Normen
ORF-G 2001 §1 Abs3;
ORF-G 2001 §10 Abs5;
ORF-G 2001 §10 Abs7;
ORF-G 2001 §4 Abs5;
ORF-G 2001 §1 Abs3;
ORF-G 2001 §10 Abs5;
ORF-G 2001 §10 Abs7;
ORF-G 2001 §4 Abs5;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 14. März 2002 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, festzustellen, dass durch den unter dem Titel "Analyse" angekündigten Kommentar des Redakteurs HS in der Sendung Zeit im Bild 1 vom 7. Jänner 2002 das ORF-Gesetz verletzt worden sei, abgewiesen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrens im Wesentlichen ausgeführt, es sei unstrittig, dass am 7. Jänner 2002 in der Sendung Zeit im Bild 1 eine Analyse des Redakteurs HS betreffend die Geschehnisse rund um die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, gegen seinen Präsidenten kein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten, ausgestrahlt worden sei. HS habe in dieser Analyse folgende Aussagen getroffen:
"Österreichs oberster Staatsanwalt - in der Juristensprache Generalprokurator genannt - hat es dem Kärntner Landeshauptmann heute schriftlich bestätigt: Hs Vorwürfe gegen A sind haltlos und nicht entsprechend mit Fakten untermauert - kurz: Die Suppe ist zu dünn. Was einen H nicht daran hindert, sie trotzdem zu verspeisen. Er habe erwartet, sagt H, dass es zu keinem Amtsenthebungsverfahren gegen A kommen werde. Schließlich würden sich die Richter gegenseitig schützen. H verschweigt dabei, dass die Grundlage für den Beschluss von einem Staatsanwalt - eben vom Generalprokurator - und nicht von einem Richter minutiös und Punkt für Punkt erarbeitet wurde. Die Richter haben sich dann bei ihrer Entscheidung der Meinung des Staatsanwaltes angeschlossen. Dass ein Staatsanwalt a. kein Richter ist und b. auch keiner sein darf, das weiß Verfassungsjurist Dr. H ganz genau. Er sagt halt nichts. Muss er auch nicht. Man kommt auch ohne ihn drauf. Und noch etwas merkt man, ohne die Mithilfe des Kärntner Landeshauptmannes in Anspruch nehmen zu müssen: Hier rebelliert jemand gegen ein ihm nicht genehmes Urteil - indem er die Richter als parteipolitisch motivierte Erfüllungsgehilfen heruntermacht. Den Bestellmodus für Höchstrichter zu überdenken ist eine noble Aufgabe und steht jedem frei. Auffällig ist nur, dass dieses angeblich so gravierende Manko dem Herrn Landeshauptmann just zu diesem Zeitpunkt auffällt, an dem er sich einem Urteil beugen soll, das ihm nicht passt. Hat sich H etwa zur Filetierung der Verfassung entschlossen, auf die er selbstverständlich zur Gänze vereidigt ist? Ganz nach dem Motto: Was richtig ist, bestimme ich? Das wäre eine Vorgangsweise, die den anderen acht Millionen Österreicherinnen und Österreichern nicht zugestanden wird. Womit? Mit Recht!"
Nun differenziere das ORF-Gesetz zwar zwischen Sachanalyse und Kommentar, es könne diese Unterscheidung im vorliegenden Fall aber dahingestellt bleiben, weil an beide Formen von Eigenbeiträgen des ORF die gleichen Anforderungen gestellt würden. Beide Formen von Eigenbeiträgen unterlägen dem Objektivitätsgebot. Diesem Gebot werde - ausgehend von den Darlegungen in den Gesetzesmaterialien - entsprochen, wenn ein Kommentator in einem als "Analyse" bezeichneten Beitrag seine subjektive Meinung darlege, vorausgesetzt, die Inhalte stammten aus verlässlicher Quelle, seien mit möglichst stichhaltigen Argumenten begründet und entsprächen dem Sachlichkeitsgebot.
