Normen
FinStrG §114;
FinStrG §82 Abs1;
FinStrG §82 Abs3;
FinStrG §114;
FinStrG §82 Abs1;
FinStrG §82 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 4.565,-- (= je 331,75 EUR) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die erstbeschwerdeführende GesmbH betreibt in Budapest ein Reisebüro. Ihr gehört der Autobus der Marke Ikarus mit dem ungarischen behördlichen Kennzeichen CKJ-956. Der Zweitbeschwerdeführer ist bei der Erstbeschwerdeführerin als Busfahrer beschäftigt. Der Zweitbeschwerdeführer reiste mit dem leeren Bus der Erstbeschwerdeführerin am 18. November 2000 von Ungarn kommend nach Österreich ein, ohne spontan eine Zollanmeldung abzugeben. Am Flughafen Schwechat übernahm er eine Reisegruppe aus Taiwan zur Durchführung einer Rundreise, die jedenfalls nach Salzburg, Innsbruck und München führen sollte. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens herrscht in Bezug auf die Tatfrage auf Grund verschiedener Reiseprogramme darüber Streit, ob die Absicht bestand, die Reisegruppe nach Durchführung dieser Rundreise und nach einer Übernachtung in Wien in der Nacht vom 22. auf den 23. November an diesem Tag zum Flughafen Schwechat zu bringen oder ob vom 23. auf den 24. November eine weitere Übernachtung in Budapest vorgesehen war, sodass der Abflug vom Flughafen Schwechat nach Taipeh erst am 24. November 2000 erfolgt wäre.
Über Ersuchen des Hauptzollamtes Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz wurde der Zweitbeschwerdeführer am Abend des 18. November 2000 in Salzburg vom Hauptzollamt Salzburg einvernommen; dort wurde auch der Bus beschlagnahmt. Mit Bescheid des Hauptzollamtes Wien vom 18. November 2000 wurde gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 ZollR-DG der gegenständliche Bus als Beweismittel im Abgabenverfahren zur Erhebung der Eingangsabgaben durch Zollorgane beschlagnahmt. Mit Bescheid vom 21. Dezember 2000 beschlagnahmte das Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz gemäß § 89 Abs. 1 FinStrG zur Sicherung des Verfalles den gegenständlichen Omnibus. Mit Bescheid vom 4. Jänner 2001 wurde gegen den Zweitbeschwerdeführer das Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestand, er habe am 18. November 2000 im Bereich des Hauptzollamtes Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz vorsätzlich eine eingangsabgabepflichtige Ware, nämlich den gegenständlichen Omnibus, der zollamtlichen Überwachung entzogen und hiedurch das Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 lit. a
3. Fall FinStrG begangen.
In beiden dagegen erhobenen Beschwerden wurde die Absicht betont, dass die Rundreise in Budapest enden sollte. Die Reiseroute habe sich aus dem Reiseplan des Auftraggebers EETS vom 26. September 2000 und einer Buchungsbestätigung des Budapester Hotels ergeben. Jene Reisepläne, auf die sich die Behörde stütze, sei nicht mit Wissen der Erstbeschwerdeführerin erst nach Grenzübertritt in den Besitz des Zweitbeschwerdeführers gelangt, aber von diesem nicht beachtet worden. Es hätte jedenfalls nicht die Absicht bestanden, entgegen der Bestimmung des Art. 718 ZK-DVO in Verbindung mit der "Vereinbarung zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn über die internationale Beförderung von Personen im nichtlinienmäßigen Verkehr auf der Straße" eine Einfuhr vorzunehmen.
Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde beide Beschwerden als unbegründet ab. Unter eingehender Auseinandersetzung mit den Ergebnissen des bisherigen Beweisverfahrens gelangte die belangte Behörde zur Auffassung, dass es nach dem derzeitigen Stand des Finanzstrafverfahrens keinen Anlass gebe, davon auszugehen, die in Rede stehende Reise hätte nicht im Zollgebiet sondern im Drittland (Budapest) beendet werden sollen, noch dass eine ausnahmsweise Erlaubnis zur Binnenbeförderung vorgelegen sei. Der Zweitbeschwerdeführer sei seit 20 Jahren Berufskraftfahrer, wobei in Ungarn Busfahrer eine Prüfung, beinhaltend auch das Europäische Zollrecht, ablegen müssen. Einen geprüften Busfahrer müssen daher Bestimmungen betreffend des Verbotes des Binnenverkehrs (Kabotage) bekannt sein. Auf Grund des Reiseprogrammes vom 14. November 2000 habe der Zweitbeschwerdeführer wissen müssen, dass es sich um eine Rundreise im Binnenverkehr gehandelt habe, sodass der Tatbestand des § 35 Abs. 1 lit. a dritter Fall FinStrG auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht sei. Es sei auch davon auszugehen, dass der Geschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin seinen Buslenker vorsätzlich zu der in Rede stehenden Rundreise im Binnenverkehr bestimmt habe. Wenn der Verdacht des Schmuggels vorliege, wobei sowohl die Strafdrohung gemäß § 35 Abs. 1 lit. a dritter Fall FinStrG als auch die Abgabenhinterziehung gemäß Abs. 3 dieser Norm den Verfall des Tatgegenstandes beinhaltet, dann sei das weitere Tatbestandsmerkmal des § 89 Abs. 1 FinStrG erfüllt. Die Beschlagnahme sei zur Sicherung des Verfalls geboten gewesen, zumal die Gefahr bestehe, dass der Omnibus in das Ausland verbracht werde.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegenden Beschwerden, mit denen jeweils die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete jeweils eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und erwogen:
Die Finanzstrafbehörde I. Instanz hat gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG die ihr gemäß § 80 und § 81 FinStrG zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Ergibt diese Prüfung, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde I. Instanz nach § 82 Abs. 3 FinStrG das Strafverfahren einzuleiten. Von der Einleitung eines Strafverfahrens hat sie nur in den im § 82 Abs. 3 lit. a bis d genannten Fällen Abstand zu nehmen.
Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es, wenn gegen den Verdächtigen genügende Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Die endgültige Beantwortung der Frage, ob der Verdächtige dieses Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, bleibt im Ergebnis dem Untersuchungsverfahren nach den § 114 ff FinStrG vorbehalten (vgl. hg. Erkenntnis vom 31. März 2001, Zl. 99/16/0035 mwN).
Auf Grund des beim Zweitbeschwerdeführer am 18. November 2000 vorgefundenen Reiseplanes auf Grund seiner Vernehmung und schließlich auf Grund des Umstandes, dass ein Linienflug von Wien nach Taipeh nur am 23., nicht aber am 24. November 2000 stattfand, besteht der begründete Verdacht, dass das Fahrzeug für eine Beförderung verwendet wurde, die weder außerhalb des Zollgebietes begann noch dort endete. Die Beschwerdeführer gehen selbst davon aus, dass bei der Einreise eine Zollanmeldung nach § 233 ZK-DVO erfolgt sei; nach § 232 Abs. 1 leg. cit. können Zollanmeldungen zur vorübergehenden Verwendung für die in den Art. 718 bis 725 ZK-DVO genannten Beförderungsmittel in der in § 233 ZK-DVO beschriebenen Form abgegeben werden. Art. 718 Abs. 3 lit. d ZK-DVO (in der bis zur Verordnung EG Nr. 993/2001 geltenden Fassung) sah als Voraussetzung vor, dass das Fahrzeug ausschließlich für Beförderungen verwendet wird, die außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft begannen oder endeten.
Bei entsprechenden Feststellungen im Strafverfahren würde das Verlassen des Amtsplatzes schon bei der Einreise am 18. November 2000 in objektiver Hinsicht die durch § 35 Abs. 1 lit. a pönalisierte Hinterziehung darstellen. Die Erstaussage des Zweitbeschwerdeführers und der bei ihm vorgefundene Reiseplan im Zusammenhang mit der Berufserfahrung des Zweitbeschwerdeführers begründet auch den Verdacht, dass die Unterlassung der erforderlichen Anmeldung und damit die Hinterziehung vorsätzlich erfolgt sei.
Diese Verdachtslage rechtfertigte die Einleitung des Finanzstrafverfahrens gegen den Zweitbeschwerdeführer. Der tatsächliche Handlungsverlauf wird im Beweisverfahren zu klären sein, sodass es bei der Beurteilung, ob der Verdacht begründet ist, auf behauptete andere Verhandlungsverläufe nicht ankommt.
Keine Anhaltspunkte liegen dafür vor, dass der Zweitbeschwerdeführer eigeninitiativ und ohne entsprechende Weisung durch ein vertretungsbefugtes Organ der Erstbeschwerdeführerin den Reiseverlauf bestimmen wollte. Wenn somit der Verdacht einer Bestimmungstäterschaft auf Seiten des Geschäftsführers der Erstbeschwerdeführerin zu bejahen ist, ist für den Fall eines Schuldspruches auch mit der Strafe des Verfalls (§ 35 Abs. 4 letzter Satz FinStrG) zu rechnen. Der Autobus ist somit verfallsbedroht; eine Verbringungsgefahr hatte die Erstbeschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt. Die Voraussetzungen der Beschlagnahme liegen somit vor.
Damit erweisen sich beide Beschwerden als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. Dezember 2001
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)