erteilten Anordnungen betreffend die Beachtung der Rechtsvorschriften über die Einhaltung der Baurechtsvorschriften zu gewährleisten, insbesondere welche Kontrollen er eingerichtet und wie er sich vom Funktionieren des Kontrollsystems informiert hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2004, Zl. 2002/09/0173).

Da auch die Strafbemessung in den vorliegenden Beschwerdefällen keinen Bedenken begegnet, waren beide Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 29. November 2005

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