Für den durchschnittlichen Betrachter sei zu erkennen gewesen, dass im verfahrensgegenständlichen Beitrag die persönliche Meinung des HS wiedergegeben werde. Der Beitrag enthalte keine ehrenbeleidigenden Aussagen, es sei auch keine herabsetzende Tendenz zu erkennen. Er setze sich zwar kritisch mit dem Landeshauptmann von Kärnten und dessen Haltung gegenüber dem Verfassungsgerichtshof auseinander, überschreite dabei aber nicht die Grenzen zulässiger Kritik, wie sie von einem in der Öffentlichkeit stehenden Politiker hingenommen werden müsse.
Das Objektivitätsgebot bedeute für den Einzelbeitrag (Kommentar oder Sachanalyse), dass die vom Kommentator seiner Meinung zu Grunde gelegten Fakten wahr sein müssten. Dies setze voraus, dass im Zweifelsfall die Faktengrundlage mit journalistischer Sorgfalt recherchiert und auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden müsse. Ein auf einem unrichtigen Sachverhalt aufbauender Kommentar widerspreche dem Objektivitätsgebot. Das Objektivitätsgebot fordere aber nicht zwingend eine Beschränkung der Meinungsfreiheit des Journalisten. Vielmehr könne im Fall von Kommentaren und Sachanalysen dem Objektivitätsgebot durch den Programmverantwortlichen dadurch Rechnung getragen werden, dass die Berichterstattung in einer Sendung zu einem bestimmten Thema insgesamt ausgewogen sei. Es sei nicht ein einzelner Beitrag alleine am Objektivitätsgebot zu messen, sondern eine Gesamtbetrachtung der Berichterstattung in einer Sendung zu einem bestimmten Thema unter Berücksichtigung des Wissensstandes eines durchschnittlichen Fernsehzusehers anzustellen. Dementsprechend sei vom Bundeskommunikationssenat zu prüfen gewesen, ob die Berichterstattung in der Zeit im Bild 1 vom 7. Jänner 2002 ausgewogen gewesen sei und ob die Kernaussagen des Beitrages den Tatsachen entsprochen hätten.
Im vorliegenden Fall seien vor dem in Rede stehenden Beitrag im Rahmen der Zeit im Bild 1 nicht nur alle im Nationalrat vertretenen Parteien durch Stellungnahmen ihrer Vertreter zu Wort gekommen, sondern auch der Beschwerdeführer selbst in einem Interview. Von einer unausgewogenen Gestaltung der Zeit im Bild 1 am 7. Jänner 2002 zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, gegen seinen Präsidenten kein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten, könne daher keine Rede sein.
Im Beitrag von HS werde eingangs darauf hingewiesen, dass der Verfassungsgerichtshof den Beschluss gefasst habe, gegen seinen Präsidenten kein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten. Diese Aussage sei richtig.
Der erste Satz des Kommentars ende mit den Worten: ".... kurz: Die Suppe ist zu dünn", was landläufig im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren gebraucht werde, um darzustellen, dass ein bestimmter Sachverhalt für eine Anklage oder für ein Verfahren nicht ausreiche. Dies sei auch im gegenständlichen Verfahren der Fall gewesen, sodass die erwähnte Aussage im Kern richtig sei.
In Ansehung der anschließenden Wortfolge ("Was einen H nicht daran hindert, sie zu verspeisen") vermöge der Bundeskommunikationssenat weder erkennen, was - wie der Beschwerdeführer behauptet - daran beleidigend sein solle, zumal die gewählte Metapher im gegebenen Zusammenhang nicht einmal einen eindeutigen Sinngehalt, geschweige denn einen Vorwurf erkennen lasse.
Im Beitrag werde weiters die Aussage des Beschwerdeführers wiedergegeben, er habe erwartet, dass es zu keinem Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident A kommen werde, schließlich würden sich die Richter gegenseitig schützen. Diese Behauptung sei richtig wiedergegeben und werde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Auch die weitere Behauptung im Beitrag, die Richter hätten sich bei ihrer Entscheidung der Meinung des Staatsanwaltes (des Generalprokurators) angeschlossen, sei richtig wiedergegeben, wobei jedoch die in der Folge gewählte Form der Darstellung ("H verschweigt dabei .... man kommt auch ohne ihn drauf.") hart am Rande der Polemik sei. Die Behauptung, der Beschwerdeführer mache die Richter als parteipolitisch motivierte Erfüllungsgehilfen herunter, sei nicht tatsachenwidrig; bilde der Vorwurf der politischen Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof doch stets die Kernaussage des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seiner Kritik an der Ortstafelentscheidung. Der Satz, der Beschwerdeführer "rebelliere" gegen ein ihm nicht genehmes Urteil, drücke lediglich aus, dass sich der Beschwerdeführer in der Öffentlichkeit nachdrücklich gegen die Umsetzung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ausgesprochen habe.
Durch die Aussage, der Beschwerdeführer "filetiere die Verfassung" auf die er zur Gänze vereidigt sei, könnte der Beschwerdeführer in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt sein, wäre diese Aussage vom durchschnittlichen Zuseher im Sinne des Vorwurfs zu verstehen, der Beschwerdeführer habe "etwas Unrechtes tun wollen", also im Sinne des Vorwurfes bewusst rechtswidrigen Verhaltens. Aus der Perspektive des durchschnittlichen Fernsehzusehers sei diese Aussage allerdings dahingehend zu verstehen, dass der Beschwerdeführer nur Teile der Verfassung für richtig ("ganz nach dem Motto: Was richtig ist, bestimme ich") halte. Die Formulierung habe im konkreten Kontext zwar pejorativen Charakter, doch könne darin noch nicht der Vorwurf des bewussten Bruches der Rechtsordnung oder von Teilen der Verfassung erblickt werden. Dass der Beschwerdeführer die zweisprachige Beschriftung von Ortstafeln für unrichtig halte, habe er unmittelbar nach Veröffentlichung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes am 13. Dezember 2001 in Fernsehinterviews zum Ausdruck gebracht; habe er doch erklärt, er werde das Erkenntnis nicht umsetzen. Trotz rechtlicher Bedenken habe er auf seinem Standpunkt beharrt, zweisprachige Aufschriften entfernen zu lassen (Zeit im Bild 1 vom 4. Jänner 2002). Die Ankündigung des Beschwerdeführers, er werde das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht umsetzen, sei später dahingehend abgeschwächt worden, dass er die Ortstafelentscheidung politisch bekämpfen wolle. Die politische Bekämpfung eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes stelle kein rechtswidriges Verhalten dar. Soweit also das vom Kommentator gewählte Bild zum Ausdruck bringen wollte, der Beschwerdeführer wolle ihm nicht genehme Teile der Verfassung (politisch) bekämpfen, sei diese Aussage auch richtig. Selbst wenn man in der Aussage des Kommentators aber den Vorwurf erblicken wollte, der Beschwerdeführer habe Rechtsbruch begehen wollen, wäre dies gerade noch ein durch Tatsachen gedeckter Vorwurf, habe der Beschwerdeführer doch durch seine erste Ankündigung unmittelbar nach Veröffentlichung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes, er werde dieses Erkenntnis nicht umsetzen, zumindest den Anschein erweckt - auch wenn dies von ihm möglicherweise nicht gewollt gewesen sei - sich an das geltende Recht nicht halten zu wollen. Die spätere Klarstellung, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes politisch bekämpfen zu wollen, könne daran nichts ändern, weil auf den Zeitpunkt 13. Dezember 2001 bezogen, die Aussage des Kommentators, der Beschwerdeführer habe die Verfassung "filetieren" wollen, eine zulässige Auslegung sei.
Als Ergebnis sei daher festzuhalten, dass keine Aussage des Beitrages tatsachenwidrig sei. Soweit der Beitrag wertende Formulierungen enthalte, reichten diese nicht an die Grenze des Unzulässigen oder Beleidigenden heran. Der Beitrag sei daher nicht geeignet gewesen, Persönlichkeitsrechte des Beschwerdeführers zu verletzen. Dessen Ausstrahlung durch den ORF könne im Hinblick auf die ausgewogene Gesamtberichterstattung zum Thema in der Zeit im Bild 1 vom 7. Jänner 2002 nicht als Verletzung des Objektivitätsgebotes gesehen werden. Die im Beitrag enthaltenen kommentierenden und pointierten Wertungen gingen alle auf richtige Tatsachenannahmen und tatsächlich getätigte Aussagen des Beschwerdeführers zurück, sodass darin auch kein Widerspruch zu journalistischen Sorgfaltspflichten erkannt werden könne. Ein Verstoß gegen § 4 Abs. 5 oder § 10 Abs. 1, 5 und 7 ORF-Gesetz liege demnach nicht vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid - seinem gesamten Vorbringen zufolge - im Recht auf die von ihm beantragte Feststellung einer Verletzung des ORF-Gesetzes verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, es sei die Auffassung, dem Objektivitätsgebot könne dadurch Rechnung getragen werden, dass die Berichterstattung in einer Sendung zu einem bestimmten Thema insgesamt ausgewogen sei, unzutreffend. Dies würde nämlich im Ergebnis bedeuten, dass ein Kommentar, sei er "noch so polemisch und unsachlich" dadurch ausgeglichen werden könne, dass z.B. die Betroffenen persönlich zu Wort kämen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde den verfahrensgegenständlichen Beitrag isoliert unter dem Aspekt der Sachlichkeit zu prüfen gehabt. Soweit sich die belangte Behörde mit den Grenzen zulässiger Kritik an einem Politiker beschäftigt habe, sei darauf hinzuweisen, dass auch unterhalb der Grenze der gerichtlichen Strafbarkeit ein weiter Bereich vorhanden sei, in welchem ein Kommentar oder eine Analyse eines Journalisten in einer Sendung des Österreichischen Rundfunks wegen Verletzung des Sachlichkeits- und Objektivitätsgebotes einen in der Öffentlichkeit stehenden Politiker in seinen Rechten unmittelbar verletzen könne. Dies berühre keinesfalls die zulässige Kritik an einem Politiker auch in (anderen) Medien. Der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes, kein Amtsenthebungsverfahren gegen seinen Präsidenten einzuleiten, sei im verfahrensgegenständlichen Beitrag von HS zum Anlass genommen worden, um in äußerst unsachlicher Weise den Beschwerdeführer "gleichsam als Verlierer" darzustellen. In geradezu schadenfroher Art und Weise sei der Eindruck vermittelt worden, der Beschwerdeführer habe gleichsam eine Niederlage erlitten. Es sei aber nirgends darauf hingewiesen worden, dass der Beschwerdeführer nicht Partei des Verfahrens gewesen sei, insbesondere niemals die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes beantragt oder auch nur gefordert habe. Die Formulierung "Die Suppe ist zu dünn. Was einen H nicht daran hindert, sie trotzdem zu verspeisen.", sei im Zusammenhang mit einem gerichtlichen Strafverfahren bekannt geworden (Lucona) und sei daher in ihrer Wirkung auf den durchschnittlichen Zuseher "nicht so harmlos". Durch den Zusammenhalt "dünne Suppe" und "verspeisen" (wodurch die Assoziation zum Begriff "auslöffeln" hervorgerufen werde) werde in äußerst polemischer Weise die Tatsache eines allfälligen Verfahrens gegen eine andere Person in "einen zumindest versteckten Vorwurf" gegen den Beschwerdeführer umgedreht. Während der Beitrag in der Folge richtig eine Aussage des Beschwerdeführers wiedergebe, dass er erwartet habe, es werde zu keinem Amtsenthebungsverfahren kommen und auch die weiteren dem Beitrag zu Grunde liegenden Fakten richtig seien, gleite dieser kurz darauf in schlichte Polemik ab, was die belangte Behörde zwar erkannt, aber unzutreffend als innerhalb der Grenzen des Objektivitätsgebotes gelegen beurteilt habe. Dass der in polemischer Art und Weise erhobene Vorwurf, der Beschwerdeführer habe das Publikum nicht darüber belehrt, dass ein Staatsanwalt kein Richter sei, nicht mehr auf dem Boden der Sachlichkeit ruhe, ergebe sich von selbst. Ebenso unsachlich erscheine der Satz "hier rebelliert jemand gegen ein ihm nicht genehmes Urteil ...". Im Zusammenhang mit den Formulierungen zur "Filetierung der Verfassung" werde damit ziemlich deutlich der Eindruck erweckt, der Beschwerdeführer bekämpfe als Landeshauptmann die Rechtsordnung nicht nur, sondern er stelle sich auch deutlich außerhalb dieser Rechtsordnung. Es werde der Anschein erweckt, der Beschwerdeführer widersetze sich als Landeshauptmann bewusst der Verfassung, auf die er vereidigt sei. Dem Beschwerdeführer sei in seiner Funktion als Landeshauptmann der bewusste Bruch der Verfassung vorgeworfen worden. Dies sei einerseits unrichtig, andererseits unsachlich und unobjektiv, weil der Beitrag es unterlassen habe, auf den wesentlichen Umstand hinzuweisen, dass dem Landeshauptmann bei der Umsetzung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes keine Organ- oder Behördenqualität zukomme. Basis für einen sachlichen Kommentar wäre es daher gewesen, die politische Meinung des Beschwerdeführers als Politiker und seine Funktion als Landeshauptmann auseinander zu halten. Dadurch, dass hier keine getrennte Betrachtung erfolgt sei, sondern dem Beschwerdeführer in polemischer Form der Vorwurf gemacht worden sei, er halte sich nicht an die Verfassung, sei allerdings das Objektivitätsgebot des ORF-Gesetzes verletzt worden.
Gemäß § 35 Abs. 1 ORF-Gesetz beschränkt sich die Aufsicht des Bundes über den Österreichischen Rundfunk auf eine Aufsicht nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes, unbeschadet der Prüfung durch den Rechnungshof. Die Rechtsaufsicht obliegt dem Bundeskommunikationssenat, der über behauptete Verletzungen von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu entscheiden hat.
Gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 lit. a ORF-Gesetz entscheidet der Bundeskommunikationssenat - soweit dafür nicht eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständig ist - über die Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf Grund von Beschwerden einer Person, die durch eine Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein behauptet.
Die Entscheidung des Bundeskommunikationssenates besteht gemäß § 37 Abs. 1 ORF-Gesetz in der Feststellung, ob und durch welchen Sachverhalt eine Bestimmung dieses Bundesgesetzes verletzt worden ist.
Gemäß § 11 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Einrichtung einer Kommunikationsbehörde Austria und eines Bundeskommunikationssenates (KOG), BGBl. I Nr. 32/2001, unterliegen die Entscheidungen des Bundeskommunikationssenates nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Gegen Entscheidungen des Bundeskommunikationssenates ist die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig.
Gemäß § 1 Abs. 3 ORF-Gesetz hat der Österreichische Rundfunk bei Erfüllung seines Auftrages auf die Grundsätze der österreichischen Verfassungsordnung, insbesondere auf die bundesstaatliche Gliederung nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Länder sowie auf den Grundsatz der Freiheit der Kunst Bedacht zu nehmen und die Sicherung der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme sowie die Unabhängigkeit von Personen und Organen des Österreichischen Rundfunks, die mit der Besorgung der Aufgaben des Österreichischen Rundfunks beauftragt sind, gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu gewährleisten.
Gemäß § 4 Abs. 5 hat der Österreichische Rundfunk bei Gestaltung seiner Sendungen für
1. eine objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen in Form von Nachrichten und Reportagen einschließlich der Berichterstattung über die Tätigkeit der gesetzgebenden Organe und gegebenenfalls der Übertragung ihrer Verhandlungen;
2. die Wiedergabe und Vermittlung von für die Allgemeinheit wesentlichen Kommentaren, Standpunkten und kritischen Stellungnahmen unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen;
3. eigene Kommentare, Sachanalysen und Moderationen unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität
zu sorgen.
Gemäß § 10 Abs. 1 ORF-Gesetz müssen alle Sendungen des Österreichischen Rundfunks im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt die Menschenwürde und die Grundrechte anderer achten.
Die Information hat gemäß § 10 Abs. 5 ORF-Gesetz umfassend, unabhängig unparteilich und objektiv zu sein. Alle Nachrichten und Berichte sind sorgfältig auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen, Nachricht und Kommentar deutlich voneinander zu trennen.
Kommentare, Analysen und Moderationen haben gemäß § 10 Abs. 7 ORF-Gesetz sachlich zu sein und auf nachvollziehbaren Tatsachen zu beruhen.
Die belangte Behörde deutet unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien die Pflicht zur Wahrung des Grundsatzes der Objektivität bei Kommentaren und Sachanalysen als Verpflichtung des Kommentators, seine Meinung auf Grund verlässlicher, zuverlässiger Quellen und Informationen zu bilden, sie mit möglichst stichhaltigen Argumenten zu begründen und in sachlicher Weise darzulegen, wobei sich das Gebot der Objektivität beim Kommentar aber nicht so sehr an den Kommentator selbst richte, als vielmehr an den Programmverantwortlichen, der dafür Sorge zu tragen habe, dass in einem Programm (in seiner Gesamtheit) die Vielfalt der Meinungen zum Ausdruck kommt.
Dagegen wendet der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides ein, es hätte diese Auffassung zur Folge, dass ein Kommentar, sei er "noch so polemisch und unsachlich", durch die sonstige Programmgestaltung ausgeglichen werden könne, was mit dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht in Einklang zu bringen sei und auch zentrale Bestimmungen des ORF-Gesetzes ad absurdum führen würde. Er missversteht bei seinem Vorbringen allerdings, dass dem angefochtenen Bescheid keineswegs die Auffassung zu Grunde liegt, ein Kommentar müsse nicht dem Objektivitätsgebot entsprechen. Vielmehr geht es darum, dass der Grundsatz der Objektivität in der Rundfunkberichterstattung (vgl. dazu exemplarisch Wittmann, Rundfunkfreiheit, 1981, S. 206 f., Buchner/Kickinger, Objektivität und Wahrheit, RfR 1988, S. 1 f., sowie die bei Twaroch/Buchner, Rundfunkrecht in Österreich3, 2000, S. 61 f., dargestellte Rechtsprechung) bei einem Kommentar in anderer Weise zu wahren ist, als bei einer Nachricht (zu den je nach Art der Sendung unterschiedlichen Anforderungen, dem Objektivitätsgebot zu entsprechen vgl. z.B. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 2003, B 501/03), weil die Funktion des Kommentars im Unterschied zu jener der Sachnachricht nicht in der bloßen Mitteilung eines Sachverhaltes besteht, sondern in dessen interpretativer Beurteilung. Der Kommentar spiegelt daher immer (auch) die persönliche Meinung des Kommentators wider, der seine Beurteilung allerdings auf nachvollziehbaren Tatsachen aufbauend und dem Gebot der Sachlichkeit entsprechend darzulegen hat (vgl. § 10 Abs. 7 ORF-Gesetz).
Dass polemische, tendenziöse oder unangemessene Formulierungen mit dem Erfordernis einer sachlichen Darstellung unvereinbar sind, ist nicht zweifelhaft. Im Übrigen aber bemisst sich die Sachlichkeit eines Kommentars nach dem vorgegebenen Thema - dieses legt fest, was "Sache" ist - und der Nachvollziehbarkeit der vom Kommentator - aus seinem Blickwinkel - gebotenen Beurteilung. Für die Gesamtberichterstattung über dieses Thema kann aus dem Objektivitätsgebot das Erfordernis einer die Vielfalt der Meinungen zum Ausdruck bringenden Programmgestaltung folgen.
Was das Vorbringen des Beschwerdeführers anlangt, er sei in unsachlicher Weise als Verlierer dargestellt worden, es sei die Tatsache eines allfälligen Verfahrens gegen eine andere Person in polemischer Weise in einen versteckten Vorwurf gegen ihn "umgedreht" worden, es sei ihm in polemischer Weise vorgeworfen worden, das Publikum nicht belehrt zu haben, dass ein Staatsanwalt kein Richter sei und es sei der Eindruck erweckt worden, er stelle sich als Landeshauptmann außerhalb der Rechtsordnung, so dürfen im Sinne der gebotenen Gesamtbetrachtung (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. März 2002, Slg. 16468), nicht die einzelnen Formulierungen eines Beitrages isoliert beurteilt werden. Vielmehr muss stets der Gesamtzusammenhang in Betracht gezogen werden, der das Thema eines Kommentars bestimmt und damit auch der vom Betroffenen gebotene Anlass.
Dieser Gesamtkontext und der für den Durchschnittsbetrachter daraus zu gewinnende Eindruck gibt der Beurteilung, ob die Gestaltung einer Sendung dem Objektivitätsgebot entsprochen hat, die Grundlage. Einzelne Formulierungen können daher aus dem Gesamtzusammenhang gerechtfertigt werden, es sei denn, es handelte sich um polemische oder unangemessene Formulierungen, die als solche mit dem Objektivitätsgebot niemals vereinbar sind. Mit dem Objektivitätsgebot unvereinbar wären aber auch einzelne Aussagen oder Formulierungen eines Beitrages, die eine hervorstechende und den Gesamtzusammenhang in den Hintergrund drängende Wirkung derart entfalten, dass beim Durchschnittsbetrachter unweigerlich ein verzerrter Eindruck des behandelten Themas entsteht.
Von dieser Rechtslage ausgehend hält angesichts der unbestritten vorliegenden Tatsachengrundlagen die Auffassung der belangten Behörde, der verfahrensgegenständliche Kommentar sei nicht als unsachlich zu beanstanden, der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle stand:
Es mag zwar zutreffen, dass der Beschwerdeführer die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens nicht beantragt oder gefordert hat. Es waren aber unzweifelhaft die von ihm gegen den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes erhobenen Vorwürfe, die den Anlass dafür gaben, ein Verfahren zur Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens zu prüfen. Der Eindruck, dass der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes, ein Amtsenthebungsverfahren wegen der Haltlosigkeit der erhobenen Vorwürfe nicht einzuleiten, für den Beschwerdeführer kein "Erfolg" war, ergibt sich bereits aus dem Ablauf der tatsächlichen Geschehnisse. Wenn der Kommentar diesen Eindruck daher pointiert wiedergibt, kann das im oben dargestellten Gesamtzusammenhang, d. h. im durch das Thema des Kommentars und damit auch durch den vom Beschwerdeführer gebotenen Anlass bestimmten Zusammenhang, nicht als unsachlich gesehen werden.
Wenn der Beschwerdeführer weiters den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes, ein Amtsenthebungsverfahren nicht einzuleiten, damit kommentiert hat, er habe dies erwartet, weil sich die Richter gegenseitig schützten, so ist die im gegenständlichen Beitrag an diesem Vorbringen geäußerte Kritik, der Beschwerdeführer verschweige, dass die den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes tragende Auffassung nicht nur jene der entscheidenden Richter war, sondern dass diese sich vielmehr der Auffassung des Generalprokurators angeschlossen hätten, im Gesamtzusammenhang gleichfalls nicht als unsachlich zu beanstanden, mag auch die gewählte Formulierung - wie die belangte Behörde darlegt - bereits an der Grenze der Polemik liegen.
Wird schließlich ins Kalkül gezogen, dass der Beschwerdeführer - in welcher Eigenschaft immer - unbestrittenermaßen erklärt hat, er werde das so genannte Ortstafelerkenntnis "nicht umsetzen", so könnnen - wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - auch die Formulierungen im Kommentar betreffend das "Rebellieren gegen ein Urteil" und die "Filetierung der Verfassung" im Gesamtkontext nicht als unsachlich angesehen werden.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 10. November 2004
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